Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Ich sage es ja auch öfter, dass die Denkschriften des Rech nungshofs sehr spannende Lektüren sind. Sie haben einige Punkte aufgezählt, Herr Benz, die darin in einer Problemana lyse nachzulesen sind, aber auch in der Darstellung, welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt, wie die einzelnen Be troffenen das Ganze wahrnehmen, wie die Ministerien reagie ren, wie der Rechnungshof wieder auf die Reaktionen der Mi nisterien antwortet.

All das ist in den Denkschriften zu lesen, und wir können fest halten, dass die Denkschrift 2018 insgesamt 25 spannende Beiträge umfasst. Wir sind natürlich froh, dass darin bestätigt wird, dass die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg im Jahr 2016 ordnungsgemäß war und heute hier auch eine Entlastung erfolgen kann.

Sie, der Rechnungshof, haben z. B. – Sie haben es angespro chen – die Finanzierung der Studierendenwerke untersucht. Sie haben sich mit der IT des Landes befasst, z. B. bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Sie wissen, bei der IT-Neuordnung durch die BITBW sind bereits die ers ten Schritte gegangen worden, um eine Evaluation auf den Weg zu bringen. Das Verfahren läuft also, und ich denke, das ist auch wichtig.

Sie haben auch kurz über die Vermögensrechnung berichtet. Auch wir sind froh, denn ich denke, dass wir jetzt mit der ers ten Vermögensrechnung, die wir vorlegen konnten, eine gute Grundlage schaffen, um die Ausgaben, Einnahmen, Vermö genswerte des Landes in einer längeren Reihenfolge betrach ten zu können. Das ist, glaube ich, sehr gut und sehr wichtig.

Erfreulich ist natürlich, dass nicht nur das Finanzministerium, sondern auch der Finanzausschuss des Landtags sich intensiv in vielen Sitzungen mit den Denkschriftbeiträgen des Rech nungshofs beschäftigt, sie sorgfältig prüft und berät – unter dem Vorsitz des Kollegen Stickelberger, der den Ausschuss souverän leitet.

Meine Damen und Herren, der Rechnungshof hat mit seinen Prüfungsfeststellungen erneut wichtige Impulse gegeben. Sie haben gerade auch über das Thema „Schuldenbremse, Schul denabbau“ gesprochen. Darauf möchte ich natürlich noch ein mal eingehen. Wir können sehr froh sein, dass wir seit 2015 in Baden-Württemberg fünf Jahre hintereinander keinen Cent neue Schulden machen mussten. Das war auch aufgrund der guten Steuereinnahmen möglich. Das hat es vorher noch nie

gegeben: fünf Jahre in Folge ohne neue Schulden. Stattdes sen tilgen wir Schulden, und zwar in relevantem Umfang. Erstmals in der Geschichte Baden-Württembergs läuft damit die Schuldenuhr rückwärts, und das ist ja auch ganz im Sin ne des Landesrechnungshofs.

Sie haben es schon angesprochen: Wir tilgen Kreditmarkt schulden in Höhe von 1,25 Milliarden €, wir lösen die Kredi termächtigungen in Höhe von 1,5 Milliarden € ab, wir haben bei den Landesbeteiligungen Baden-Württemberg 400 Milli onen € an Schulden zurückführen können. Darüber bin ich sehr froh. Das drückt sich dann letztendlich z. B. auch in der Schuldenstandsquote aus. Es ist nicht nur immer die Frage re levant, wie hoch die Summe der Schulden ist, sondern auch, wie sich das Verhältnis zwischen Schulden und Wirtschafts kraft darstellt.

Wenn wir das betrachten, dann können wir sagen, dass das Land im Jahr 2005 noch mit fast 12 % der jährlichen Wirt schaftsleistung verschuldet war. Im Jahr 2019 werden es nur noch 8,5 % des BIP sein. Das heißt, die Schuldentragfähig keit hat sich um fast ein Drittel verbessert. Vergleichen wir diesen Prozentsatz – Baden-Württemberg 8,5 % – einmal mit dem in anderen Ländern: In den USA liegt er bei 110 % und in Italien, wie man hört, bei 130 %. In der Bundesrepublik Deutschland beträgt er 60 %.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, da sind wir wirk lich ganz gut aufgestellt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir haben aber auch von 2017 bis 2019, obwohl die Steuer einnahmen so positiv waren, Konsolidierungsleistungen er bracht. Diese Konsolidierung beträgt immerhin 200 Millio nen €. Das ist eine Leistung, vor allem wenn man daran denkt, dass die Steuereinnahmen so gut gewesen sind.

Wir haben auch Vorsorge getroffen – dies ist angesprochen worden – durch die Zuführung zum Versorgungsfonds, durch eine Rücklage über 1 Milliarde € und vieles mehr.

Aber, Herr Benz, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir nicht davon ausgehen können, dass es immer so gut lau fen wird wie in den vergangenen Jahren. Selbstverständlich bestehen auch Risiken, die sich in den Wachstumsprognosen z. B. des IWF oder auch der Bundesregierung widerspiegeln, die bekanntlich deutlich nach unten korrigiert worden sind. Deshalb müssen auch wir sehr darauf achten, Mehrausgaben wünsche sehr kritisch zu wägen, alles zu tun, damit wir die Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert ist, auch in Baden-Württemberg Jahr für Jahr verlässlich und solide ein halten können.

Herr Kollege Karrais, weil Sie das Thema gerade ebenfalls angesprochen haben, betone ich: Nach wie vor ist es mir ein großes und wichtiges Anliegen, dass wir die Schuldenbrem se in einem hoffentlich breiten Konsens in die Landesverfas sung aufnehmen und die Landeshaushaltsordnung entspre chend anpassen. Ich hoffe sehr, dass wir bei den wenigen Dis senspunkten, die es noch gibt – in allen grundsätzlichen Fra gen sind wir uns einig –, noch zu einer gemeinsamen Lösung kommen und die Schuldenbremse auch in unserer Landesver fassung verankern werden.

Herr Präsident Benz, Sie haben auch das Kontrollkonto ange sprochen. Ich habe genau hingehört. Sie haben von einem Ausgleich des Kontrollkontos bis Ende 2019, bevor im Jahr 2020 die Schuldenbremse gilt, gesprochen. Es geht nicht da rum, heute eine Summe X abzulösen. Sowohl der Kollege Karrais als auch der Kollege Hofelich haben immer noch ver altete Zahlen genannt. Ich hatte aber bereits im Ausschuss be richtet, dass die Zahl nicht mehr bei minus 643 Millionen €, sondern mittlerweile minus 279 Millionen € liegt. Das heißt, wir haben bereits weitere rund 400 Millionen € getilgt, und das Minus von 279 Millionen € auf dem Kontrollkonto be steht auch nur voraussichtlich. Denn wir kennen noch nicht die exakte Höhe der Nettosteuereinnahmen von 2018. Daraus wird sich berechnen, ob wir eine zusätzliche Tilgungsver pflichtung haben oder ob sich die Tilgungsverpflichtung re duziert.

Also, meine Damen und Herren: Gemach, gemach! Wir wer den uns das intensiv zusammen anschauen, und ich bin mir sicher, dass wir auch zu einer Lösung kommen werden.

Wir haben aber auch noch ein Stück des Wegs vor uns, wenn wir die mittelfristige Finanzplanung betrachten. In den letz ten Jahren haben wir die Lücke zwischen Einnahmen und Aus gaben deutlich verringern können, aber es gibt immer noch eine Lücke. Sie wird für das Jahr 2020 200 Millionen € und für 2021 500 Millionen € betragen. Auch das zeigt, dass wir Mehrausgaben kritisch betrachten müssen und dass wir als Maxime daran denken sollten, dass man neue Projekte nicht immer on top machen muss. Man kann durchaus Mittel aus den jeweiligen Einzelplänen dafür verwenden, etwas Neues auf den Weg zu bringen, wenn man auch einmal Förderpro gramme der Vergangenheit auf den Prüfstand stellt.

Sie haben auch noch von Ausgaberesten gesprochen; insbe sondere Herr Podeswa hat hierauf hingewiesen. Ein Grund dafür, dass die Ausgabereste so hoch sind, besteht im Hoch schulfinanzierungsvertrag. Der Ressortbereich des MWK schlägt allein schon mit über 1 Milliarde € an Ausgaberesten zu Buche. Diese Ausgabereste sind bei den Hochschulen z. B. Drittmittel, die sie eingeworben und noch nicht verausgabt haben, die aber dann, wenn sie in der kameralen Haushalts führung auftauchen, als Ausgabereste zu buchen sind.

Auch bei der Sanierungsoffensive, die wir richtigerweise auf den Weg gebracht haben, gibt es Ausgabereste, die dazu füh ren, dass die Summe insgesamt ansteigt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch kurz etwas zu dem Vorschlag des Kollegen Hofelich sagen. Zunächst einmal können wir in Bezug auf die Sanierungsoffensive und die Investitionsquote sagen, dass die Ausgaben für Investitionen in absoluten Zahlen in den letzten acht Jahren deutlich nach oben gegangen sind. Wir sind hier bei 4,8 Milliarden €. Wenn man die Quote, bezogen auf die Größenordnung des Haus halts, heranzieht – und darum geht es ja –, dann waren es 2016 9,2 %, 2017 8,9 %, 2018 8,3 %, und 2019 sind es 9,5 %. In Summe sind dies fast 5 Milliarden €. Wir haben also die guten Zeiten genutzt, um in öffentliche Infrastruk tur zu investieren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Sie haben heute im Zusammenhang mit dem Kontrollkonto und der Schuldentilgung Ihren Vorschlag wiederholt, eine Landesentwicklungsgesellschaft zu gründen. Das kann so ein fach nicht funktionieren. Sie können natürlich fordern, dass wir mehr Schulden tilgen sollen.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Sie können auch fordern, eine Landesentwicklungsgesell schaft zu gründen,

(Abg. Tobias Wald CDU: Bitte nicht!)

wie auch immer man dazu steht. Aber eine Landesentwick lungsgesellschaft zu gründen, um damit implizit Schulden ab zubauen, das kann jetzt nun mal gar nicht funktionieren.

(Abg. Tobias Wald CDU: Typisch SPD! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Deshalb überlegen Sie sich das noch mal gut. Diese Konst ruktion ist sicherlich nicht möglich. Sie ist auch nicht zielfüh rend und sollte dringend von Ihnen noch mal überdacht wer den.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Nicht alles, was viel leicht zunächst gut klingt, ist dann auch in der Realität ein gu ter Vorschlag. Ich finde – da möchte ich mich dem Kollegen Klein anschließen –, das gilt auch für die Forderung der SPD nach gebührenfreien Kitas.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das müssen wir die Bürgerschaft fragen!)

Das würde den Landeshaushalt in Summe um 700 Millionen € pro Jahr mehr belasten.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Um die heute die Eltern belastet sind!)

Ich frage Sie, warum Ihre Partei, der nach eigener Aussage soziale Gerechtigkeit wichtig ist, auf gebührenfreie Kitas für alle setzt. Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Weil das über Steuermit tel zu zahlen ist!)

Sollten Menschen Transferleistungen empfangen, sind sie von den Kitagebühren befreit.

(Abg. Andreas Stoch SPD: 4 % in Baden-Württem berg!)

Die meisten Kommunen haben sozial gestaffelte Gebühren.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das sind die gängi gen Argumente!)

Übrigens ist es auch möglich, bei Kindern bis 14 Jahren Be treuungskosten von der Steuer abzusetzen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ist okay! Wir sam meln Unterschriften ab April! – Zuruf: Wenn man entsprechend verdient!)

Warum Sie alle gleichermaßen entlasten wollen,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie haben es nicht ver standen! Bertelsmann Stiftung! Schauen Sie es sich bitte mal an!)

kann ich nicht verstehen, Herr Stoch.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das liegt aber an Ihnen! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das reicht, Frau Sitzmann!)

Ich finde auf jeden Fall, dass es nicht die Zielgruppe trifft, für die wir wirklich Entlastungen brauchen,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die Zielgruppe heißt Fa milie!)

und sozial gerecht ist es auch nicht, lieber Herr Kollege Stoch.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)