Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

Auch wegen der Nachhilfe ist es schwierig, den Wahrheitsgehalt nachzuvollziehen. Am 25.06.2007 war in einer großen Münchner Zeitung ein Interview mit dem Geschäftsführer eines Nachhilfeinstituts wortwörtlich zu lesen, dass die Einführung des G 8 in München fast spurlos an den Nachhilfeschulen vorübergegangen ist: „Wir unterrichten genauso viele Schüler wie vor fünf Jahren.“

Es ist also eine Tatsache, dass man vermehrt benötigte Nachhilfe für ein Kind nicht dem G 8 zuschieben kann. Ich führte ein Gespräch mit der Bundesvorsitzenden der

Nachhilfeinstitute. Sie hat mitgeteilt, den Nachhilfebedarf könne man weder einer Schulart oder einer sozialen Schicht zuordnen, sondern er sei bunt gemischt, und dies habe sich seit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums nicht verändert.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Schönrederei!)

Der Anstieg der Schülerzahlen an den Gymnasien sollte uns freuen. Wir haben das mit eingerechnet, Herr Kollege Pfaffmann. Insgesamt sind es bei 400 Gymnasien 500 Schüler mehr als in der Prognose berechnet wurde. Entweder haben Sie den Haushalt nicht gelesen oder wollten ihn nicht lesen, weil er Ihnen in Ihrer Wortwahl und Argumentation nicht zupasskommt. Dort sind für das Gymnasium zusätzlich 465 Planstellen vorgesehen. Das ignorieren Sie. Sie wissen es wahrscheinlich nicht. Es sei Ihnen verziehen. Für das nächste Schuljahr sind 465 Planstellen zusätzlich vorgesehen. In den Ruhestand – auch da haben Sie sich ziemlich getäuscht – gehen nicht 1100 Lehrkräfte, sondern 500. Das ist ein entscheidender Unterschied. Das heißt, dass wir 500 Beamte, die in den Ruhestand treten, ersetzen werden, plus 465 neue Planstellen vorgesehen haben. Der Bedarf beträgt in der Gesamtsumme 970 Planstellen. Zu bedauern ist, dass nur 750 Bewerber mit einer abgeschlossenen Lehramtsausbildung zur Verfügung stehen.

Die Zahl der Lehrkräfte wurde nicht deshalb weniger, weil wir das G 8 eingeführt haben, sondern diese jungen Menschen haben in den Jahren 1999 und 2000 das Studium begonnen. Damals gab es das G 8 nicht. Die geringe Zahl hat nichts mit Abschreckung zu tun und nichts mit dem Firlefanz, den Sie aufgebaut haben. Vielmehr haben sich junge Menschen während des G 9 entschieden, das Studium für das Lehramt zu ergreifen.

Wir haben also 750 Bewerber mit Ausbildung. Deshalb haben wir auch die Sonderprogramme gestartet. Wir müssen Quereinsteiger ins Referendariat und auch Fachkräfte mit Diplomabschluss gewinnen. In den nächsten Wochen werden Gespräche zwischen Kultusminister und Finanzminister stattfi nden, um zusätzliche Mittel zu bekommen, mit denen die Schulen vor Ort dann selbst die Fachkräfte einstellen können, die sie einstellen wollen.

Das ist ein neuer Weg, den wir gehen werden und den es ähnlich in anderen Ländern auch gibt. Sie halten doch immer Skandinavien so hoch. Ich hoffe, dass Sie es nicht zu sehr geißeln, wenn wir jetzt bei uns in Bayern Ähnliches tun, wie es in anderen Ländern schon geschieht. Da gibt es dann auch die Möglichkeit, dass ein Studierender eines höheren Semesters eingesetzt wird, wenn der Schulleiter sagt, ja, das kann ich vertreten. Denn nur so wird es gelingen, eine gute Unterrichtsversorgung zu gewährleisten.

Zu den 55 Stellen Folgendes: Sie tun so, als sei dies das Ende der Fahnenstange. Die Zahl ist exakt berechnet, um mit dem Abbau der übergroßen Klassen beginnen zu können. Damit werden wir im kommenden Schuljahr keine Klassen mit über 34 Kindern mehr haben. Im Nachtragshaushalt kommt dann das Bestreben zum Ausdruck, keine Klassen über 33 Schüler zu haben.

Und auch das sei deutlich gesagt: Sie machen jetzt ein Theater, der ausgeglichene Haushalt sei nicht sinnvoll gewesen. Gleichzeitig aber verteilen Sie die Mittel, die jetzt zusätzlich zur Verfügung stehen, weil wir eben diesen ausgeglichenen Haushalt haben. Das ist unredlich.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben den ausgeglichenen Haushalt permanent abgelehnt. Wenn wir dieser Ihrer Politik gefolgt wären, müssten wir tatsächlich die Mehreinnahmen zur Schuldentilgung hernehmen und es verbliebe nichts für die Investitionen in die Schulen. Deshalb war es richtig, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt auch unter schwierigen Umständen umgesetzt haben; denn damit haben wir jetzt die Möglichkeit, Mittel zu investieren. Wir werden deshalb auch im Nachtragshaushalt einen Schwerpunkt im Bildungsbereich haben, der es ermöglicht, die angespannte Situation am Gymnasium mit hohen Durchschnittsklassenstärken abzubauen.

Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Lehrplan steht jetzt für alle Schularten.

(Simone Tolle (GRÜNE): Jetzt!)

Deshalb ist es wichtig, den Lehrplan in seiner Grundkonzeption jetzt in den Elternversammlungen und den Lehrerdienstbesprechungen darzustellen. Ich halte viel davon, deutlich zu machen, was Grundwissen, Pfl icht, Fundamentum ist oder was Additum bzw. Kür ist. Damit können die Lehrkräfte aufgrund der in den jeweiligen Klassen vorhandenen Möglichkeiten selbst entscheiden, was sie durchnehmen wollen und wie tief sie einzelne Fragen behandeln wollen.

Auch die Lehrpläne für die Oberstufe sind fertig. Damit werden wir termingerecht starten können. Das heißt mit anderen Worten, die Konzeption des Gymnasiums ist abgeschlossen. Jetzt geht es darum, mit einem Mehr an Mitteln für das nächste Schuljahr die Lehrerstellen zu fi nanzieren, mit denen die Unterrichtsversorgung verbessert werden kann und Intensivierungsstunden gegeben werden können. Das ist doch in Ihrem Sinne, aber auch da weisen Sie nicht darauf hin, dass es nur in Bayern diese Intensivierungsstunden mit einer doppelten Lehrerstellenausstattung gibt. Nirgendwo, wo ein SPDler oder ein GRÜNER das Sagen in der Bildungspolitik hat, gibt es nur ansatzweise solche Unterstützungssysteme.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Aber auch keine 35er Klassen!)

Niemand redet die Probleme klein, die es an einzelnen Gymnasien geben kann, aber insgesamt können wir festhalten, dass die Rückmeldungen aus den Lehrerkollegien zu über 80 % positiv sind. Ich habe das beim Lehrplan sehr intensiv untersucht und zwei Jahre lang die Fachschaften um Rückmeldung gebeten. Es waren über 80 % positive Rückmeldungen zum Lehrplan. Die Lehrkräfte sagen, jawohl, das ist umzusetzen, und zwar für die Lehrkräfte, die nicht nach dem Buch unterrichten, sondern für jene, die deutlich machen, hier ist das Grundwissen, hier

sind die Pfl ichtbereiche und dort sind die Alternativen, die ich nicht alle durchnehmen muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Forderungen, die die SPD gestellt hat, sind zwar schön aufzuschreiben, liegen aber fern jeder Realisierungsmöglichkeit. Deshalb habe ich wenig Verständnis dafür, Anträge hier im Landtag, losgelöst von fi nanzpolitischen Möglichkeiten einzubringen.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/8546 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Bevor ich in der Tagesordnung weiterfahre, gebe ich das Ergebnis von zwei namentlichen Abstimmungen bekannt.

Das Ergebnis des Dringlichkeitsantrags der Abgeordneten Joachim Herrmann, Renate Dodell, Franz Josef Pschierer u. a. und Fraktion (CSU) betreffend Kapitalbeteiligung der Beschäftigten stärken, Drucksache 15/8545: Mit Ja haben 89, mit Nein haben 13 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen 34. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Das Ergebnis der Abstimmung des nachgezogenen Dringlichkeitsantrags der Abgeordneten Franz Maget, Dr. Thomas Beyer, Dr. Hildegard Kronawitter u. a. und Fraktion (SPD) betreffend Bayern, aber gerechter; Mitarbeiterbeteiligungsprogramm für Bayern, Drucksache 15/8555 lautet: Mit Ja haben 34, mit Nein haben 101 Abgeordneten gestimmt, 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Stillstand beenden – Nachtragshaushalt 2007 jetzt! (Drs. 15/8547)

und den nachgezogenen

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Jürgen Dupper, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. u. Frakt. (SPD) Nachtragshaushalt 2007 (Drs. 15/8554)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Kollege Mütze.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Schweigen des Redners für einige Sekunden – Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden sich fragen: Was soll das?

(Simone Tolle (GRÜNE): Er hat Theologie studiert!)

Genau! Aber das war jetzt kein Moment der inneren Einkehr, sondern das war einfach der Moment, der Ihnen zeigen soll, was in Bayern passiert: Stillstand!

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Schlechter Gag!)

Stillstand passiert in Bayern, das wissen Sie genauso gut wie ich.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Dann hätte man sich nicht bewegen dürfen! – Weitere Zurufe von der CSU)

Nun ja, ich habe nichts gesagt und denke, das reicht, um Ihnen klarzumachen, was passiert, nämlich nichts. Ich hätte auch andersrum anfangen können und viel reden können und viel Wind um nichts machen können, so wie Sie das in den letzten Wochen getan haben. Dann wäre es auch gut gewesen.

(Zurufe von der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rahmendaten sind Ihnen genauso gut wie uns bekannt: erhöhte Steuermehreinnahmen in diesem Jahr in Höhe von 1,34 Milliarden Euro und im nächsten Jahr noch einmal fast 2 Milliarden Euro. Es wäre genügend Geld vorhanden, um die Fehler, die Sie in den letzten Jahren produziert haben, zu korrigieren. Ich nenne die Fehler: das Nichtinvestieren, das Aufhäufen eines Investitionsstaus in Milliardenhöhe, die fehlenden Lehrerinnen und Lehrer in allen Schularten, die Zerstörung oder Behinderung der sozialen Infrastruktur in Bayern.

Doch was passiert? Bis jetzt außer Ankündigungen Ihrerseits nichts!

Nehmen Sie sich doch bitte einmal ein Beispiel an den Kolleginnen und Kollegen der Landtage in NordrheinWestfalen oder Niedersachsen. Beide Landtage haben im letzten Monat einen Nachtragshaushalt verabschiedet, mit dem sie auf die erhöhten Steuereinnahmen reagiert haben.

Beide haben gezeigt, dass sie fähig, in der Lage und willens sind, diese Steuermehreinnahmen sinnvoll zu verwenden. Wo bleibt die Landtagsfraktion der CSU? Wann fordert sie Geld ein für Investitionen, für Schulen? Es wäre Ihre Aufgabe in den letzten Wochen gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihrer Staatsregierung, dem Herrn Minister zu sagen: Die Aufgaben sind klar, Herr Finanzminister. Auf geht’s! – Wir wissen ja, wo die Baustellen sind. Nichts ist zu hören. Die wahre Stärke der CSULandtagsfraktion wird hier offensichtlich: Sie ist nicht vorhanden. Wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen Sie und warten, was der neue Ministerpräsident endlich sagen wird, wenn er dann im Oktober da ist. Dann muss der neue Ministerpräsident sich einarbeiten und abklären, wo die Schwerpunkte zu setzen sind. Das muss alles abgestimmt werden, und irgendwann im ersten Vierteljahr des nächsten Jahres kommt dann der Nachtragshaushalt 2008.

Was passiert in der Zwischenzeit? Es läuft alles so weiter wie bisher. Nichts. Stillstand. Wenn der Kollege Pschierer jetzt da wäre – – Er kann das Wort nicht mehr hören, ich muss aber die Wahrheit schon sagen: So läuft es im Moment in Bayern, liebe Kolleginnen und Kollegen, während die Probleme offensichtlich sind. Wir haben es eben gehört. Auch dem Minister ist es klar.

Wir sagen Ihnen mit unserem Antrag, wo wir die Schwerpunkte für Investitionen sehen, und zwar jetzt, nicht erst irgendwann nächstes Jahr. Es ist nämlich nicht so, lieber Herr Finanzminister, dass Bayern mit diesem Haushalt für 2007 bestens aufgestellt ist, wie Sie laut einer dpaMeldung gesagt haben. In diesem Haushalt fi nden Sie keine höheren Ausgaben, zum Beispiel für den Klimaschutz. Sie fi nden keine Mehrausgaben für zusätzliche Lehrkräfte. Sie fi nden keine erhöhten Investitionen für die Hochschulen. Sie werden auch keinen Euro mehr für die Kinderbetreuung fi nden. Schauen Sie bitte nach. Es ist eben nicht damit getan, einige wenige Haushaltssperren aufzulösen, Herr Minister, und darauf zu hoffen, dass damit die Probleme gelöst sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Zukunftsprogramm „Bayern 2020“ – das haben Sie heute in einer Pressemitteilung veröffentlicht – hilft uns jetzt auch nichts. Das sind Versprechungen für die nächsten vier Jahre. Das ist jetzt nichts mehr als heiße Luft. Sie weisen selber darauf hin, dass man das im Haushalt noch abbilden müsse. Wann das geschieht? Wir wissen, normalerweise geschieht das irgendwann im nächsten Jahr. Wir wollen es aber in diesem Jahr hören. Wir wollen es in diesem Jahr schon umsetzen und dieses Jahr tätig werden.