Nehmen Sie bitte endlich zur Kenntnis, dass das bayerische Parlament und damit auch Sie Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten hat. Nehmen Sie diese Verantwortung ernst und nutzen Sie diesen Gestaltungsspielraum.
Unsere Kommunen bringt es keinen Schritt weiter, wenn Sie die Verantwortung allein beim Bund suchen. Dort gibt es Verantwortung. Das haben wir immer gesagt und
entsprechende Anträge gestellt. Aber, wie schon erwähnt, auf Bundesebene wird etwas getan und es ist bereits ein Sofortprogramm in die Wege geleitet worden, das einen nicht unerheblichen Umfang aufweist.
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass entscheidende Weichenstellungen für das Ausbluten der kommunalen Finanzen bereits unter Helmut Kohl und damit in Ihrer Mitverantwortung veranlasst wurden. Ich nenne nur die Stichworte: Aushöhlung der Gewerbesteuer zur reinen Ertragssteuer, die gewerbesteuerliche Organschaft, Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und die Reform der Sozialgesetzgebung.
Das alles sind Maßnahmen, die in Ihrer Regierungszeit auf den Weg gebracht wurden und die zu einer Verschlechterung der kommunalen Finanzen geführt haben. Allerdings sind das für Sie Tabuthemen. Bei Ihnen beginnt die „Zeitrechnung der kommunalen Grausamkeiten“ erst mit Rot-Grün. Das aber ist unehrlich und unglaubwürdig.
Kolleginnen und Kollegen, jetzt sind wir vor allem in Bayern am Zug. Das haben wir in unserem Dringlichkeitsantrag auch zum Ausdruck gebracht. Wir erwarten von der Bayerischen Staatsregierung und von der CSU-Fraktion, dass sie dem Vorbild der Bundesregierung folgend auch auf bayerischer Ebene ein Sofortprogramm in die Wege leiten. Wir erwarten die Rückgabe der Gelder aus der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage an die Kommunen, die – wie Sie wissen – zu zwei Dritteln den Ländern zukommt. Das würde in Bayern für das Jahr 2003 eine Summe von mindestens 170 Millionen e ausmachen.
Das haben wir in Berlin gefordert, aber wir haben auch hier eine Möglichkeit, und deshalb fordern wir Sie dazu auf, diese Möglichkeit wahrzunehmen.
Warum handeln Sie nicht, wenn Sie es können? Sie schimpfen auf Berlin. Im Bayerischen Landtag haben Sie die Mehrheit und hier können Sie diese Maßnahmen, die den Kommunen helfen, endlich auch umsetzen.
Wir erwarten darüber hinaus auch etwas, was in Ihrer und unserer Hand, in der Hand des Bayerischen Landtags liegt: Der Beitrag der Kommunen zur Finanzierung der deutschen Einheit muss reduziert, in den Grenzkommunen soll er auf null heruntergeschraubt werden. Auch das können Sie.
(Dr. Bernhard (CSU): Und die Gegenfinanzierung? Wo soll das Geld herkommen? – Gegenruf des Abgeordneten Maget (SPD): Wo soll der Eichel denn das Geld herhaben?)
Ich frage Sie genauso, wo soll denn der Bund das Geld hernehmen? Dort soll es funktionieren, hier auf bayerischer Ebene nicht.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Bernhard (CSU) – Gegenruf des Abgeordneten Maget (SPD): Sie wollen doch immer einen ausgeglichenen Haushalt!)
Herr Kollege Dr. Bernhard, wenn Sie etwas vom Bund fordern, müssen Sie auch bereit sein, dasselbe auf Landesebene zu wollen. Ansonsten ist es in hohem Maße unglaubwürdig und reine Polemik und Taktiererei.
Wir erwarten, dass Sie den seit Jahrzehnten mangelhaften Finanzausgleich endlich anheben. Sie wissen genau, dass die Schlüsselmasse in anderen Bundesländern wesentlich höher ist, als dies in Bayern der Fall ist. Doch auch das ignorieren Sie. Sie wollen nicht die notwendigen Schritte tun und handeln. Wir erwarten vor allem, dass Sie die notwendigen Maßnahmen für die Schulen nicht nur beschließen – denn das tun Sie –, sondern dass Sie diese auch finanzieren.
Herr Kollege, Sie sind vielleicht später dran, jetzt möchte ich erst einmal zu Ende kommen. Ganz oben bei den schulischen Maßnahmen steht die Einführung der Ganztagsschule. Nicht nur, dass Sie viel zu wenig Einrichtungen schaffen wollen – es ist nur von 30 die Rede –, die hundertprozentige staatliche Aufgabe Schule soll bei den Ganztagsschulen nur zu 40% vom Freistaat finanziert werden. Den Rest wälzen Sie auf Eltern und Kommunen ab. Das tun Sie übrigens ständig. Bei der Einführung der R 6 haben Sie zunächst Kostenneutralität für die Kommunen versprochen. Jetzt wollen Sie davon nichts mehr wissen. Sie lassen die Kommunen mit ihrer Belastung für kommunale Schulen im Regen stehen. Sie sind nicht einmal dazu bereit, das Lehrpersonal dort in gleicher Höhe wie an Privatschulen zu bezuschussen. Auch das ist in höchstem Maße kommunalfeindlich.
Es reicht nicht aus, Kolleginnen und Kollegen, sich selbst immer als kommunalfreundlich zu bezeichnen. Man muss schon etwas dafür tun. Beim Thema Gastschulbeiträge wird besonders deutlich, dass keinerlei Bereitschaft besteht, den Kommunen bei den sie erdrückenden Schulkosten zu helfen. Im letzten Jahr hatten Sie noch die Idee – die ließen Sie auch überall verbreiten –, dass die Landkreise und damit die kreisangehörigen Gemeinden mit einer Erhöhung der Gastschulbeiträge den Schulstädten in der Finanzmisere helfen. Inzwischen liegen allerdings Aussagen von CSU-Abgeordneten, sogar von Frau Kultusministerin Hohlmeier, vor, die zurückrudern. Kollege Sackmann äußerte sich dahin gehend – ich zitiere: „Weder die CSU-Fraktion noch die Staatsregierung planen eine Erhöhung der Gastschulbeiträge“. Obwohl es schriftliche Unterlagen aus dem Kultusministerium gibt, wonach die Kostenbe
teiligung der Städte und Gemeinden für Gastschüler massiv erhöht wird, will Kultusministerin Hohlmeier davon aber nichts mehr wissen. Gegenüber dem Präsidenten des Bayerischen Gemeindetages soll sie geäußert haben, dass eine Änderung des Gastschulbeitragsaufkommens nur im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden erfolgen kann. Was das heißt, wissen wir alle: Sie wird nie und nimmer kommen.
Ich fordere die CSU-Fraktion und die Staatsregierung auf, eindeutig Stellung zu beziehen: Wollen Sie die Schulstädte weiter im Regen stehen lassen oder werden Sie endlich wirksame Unterstützung anbieten? Dabei will ich unmissverständlich und deutlich sagen, dass ich es für bedenklich halte, die Landkreise und die kreisangehörigen Städte in diesem Maße in die Pflicht zu nehmen. Sinnvoller wäre auch hier eine Erhöhung der staatlichen Zuwendungen für die Schulstädte.
Kolleginnen und Kollegen, was die CSU in ihrem Dringlichkeitsantrag „Sofortprogramm für die Kommunen“ fordert, geht – wie kann es anders sein – alleine in Richtung Bundesregierung.
In Ihrem Antrag fehlt eine Aussage darüber, wie Sie die Einnahmen der Kommunen dauerhaft stabilisieren wollen. Es fehlt eine endgültige Positionierung zu einem der beiden diskutierten Modelle. Allerdings gibt es Hinweise dafür, dass Sie gar keine Reform der Gewerbesteuer zum 01. 01. 2004 wollen. Es ist unglaublich, und Sie treten damit die Interessen der Kommunen mit Füßen, wenn Sie der Reform der Gewerbesteuer eine Absage erteilen. Nach dem gestrigen Präsidiumsbeschluss von CDU und CSU wollen Sie das tatsächlich. Sie haben der Reform der Gewerbesteuer allein deshalb eine Absage erteilt, weil Sie sich innerhalb der unionsgeführten Länder nicht einigen können, was Sie eigentlich wollen. Ministerpräsident Teufel aus Baden-Württemberg ist für das BDI-Modell, Hessen spricht sich für das Gewerbesteuermodell aus. Bayern äußert sich nicht. Sie blockieren die Arbeit der Kommission und damit die Reform, weil Sie sich nicht einig sind. Sie blockieren die Reform der kommunalen Finanzen.
Das halte ich für eine schockierende Botschaft an die Gemeinden in Deutschland. Sie blockieren ohne Rücksicht auf die tiefgreifenden Probleme unserer Kommunen die zum 01. 01. 2004 geplante Gemeindefinanzreform.
Sie fallen mit diesem Vorpreschen, dem übrigens die Kommunalpolitische Vereinigung der CSU beipflichtet – was ich für unglaublich halte – –
Da haben Sie Recht, Herr Kollege. Das ist unglaublich, weil sich die Kommunalpolitische Vereinigung der CSU doch für die Interessen der Kommunen einsetzen will. Aber auch sie wird dem Modell der kommunalen Betriebsteuer offensichtlich nicht zustimmen. Diese Mitteilung machen Sie und die KPV zwei Tage vor der nächsten Kommissionssitzung und das, obwohl sowohl der Bayerische Städtetag als auch der Deutsche Städtetag die kommunale Betriebsteuer für unausweichlich zur Stabilisierung und Stärkung der kommunalen Finanzen erachten. Auch hierzu erwarte ich Ihre eindeutige Aussage.
Offensichtlich hat sich in der CSU die Wirtschaftslobby durchgesetzt. Diese Wirtschaftslobby argumentiert immer damit, dass die Wirtschaft keine weiteren Belastungen verkraften würde. Mit diesem Argument wird aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichzeitig akzeptiert, dass alleine die Steuerpflichtigen für die Einnahmeseite der Kommunen zuständig sein werden.
Wollen Sie es denn tatsächlich alleine den Steuerpflichtigen überlassen, für die Infrastruktur aufzukommen, obwohl Gewerbe und Industrie diese nun einmal in höherem Maße brauchen als Privatpersonen? Wollen Sie tatsächlich die vier Milliarden, die in Bayern bisher an Gewerbesteuern anfallen, auch noch auf den Steuerzahler abwälzen? Das würde ich gerne von Ihnen in Ihrer Stellungnahme hören.
Kolleginnen und Kollegen, die CSU lenkt mit ihrem Antrag wieder einmal von ihrer eigenen Verantwortung innerhalb Bayerns ab. Die Vorschläge, die sie für die Bundesebene machen, gehen im Wesentlichen in die falsche Richtung und stellen zum Teil Selbstverständlichkeiten dar, jedenfalls dort, wo Konsens besteht, wie zum Beispiel bei der Forderung nach Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Eine Selbstverständlichkeit ist es auch, dass die Grundsicherung seriös finanziert wird.
Ich glaube, das tun wir nicht, sonst würde ich das im Gegensatz zu Ihnen, verehrte Kollegen, nicht sagen.
Der geforderte intensivere Einsatz von Modellen der aktivierenden Sozialhilfe, wie Sie es beantragen, wird in
vielen Kommunen bereits praktiziert. Wenn es hier weiteren Handlungsbedarf gibt, muss der Adressat die Kommune sein und nicht der Bund. Aus den genannten Gründen lehnen wir den Antrag der CSU ab. Zum Antrag der Grünen ist zu sagen, dass er mit unseren Vorstellungen zwar größtenteils übereinstimmt. Dennoch können wir ihm nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten, weil eine vierteljährliche Abschlagszahlung bei der Grundsicherung unrealistisch ist und weil wir dem beantragten Steuerfindungsrecht der Kommunen nicht zustimmen. Wir haben bisher nur der Zweitwohnungssteuer zugestimmt, denn die allein hielten wir für sinnvoll. Zum Antrag der SPD bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.