Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

Was mich ein wenig stört, Herr Kollege Volkmann, ist, dass Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, dass wir das Verfahren solang auszusetzen hätten. Ich darf Ihnen sagen, ich glaube, es ist der richtige Weg, den wir gehen. Dass wir nach Vorlage des Gesetzentwurfes eine umfangreiche Diskussion begonnen haben, dass wir mit den betroffenen Verbänden gesprochen haben, dass wir den Entwurf in die Anhörung gegeben haben, dass wir die vorgetragenen Einwendungen noch einmal mit den betroffenen Verbänden diskutieren, das alles sollte man nicht kritisieren, sondern man sollte dankbar dafür sein, dass wir im breiten Konsens versuchen, Gespräche miteinander zu führen.

Natürlich gibt es unterschiedliche Bewertungen des Gesetzentwurfes durch die Ballungszentren und insbesondere die Stadt München einerseits und die Vertreter des flachen Landes andererseits; denn hier haben wir unterschiedliche Situationen. Herr Kollege Volkmann, wir diskutieren heute nicht zum ersten Mal über diese Gesetzessystematik, die in dem Entwurf eine Fortsetzung findet. Wir haben im Jahre 1994 begonnen und haben im Jahr 1998 eine Fortsetzung dieser neuen Systematik beschlossen. Mit dem vorliegenden Entwurf gehen wir

einen weiteren Schritt. Wer jetzt sagt, wir beginnen mit etwas Neuem, der hat keine Ahnung von der Problematik.

Wir haben 1994 damit begonnen, eine neue Systematik einzuführen. Damals waren wir im Zweifel, ob das der richtige Weg ist. Jetzt kann ich feststellen, dass es der richtige Weg war, den wir mit dem vereinfachten Verfahren und dem Freistellungsverfahren gegangen sind. Es war eine gute Entscheidung, dem Bauherren, dem Entwurfsverfasser und dem Architekten mehr Verantwortung zu geben. Ich halte das für einen guten und richtigen Ansatz. Diesen Weg haben wir 1998 fortgesetzt. Jetzt wollen wir einen weiteren Schritt gehen. Die betroffenen Bauherren haben sich in dieser Zeit über 140 Millionen Euro an Genehmigungsgebühren gespart. Ich halte das für eine gute Entwicklung. Herr Kollege Max Strehle als Architekt könnte das gut beurteilen. Ich halte das für eine erfreuliche Situation. Wenn sich das bewährt hat und andere Bundesländer den dritten Schritt bereits gegangen sind, dann ist es doch folgerichtig, zu sagen, wir sind bereit, jetzt auch diesen weiteren Schritt zu gehen.

In der Musterbauordnung ist es so formuliert. Der Freistaat Bayern hat essenziell daran mitgearbeitet. Andere Länder verwirklichen das. Und jetzt würden wir als Mitinitiatoren sagen, wir gehen vier oder fünf Schritte zurück.

(Zuruf von der SPD)

Dem Vertreter der Hypobank können Sie einen schönen Gruß ausrichten. Wenn das seit 1994 praktiziert wird und dieser Herr merkt erst jetzt, dass das ein Problem ist, dann hat er entweder in seiner Bank nicht die notwendigen Leute, die ihn darüber informieren, wie optimal das läuft, oder er hat keine Ahnung. Seit 1994 wird diese Systematik praktiziert. Jetzt käme er darauf, Bedenken zu äußern hinsichtlich eines Gesetzentwurfes, den wir implementieren wollen.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm?

Selbstverständlich.

Herr Staatssekretär, sehen Sie nicht einen Unterschied zwischen dem, was seit 1994 im Hinblick auf die Freistellung praktiziert wird, und dem, was dieser Gesetzentwurf vorsieht? Gibt es nicht einen Unterschied zwischen der Freistellung in Gebieten, wo ein Bebauungsplan gilt und wo ohnehin viel geregelt ist, und der Freistellung in Gebieten, wo kein Bebauungsplan gilt?

Herr Staatssekretär, bitte.

Frau Kollegin, ich bin sehr dankbar, dass Sie diese Frage stellen; denn dann kann ich ein wenig Aufklärung betreiben. Die Systematik sowohl hinsichtlich der Freistellung als auch hinsichtlich des vereinfachten Genehmigungsver

fahrens ist 1994 eingeführt worden. Es sind nur neue Tatbestände mit hinein genommen worden. Sie brauchen immer den Ansatz im Bebauungsplan, auch jetzt. Das gilt auch für den neuen Gesetzentwurf. Wir können darüber gern nachher diskutieren. Vielleicht sollten Sie das noch einmal nachlesen. Wir bleiben in dieser Systematik, was die Bauleitplanung angeht. Es muss also ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegen, und zwar 1994, 1998 und 2003. Wir erweitern nur die Tatbestände in der Freistellung. Dabei bleibt es aber immer bei der alten Systematik des qualifizierten Bebauungsplans.

Ich kann Ihnen sagen, dass sich dieses System im Vergleich zu den Baugenehmigungen, die wir früher erteilt haben, sehr wohl bewährt hat. Das ist eine echte Erleichterung für die Bürgerinnen und Bürger. Ich war selbst elf Jahre bei einer Kreisverwaltungsbehörde für das Baurecht zuständig und weiß, wovon ich spreche, weil ich selbst unmittelbar mit dieser Materie zu tun hatte. Glauben Sie mir, wir sind hier auf einem guten und vernünftigen Weg.

Bezüglich des von Ihnen angesprochenen Planspiels muss ich fragen: Was bringt es? Ich denke, es ist wichtig, dass wir auch jetzt noch eine intensive Debatte mit den kommunalen Spitzenverbänden im Hinblick auf Einwendungen, die vorgetragen werden, führen. Frau Kollegin Kamm, bezüglich Ihrer Argumentation freue ich mich auf eine fachliche Diskussion mit Ihnen. Ich sage Ihnen, da liegen Sie völlig falsch. Man braucht sich nur die Stellplatzsituation anzusehen. Wenn es verboten wird, Stellplätze zu errichten, und dafür auch noch Geld kassiert wird, dann muss ich sagen, das entspricht nicht dem Geist der Bayerischen Bauordnung. Darüber können wir gern diskutieren; denn das ist ein unerträglicher Vorgang.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen in vielen anderen Bereichen eine Deregulierung und mehr Verantwortung für den Bürger, und wenn das jetzt hier praktiziert wird, dann haben wir plötzlich große Bedenken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wäre doch nicht folgerichtig. So können wir doch keine Veränderung dieses Staates erreichen. Das muss doch Hand in Hand gehen und sich zusammenfügen. Die Henzler-Kommission hat übrigens konkret diese Frage aufgegriffen und dazu Stellung genommen.

Ich hielte es für falsch, wenn wir in der jetzigen Situation, in der wir noch bei der Prüfung der Einwendungen sind, mit den Beteiligten diskutieren und uns mit den Spitzenverbänden auseinander setzen, ein solches Planspiel durchführen würden. Es hat keinen Effekt und bringt nur eine weitere unnötige Verzögerung, und zwar insbesondere dann, wenn wir das tun, was Sie vorgeschlagen haben, nämlich das Verfahren auszusetzen.

Ich bin eher der Meinung, dass wir diese Diskussion und Auseinandersetzung fortsetzen müssen, damit wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen. Deswegen darf ich Sie sehr herzlich darum bitten, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Zu Wort hat sich Frau Dr. Kronawitter gemeldet.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch kurz zu Wort gemeldet, weil ich gerne eine Formulierung von Herrn Richter aufgreifen möchte. Sie haben gesagt, Betroffene sollten zu Beteiligten gemacht werden. Genau darum haben sich die drei kommunalen Spitzenverbände in dieser Frage intensiv bemüht gehabt.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Stimmt ja gar nicht!)

Mir ist der Briefwechsel bekannt. Sie haben mehrmals versucht, in den Dialog zu kommen, denn letztlich kann es in dieser Sache nur Regelungen geben, die dann von den Kommunen angewandt werden können und die sich dort auch bewähren müssen. Der Vorschlag des Planspiels kam von den drei kommunalen Spitzenverbänden. Darauf wurde nicht reagiert. Die Spitzenverbände haben nicht einmal eine Antwort darauf bekommen. Deswegen haben wir vor nicht ganz einem halben Jahr diesen Antrag gestellt.

Sie haben jetzt darauf hingewiesen, dass eine Denkpause nötig wäre, um die Auswertung dieses Planspiels abzuwarten. Diese paar Monate wollten Sie nicht geben, weil Sie sich in der Frage, welche Regelungen Sie vorsehen, nicht reinreden lassen wollen. Das ist unsere Kritik, und deshalb wurde auch dieser Antrag gestellt. Wir haben ihn deshalb auch noch einmal zur Abstimmung gestellt, denn wir wissen, dass intern mit der und der Gruppe geredet wird. Es wird aber nicht an einem gemeinsamen runden Tisch abgeklärt, welche Regelung im Ergebnis welche Lösung bewirkt und ob diese tragfähig ist.

Noch eine Anmerkung. Herr Kollege Richter, wir sind beide im Wirtschaftsausschuss. Wir wissen, dass zum Beispiel dieser verbindliche Stempel bei großen Bauvorhaben unabdingbar ist, denn sonst gibt es keine Finanzierung. Sonst fragen Banken zu Recht, wie sie etwas finanzieren sollen, wenn sie nicht einmal die Sicherheit haben, dass ein Objekt so gebaut wird, wie es vorgelegt wird und wie es beantragt wird. Es geht uns nicht darum, dass das Verfahren lange ausgesetzt wird. Es geht uns darum, dass die kommunalen Spitzenverbände bei der Gesetzeserarbeitung intensiv einbezogen werden und dass ihre Erfahrungen auch Berücksichtigung finden. Um nichts anderes geht es uns. Der Antrag sollte dies bezwecken. Ich bitte Sie deswegen, zuzustimmen.

Es hat sich noch einmal Herr Kollege Volkmann zu Wort gemeldet. Es sind noch fünf Minuten.

So lange dauert es jetzt wahrscheinlich gar nicht, aber zwei Punkte müssen schon noch einmal richtig gestellt werden.

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, es bestehe ein erheblicher Unterschied zwischen München und dem flachen Land. Dort würde es ganz anders aussehen. Ich sage Ihnen, es hat selten eine so große Koalition gegen einen Vorschlag des Ministeriums gegeben wie hier. Ich

darf Sie daran erinnern, dass nicht nur die Stadt München die allergrößten Probleme mit dem Entwurf hat. Sämtliche Bürgermeister und der Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, die weiß Gott nicht im Verdacht sind, der SPD oder den GRÜNEN besonders nahe zu stehen

(Staatssekretär Georg Schmid (Innenministeri- um): Das weiß ich auch!)

ich fürchte, Sie sind sogar alle bei der CSU –, haben sich einstimmig und nachhaltig gegen Ihren Vorschlag ausgesprochen. Deshalb sind die Ausführungen, die Sie hier insoweit gemacht haben, schlichtweg falsch.

Ich muss noch etwas relativieren. Ich glaube, Sie haben mich in Ihrer Euphorie etwas falsch verstanden. Ich habe ja schon gesagt, wie ungern ich Sie lobe. Wenn ich Sie aber lobe, dann lobe ich Sie nicht deshalb, weil ich Sie loben will. Ich lobe Sie deshalb, weil Sie sich angenehm von der Staatskanzlei unterscheiden. Das muss man wirklich einmal sagen. Die Staatskanzlei haut ihre Vorhaben ohne Rücksicht auf Verluste und ohne die Betroffenen zu fragen, in einer skandalösen Art und Weise durch. Das ist allmählich unerträglich. Darüber müssen Sie sich doch im Klaren sein. Das beschädigt auch Ihr Ansehen als Abgeordnete. Sie werden doch gar nicht mehr gefragt. Am 5. November des Jahres 2003 haben Sie noch gar nicht gewusst, dass Sie am 6. November für das achtjährige Gymnasium eintreten müssen. So ist es doch.

Das macht das Staatsministerium des Innern anders. Und das wollte ich loben. Das besagt aber natürlich nicht, dass Sie deshalb die Größten sind. Das besagt nur, dass Sie besser sind als die Staatskanzlei. Darin unterscheiden Sie sich ganz wesentlich von Herrn Stoiber, der heute wieder einmal nicht anwesend ist, weil ihn dieser Landtag gar nicht interessiert.

Es soll natürlich nicht so dastehen, dass Volkmann die CSU gelobt hat. Damit würde ich Schwierigkeiten bekommen. Das möchte ich vermeiden. Deshalb wollte ich sagen, das Lob ist relativ, und es ergeht nach dem Motto: „Unter den Blinden ist der Einäugige König“. Das reicht aus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, mit Lob soll man nie sparen.

(Heiterkeit)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer diesem Votum zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Wer ist dagegen? – SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 11 Antrag der Abgeordneten Franz Maget, Ludwig Wörner, Rainer Volkmann und anderer und Fraktion (SPD) Aussetzen der Zinsen von Baudarlehen für Sozialwohnungen (Drucksache 15/1327)

Ich eröffne die Aussprache. Pro Fraktion wurde eine Redezeit von 15 Minuten vereinbart. Nachdem es sich um einen SPD-Antrag handelt, darf ich das Wort dem Kollegen Wörner erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich vermute, dass die Wenigsten im Hause wissen, was mit dieser Maßnahme des Finanzministers draußen tatsächlich angerichtet wurde. Ich bin selbst ehrenamtlicher Vorstand einer größeren Wohnungsgenossenschaft mit Sozialwohnungen. Wir müssen jetzt jemand einstellen, nur um Ihr Gesetz umsetzen zu können. Das Gesetz enthält vier Prüfsteine und Kriterien, nach denen Sie jede einzelne Miete, die Sie erhöhen wollen, darauf überprüfen müssen, ob sie unter diese Regelung fällt oder nicht. Von Verwaltungsvereinfachung kann hier keine Rede sein. Das ist der klassische Fall, in dem genau das Gegenteil eingetreten ist.

(Zuruf von der CSU: Ihr seid doch dagegen!)

Darum waren wir auch dagegen. Wir sind die Praktiker. Wir wissen, was passiert, wenn Ihr etwas macht.

Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen ist etwas Weiteres passiert. 2 % Zinserhöhung hören sich zunächst ganz harmlos an. Was sind 2 % schon? Tatsächlich wird bei dem Wohnungsbestand, den ich kenne – das sind immerhin 1600 Wohnungen in München – bei einer Erhöhung in jedem Fall die Kappungsgrenze von 10 % erreicht. Sie haben also mit dieser Maßnahme die Sozialmieten um 10 % erhöht. Nun kommt noch Folgendes hinzu. Die Kappungsgrenze gilt nur für die Zinserhöhung. Dazu kommt noch das, was im Rahmen der Kostenmietenerhöhung dazukommen darf. Das heißt, Sie haben in München in vielen Bereichen Mieterhöhungen in Höhe von 13 %. Das nennen Sie, meine Damen und Herren, sozial. Was ist daran sozial, wenn der Finanzminister glaubt sparen zu müssen und dann so etwas macht? Das hat mit sozial gar nichts zu tun.

Ein Weiteres kommt hinzu. Sie greifen damit nicht nur den Menschen, die in solchen Wohnungen wohnen, ganz erheblich in die Tasche, sondern Sie schädigen damit auch noch ganz erheblich die kommunalen Haushalte.

Diesen Zusammenhang sollte man auch kennen. Wer Sozialmieten erhöht, die häufig von Städten und Kommunen bezahlt werden, ist dafür verantwortlich, dass Mittel aus den städtischen Kassen fließen. Sie haben also einen tollen Effekt erzielt. Sie sparen sich vermeintlich etwas Geld und kassieren durch die Zinserhöhung Geld. Anschließend dürfen das die Städte oftmals wieder zahlen, bzw. Sie treiben noch mehr Mieter zum Sozialamt, die dort den Teil des Geldes abholen, den sie selber

nicht mehr aufbringen können. „Bravo!“ kann man dazu nur sagen. Ich weiß nicht, ob das zu Ende gedacht ist.

Deswegen haben wir einen Gesetzentwurf eingebracht. Sie sollten diesen Unfug aussetzen. Die Mieterhöhungen sind noch nicht ausgelaufen. Wir könnten dieses also noch verhindern. Ich kann Ihnen nur sagen: Wer sozial handeln will, Kommunen nicht zusätzlich belasten will und die Kaufkraft der Menschen in Städten erhalten will – das gehört auch dazu –, kann ein solches Gesetz in dieser Form nicht passieren lassen. Wir sollten stattdessen dem Finanzminister sagen: Das war ein Fehlgriff. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)