Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

Bitte, Herr Kollege Klein.

Liebe Frau Kollegin Pranghofer!

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CSU)

Liebe Frau Kollegin Zacharias, das war ein äußerst netter Versuch. Ich möchte Ihnen die Frage zunächst mit ein paar Fakten beantworten, bevor wir wieder über Gefühle reden, wie wir das vorhin schon so oft getan haben. Hier geht es nicht um Gefühle, sondern um Politik. Deshalb möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass sich der Erfolg der Studiengebühren auch in Zahlen messen lässt.

Wir haben zum Beispiel im Jahr 2011 97 Millionen Euro für die Verbesserung der Lehre, 19 Millionen Euro für den Studienservice, 59 Millionen Euro für die Infrastruktur, 6,8 Millionen Euro für die Verwaltung und 3,4 Millionen Euro für den Sicherungsfonds bereitstellen können. Mehr als 186 Millionen Euro konnten für die Qualitätssicherung an den bayerischen Hochschulen verwendet werden. Das ist innerhalb Deutschlands ein Qualitätsmerkmal. Uns war es wichtig, dass wir diese Gelder für die Qualität an den Hochschulen verwenden konnten.

Da nicht jeder etwas mit diesen Millionenbeträgen anfangen kann, möchte ich es anders ausdrücken: Das sind 450 Stellen für wissenschaftliches Personal in Bayern, eine Million Tutorenstunden und 12 Millionen Euro für Sach- und Investitionsausgaben. Ich könnte diese Liste endlos weiterführen. Ich möchte betonen: Das ist eine Verbesserung der Lehrbedingungen und der Qualität des Studiums in Bayern. Wir stehen zu dieser Qualitätsverbesserung.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt komme ich zum Thema der Sozialverträglichkeit, weil Frau Gote darüber sehr lange Ausführungen gemacht hat. Sie haben uns sehr weit in die Politik geführt, wahrscheinlich um darüber hinwegzutäuschen, dass Sie überhaupt keine Argumente für die Abschaffung der Studiengebühren haben.

(Beifall bei der FDP)

32 % der Studierenden sind von den Studienbeiträgen jetzt schon befreit. Ich nenne Ihnen auch die Kriterien für die Befreiung. Die sollten Sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Gemeinsam mit unserem Wissenschaftsminister Heubisch haben wir mehrere Kriterien neu eingeführt, um die Sozialverträglichkeit zu garantieren. Wer eigene Kinder erzieht, ist bis zum 18. Lebensjahr der Kinder befreit. Befreit sind Kinder aus kinderreichen Familien mit drei und mehr Kindern, wenn noch Kindergeld bezogen wird. Befreit ist auch, wer Geschwister an deutschen Hochschulen hat. Befreiungen gibt es nach internationalen Abkommen und nach Härtefallregelungen. Die Hochschulen können bei bis zu 10 % der Studierenden über die Befreiung selbst entscheiden.

Wenn Ihnen diese Fakten noch nicht ausreichen, möchte ich zwei Studien zitieren, die genau das widerlegen, was von den Vorrednern der Opposition ohne sachlichen Hintergrund behauptet wurde. Eine Studie des Hochschulinformationssystems besagt, dass der Einfluss der antizipierten Studienkosten auf Studienentscheidungen in westdeutschen Ländern mit Studienbeiträgen nicht größer sei als in westdeutschen Ländern ohne Studienbeiträge.

(Beifall bei der FDP)

Soviel zu der Frage, ob jemand bei Studienbeiträgen studiert oder nicht.

Das Wissenschaftszentrum in Berlin sagt, dass die Wahrscheinlichkeit zu studieren in Ländern mit Studienbeiträgen stärker steige als in Ländern ohne Studienbeiträge. Das Studium genieße bei Studierenden in Ländern mit Studienbeiträgen einen höheren Stellenwert als in Ländern ohne Studienbeiträge. Das ist ein Studie, die ich hier zitiere, und nicht unsere politische Meinung.

(Beifall bei der FDP - Ulrike Gote (GRÜNE): Was sind das für Länder?)

Diese Studie ist über deutsche Studienbedingungen erstellt worden.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Es gibt nur noch zwei Länder mit Studiengebühren!)

Zum Thema Bezahlung. Auch das wurde angesprochen. Frau Schopper, damit die Leute nicht jobben gehen müssen, haben wir ein Darlehenssystem in Bayern entwickelt. Die Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens tritt erst nach einer Karenzzeit von 18 Monaten ein. Der Sollzins für das Darlehen beträgt aktuell 2,19 %. Das Darlehen muss erst bei einem Ein

kommen ab 1.670 Euro zurückbezahlt werden. Es kann auf 25 Jahre gestreckt werden. Eine Monatsrate muss mindestens 20 Euro betragen, bei BAföG-Empfängern ist die Gesamtverschuldung auf maximal 15.000 Euro beschränkt. Alles darüber wird gekappt, das muss man gar nicht mehr zurückzahlen. Wenn man dauerhaft nicht in der Lage ist zu arbeiten, entfällt die Rückzahlungspflicht ganz. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Zustand, dass dieses Darlehen nicht ausreichend in Anspruch genommen wird, treibt uns um. Vielleicht lässt es aber auch den Schluss zu, dass die Bedingungen nicht so schlecht sind, damit die Studierenden dieses Darlehen mit einer Verzinsung von 2,19 % in Anspruch nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie schon der FDP nicht folgen können, möchte ich drei Quellen zitieren, die das gesamte gesellschaftspolitische Spektrum abdecken.

Die Deutsche Bischofskonferenz sagt zum Thema Chancengerechtigkeit, dass die finanzielle Förderung einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Erziehung und Bildung wichtiger sei als beispielsweise ein vollständig gebührenfreies Studium. Junge Leute mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium hätten bessere Chancen als andere. Sie würden seltener arbeitslos und verdienten in der Regel deutlich mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung. Deshalb sind die meisten auch in der Lage, einen Teil ihres Studiums selbst zu finanzieren. Genau das, was ich Ihnen vorher dargestellt habe, nämlich Erfolg, Sozialverträglichkeit und Darlehenssystem entsprechen dieser Konzeption.

Ich kann noch eine weitere Quelle für alle die, die auf der linken Seite dieses Hauses sitzen, beisteuern. Dabei kann ich bei Ihnen, Herr Dürr, die Aufregung gar nicht verstehen, weil es Ihre Klientel gar nicht betrifft.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wir betreiben keine Klientelpolitik!)

- Da sind Sie doch längst mittendrin, Frau Gote. Sie machen doch gar keine andere Politik.

Die "taz" hat am 24. Oktober 2012 einen Artikel veröffentlicht.

(Renate Will (FDP): "taz"!)

- Die "taz", nicht die "FAZ", damit wir uns nicht falsch verstehen! Die "taz" hat einen Artikel veröffentlicht, aus dem ich folgenden Satz zitieren möchte. Studiengebühren seien nicht, wie gern behauptet wird, ein Mittel der Ausschließung, sondern im Gegenteil, sie

verstärkten demokratische Beteiligung und seien gleichzeitig ein Moment des sozialen Ausgleichs, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Ganz überraschend für den einen oder anderen wird diese Richtung auch noch von der Initiative Neuen Soziale Marktwirtschaft - NSM - unterstützt. Es gibt also genügend gesellschaftliche Gruppen aus allen Bereichen, die diese Haltung zu den Studienbeiträgen unterstützen. Deshalb sollten Sie sich nicht so sicher sein.

(Beifall bei der FDP)

Vielleicht noch ganz kurz zu dem, worüber wir überhaupt diskutieren, Herr Professor Dr. Piazolo. Es gibt eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, die es ermöglicht, ein Volksbegehren zur Abschaffung der Studienbeiträge einzureichen. Ich gehe davon aus, dass Sie diese Möglichkeit wahrnehmen. Ich bin mir nicht so sicher, ob die SPD und die GRÜNEN mitmachen; denn sie waren vorher alle so unsicher. Die CSU hat zu diesem Thema das Gespräch gewünscht. Selbstverständlich werden wir aufgrund des hervorragenden Klimas innerhalb der Koalition ein Gespräch führen. Ich habe Ihnen aber gerade unsere Position klar dargestellt. Es ist das Normalste auf der Welt, dass es in einer Koalition verschiedene Vorstellungen gibt. Sie werden sich das vielleicht auf Bundesebene irgendwann einmal anschauen können. Fakt ist auf jeden Fall, dass es uns bisher immer gelungen ist, unsere Differenzen inhaltlich, ausgewogen und sachlich zu diskutieren und zu einem Ergebnis zu kommen. Und jedes Mal stand am Ende ein Ergebnis, das Bayern vorangebracht hat. Deshalb wird es auch dieses Mal so sein.

(Beifall bei der FDP - Harald Güller (SPD): Also Abschaffung der Studiengebühren! - Tobias Thalhammer (FDP): Das heißt Beiträge!)

Herr Kollege Klein, es gibt eine Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Gote.

Herr Kollege Klein, jetzt muss ich doch noch ins Detail gehen und eine Frage stellen. Die Studiengebühren sind mitnichten ein voller Erfolg. Sie sagen, die soziale Struktur habe sich nicht verändert. Herr Klein, das ist kein Erfolg. Die soziale Struktur an unseren Hochschulen ist ein Skandal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dort studieren schon jetzt nur die Kinder der Reichen. 71 % derer, die dort studieren, kommen aus Familien mit einem hohen sozialen Hintergrund. So ist es.

Die aktuellste Sozialerhebung ergibt erste Belege. Erst jetzt können wir diese Erhebungen machen, weil wir erst jetzt die statistischen Daten haben. Es gibt in der aktuellen Sozialerhebung erste Belege dafür, dass Studierende aus Bayern wegen der Studiengebühren abwandern und nicht mehr so viele Studierende aus Ländern ohne Studiengebühren zu uns kommen. Lesen Sie es nach, die Studie stammt ganz aktuell vom Deutschen Studentenwerk.

Ihre Ausnahmeregelungen und die angebliche Sozialverträglichkeit sind mitnichten sozial. Unser eigenes Hochschulentwicklungsinstitut hat letztes Jahr schon belegt, dass von den Ausnahmen am meisten die profitieren, die es gar nicht brauchen. Zu 28 % profitieren die wegen der hohen Kinderzahl, die aus der höchsten sozialen Gruppe kommen. Die Kinderzahl ist überhaupt kein soziales Kriterium. Sie hat nichts mit der Finanzkraft, die dahintersteht, zu tun.

Die Hochschulen horten das Geld. Wie können die Studienbeiträge ein Erfolg sein, wenn die Hochschulen das Geld noch nicht einmal ausgeben können?

Der nächste Skandal - vielleicht klärt ihn der Minister auf: Für 2011 haben wir noch nicht einmal die Zahlen über die Reste. Wir haben jetzt schon Oktober 2012. Wo bleibt der Bericht für 2011? Den haben wir noch nicht.

Die letzte Lüge, die Sie immer wieder auftischen, heißt: Die Studierenden sollen auch ein bisschen zum Studium dazuzahlen. Ein Bachelor-Studium kostet ohne Studiengebühr 30.000 Euro. Ein Masterstudium - also Bachelor und Master zusammen - kostet 50.000 Euro. Mit Ihren Studiengebühren kommen noch einmal 10 % drauf. Ein Kind aus einem sozial schwachen Haushalt muss die BAföG-Leistungen zur Hälfte zurückzahlen. Es muss den Studienkredit zurückzahlen. Damit startet einer mit 35.000 Euro Schulden ins Berufsleben.

Denken Sie an Ihre Zeit!

Dann sagen Sie mir, dass das ein gelungener Start für die Menschen wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte, Herr Klein.

Zum ersten Thema. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass Sie meine Aussage bestätigt haben. Die sozialen Strukturen haben sich eben nicht verändert. Ihr Argument lautet immer, dass die Studiengebühr Kinder aus sozial schwachen Familien davon abhält, ein Studium aufzunehmen. Das ist klar widerlegt. Sie können sagen, wir müssen die Strukturen weiter verbessern, damit mehr Kinder aus sozial schwachen Familien studieren können. Sie können aber nicht behaupten, dass die Studiengebühren das verhindert hätten. Das ist das Eine.

Das nächste ist die Sozialverträglichkeit. Natürlich ist die Anzahl der Kinder nicht einkommensabhängig. Gerade aber Familien aus der Mittelschicht mit drei oder vier Kindern, von denen einige studieren können, haben eine besondere Belastung, und deshalb ist es auch wichtig, die mit reinzunehmen. Das ist der absolut richtige Weg.

Dass die Zahlen erst heute ausgewertet werden können, obwohl die Studienbeiträge schon zum Sommersemester 2007 eingeführt wurden, erscheint mir etwas fraglich. Ich habe Ihnen die Studien genannt. Sie stammen nicht nur aus Bayern, sie stammen aus Berlin. Diese Sozialerhebungen sind nun einmal Tatsache. Die habe ich mir auch nicht ausgedacht.

Was war noch einmal Ihre letzte Anmerkung?