Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

(Abg. Karl Klein CDU: Peter, heute bist du zu groß zügig!)

das ist ein Crescendo –, zum Einstieg gemeint, er müsse ein paar Themen ansprechen – vermutlich gedungen von Mitglie dern seiner Fraktion, vielleicht auch von einer unsichtbaren Regie. Ich will hier nur mal etwas sagen, weil ich auch ges tern gewisse Töne gehört habe – jetzt, da man im Geld schwimmt –, was alles an Gutem getan worden sei – Woh nungsbau, Weiterbildung usw. – und wie sehr das in Kontrast zu anderem stehe, was vorher geschehen ist.

Vielleicht mal ein kurzes Innehalten: Ich rede jetzt nicht über die Denkschrift, sondern ich rede über die Haushaltsrechnung 2016. Der Haushalt 2016 war der letzte, der unter sozialde mokratischer Finanzverantwortung aufgestellt worden ist. Er wurde dann unter grüner Verantwortung fortgeführt und zu Ende gebracht und hat das Testat „ordentlich“ erhalten.

Das heißt, wir sind zunächst einmal froh, Frau Ministerin, meine Damen und Herren – bei aller Polemik und Rhetorik hier –, dass wir Ihnen eine ordentliche Haushaltslage überge ben haben. So viel steht fest.

(Beifall bei der SPD)

Aber das ist ja nicht alles. Schauen wir einmal – diese Minu te gönne ich mir – in das Jahr 2008 zurück, Fannie Mae und Freddie Mac – weil Menschen in der Wüste von Nevada Häu ser bauen, ohne dass sie irgendwie das Eigenkapital haben. Die Aufsicht tritt ein, muss die beiden Hypothekenbanken übernehmen und, und, und – Steinbrück, Merkel, Garantien etc., Haushalte bis 2011, Finanzminister Stächele hat Schwie rigkeiten bis 2011, Dr. Schmid übernimmt 2011. Das ist die Situation gewesen.

(Abg. Tobias Wald CDU: Die Namen passen!)

Ja, wenn Sie Herrn Stächele nicht mögen, müssen Sie das sagen. Tatsache ist auf jeden Fall, dass es so war.

Dann hatten wir die Situation, dass in den Haushalten für die Jahre 2011 bis 2016 ein haushaltswirtschaftlicher Handlungs bedarf in Höhe von knapp 3 Milliarden € errechnet worden ist. Dies musste mit strukturellen Einsparungen, die Herr Prä sident Benz genannt hat, erarbeitet und zunächst einmal alles durchgekämpft werden. Während einige – er ist gerade nicht da – „bella figura“ gemacht haben, haben andere im Maschi nenhaus gearbeitet. Das war die Situation.

Deswegen sage ich Ihnen: Diese Vergleiche zwischen heute und gestern würde ich mal wirklich in der Weise anstellen, dass ich zunächst frage, was in der Vergangenheit alles erar beitet worden ist und was das Land Baden-Württemberg in dieser Zeit nach vorn gebracht hat. Deswegen kann ich es nicht brauchen, wenn wir den Menschen, die hart für dieses Land gearbeitet haben und denen wir über einen gebühren freien Kindergarten etwas zurückgeben wollen, jetzt sozusa gen vor das Schienbein treten und sagen: „Ihr seid unsolide.“ Wir haben gute Voraussetzungen geschaffen, dass wir in die sem Land auch Sozialpolitik machen können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt zum Ausblick. Die Weltwirtschaft hat für Baden-Würt temberg immer eine Balance gebracht: Manchmal war das USA-Geschäft schlecht, dann war das Fernostgeschäft gut, manchmal war die Binnenentwicklung gut, dann war die Ex portentwicklung nicht gut. Natürlich ist es gerade schwierig; das wissen wir alle. Trotzdem waren wir bisher immer zuver sichtlich, dass es zu einer Balance kommt, dass wir Wachs tumsraten von 1,5 % erzielen.

Natürlich haben wir einen Strukturwandel in der Autoindust rie. All das ist zu bedenken. Aber wir haben auch eine Vergan genheit, in der wir etwas geleistet haben. Deswegen sage ich: Das stolze Baden-Württemberg muss sich hier nicht verste cken.

Wir sind zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft gute Haus haltsbeiträge erwirtschaften, mit denen wir in diesem Land auch für das Gemeinwohl angemessene Beiträge leisten kön nen. Das ist schlicht die Herausforderung.

(Beifall bei der SPD)

Zum Rückgängigmachen von Struktureinsparungen hat Herr Benz schon das Nötige gesagt. Einige haben dafür Prügel be kommen. Aber ich will da nicht groß weinerlich sein; so ist es halt manchmal.

Ich würde gern etwas zu dem sagen, was in dem Prüfbericht selbst steht. Ich fand, dass Sie, Herr Präsident Benz, sehr di rekt auf das Kontrollkonto eingegangen sind. Da geht es dar um, dass bei alldem, was jetzt auf Druck von uns und der CDU auch an Tilgung expliziter Schulden geleistet worden ist und was hinsichtlich der impliziten Verschuldung, die aus unserer Sicht zu exzessiv definiert worden ist – – Aber wir waren na türlich grundsätzlich dagegen. Das können wir alles hinter uns lassen.

Sie hatten es sogar nötig – – Ich erlaube mir, im Zusammen hang mit der impliziten Verschuldung noch die Petitesse un terzubringen – weil Sie von „kleinlich“ geredet haben –, dass in Aulendorf ein Melkstall abgebrannt ist und die Frau Minis terin diesen Betrag von 580 000 € unbedingt unter „implizi ter Verschuldung“ einbringen musste – eigentlich eher eine Lachplatte, aber gut.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Eher peinlich!)

Eher peinlich. Schieben wir es einmal nach hinten, wie es ist.

Als Restposten haben wir jetzt diesen Saldo von aufgerundet 643 Millionen €, den Sie, Herr Benz, angesprochen haben, üb rig. Dieser Restposten ist das, was nicht an Tilgungsverpflich tung geleistet worden ist – nach Jahren, in denen wir vor ei ner ganz anderen Frage standen, nämlich der, ob wir Kredite aufnehmen müssen, was wir Gott sei Dank nicht gemacht ha ben. Diese Tilgungsverpflichtung bleibt stehen. Unsere For derung ist glasklar – diese 643 Millionen € plus die 280 Mil lionen €, die Sie für 2018 prognostiziert haben –: Frau Minis terin, räumen Sie diesen Posten vor Eintritt der Schuldenbrem se, und sagen Sie uns, dass Sie dieses Geld nicht verstecken, nicht bunkern wollen! Wir werden darüber reden müssen, was mit diesem Geld geschieht. Nach unserer Meinung muss hier eine Mischung aus Tilgen und Investieren zum Tragen kom men; unser Vorschlag ist, dass wir damit auch in puncto Woh nungsbau etwas Sinnvolles anfangen, und zwar mit einer Lan desentwicklungsgesellschaft.

(Beifall bei der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Bü rokratie, Herr Kollege!)

Danke für all das, was an Vorschlägen gekommen ist; wir möchten dies gern aufnehmen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Der Bericht hat noch einen weiteren Vorteil, nämlich, dass oft auch analytisch Richtiges angesprochen wird; so etwas kann man tatsächlich nicht jeden Tag lesen. Ich spreche von dem, was der Rechnungshof in Bezug auf die Steuerdeckungsquo te und die Investitionsquote angesprochen hat. Letztere – al so die Investitionsquote – sinkt, und zwar liegt diese in unse rem Land erstmals seit 2013 wieder unter 9 %. Gleichzeitig steigt die Steuerdeckungsquote an – und dies bei einem Fi nanzierungssaldo, der in der Tat einen Überschuss auf Rekord niveau aufweist. Dies bedeutet, dass wir uns darüber Gedan ken machen sollten, ob in diesem Land vielleicht zu wenig in vestiert wird. Wir sagen, meine Damen und Herren: Dies soll te auch wieder eine Zeit des öffentlichen Investierens sein.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Was die einzelnen Befunde angeht, wurden wichtige Themen angesprochen. Nehmen wir etwa die Zentren für Psychiatrie: Es geht nicht, dass wir Barmittel von über 200 Millionen € haben und zusätzlich eine Eigenermächtigung zur Kreditauf nahme für diese Zentren; wir müssen dies eingrenzen. Darauf haben Sie hingewiesen.

Wir brauchen – ein weiterer, kleiner Punkt – bei den Außen anlagen des Landes wieder eine organisatorische Konsolidie rung – alles in einer Hand bei Vermögen und Bau –, zumal wir, was die Sauberkeit dort angeht, ja auch manchmal unzu frieden sind.

Aufpassen sollten wir beispielsweise auch bei Fotovoltaikan lagen bei Landesgebäuden. Sie haben ja nachgewiesen, dass diese eine viel niedrigere Effizienz haben als Anlagen Dritter; wir sollten uns also um verbesserte Wirkungsgrade bemühen.

Auch beim Thema Studierendenwerke sollte man genau schauen, ob bei den organisatorischen Abläufen alles stimmt. Ich sage aber auch, dass unserer Meinung nach die Studieren denwerke im Land künftig eher einen höheren Finanzierungs bedarf haben werden, da uns die Schaffung von mehr Wohn angeboten für Studierende und auch andere vor große Aufga ben stellt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Ja! Sehr gut!)

Deswegen ist es vollkommen klar – –

Herr Abg. Hofelich, las sen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Gedeon zu?

Ich würde dies gern bleiben las sen; meine Zeit wird nämlich knapp, und ich habe noch zwei wichtige Punkte, die ich ansprechen möchte.

Deswegen sagen wir: Wir sollten uns schon darum kümmern, dass wir auch bei den kleineren Punkten dranbleiben. Der Ausschuss macht das gut; die Arbeit dort verläuft – das muss man hier auch einmal sagen – sehr kollegial.

Sie haben aber auch größere Punkte angesprochen. Ich möch te dabei etwas zum Thema Bund-Länder-Finanzbeziehungen sagen: Es wurde ja der Wunsch geäußert, dass sich der Bund bei der Finanzierung stärker heraushält. Trotzdem wäre es – über die Nachrichten des Tages zum Digitalpakt hinaus – viel leicht einmal nötig, sich ein paar Gedanken darüber zu ma chen. Denn das ist ja der große Rahmen für die Finanzpolitik.

Das Ergebnis des Digitalpakts – das will ich an dieser Stelle nur einmal sagen – ist, dass genau das, was zu erwarten war und was wir prognostiziert haben – der Fraktionsvorsitzende hat es an dieser Stelle auch schon gesagt –, eingetreten ist. Mi nisterpräsident Kretschmann hat keines seiner Ziele erreicht. Der Digitalpakt wurde nicht vom Gesamtpaket abgekoppelt. Die Grundgesetzänderung – –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! Artikel 104 b!)

Halleluja! Halleluja!

(Vereinzelt Heiterkeit)

Die Grundgesetzänderung bleibt. Der Bund erhält Informati onen über die von ihm abfließenden Mittel, und eine Erhö hung der Umsatzsteuer stand in dieser Periode überhaupt nicht zur Verhandlung an; dies hat niemand gemacht. Nichts von seinen Zielen hat er erreicht. Das Einzige, was passiert ist, ist, dass hier „Ballyhoo“ in Deutschland gemacht wird – ein paar Zentner Druckerschwärze sind hinter ihm hergeschoben wor den –, aber das Risiko ist groß, dass wir in Berlin langsam zu Leichtgewichten werden, weil ein Mann sich nicht durchset zen kann, meine Damen und Herren.

So darf es also nicht weitergehen. Es geht nicht an, dass man sich immer wieder die Blumen abholt, uns aber hinter alle möglichen Büsche treibt. Dann bekommt man überhaupt nichts hin bei dieser Sache.

Eines will ich auch noch mal sagen: Wir müssen darüber re den, ob die Phase der Politikverflechtung, in die wir gerade wieder hineinkommen – – Diese Debatte sollte man ja führen nach einer Phase der Politikentflechtung – Stichwort Födera lismuskommission – und einer vorangegangenen Phase der Politikverflechtung, die wir hatten; man erinnert sich: Artikel 91 b, Forschungsförderung etc. Ich will nicht dozieren, aber das sind nun mal wichtige Dinge.

Herr Abgeordneter, ach ten Sie bitte auf Ihre Redezeit.

Ja, ich weiß es. – Man muss sich schon mal Gedanken darüber machen, wie das künftig aus sieht, wenn die supranationale, europäische Ebene da ist und wenn wir eine fortgesetzte Zunahme des Wohlstandsgefälles in Deutschland haben. Deswegen liegt natürlich ein Druck auf diesen Punkten bei der Fortschreibung der Bund-Länder-Fi nanzierung. Aber diese Debatte ernsthaft zu führen und nicht nur als reinen Reflex, als „Föderalismusreflex“, das wird von dieser Regierung nicht geleistet.

(Vereinzelt Beifall)

Deswegen: Diese längeren Linien, ebenso wie die Notwen digkeit, künftig mehr zu investieren – –

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen – keine weitere lange Linie mehr, Herr Abg. Hofelich.

Hier besteht die Notwendigkeit, mehr zu investieren; das ist für uns die wirkliche Aufgabe der Finanzpolitik.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Sehr gut!)