Ihre Verlautbarungen hier im Parlament und auch in parlamen tarischen Drucksachen lassen erkennen, dass Sie nahezu aus schließlich von Potenzialen sprechen, nicht jedoch von den Menschen, deren Arbeitsplätze im Rahmen der Veränderung bedroht sind.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal mein Unverständnis über die wiederholte Ablehnung des SPD-Antrags auf Ein richtung eines Weiterbildungsfonds durch die grün-schwarze Regierungsmehrheit zum Ausdruck bringen. Gehen Sie doch einmal in sich und überlegen, ob das wirklich die richtige Ent scheidung war. Wir sind weiterhin für Gespräche in diesem Zusammenhang offen. Sprechen Sie darüber hinaus mit Be triebsräten und Vertrauensleuten, deren spezifische Kenntnis se, Erfahrungen und Kreativität unabdingbar sind für das Ge lingen der Transformation im innerbetrieblichen Kontext. Das macht eine Stärke unseres Wirtschaftsstandorts Baden-Würt temberg aus – jetzt und auch in Zukunft.
Die Kürze der Zeit lässt es leider nicht zu, noch andere we sentliche Punkte im Bereich der Transformation anzuspre chen,
beispielsweise, ob die Elektrifizierung der Antriebsstränge der einzig selig machende Weg und die einzig selig machende Lö sung aller Probleme darstellt oder noch viel stärker auf eine Diversifizierung gesetzt werden muss. Aber das wird an ge sonderter Stelle zu klären sein.
Abschließend möchte ich sagen: Der Worte sind genug ge wechselt. Wir fordern von Ihnen, Frau Ministerin, endlich konkrete, handfeste Ergebnisse.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Auto am Anfang, das Auto am Ende eines langen Tages – das ist vielleicht ein gu ter Spannungsbogen.
Der Antrag, den die CDU-Fraktion vor anderthalb Jahren ein gebracht hatte, wird heute behandelt. In dem Antrag wird da nach gefragt, wie sich die Landesregierung strategisch auf stellen möchte, um die vielen KMUs der Zulieferindustrie beim Technologiewandel hin zu vernetzten, automatisierten und elektrischen Mobilitätslösungen zu unterstützen. Dazu habe ich heute von keinem der Redner aus den Regierungs fraktionen sehr viel gehört.
Es ist aber vielleicht auch kein Zufall, dass wir diesen Punkt heute auf der Tagesordnung haben, denn am Samstag erschien ein umfangreiches Interview der Frau Ministerin in der „Stutt garter Zeitung“, und am Freitag findet der Strategiedialog des Ministerpräsidenten statt. Ich bin sehr gespannt, was wir dort als Teilnehmer erleben werden, ob das gelingt und ob das da bei herauskommen wird, was der Ministerpräsident hier vor hat, nämlich neue Ansätze und Formate der Zusammenarbeit mit Herstellern, Zulieferern und Arbeitnehmervertretern
ihr könnt euch gern draußen unterhalten; danke – und der Zi vilgesellschaft zu entwickeln. Was kommt dabei heraus? Aus einer Stellungnahme, die wir zu einem Antrag der FDP/DVP ein bisschen früher bekommen hatten, war erkennbar, dass in der Industrie, über die wir sprechen, der Automobilindustrie, 340 Unternehmen tätig sind. Darin sind etwa 228 000 Be schäftigte genannt worden; Frau Hoffmeister-Kraut nannte nun 440 000 Beschäftigte, wenn man alles noch mit dazu nimmt, was da auch in anderen Branchen mit dranhängt. Sie äußert die Sorge, dass durch den Wandel etwa 75 000 Stellen überflüssig werden – beim Umbau des Autolands zum Mobi litätsland. Ich vermute, dass die Zahl noch höher sein wird; denn neben den Einflüssen aus der Transformation werden auch weiterhin die Einflüsse auf der Nachfrageseite bestehen.
Ich behaupte einmal andersherum: Hätten wir die Transfor mation nicht, hätten wir schon viel weniger Arbeitsplätze bei uns im Land. Denn die Arbeitsplätze, die geschaffen worden sind, um diese ganzen Mobilitätslösungen im Rahmen dieser CASE-Initiative – nennen wir sie einmal so kurz – voranzu bringen,
sind jetzt neu entstanden. Aber weggefallen sind natürlich in den letzten 30, 40 Jahren kontinuierlich Arbeitsplätze in der Produktion, weil die Produktion in die Länder geht, in denen die Nachfrage wächst, und das ist nicht Deutschland. Der Markt in Deutschland stagniert, Deutschland ist ein gesättig ter Markt.
Der einzige Markt, der wirklich richtig die Dynamik voran treibt, das ist China, das ist Asien. Schauen Sie sich die Zah len an; ich habe sie einmal herausgesucht. Mercedes-Benz hat im letzten Jahr 618 000 Pkws nach China verkauft. In Deutsch land haben sie etwa 320 000 Pkws verkauft. Das war ein Wachstum in China von 27 %. Ohne dieses Wachstum wür den wir hier nicht so freundlich sitzen und hätten nicht so viel Geld auszugeben, wie wir im Moment ausgeben.
Deswegen unterliegen wir meines Erachtens einer Illusion, wenn wir glauben, dass wir hier irgendetwas retten könnten. Nein, es gibt eine Dynamik, und die heißt: Die Produktion geht in die Länder, in denen es Nachfrage gibt.
Daneben gibt es neue Entwicklungen wie die Mobilität, die Transformation im Automobil, und da gibt es Chancen für un ser Land. Die müssen wir natürlich heben. Aber Sie haben völ lig recht, Herr Weirauch: Wir werden natürlich erleben, dass es in bestimmten Bereichen für die Industrie in Baden-Würt temberg weniger Anwendungsfelder gibt. Nur dann, wenn wir selbst ergebnisoffen an die Frage herangehen, welche Antrie be wir in Zukunft noch zulassen – nämlich auch Erdgas, auch künstliche Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren und Ähnli ches mehr –, haben wir eine Chance, auch in unserem Land Beschäftigung stärker zu halten. Denn eines ist klar: Die E-Mobilität bringt weniger Wertschöpfung mit sich. Das kann man drehen und wenden, wie man will; das ist eine Tatsache.
Die deutsche Automobilindustrie hat gesagt, sie mache eine Fächerstrategie, sie versuche alles abzudecken. China – das ist klar – wird auf das E-Mobil gehen. Das heißt, der Druck ist dort auf jeden Fall vorhanden. Die Frage ist: Was machen wir mit dem Rest der Welt? Laufen wir China hinterher, oder verfolgen wir eine eigene Strategie? Ich glaube, wir sollten eine eigene Strategie verfolgen. Die Automobilindustrie sieht das genauso.
Jetzt zu den KMUs – ich habe ja nicht mehr viel Redezeit –: Die Landesinitiative wurde damals – 2009 – von Herrn Pfis ter gestartet
Jedenfalls haben wir mittlerweile noch nicht viele Weichen neu gestellt, weil die Nachfrage aus dem Ausland uns getra gen hat und verhindert hat, dass wir uns dieser Frage richtig stellen müssen.
Ich habe mir angeguckt, wie viele Initiativen in der Stellung nahme des Ministeriums zu der Frage aufgezählt worden sind: Was tun Sie denn nun für die KMUs? Ehrlich gesagt, mir ging es so wie Herrn Weirauch: Mir wurde ganz schwindelig, so viele Maßnahmen, so viele Fördergelder und so viele Abkür zungen. Das kam mir schon so vor wie die Ultraeffizienzfab rik von Herrn Untersteller, von der ich auch glaube,...
... dass die Kom munikation in dieser Weise für KMUs nicht hinreichend ist und sie nicht verstehen, was sie hier abholen können.
Insofern begrüße ich jetzt den Ansatz im Transformationsrat, hier ein Transformationscoaching anzubieten, das die Unter nehmen konkret unterstützt, sich zu überlegen, wie künftige Innovationswege für sie aussehen können und wo sie mögli cherweise Beschäftigung finden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Wir brauchen neben der Automobilindustrie neue Wachstumsmärkte, und wir dürfen nicht den Fehler machen, uns hier ewig nur auf ein Feld zu konzentrieren. In der Speichertechnologie liegt sicher lich eine große Chance. Insofern ist es gut, dass wir da etwas auf den Weg gebracht haben.
Aber wir dürfen diese Technologie nicht nur automobilseitig betrachten, sondern der Energiehunger der Welt ist groß. Es gibt viel dezentralen Bedarf, der heute nicht gedeckt ist. Ich glaube, da hat Baden-Württemberg eine Chance, wenn wir uns eine Möglichkeit eröffnen, aus der Speichertechnologie, die wir immer vor dem Thema Auto diskutieren, mehr zu ma chen als nur automobile Lösungen, nämlich vernünftige Spei cherlösungen für die Energiebedarfe der Welt.
Außerdem bitte ich noch einmal um ein bisschen Konzentra tion, denn ich bekomme dauernd Beschwerden, dass es gera de wieder laut wird.
Dem allen kann ich nicht hinterher sein. Also bitte ich Sie al le, sich noch einmal zu disziplinieren. – Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, bitte.
Sehr geehrte Frau Landtagsvize präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Au tomobilwirtschaft gehört in Baden-Württemberg zu den struk turbestimmenden Branchen. Das bezieht sich insbesondere auch auf ihre volkswirtschaftliche Bedeutung, ihre indirekten und direkten Beschäftigungsauswirkungen, ihre Forschungs- und Entwicklungsintensität, aber natürlich auch auf ihren Ex portanteil.
Die Debatte, die Sie bisher geführt haben, greift meiner An sicht nach viel zu kurz. Sie haben noch nicht wirklich verstan den, worum es geht. Die Weltmärkte verändern sich, der Au tomobilmarkt verändert sich, und das wird nicht aus BadenWürttemberg heraus betrieben.
Die Automobilindustrie hat einen Exportanteil von 70 bis 80 % – auch die Zulieferbranche. Jetzt schauen Sie sich ein mal die Weltmärkte an, die Herausforderungen, die hier be stehen, aber auch die großen Chancen. Wir sind hier nicht auf einer Insel der Glückseligen, abgeschottet. Das ist nicht die Realität.
Ganz klar vorneweg – Herr Stauch, das wollte ich an dieser Stelle nur noch einmal deutlich machen –: Wir sind technolo gieoffen in all unseren Maßnahmen und Positionen. Das kön nen wir Ihnen auch vielfach belegen.