Mit einer Kindergrundsicherung könnten wir die Bürokratie minimieren, und wir würden einen Beitrag dazu leisten, Kinderarmut in Deutschland zu reduzieren. Soviel zu Ihrem Einwurf, Herr Unterländer. Es war wirklich gut, dass Sie mir dieses Stichwort gegeben haben.
Wir wollen, dass Sie sich schnellstmöglich für einen zügigen Ausbau für Kinderbildungs- und -betreuungsmöglichkeiten in Bayern einsetzen, und zwar ohne Tricks oder Ablenkungsmanöver.
Dazu gehört der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz vom ersten bis zum vierzehnten Lebensjahr. Nur dadurch ist bei den Kommunen eine zielsichere Bedarfsplatzung möglich. Nur dann ist endlich Schluss mit den Abwiegelungsversuchen einiger Bürgermeister, die den Frauen sagen: Willst du dein Kind wirklich in die Einrichtung geben? Du kannst doch auch zu Hause bleiben. – Damit ist dann endlich Schluss!
Wir wollen, dass das erste Kindergartenjahr kostenfrei ist. Wir sind nämlich daran interessiert, dass möglichst viele Kinder möglichst früh gefördert werden können und dass möglichst viele Kinder eine sprachliche Integration bekommen. Unser langfristiges Ziel ist es, dass die gesamte frühkindliche Bildung kostenfrei gestaltet wird. Der Einstieg hierzu muss aber das erste Jahr sein.
Nun zum Antrag der SPD. Wir stimmen Ihnen voll zu, was die Erhöhung der Zuweisung zum Ausbau der Kinderkrippen von 100 Millionen auf 340 Millionen Euro anbelangt. Die 100 Millionen Euro, die der Freistaat derzeit vorsieht, sind absolut beschämend, zumal wenn man sieht, dass 340 Millionen allein vom Bund dafür kommen. Insofern stimmen wir Ihnen zu. Nicht zustimmen können wir Ihnen bei der Erhöhung des Kindergeldes. Ich habe es bereits ausgeführt, wir haben hierzu ein anderes Konzept. Wir wollen die Kindergrundsicherung. Im Übrigen wissen wir, wie wir die Kindergrundsicherung finanzieren wollen, und zwar über die Abschaffung des Ehegattensplittings.
Das macht 20 Milliarden Euro aus. Wir hätten damit sehr viel Geld zur Verfügung, um die Kindergrundsicherung zu finanzieren. Das überkommene und veraltete Instrument des Ehegattensplittings kommt im Grunde nicht nur den Familien, sondern auch sehr gut verdienenden Eheleuten zugute, die noch nicht einmal Kinder haben. Es ist also überhaupt nicht treffsicher, deshalb muss das Ehegattensplitting weg. Eine Kindergrundsicherung hingegen muss her!
Wir enthalten uns beim Antrag der SPD, denn dieser enthält Forderungen, die uns zwar sehr wohl entsprechen, doch bei der Kindergelderhöhung können wir nicht mitstimmen.
Wir rufen der CSU zu: Nehmen Sie die augenblickliche Situation von Kindern und Familien hier in Bayern endlich wahr. Lenken Sie nicht mit Scheinlösungen ab. Setzen Sie Ihre ideologische Brille ab, bereiten Sie die Zukunft für alle vor. Hören Sie endlich auf, den Ausbau von Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen in Bayern zu verhindern! Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
(Beifall bei den GRÜNEN – Joachim Unterländer (CSU): Eine Unverschämtheit! – Gegenruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wieso?)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weise den Vorwurf von Frau Kollegin Ackermann einer Blockade beim Ausbau der Kinderbetreuung für die Kinder unter drei Jahren strikt zurück.
(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Forcieren tun Sie das aber auch nicht! Da muss man dann schon anders vorgehen!)
Entschuldigen Sie mal, Sie sollten sich ein Stück weit besser auskennen. Es geht um den Rechtsanspruch für einen Betreuungsplatz für die Kinder unter drei Jahren ab
die aus folgenden Punkten besteht: Die Bundesregierung wurde beauftragt, alle zwei Jahre einen Bericht über die Entwicklung des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vorzulegen. Wird der Freibetrag angehoben, wird auch der Betrag für das Kindergeld entsprechend erhöht. Das ist Beschluss des Bundestags.
Das war ein ganz wichtiger Schritt für die Koppelung des Systems der Einkommensbesteuerung mit dem System der sozialen Sicherung. Das ist für die Familien von ganz besonderer Bedeutung; denn hier werden Rahmenbedingungen geschaffen für die Familien, die nicht mehr weiter abhängig sind von der Haushaltslage der jeweiligen Bundesregierung und vom Bundeshaushalt. Damit wird ferner eine Dynamisierung des Familienleistungsausgleichs entsprechend festgeschrieben.
Der Bundesfinanzminister hat zum wiederholten Male die Absicht bekundet, diesen bewährten Anpassungsmechanismus außer Kraft zu setzen.
Das heißt: Der Bundesfinanzminister sagt, dass er die Kindergeldanpassung aussetzen will, dass er den Ausbildungserziehungs- und Kinderfreibetrag streichen will. Die Bayern-SPD lehnt ebenfalls eine Erhöhung des Kindergeldes ab, wobei ich jetzt gerade eine Relativierung herausgehört habe.
Unsere klare Antwort auf diese Forderungen lautet: Erstens. Die Koppelung der Familienleistungen an das Existenzminimum steht für uns außer Frage. Zweitens. Die Erhöhung ist angesichts der Preisentwicklung und der Verbraucherkosten aus unserer Sicht längst überfällig. Das sind wir den Familien mit ihren Kindern schuldig. Sie sind Leistungsträger unserer Gesellschaft. Drittens. Eine Familienpolitik nach Kassenlage kommt für uns schlicht und einfach nicht in Betracht.
Zum Mittagessen möchte ich auch noch ein Wort sagen, weil ich das für einen ganz wichtigen Bereich halte. Frau Kollegin Ackermann, aber auch Frau Kollegin WernerMuggendorfer, Ihnen möchte ich sagen: Die Sozialminister haben sich bei ihrem letzten Treffen, der ASMK, intensiv darüber unterhalten. Wir halten es für wichtig, im Bereich der Grundsicherung, also bei den SGB-II-Empfängern, die Leistungen für Kinder noch einmal sehr genau zu prüfen. Die Staffelung, die hier vorgenommen worden ist – übrigens von einem SPD-geführten Ministerium –, halte ich nicht für richtig. Nach dieser Staffelung werden für Kinder bis 14 Jahre 60 % des Erwachsenenanteils an der Grundsicherung bezahlt, für Kinder ab 14 Jahren dann 80 %. Jeder weiß, dass sich die Kosten erhöhen, wenn Kinder in die Schule kommen.
(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sie haben doch im Bundesrat zugestimmt; reden Sie sich jetzt nicht heraus! Sie sind mitverantwortlich!)
dem Jahr 2013. Dazu haben wir Ja gesagt. Das bedeutet, wenn ich Ja zum Rechtsanspruch sage, dann müssen wir gewaltig bei den Betreuungsplätzen für die Unter-Dreijährigen ausbauen.
Das bedeutet aber auch auf der anderen Seite: Wir haben gesagt, um unserem Prinzip der Wahlfreiheit gerecht zu werden, wir wollen ab 2013, wenn der Rechtsanspruch kommt, auch das Betreuungsgeld haben.
Und da sehe ich überhaupt keine Blockade, sondern wir wollen beides, den Rechtsanspruch und das Betreuungsgeld. Wir wollen nämlich keine Diffamierung der Familie, sondern die Entscheidungsfreiheit für unsere Familien. Wir wissen durchaus, dass wir einerseits bedarfsgerechte 35 oder 31 % Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren haben wollen – Tagesmütter, altersgemischte Gruppen, Kinderkrippen oder Häuser für Kinder –, und andererseits 65 % der Eltern ihre Kinder zu Hause betreuen. Diese Eltern wollen wir nicht diffamieren, wir wollen sie auch nicht bevormunden. Deswegen verlangen wir das Betreuungsgeld. Daran können Sie schon erkennen: Wir blockieren gar nichts.
Hören Sie auf mit dem Vorwurf von den 100 Millionen. Wenn Sie sich die Finanzierung im Bereich der Investitionskosten anschauen, werden Sie feststellen: Wir haben keine Quoten, wir finanzieren jeden Betreuungsplatz, jeden Krippenplatz mit mindestens 60, maximal 80 %.
Nein. – Wir finanzieren sozusagen alles, was hereinkommt. Dahinter stehe ich, das sage ich ganz offen. Ich mache mit Ihnen gerne in einem Jahr oder in zwei Jahren die Rechnung auf: Sie werden sehen, dass der Freistaat wesentlich mehr als die 100 Millionen Euro ausgibt. Wir haben nämlich auch noch die Gesamtförderung, die degressive Staffelung pro Gruppe, aufgehoben, sodass wir insgesamt wesentlich mehr Geld ausgeben werden als die 100 Millionen Euro bis 2013 oder in den nächsten vier Jahren. Da haben Sie mein Wort. Das ist das Zukunftsprogramm 2020. Der Freistaat hat hier gewaltig draufgelegt, und das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Familien brauchen nach meiner festen Überzeugung verlässliche Rahmenbedingungen. Dazu gehört: Jeder hat ein Recht darauf, dass ihm nach Zahlung der Steuern vom Einkommen zumindest das Existenzminimum verbleibt, also das, was die Bürgerinnen und Bürger brauchen, um ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt ihrer Familien bestreiten zu können. – Schade, dass der Kollege Rotenhan jetzt nicht da ist. Das entspricht nämlich einer eindeutigen Vorgabe des Verfassungsgerichts. Diese Vorgabe ist dann durch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts immer wieder bestätigt und immer weiter präzisiert worden. Deswegen hat der Bundestag 1995 eine Neuregelung des Familienleistungsausgleichs beschlossen,
Aber eigentlich wollte ich Ihnen eine Frage stellen, Frau Ministerin. Ich weiß zwar, dass es für Sie schwer ist, sich in die Situation von sozial sehr schwachen Familien hineinzuversetzen. Aber wenn Sie es trotzdem versuchen, möchte ich Ihnen die Frage stellen: Wie würden Sie handeln, wenn Sie ganz, ganz wenig Geld hätten und vor der Entscheidung stünden: Nehme ich das Betreuungsgeld, oder zahle ich 400 Euro für einen Krippenplatz? Was würden Sie dann machen?
Frau Kollegin Ackermann, Sie sollten als Erstes Ihre eigenen Anträge durchlesen. Da steht nämlich ganz klar: „… durch die Kappung des Ehegattensplittings“. Ich habe ihn nur inhaltlich wiedergegeben. Wenn Sie etwas anderes gemeint haben, sollten Sie das in Ihrem Antrag auch so schreiben.
Sie hatten an mich eine persönliche Frage gestellt. Frau Kollegin Ackermann, ich würde meinen persönlichen Lebensentwurf, den ich gewählt habe, indem ich 35 Jahre lang zu Hause geblieben bin – ich habe ja nun sechs Kinder –, nicht als Lebensentwurf für alle anderen sehen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, auch meine Kinder unter drei Jahren zu Hause zu betreuen. Es war eine geistig hoch anspruchsvolle Aufgabe, Kinder zu begleiten, zu bilden und zu betreuen; das halte ich für eine hoch anspruchsvolle und ungeheuer wichtige Aufgabe, würde aber gleichwohl sagen – ich sehe das an meinen Schwiegertöchtern und Töchtern –, dass die Jugend jetzt völlig andere Lebensentwürfe wählt, und vor diesem Hintergrund stehe ich ein für Wahlfreiheit und gebe keine Ratschläge.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 15/9918 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? – SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag so angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 15/9947 – das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – CSU-Fraktion. Enthaltungen? – SPDFraktion. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wenn die Kinder in die Schule kommen, erhöhen sich die Kosten eklatant. Deswegen sind wir in einer Bund-LänderArbeitsgruppe dabei, diese Staffelung zu bereinigen.
Im Bereich der Krippen, Horte und so weiter tritt das Problem Mittagessen so nicht auf, weil im SGB VIII die Teilhabe steht. Zur Teilhabe gehört auch das Essen. Deswegen wird das jeweils von den Jugendhilfeträgern im Rahmen der wirtschaftlichen Jugendhilfe bezahlt.