Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Die Aufgaben des Ministeriums sind kleinteilig. Ich möchte heute über drei große Blöcke oder Themenbereiche sprechen, die wir in den kommenden Jahren engagiert angehen werden: erstens die Stärkung der sozialen Infrastruktur in Baden-Würt

temberg in Krisenzeiten, zweitens die Weiterentwicklung des Gesundheits- und Pflegesektors und drittens eine progressive Inklusions- und Gleichstellungspolitik.

Der erste Punkt ist wohl im Moment der aktuellste und gleich zeitig der brisanteste. Die Relevanz und Stärke der Sozialwirt schaft ist vielen Menschen eigentlich gar nicht bewusst. Aber die Sozialwirtschaft mit all ihren unzähligen Angeboten und ihren Einrichtungen gibt nicht nur Beschäftigten einen Halt und ist Wohnung und Heimat für so viele, die Sozialwirtschaft ist auch ein wichtiger Wirtschaftsbereich, der viele Tausend Arbeitsplätze bedeutet.

Ich möchte mich hier an dieser Stelle gern bei allen Trägern und Einrichtungen für ihre Leistungen bedanken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Mein Fraktionsvorsitzender Andreas Schwarz hat es heute Morgen in seiner Rede Gott sei Dank auch schon benannt: Mit einem zusätzlichen 35-Millionen-€-Paket fördern wir genau die sozialen Infrastrukturen in Baden-Württemberg, die der zeit in den Krisen vermehrt in Anspruch genommen werden. Konkret stärken wir Angebote für Wohnungslose, für Famili en in schwierigen Lagen, für finanziell überforderte Menschen sowie Tafeln, aber auch Präventionsnetzwerke gegen Armut.

Kinder und Jugendliche sind in Krisenzeiten immer am stärks ten gefährdet. Darum nehmen wir sie ganz besonders in den Blick. Uns Grünen ist es wichtig, in diesen schwierigen Zei ten ausreichend Angebote zur Verfügung zu stellen, damit Kinder und Jugendliche an ihre sozialen Ressourcen anknüp fen und in einem gesunden Umfeld ihre Persönlichkeit entwi ckeln können. So erhöhen wir insbesondere die Mittel für Ju gendschutz, Jugendhilfe und Jugendbildung sowie die Fami lienhilfen. Zu diesen Hilfen gehört auch eine Erhöhung der Mittel für die Schulsozialarbeit um 14 Millionen € auf nun insgesamt 81 Millionen € für die beiden kommenden Jahre.

(Beifall bei den Grünen)

Wir bauen das Präventionsnetzwerk gegen Kinderarmut aus, stärken somit Teilhabechancen. Zudem erhöhen wir die Mit tel für die mobile Jugendarbeit deutlich.

Auch mit dem Masterplan Kinderschutz setzen wir in BadenWürttemberg neue Maßstäbe.

Mit diesen vielfältigen Hilfen vermeiden wir, dass die Armut in Baden-Württemberg sich verstärkt und dass Menschen in prekären Verhältnissen leben müssen und sich alleingelassen fühlen. Wir wissen aber um die sich schnell ändernde Dyna mik von Krisen, und das beschäftigt uns sehr. Deshalb wer den wir auch in den kommenden Wochen und Monaten genau hinschauen, welche sozialen Einrichtungen weitere Hilfen brauchen, und werden entsprechend handeln.

Ein Aspekt von Krisen, der sich jetzt wieder verstärkt gezeigt hat, ist natürlich das Thema Integration. In den letzten Mona ten sind viele Menschen aus der Ukraine zu uns nach BadenWürttemberg gekommen. Sie sind vor Tod, Krieg und Ver wüstung geflohen. Durch einen gewaltigen Kraftakt von Land, Kommunen und Gesellschaft können und werden wir über 140 000 Geflüchteten hier ein Zuhause und Frieden geben.

Für die kommenden zwei Jahre werden insgesamt über 86 Millionen € für das Integrationsmanagement und für eine gelingende Integration vor Ort in den Kommunen zur Verfü gung gestellt. In diesem Kontext ist natürlich auch die Arbeit der psychosozialen Zentren zu nennen. Damit gestalten wir Zuwanderung in Baden-Württemberg humanitär und verant wortlich.

Ich möchte nun zum zweiten Punkt kommen: Stärkung der Gesundheits- und Pflegeinfrastruktur. Auch hier setzen wir zu kunftweisende Impulse und haben Vorhaben aus dem Koali tionsvertrag damit umgesetzt oder wollen sie umsetzen.

Vor allem vor dem Hintergrund der Pandemie bin ich froh, dass wir die Mittel für die Krankenhausfinanzierung stetig auf einem sehr hohen Niveau halten. In den kommenden zwei Jah ren steckt das Land über 1 Milliarde € in seine Krankenhäu ser. Mit dieser Investitionsquote nimmt Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich einen Spitzenplatz ein.

Die Coronakrise hat aber auch durch das derzeit stark vorhan dene RS-Virus in aller Deutlichkeit gezeigt, dass für eine gu te Versorgung im Krankheitsfall nicht nur Ärztinnen und Ärz te notwendig sind, sondern vor allem Pflegende, die für uns unersetzlich sind.

(Vereinzelt Beifall)

Deshalb ist es richtig, dass wir nun mit der Einrichtung einer Pflegekammer mit insgesamt über 3,9 Millionen € in den kom menden Jahren in die Pötte kommen und das fördern werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn wir über Pflege reden, sehen wir stets beide Seiten, die Pflegebedürftigen genauso wie die Pflegepersonen. Mit der Stärkung der Kurzzeit- und Tages pflege, dem Innovationsprogramm Pflege sowie der Landes strategie „Quartier 2030“ bauen wir bestehende Förderpro gramme deutlich aus und bauen Baden-Württemberg also von innen generationengerecht um.

Ich möchte noch kurz auf ein Herzensthema zu sprechen kom men, das mir persönlich sehr wichtig ist, nämlich die Verbes serung der Versorgungsinfrastruktur für ME/CFS-Erkrankte. Diese Erkrankung ist einschneidend für Betroffene, aber auch für ihre Angehörigen. Noch immer gibt es eine große Unge wissheit hinsichtlich dieses Krankheitsbilds, und darum war es meiner Landtagsfraktion und mir sehr wichtig, eine Studie zu ME/CFS zu fordern. Diese Studie wird uns mehr Erkennt nisse über diese tückische Krankheit liefern und wird auf je den Fall Versorgungsverbesserung finden.

Das ist aber natürlich nur der Anfang; das muss weitergehen. An dieser Stelle möchte ich wirklich auch meinen Kollegin nen und Kollegen von SPD, CDU und FDP/DVP aus dem So zialausschuss Danke sagen, dass sie bei diesem wichtigen Thema mit dabei sind. Wir werden das weitermachen, und wir werden dieses Thema angreifen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Zum dritten und letzten Punkt, der Förderung einer progres siven Inklusions- und Gleichstellungspolitik: Auch hier set zen wir neue Maßstäbe. Wir erhöhen die finanziellen Mittel

zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt deutlich. Wir setzen ein deutliches Zei chen gegen Hatespeech und Antifeminismus, und wir beken nen uns ganz klar zur Istanbul-Konvention.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Konrad Epple CDU)

Lassen Sie mich dennoch kurz festhalten: So divers und viel fältig die Gesellschaft in Baden-Württemberg ist, so divers und vielfältig ist auch der Haushalt des Sozialministeriums. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich, dass es viele spezi fische, kleinteilige Hilfen gibt, z. B. die Förderung der Sucht beratungsstellen, Aidshilfen, Schwangerschaftsberatungsstel len, Fachstellen gegen sexualisierte Gewalt oder auch die För derung des Landesaktionsplans gegen Rassismus und Diskri minierung. Ich könnte noch lange aufzählen; jetzt sind aus Zeitmangel einfach nicht alle genannt.

Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei allen bedan ken, nicht nur beim Ministerium, sondern eben auch noch ein mal bei den Verbänden, bei den Ehrenamtlichen,

(Abg. Anton Baron AfD: Gern!)

den ehrenamtlichen Helfern, den Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern im Gesundheitssektor, in der Sozialwirtschaft – bei all denjenigen, die diese Projekte, die wir hier fördern, vor Ort umsetzen. Das tut sich ja nicht von allein; dazu braucht es Menschen, die das bewirken. Diese Menschen haben wir in Baden-Württemberg.

Sie sehen schon: Wir setzen hier ein starkes Zeichen für Zu sammenhalt in unserer Gesellschaft.

Dabei hoffe ich auf Ihre Mitarbeit und bedanke mich recht herzlich. Bleiben Sie gesund!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Jetzt erteile ich das Wort für die CDU-Fraktion dem Kollegen Stefan Teufel.

Sehr geehrter Herr Präsident, ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede ist es mir ein Anliegen, heute Abend der Landtagsverwaltung zu danken, die auch zu so später Stunde noch ihren Dienst ver richtet. Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD, der FDP/DVP und der AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die CDU-Frak tion ist die Sozialpolitik ein wichtiger Bestandteil der Daseins vorsorge. Nicht nur in der Coronakrise, der Energiekrise oder auch der Inflationskrise merkt man, wie wichtig es ist, dass das Sozialwesen vor Ort funktioniert.

(Abg. Anton Baron AfD: Unser Hartz-IV-System wird zu 45 % von Ausländern in Anspruch genommen!)

Aus diesem Grund ist es uns ein wichtiges Anliegen, die So zialpolitik, unser Sozialwesen als wichtigen Bestandteil der Daseinsvorsorge auch immer wieder zu unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Für uns gibt es drei sehr wichtige Grundsätze der Sozialpoli tik: „Fördern und fordern“, „Politik mit Maß und Mitte“, aber auch „Hilfe zur Selbsthilfe“. Dies sind wichtige Leitideen für eine gute Sozialpolitik.

Vor fast einem Jahr – um es genau zu sagen: vor 363 Tagen – haben wir hier an dieser Stelle zuletzt über den Einzelplan 09, den Einzelplan des Sozialministeriums, beraten. Wir sahen uns damals vor der vierten Coronawelle. Gleichwohl ist es uns damals gelungen, einen zukunftszugewandten Haushalt für das Jahr 2022 auf den Weg zu bringen.

Gleichzeitig – auch das gehört zur Wahrheit hinzu – mussten wir haushaltstechnisch leider verschiedene Vorhaben zurück stellen, zum einen deshalb, weil die finanzpolitischen Spiel räume deutlich kleiner waren als in den Vorjahren, zum ande ren deshalb, weil insbesondere im Sozialministerium aufgrund des mit der Coronapandemie verbundenen Aufgabenzuwach ses viele personelle Ressourcen weiterhin gebunden waren.

Uns ist es deshalb wichtig, heute dem Sozialministerium, al len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für die Bewäl tigung dieser Krise zu danken. Herzliches vergelt’s Gott!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Mal sehen, wie es den Krankenhäusern geht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 2022 sprachen ei nige von einem Haushalt des Übergangs. Damit war auch die starke Hoffnung verknüpft, dass der Doppelhaushalt 2023/2024 unter einem besseren Vorzeichen stehen würde. Heute wissen wir, dass dies keineswegs der Fall ist. Die multiplen Heraus forderungen, denen wir uns gegenübersehen, können natür lich nicht ohne Berücksichtigung bleiben, insbesondere nicht im Sozialhaushalt.

Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass wir für die nächsten zwei Jahre ein Gesamtpaket geschnürt haben, wel ches gleichermaßen erstens für Stabilität in der Krise, zwei tens für Risikovorsorge und drittens für Zukunftsinvestitio nen steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zentrale Stabilitäts anker in diesen herausfordernden Zeiten sind der gesellschaft liche Zusammenhalt und das Ehrenamt. Die ehrenamtliche Arbeit, die – auch jenseits besonderer Ereignisse – tagtäglich geleistet wird, hält unsere Gesellschaft im Kern zusammen. Dem tragen wir auch im vorliegenden Doppelhaushalt Rech nung. So stellen wir über 2 Millionen € für die Stärkung der Fachberatungsstellen für Qualifizierungsangebote zur Verfü gung.

Die Ehrenamtskarte ist bekanntermaßen für die CDU-Frakti on ein besonderes Anliegen. Es freut uns wirklich sehr, dass wir nun die ersten Schritte auf dem Weg zur Einführung einer Ehrenamtskarte gehen, mit der herausragendes bürgerschaft liches Engagement gewürdigt werden kann. Ich glaube, es ist in diesen Zeiten auch eine richtige Botschaft an die Gesell schaft.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht weniger unter stützenswert erscheinen die vielen jungen Menschen, die je