Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

das wäre einmal in einer Unterkunft so gewesen, ist absolut falsch.

Sie müssten sich diese Verhältnisse einfach nur einmal anschauen, nicht nur Sie, sondern auch die anderen Herren und Damen Ihrer Partei. Deshalb haben wir auch den Antrag gestellt, dass Vertreter des Ausschusses für Sozialpolitik eine Ortsbesichtigung in so einer Unterkunft durchführen, um sich selbst ein Bild zu machen. Denn dann erst können Sie darüber urteilen, was diesen Menschen dort zugemutet wird, und sehen, dass die Verhältnisse, in denen sie leben, unzumutbar sind. Wenn wir einen Beitrag dazu leisten können, sie in festen Bauten unterzubringen, deren es auf jeden Fall genug gibt, anstatt sie schikanöserweise in Containern unterzubringen, um ihre Rückkehr zu fördern, wie es so schmeichlerisch heißt, sollten wir das tun.

Herr Kollege von der SPD, es ist eben leider nicht so, dass die Leute nur ganz kurz da sind. Wie Sie wissen, handelt es sich sehr oft um abgelehnte, um geduldete Asylbewerber, die aus gewissen Gründen nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkehren können und die dort schon teilweise bis zu 15 Jahre leben. Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn Sie hier so tun, als wäre es nur ein vorübergehender Aufenthalt.

(Zuruf von der SPD)

Sie müssen schon entschuldigen. Wenn man die Verhältnisse gesehen hat und mit den Menschen gesprochen hat, kommt Emotion herein. Ich finde es auch ganz richtig, dass dieses Thema emotional behandelt wird. Ein Wahlkampfthema wird es vermutlich nicht werden, weil man für so ein Thema keine Wählerstimmen bekommt. Diese Menschen haben nämlich keine Lobby.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, bleiben Sie bitte noch einen Moment da; es gibt eine Zwischenbemerkung. – Herr Kollege Stöttner, wir haben uns eigentlich darauf geeinigt, im Plenum kein Handy zu benutzen. Wenn Sie allerdings auf der Suche nach dem Maibaum von Herrn Söder sein sollten, mit dem Sie sich haben ablichten lassen, kann ich Ihnen dazu von „meinem“ Burschenverein in Ismaning berichten: Dieser war gestern bei mir zu Gast und hat erzählt, wo und wie sie ihn gestohlen haben, wohin er verbracht wurde und was Sie an Auslöse zahlen müssen. Sie können nachher mit mir noch darüber verhandeln. Aber bitte telefonieren Sie hier im Saal nicht mit dem Handy. – So. Jetzt hat Frau Kollegin Weikert zu einer Zwischenbemerkung das Wort.

Frau Kollegin Ackermann, ich nehme Bezug auf die Ausführungen meines Kollegen Volkmann. Ich bin der Überzeugung, dass man dieses Thema sachgerecht und ohne Emotion diskutieren muss. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den Sie genannt haben, den der minderjährigen Flüchtlingskinder.

Ich bin selbst Vorsitzende eines Vereins in Bayern und fühle mich bei diesem Thema deshalb sehr kompetent. Wir gestalten nämlich seit vielen Jahren die Arbeit mit

Ich würde mir wünschen, dass wir just dieses Thema nicht in den bevorstehenden Landtagswahlkampf mit hineinziehen. Das wäre mir ehrlich gesagt lieber. Im Moment scheint es nicht aufzuhalten zu sein, aber ich wünsche uns allen eine möglichst sachliche Debatte bei der Feststellung der tatsächlichen Situation, der Dauer der Verfahren und ihrer Zahl. Ob das, was hier beantragt ist, wirklich notwendig ist, sollten wir dann entscheiden. – Ich bedanke mich jetzt für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, vielen Dank. Im Rahmen der Aussprache erteile ich noch einmal Frau Kollegin Ackermann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist nicht so, dass die GRÜNEN allein der Meinung sind, dass die Unterkünfte menschenunwürdig sind. Wir haben einen Gott sei Dank völlig unbelasteten Mitstreiter. Das ist der EU-Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg, der bei seinem Besuch in Deutschland 2006 festgestellt hat – ich zitiere: Der Kommissar hat im Freistaat eine Gemeinschaftsunterkunft in der Rosenheimer Straße in München besucht. Die Unterkunft bestand aus zwei für 290 Personen ausgelegte Doppeletagencontainer, die ursprünglich für einen Automobilbetrieb in unmittelbarer Nähe der Autobahn gebaut wurden. – Es wird dann weiter beschrieben, wie entsetzlich die Zustände in den Containern sind. Ich erspare Ihnen das, kann es aber auf Nachfrage noch erzählen.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Muss nicht sein!)

Er sagt dann: Nach dem Dafürhalten des Kommissars ist der Langzeitaufenthalt von Asylsuchenden in wohnheimähnlichen Gemeinschaftsunterkünften mit Mehrbettzimmern deren Wohlbefinden abträglich. Er fordert, dass die Unterbringung in den von Hauptverkehrsstraßen umgebenen, baufälligen Containern, die eine beengte Unterbringung in Mehrbettzimmern auf verschiedenen Etagen für Alleinstehende, Familien und unbegleitet eingereiste Minderjährige bieten, im Sinne der EU-Richtlinie überdacht wird und Mindeststandards für die Unterbringung von Asylbewerbern erarbeitet werden.

Das ist ein Mann von außen, der sich diese Wohnverhältnisse angeschaut hat. Man kann das gar nicht Wohnverhältnisse nennen. Er war entsetzt über das, was wir uns hier leisten, mit unseren Gästen zu veranstalten. – Frau Kollegin Matschl, Sie haben gesagt, er habe nur eine einzige Unterkunft besichtigt. Ich sage Ihnen einmal: Wir von den GRÜNEN haben uns den Luxus erlaubt, eine sogenannte Lagertour durchzuführen. Wir haben durchaus mehr Unterkünfte besucht, so zum Beispiel die Unterkunft in der Rosenheimer Straße, die an der JosefWild-Straße, die an der Rosa-Luxemburg-Straße, alle in München. Wir haben in Dachau die Kufsteiner Straße besucht, in Neuburg a. d. Donau die Donauwörther Straße, in Niederbayern in Landshut die Schönbrunner Straße. Die Liste kann fortgesetzt werden. Wir waren in jedem Regierungsbezirk, und wir haben fast überall dieselben unerträglichen Zustände vorgefunden. Da nur zu sagen,

schuldig. An Ihrer Stelle würde ich nicht versuchen, dieses Thema klein zu reden, denn die Menschen in diesen Unterkünften müssen dort jeden Tag verbringen, sie müssen jeden Tag die Verhältnisse dort ertragen. Wir hingegen müssen uns nur einmal damit im Landtag befassen, und ich denke, dass können wir gerade noch leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. – Damit besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes (Drs. 15/9624) – Zweite Lesung –

Die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, dass keine Aussprache dazu stattfindet. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/9624 und die Beschlussempfehlung mit dem Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, Drucksache 15/10510, zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmte in seiner Endberatung ebenfalls zu. Ergänzend wurde beschlossen, in § 2 als Datum des Inkrafttretens den „1. Juni 2008“ einzufügen. Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Ergänzung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. – Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Hierzu gibt es keinen Widerspruch. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Meine Herren, bitte ein bisschen schneller. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Dann ist das einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes“.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Errichtung der staatlichen Hochschule für Musik Nürnberg (Drs. 15/9676) – Zweite Lesung –

Eine Aussprache hierzu findet ebenfalls nicht statt. Wir kommen deshalb wieder zur sofortigen Abstimmung. Der

minderjährigen Flüchtlingskindern. Ich weiß nicht, Frau Ackermann, ob Sie das Vier-Stufen-Konzept des Sozialministeriums kennen.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Ja, das kenne ich!)

An der Entwicklung dieses Vier-Stufen-Konzeptes haben die Wohlfahrtsverbände erheblich mitgewirkt, darunter war auch mein Verein. Das Vier-Stufen-Konzept stellt sicher, Frau Kollegin Ackermann, dass minderjährige Flüchtlingskinder, also Kinder, die unter 16 Jahre alt sind, nur ganz wenige Tage in Gemeinschaftsunterkünften verbringen müssen. Das weiß ich also sehr genau.

Ich habe zu diesem Thema schon einmal selbst eine Anfrage gestellt. Hinsichtlich dieser Frage haben Sie nicht die Realität geschildert. Ich bitte Sie deshalb, wie mein Kollege Volkmann, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und die Dinge sachlich anzusehen. Die eine oder andere Änderung für die Gemeinschaftsunterkünfte kann man vor Ort direkt einfordern. Ich würde das aber nicht zu einem großen Thema machen, und zwar im Interesse – und das sage ich sehr bewusst – der Flüchtlinge.

(Beifall des Abgeordneten Rainer Volkmann (SPD))

Frau Kollegin Ackermann.

Frau Kollegin Weikert, Emotionen sind nicht nur etwas Schlechtes, sondern, wenn man will, auch etwas Gutes.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist gut so!)

Das Vier-Stufen-Konzept ist mir selbstverständlich bekannt. Ich weiß auch, dass minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht werden. Unser Gesetzentwurf will ausschließen, dass eine solche Unterbringung im Einzelfall doch passiert.

(Angelika Weikert (SPD): Sie passiert nicht!)

Doch, Sie haben eben selbst gesagt, dass junge Flüchtlinge immer wieder für einige Tage in die Unterkünfte kommen.

(Angelika Weikert (SPD): Doch nur für wenige Tage!)

Jeder Tag, der dort verbracht wird, ist ein Tag zuviel. Im Übrigen geht es hier um ganz viele Menschen, und auch ein 18-jähriger unbegleiteter Flüchtling ist in einer Gemeinschaftsunterkunft fehl untergebracht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wir alle wissen, kommt es dort nämlich auch zu sexuellen Übergriffen auf Mädchen. Das darf einfach nicht sein. Es ist im Sinne der Menschenwürde, für alle Menschen, die dort untergebracht sind, eine würdige Unterkunft zu bieten und zu schaffen. Das sind wir diesen Menschen

Nein. Ich versuche sogar, etwas aufzuholen.

(Allgemeine Heiterkeit – Zuruf: Das ist Chauvi- nismus!)

Das hat mit Chauvinismus nichts zu tun, Herr Kollege. Das ist Erfahrung mit Frau Paulig.

So, die Uhr läuft. Ich rede einfach doppelt so schnell.

(Christian Meißner (CSU): Wir brauchen schon für die namentliche Abstimmung zehn Minuten!)

Es geht um die Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Es geht darum, die Landschaft und wertvolle Lebensräume – Biotope, die nach dem EU-Naturschutzrecht gemäß „Natura 2000“ geschützt sind und weitere geschützte Landschaftsbereiche – vor Einträgen aus dem Anbau von Genpflanzen zu schützen. Wir sagen, wir brauchen hier eine gesetzliche Ergänzung im Bayerischen Naturschutzgesetz analog zum Bundesnaturschutzgesetz. Danach sollte im Umgriff von und in geschützten Flächen, wie beispielsweise bei Natura-2000-Flächen oder in Naturschutzgebieten, kein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen erfolgen. Wir wissen es, und auch Sie wissen es aus Untersuchungen in Bayern ebenso wie aus nationalen und internationalen Untersuchungen, dass der Eintrag von Pollen kilometerweit erfolgen kann. Bayerische Versuche sagen, dass es über 600 Meter weit sein kann, das Bundesamt für Naturschutz spricht von zwei Kilometern. Die Pollen werden so weit getragen. Wir wissen, dass Bienen, je nach Nahrungsangebot, einen Flugbereich von bis zu 30 Quadratkilometern haben können. All das lässt Einflüsse durch Gifte – beispielsweise durch Bt-Toxin – in schützenswerte Gebiete, in Naturschutzgebiete, befürchten. Wir sagen deshalb, diese Gebiete und ihr Umgriff sind vor GVO-Einträgen (Einträge gentechnisch veränderter Organismen) frei zu halten. Das will unser Gesetzentwurf.

Wenn wir uns die derzeitige Situation in Bayern ansehen, dann sehen wir beispielsweise, dass beim Staatsgut Schwarzach am Main im Umgriff viele Natura-2000-Flächen und Naturschutzgebiete mit allen Nahrungsketten sind. Diese Gebiete sind durch den massiven Anbau des Gen-Maises MON 810 gefährdet. Dies ist ein konkretes Beispiel. Die Entscheidung über eine Gesetzesänderung hingegen ist eine grundsätzliche Überlegung. In Rödelsee beispielsweise ist nach wie vor der Anbau des Gen-Maises vorgesehen. Ganz in der Nähe liegt das Biotop Schwanberg, es wird auch „Vorderer Steigerwald“ genannt. Ich darf Ihnen kurz erklären, warum dieses Gebiet nach der FFH-Richtlinie ein besonders wertvolles Gebiet ist. In der Begründung der bayerischen Meldung heißt es: „Landesweit einer der artenreichsten Schmetterlings-Großlebensräume, mehrere bedeutsame Fledermauswinterquartiere, wertvolle Hirschkäferlebensräume“. Bt-Toxin greift in die Nahrungskette ein, auch in einem solchen Biotop.

(Christian Meißner (CSU): Das ist doch nicht die Frage des Gesetzentwurfs!)

Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/9676 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur auf Drucksache 15/10432 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur empfiehlt die unveränderte Annahme. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir gleich zur Schlussabstimmung; denn eine Dritte Lesung wurde nicht beantragt. Ich schlage vor, die Schlussabstimmung in einfacher Form durchzuführen. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Das Ergebnis ist dasselbe einstimmige Ergebnis wie zuvor. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz über die Errichtung der staatlichen Hochschule für Musik Nürnberg“.