- Wir haben Zeit. - Damals hatte jemand, der aus einer Arbeiterfamilie kam, nur ganz geringe Chancen. Auch wer aus dem ländlichen Raum kam, hatte ganz geringe Chancen. Von 30 Schülern am Gymnasium kamen vielleicht drei oder vier aus dem ländlichen Raum; die anderen kamen aus der Stadt. Das war die Realität. Wenige Chancen hatten die Arbeiterkinder.
Wenn ich mir die Gymnasien heute anschaue, stelle ich fest, dass jetzt dort am gleichen Ort 1.400 oder 1.500 Schüler sind im Gegensatz zu damals 700 oder 800. Da haben auch die Schüler aus den Arbeiterfamilien die Möglichkeit, das Gymnasium zu besuchen und dort eine gute Ausbildung zu genießen.
Ich war jetzt bei drei Abiturfeiern. Ich habe mir aus Anlass des 40-jährigen Abiturs die Freude gemacht, die Verhältnisse anzuschauen. Ich kann sagen: Es stimmt nicht, was hier gesagt wird. Wer aus einfachen Verhältnissen kommt, hat heute mehr denn je die Chance, ein Gymnasium zu besuchen und eine gute Ausbildung zu erhalten.
Jetzt komme ich zu den Studienbeiträgen. Warum haben wir denn ein Drittel freigestellt? Warum haben wir, lieber Oliver Jörg, die sozialen Fragen so intensiv diskutiert und noch einmal nachgesteuert? Der Grund ist doch genau die Absicht, zu verhindern, dass junge Menschen von der Bildung ausgeschlossen werden. Wir haben ein Darlehensprogramm aufgelegt, das es ermöglicht, in Jahrzehnten, wenn man im Beruf steht, diese Summe von 500 Euro pro Semester, also bei zehn Semestern eine Gesamtsumme von 5.000 Euro, zurückzubezahlen.
Frau Präsidentin, Herr Kollege Schmid! Zunächst zwei Korrekturen: Sie haben das Hohelied auf die bayerischen Staatsfinanzen gesungen und den Vergleich zu anderen Bundesländern gezogen. Darf ich Sie daran erinnern, dass keine andere Bayerische Staatsregierung seit 1945 so hohe Staatsschulden wie die Regierung Horst Seehofer aufgenommen hat? Es waren zehn Milliarden Euro auf einen Schlag. In Ihrer Regierungszeit stieg die Staatsverschuldung um 42 % auf pro Kopf 833 Euro, vom Kleinkind bis zum Greis. Herr Schmid, weil Sie einer der Verwaltungsräte der Landesbank waren, möchte ich Ihnen die Zahlen noch einmal in Erinnerung rufen.
Zum Länderfinanzausgleich: Auch hier klopfen Sie sich auf die Schulter. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass es Herr Dr. Stoiber war, der den Länderfinanzausgleich ausgehandelt hat. Horst Seehofer hat diesem Länderfinanzausgleich im Deutschen Bundestag zugestimmt. Zu meiner Frage haben Sie mehr oder weniger überhaupt nichts gesagt. Sie haben nur gesagt, dass innerhalb der nächsten zwei bis drei Wochen in der Koalition eine Entscheidung getroffen werde. Können wir also bis Mitte November damit rechnen, dass die Studierenden die Nachricht erhalten, dass die Studiengebühren in Bayern abgeschafft werden?
Zum Haushaltsgebaren: Bayern ist das erste Land, das den achten und neunten ausgeglichenen Haushalt macht. Im Übrigen ist Bayern auch das erste Land, das Schulden zurückbezahlt.
Herr Kollege Rinderspacher, mit dem Verweis auf andere Länder wäre ich verdammt vorsichtig. Ein Land wie Nordrhein-Westfalen, das bei einem Haushalt von 60 Milliarden Euro 130 Milliarden Euro Schulden hat und heuer 4,6 Milliarden Euro neue Schulden auf
nimmt, ist kein Vorbild für Bayern. Lieber Herr Kollege Rinderspacher, darüber würde ich gar nicht reden.
Ich sage noch einmal: Wir sollten uns jetzt Zeit lassen, die Argumente abwägen und dann entscheiden. Dies ist der Sache auch angemessen. Legen Sie uns bitte nicht auf Tage, Minuten oder Sekunden fest. Wir werden darüber reden, alle Argumente abwägen und entscheiden. Dann werden die Menschen wissen, wie es weitergeht.
- Lieber Herr Kollege Güller, Sie sollten in dieser Frage ein bisschen Geduld haben. Dann werden Sie sehen, was weiter passieren wird.
Bleiben Sie bitte noch am Pult. Wir haben den Wunsch nach einer dritten Zwischenbemerkung von Herrn Professor Dr. Piazolo.
Herr Schmid, nehmen Sie sich diese zwei Wochen. Das ist jetzt nicht mehr entscheidend. Mir geht es nur um eines. Ich freue mich, dass in der CSU durch dieses Urteil eine so lebendige Diskussion stattfindet, wie Sie sie noch nicht erlebt haben. Das wollte ich einmal deutlich machen.
Lassen Sie uns doch ehrlich miteinander umgehen. Sind Sie der Auffassung, dass Sie die gleiche intensive Diskussion geführt hätten, wenn das Urteil am Montag anders ausgefallen wäre? Bei Ihnen geht es doch nicht um neue politische Inhalte. Es geht um eine neue politische Situation. Das ist in der Politik eben so. Sie sollten das aber auch sagen und nicht behaupten, dass Sie plötzlich Stimmen aus den Stimmkreisen hören würden. Das ist doch ein Armutszeugnis.
Ich weiß doch, dass Ihre Kollegen viel in den Stimmkreisen unterwegs sind. Das ist eine der Stärken der CSU. Diese Stimmen gibt es nicht erst jetzt. Deshalb ist das nichts Neues. Das Argument mit dem Länderfinanzausgleich haben wir schon häufig erwähnt.
Sagen Sie also nicht, dass es neue Argumente gibt. Sagen Sie, dass Sie noch zwei Wochen brauchen, um darüber zu reden. Sagen Sie, dass Sie schon auf dem Sprung sind. Das möchte ich gern bestätigt haben.
Lieber Herr Professor Dr. Piazolo, der Unterschied besteht darin, dass bei einem Volksentscheid nur die Alternativen Ja oder Nein bestehen. Das ist der Unterschied, nicht mehr und nicht weniger. Nehmen wir uns also Zeit für eine gute Abwägung. Dann werden wir über dieses Thema erneut im Parlament beraten.
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich warte, bis sich die Aufregung wieder gelegt hat; denn die Botschaft, die ich zu senden habe, ist für die GRÜNEN besonders wichtig und lehrreich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Studienbeiträge in Bayern sind ein voller Erfolg. Deshalb stehen wir auch zur sozialverträglichen Ausgestaltung der Studienbeiträge.
Diese Studienbeiträge können über ein zinsgünstiges Darlehen nachträglich bezahlt werden. Seit der Einführung der Studienbeiträge zum Sommersemester 2007 sind 885 Millionen Euro für die Verbesserung der Studienbedingungen zur Verfügung gestellt worden. Studien haben ergeben, dass sich die Sozialstruktur der Studierenden nicht verändert hat und dass die Studierendenzahlen in Bayern nach wie vor überproportional steigen.
Sie haben gerade gesagt, die Studienbeiträge seien ein Erfolgsmodell. Gestatten Sie mir hierzu zwei Nachfragen: Finden Sie es richtig, dass in einem Vorlesungssaal 50 Stühle ausgetauscht werden, wenn nur zwei kaputt sind? Ist Ihnen bekannt, dass viele Studierendenvertreter die missbräuchliche Verwendung von Studienbeiträgen skandalisiert haben? Ist das ein Erfolg der Studienbeiträge?