Drittens. Wenn 90 oder 95 % der Vergaben über den Wertgrenzen, ab denen ein öffentliches Verfahren angesagt wäre, freihändig erfolgen, dann kann etwas nicht stimmen. Diese Praxis gilt es zu beenden.
Viertens. Wir haben in Bayern schöne Richtlinien, zum Beispiel die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie. Aber was hilft uns die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie, wenn sie nicht eingehalten wird, wenn beispielsweise die Personalrotation an den entscheidenden Stellen nicht stattfindet? Damit bin ich wieder beim Innenministerium und Herrn Strehle sowie der genannten Studie.
Fünftens. Sie sprechen von Bürokratie und Aufwand. Wir haben uns in unserem Antrag sehr beschieden, indem wir lediglich eine Aufstellung der Beratungsleistungen ab der genannten Wertgrenze verlangt haben. Wenn Sie sich die so genannte Kaub-Liste ansehen – ich habe sie für die letzten Jahre dabei –, die kein Ungetüm ist, dann bemerken Sie, dass auch Aufträge mit einem Volumen von nur einigen hundert Euro enthalten sind. So etwas wollen wir gar nicht. Wir wollen weit weniger, meinen aber, das, was wir fordern, ist sinnvoll und nützlich für die Arbeit des Parlaments. Deshalb bitte ich Sie herzlich um Ihre Zustimmung.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Runge hat versucht, zu erläutern, was Ziel des Antrags ist. Das wissen wir; denn schließlich können wir lesen. Es geht um die Aufforderung an die Staatsregierung, dem Landtag jährlich einen detaillierten schriftlichen Bericht über die im letzten Jahr vergebenen Aufträge für Beratungsleistungen, Gutachten, Studien und Ähnliches zu geben, vergleichbar – Sie haben es gerade angesprochen – mit der jährlichen Meldung des Leiters der Staatskanzlei zum Beschluss des Landtags vom 15. Juli 1975, der so genannten KaubListe.
Aufträge für derartige Leistungen sollen entsprechend den Vergabevorschriften erfolgen, die Ergebnisse der Beauftragten, Beratungsleistungen etc. unverzüglich dem Landtag und auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sofern einer Veröffentlichung keine gesetzlichen Bestimmungen bzw. keine sonstigen wirklich zwingenden Gründe entgegenstehen.
So ist der Antrag. Das ist okay. Darüber muss man reden und sagen, warum er abgelehnt wurde. Der Vorschlag, eine jährliche Berichtspflicht einzuführen, steht im Gegensatz zum Bestreben der Staatsregierung nach Verwaltungsabbau und Haushaltskonsolidierung. Sie würde weiteren Verwaltungsmehraufwand erzeugen, Personal binden für Berichte, zu deren Zielsetzung suggeriert wird, dass die Verwaltung nicht rechtens oder haushaltskonform gehandelt hat. Das weise ich zurück. Das können Sie nicht beweisen. Das ist nicht der Fall.
Die Vergabe von Gutachten und Aufträgen erfolgt bereits nach den haushaltsrechtlichen bzw. vergaberechtlichen Bestimmungen. Die Vergabe auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und die Aufträge sachgerecht und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu behandeln, ist allgemeiner Grundsatz des Verwaltungshandelns. Das möchte ich unterstreichen. Ich sehe absolut keine Gegensätze, dass man der Verwaltung pauschal unterstellen könnte, sie würde mauscheln, tricksen oder sonstige Dinge machen. Dies ist in verschiedenen Bestimmungen ausreichend reglementiert; vergleiche Artikel 55 Nr. 1 der Bayerischen Verfassung, Artikel 7 und Nr. 34 Absatz 2 Satz 1 der Bayerischen Haushaltsordnung bzw. Artikel 55 der Bayerischen Haushaltsordnung. Ich habe das aufgeschrieben, damit wir wissen, wovon wir reden.
Zum Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom 16.03.2004 „Deregulierung und andere Vereinfachung des Vergaberechtes“ wurde kürzlich – das war vor drei Monaten, als der Dringlichkeitsantrag erstmals im Plenum behandelt werden sollte – eine Unterlage erarbeitet. Auch die Veröffentlichung der Ergebnisse der Gutachten würde weitere Kosten verursachen und zusätzliche Verwaltungskapazitäten binden. Im Übrigen hat die Entscheidung über die Veröffentlichung weiterhin beim jeweiligen Verantwortlichen zu verbleiben. Es kann durchaus Gründe geben, die einer Veröffentlichung entgegenstehen, zum Beispiel, wenn es um Gutachten im Rahmen von gerichtlichen Auseinandersetzungen oder zur Vorbereitung von politischen Entscheidungen geht. Man muss deutlich sehen, dass man nicht alles auf dem offenen Jahrmarkt austragen kann, wie Sie das gerne hätten.
Mit diesem Thema haben wir uns in der Vergangenheit sehr ausführlich beschäftigt. Hierzu gab es seit dem Januar 2004 schon zahlreiche Schriftliche Anfragen von der SPD und den GRÜNEN, die die Staatsregierung ausführlich und detailliert beantwortet hat. Ich weiß, Herr Dr. Runge, Sie haben im Januar und Februar letzten Jahres Anträge gestellt, Maget, Radermacher und Frau Werner-Muggendorfer und andere stellten drei Anträge im Februar 2004. Zweimal ging es um Trust-Gutachten, um das
Sonnenholzer-Gutachten zu den Werkverträgen der Staatskanzlei im Antrag von Herrn Wörner und im Antrag von Herrn Dr. Runge zu der Vergabe von Dienstleistungen und Beratungsverträgen durch die Staatsregierung. Alle Verdächtigungen, alle Unterstellungen sind ins Leere gelaufen. Mit einem enormen Verwaltungsaufwand wurden alle Anfragen beantwortet und alle Gutachten und Beraterverträge aufgelistet. Das Ergebnis war eindeutig. Im Unterschied zur Bundesregierung und deren Politikberatung verlässt sich die Bayerische Staatsregierung nicht auf persönliche Imageberater für ihre Regierungsmitglieder, sondern nutzt nur im Bereich von Fachaufträgen und technischen Arbeiten auch externen Sachverstand. Das muss man so deutlich in den Raum stellen.
Nein. - Die Forderung nach der jährlichen Berichtspflicht ist der Vorschlag einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung sowie für den anscheinend nach Auffassung der Opposition nicht ausgelasteten Haushaltsausschuss. Dies läuft den notwendigen Deregulierungsmaßnahmen völlig zuwider. Dies passt auch nicht dazu, dass die Fraktionen von CSU und SPD mit einem gemeinsamen Antrag zum Verzicht auf periodische Berichtspflicht – Drucksache 15/1439 – gegen Überregulierung und unnötige Berichtspflichten vorgehen. Zur Forderung nach Einhaltung der Vergabevorschriften ist zu sagen: Die Kritik der Opposition geht völlig ins Leere. Die rechtlichen Vorgaben wurden von der Staatsregierung stets eingehalten. Dies wurde schon in den Antworten auf die Schriftlichen Anfragen ausführlich dargelegt. Die Vergaberichtlinie regelt klar die Voraussetzungen für Ausschreibungen und freihändige Vergabe. Sie bildete stets den Maßstab für die Vergabe von Aufträgen. Neben der stets möglichen parlamentarischen Kontrolle kontrolliert und überwacht der Bayerische Oberste Rechnungshof die Verwaltung. Mit den Kritikpunkten des Obersten Rechnungshofes setzt sich der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen intensiv auseinander.
Ich möchte auch die Aussage zurückweisen, dass der Ausschussvorsitzende gerügt hätte. Er hat nicht gerügt, sondern er hat klargestellt, dass man sachlich bleiben müsse. Ich meine, das ist richtig. Man sollte fair miteinander umgehen und sachlichfachlich streiten, wenn man verschiedener Auffassung ist.
Wir lehnen aus den genannten Gründen den Antrag ab, weil wir der Auffassung sind, dass alles korrekt läuft und wir dieser Forderung nicht nachkommen müssen.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion wird dem Antrag der GRÜNEN zustimmen, weil wir – unabhängig voneinander und ohne voneinander zu wissen – einen Tag später, näm
lich am 20.10.2004, einen nahezu gleichlautenden Antrag gestellt haben, der von der CSU-Mehrheit bereits abgelehnt worden ist.
Auch uns geht es um mehr Transparenz bei der Vergabe von Beraterverträgen, Gutachten und Studien. Herr Kollege Kiesel, Ihr Argument, das wäre zu viel Aufwand, Verwaltungskapazitäten würden gebunden, Deregulierung könne nicht stattfinden, sind ein schwacher Versuch, den Antrag abzulehnen. Wir sagen, Deregulierung kann kein Mittel sein für noch weniger Transparenz. Wir wollen mehr Transparenz. Wenn Sie wirklich nichts zu vertuschen haben, wenn wirklich alles so abläuft, wie Sie das dargestellt haben, frage ich Sie, warum man das nicht berichten kann. Die Anfragen der Opposition haben eindeutig aufgezeigt, wie viele Beraterverträge, Dienstleistungsverträge, Gutachten und, und, und gänzlich am Parlament vorbei, gänzlich an den Abgeordneten vorbei zum Großteil freihändig vergeben worden sind. Ich sage es noch einmal: Verträge, Gutachten, Studien, Beraterverträge, von denen die Mitglieder dieses Hohen Hauses keine Kenntnis hatten. Das darf nicht sein.
Sie sagten, die Verdächtigungen wären alle ins Leere gelaufen; die Antworten der Staatsregierung hätten dies gezeigt. Ich weise das zurück. Das ist Ihre Bewertung. Es wird sich zeigen. Wir werden zum Beispiel die Vorgänge, das Trust-Gutachten weiter verfolgen. Sie wissen das. Es läuft eine weitere parlamentarische Initiative von unserer Fraktion, weil unserer Meinung nach längst nicht aufgezeigt ist, dass alle Verdächtigungen ins Leere gelaufen sind. Ich sage: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Unsere parlamentarische Aufgabe ist es – eigentlich auch die Aufgabe der CSU-Fraktion – die Regierung zu kontrollieren. Welches Demokratieverständnis haben Sie, wenn Sie gar nicht mehr zwischen Staatsregierung und CSU-Fraktion unterscheiden können? Auch wenn Staatsregierung und Mehrheit in der Partei übereinstimmen, so hätten auch Sie von der CSU doch die Aufgabe, hier im Hohen Haus die Staatsregierung zu kontrollieren. Schon aus diesem Aspekt werden wir dem Antrag zustimmen.
Von mehr Transparenz kann keine Rede sein. Die Bemühungen der Opposition haben dies gezeigt. Die Anfragen der GRÜNEN und der SPD haben das gezeigt. Es war sehr langwierig, überhaupt an Informationen zu kommen, weil viel Zeit benötigt wurde, um unsere Fragen zu beantworten: Welche Gutachten, welche Beraterverträge wurden vergeben? Wann und an wen wurden sie vergeben? Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden sie vergeben? Mit welcher Auftragssumme wurden sie vergeben? – Das sind Haushaltsmittel, Steuermittel von allen bayerischen Bürgerinnen und Bürgern. Darüber müsste Buch geführt sein, sodass man innerhalb kürzester Zeit die Zahlen abrufen kann. Ich frage Sie: Wie gehen Sie denn mit den Steuergeldern der bayerischen Bürgerinnen und Bürger um? – Unserer Meinung nach ist dieser Umgang unverantwortlich.
Wir wollen mehr Transparenz gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit erreichen und auch gegenüber den möglichen Bewerbern. Auch das war Bestandteil unseres Antrags. Von daher werden wir dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN zustimmen.
Ich kann nur sagen: Wenn das alles rechtens ist, warum dann diese Geheimniskrämerei? Warum immer wieder der Versuch, etwas zu vertuschen, etwas unter den Teppich zu kehren und die Informationen unter der Hand zu halten? Wir haben ein Anrecht darauf, dies zu erfahren.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kiesel, Sie haben eine Rede gehalten, die hat weder mit unserem Antrag etwas zu tun gehabt, noch mit meiner Rede von vorhin. Es geht nicht um Verdächtigungen, es geht auch nicht um Unterstellungen, so wie Sie das zum Ausdruck gebracht haben, sondern es geht um ein berechtigtes Anliegen des Bayerischen Landtages. Es geht um Fakten. Fakt ist, dass 95 % der Aufträge auf eine Art vergeben werden, die den rechtlichen Vorgaben eigentlich nicht entspricht. Das ist in unseren Augen nicht korrekt und auch nicht zielführend. Deshalb gilt es, dies zu verändern.
Werter Herr Kollege Kiesel, es geht um Information des Landtages, es geht um Transparenz. Sie haben uns die eine oder andere Vorlage geliefert. Sie haben gesagt, es gab Anfragen der GRÜNEN und der SPD zu diesem Themenkomplex, und die Staatsregierung hat sich viel Mühe gemacht und das sorgfältig beantwortet. Sie hat recht lange gebraucht – dreimal so lange wie die Bundesregierung brauchte, um ein wesentlich größeres Konvolut zu beantworten –, und sie hat einen großen Teil der abgefragten Punkte verschwiegen. Sie hat sie bewusst verschwiegen. Ich nenne hier nur das Trust-Gutachten; es ist nicht in der Aufstellung enthalten. Ich nenne auch die Arthur-P.Little-Studie, und ich könnte den ganzen Abend weiter damit gestalten, Gutachten zu nennen, die abgefragt wurden, die wir in der Beantwortung der Staatsregierung aber nicht nachlesen können.
Sie haben auf die Bundesregierung verwiesen und darauf, wie toll die Staatsregierung dagegen ist. Auch hierzu kann ich Ihnen einige Fakten bringen, Herr Kollege Kiesel. Die Anwürfe gegen die Bundesregierung und die Arbeitsagentur waren für uns Anlass, nicht für die Recherchen, an denen sind wir schon seit Jahren, doch sie waren Anlass, um hier konkrete parlamentarische Initiativen zu starten. Vor diesem Hintergrund stellen wir fest: Ihre Kritik, die Kritik ihrer Parteifreunde hat sich als nichts anderes herausgestellt als ein klassisches Eigentor.
In einer ersten Euphorie hat sich Herr Huber, weil er von viel zu niedrigen Volumina ausging, nachdem er die Antworten auf unsere Schriftlichen Anfragen – wie er es sagte – in einer Blitzumfrage ermittelt hatte, zu dem Satz verstiegen, die Bayerische Staatsregierung habe es nicht nötig, viel mit externen Beratern zu arbeiten, sondern sie arbeite mit ihrer erstklassigen Verwaltung. Ich habe mir damals gedacht, hoppla, Herr Huber ist aber sehr wankelmütig. Einen Monat vorher hat er nämlich noch von der mittelmäßigen bayerischen Verwaltung gesprochen. Kurz, das Schwadronieren hat sich als Eigentor erwiesen, als die Zahlen tatsächlich auf den Tisch gekommen sind. Bezogen auf das Haushaltsvolumen oder auf die Aufgabenfülle sind die externen Beratungsleistungen, die die Staatsregierung eingekauft hat, nämlich wesentlich höher als die Beratungsleistungen, die der Bund eingekauft hat. Das heißt, man hat hier ganz umsonst mit Dreck geworfen.
Um aber noch einmal auf unseren Antrag zurückzukommen: Wir meinen, ihm liegt ein berechtigtes Anliegen zugrunde, ein Anliegen, das eigentlich jeder Abgeordnete in diesem Haus haben sollte, egal in welcher Fraktion er sitzt.
Liegt noch eine Wortmeldung vor? – Das ist wohl nicht der Fall. Dann ist die Aussprache jetzt endgültig geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer ebenfalls für die Ablehnung ist, den bitte ich um ein
Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der SPD und die Stimmen der GRÜNEN abgelehnt.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Herrmann, Dr. Otmar Bernhard, Renate Dodell und anderer und Fraktion der CSU betreffend „Arbeitslosigkeit wirksam bekämpfen“, Drucksache 15/2764, bekannt. Für den Dringlichkeitsantrag haben 89 Abgeordnete gestimmt, dagegen 46. Enthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Zuerst haben wir die Fragen für das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie.