Protokoll der Sitzung vom 25.04.2017

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bayerische Verfassung ist die Grundlage für die Demokratie und die weltoffene Gesellschaft in Bayern. Mit ihrer Betonung der direkten Volksrechte in der Ge setzgebung hat sie eine besonders gute Möglichkeit zur dynamischen Weiterentwicklung. Dies hat das bayerische Volk schon ausgiebig genutzt, um auf kommunaler Ebene direktdemokratische Möglichkei ten, den Bürgerentscheid, einzuführen. Dies ist übri gens gegen die CSU und mit Unterstützung der GRÜ NEN geschehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Verfassung hat auch bei vielen anderen Themen die Rechte von Minderheiten geschützt und dem Volk direkten Einfluss gegeben, sodass die jahrzehntelan ge absolute Dominanz der CSU wenigstens partiell eingeengt werden konnte. Die Bayerische Verfassung ist gut. Sie hat sich bewährt, wird aber auch bedroht, beispielsweise von rechts und von LeitkultPredigern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Ausgrenzungsgesetz, das Sie fälschlicherweise Integrationsgesetz nennen, verstößt gegen die Intenti on der Bayerischen Verfassung und gegen etliche ihrer Bestimmungen. Der Verfassungsgerichtshof wird darum noch Gelegenheit bekommen, es zu verwer fen. Ein weiteres Beispiel ist Artikel 113. Er garantiert allen Bewohnerinnen und Bewohnern Bayerns das Recht, sich ohne Anmeldung friedlich zu versammeln. Die CSU hat diese Versammlungsfreiheit mit ihrem Versammlungsverhinderungsgesetz übermäßig einge schränkt. Wesentliche Teile dieses Gesetzes wurden vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Beson ders oft wird Artikel 141 zitiert. Es ist auch wichtig, dass er besonders oft zitiert wird. Seit 70 Jahren stellt er die natürlichen Lebensgrundlagen und die Natur schönheiten unter besonderen Schutz. Sie, Kollegin nen und Kollegen von der CSU, betreiben eine Politik des hemmungslosen Naturverbrauchs. Tag für Tag werden immer mehr Bereiche der Umwelt kurzsichti gen und wirtschaftlichen Profitinteressen Einzelner geopfert. Gerhard Polt hat völlig zu Recht gesagt: Was man liebt, betoniert man nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darum wollen wir GRÜNE eine Politik, die gerade die sen Verfassungsgrundsatz ernst nimmt, umsetzt und Umwelt, Natur, Tiere und Klima wirklich schützt. Die Verfassung betont und sichert die Unabhängigkeit der Richter und Richterinnen. Die missbräuchliche Ausle gung dieses Grundsatzes durch Sie, die CSUStaats regierung, führt zu vielen Problemen. Deshalb fordern wir GRÜNE im Landtag mit vielen Initiativen einen Diskussionsprozess über eine stärkere Autonomie und Selbstverwaltung der Justiz sowie eine konse quent umgesetzte Unabhängigkeit der bayerischen Justiz. Dies werden wir auch weiter fordern.

Neben dem Landtag hat in Bayern auch das Volk das Recht zur Gesetzgebung. Die Bayerische Verfassung enthält viele gute Elemente der direkten Demokratie. Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, haben sich im letzten Jahr durch das Wahlgesetz selbst die Möglichkeit gegeben, unverbindliche Volksbefragung en durchzuführen. Mit diesem DemokratiePlacebo wollten Sie ein weiteres Mittel einführen, um politische Fakten zu schaffen und somit unter Umständen Bür gerentscheide zu entwerten. Das ist wohl aus dem Ärger über das Münchner Bürgerbegehren gegen die dritte Startbahn entstanden. Das hat Ihnen nicht gefal len. Der Versuch, die Bayerische Verfassung einzu schränken und ihren Geist falsch auszulegen, ist kra chend gescheitert. Der Verfassungsgerichtshof hat weite Teile dieses Gesetzes für nichtig erklärt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Versammlungsfreiheit, Naturschutz, Gewaltenteilung und Volksgesetzgebung sind nur vier Beispiele für Be reiche, in denen sich die CSUPolitik konträr zu den Ansprüchen und Zielen der Bayerischen Verfassung auswirkt. Es gibt unzählige weitere Themen wie die soziale Spaltung der Gesellschaft, die fortbestehende Ungleichberechtigung von Frauen und Männern, die Krise der Landwirtschaft, die Chancenungleichheit in der Bildung und vieles mehr. All dies zeigt, dass ein besseres Bayern als das Bayern unter CSUPolitik bereits vor 70 Jahren denkbar war und auch heute denkbar ist.

Die SPD benennt in ihren Anträgen 16 weitere Forde rungen, denen wir in den Fachausschüssen allesamt zugestimmt haben. Das werden wir natürlich auch heute wieder tun. Immer wieder muss die CSU von Verfassungsgerichten dazu gezwungen werden, die Verfassung und insbesondere die Grund und Frei heitsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu achten. Wir GRÜNE schützen und bewahren die Bayerische Verfassung und ihre demokratischen Werte sowie die pluralistische, gleichberechtigte und gesellschaftliche Vielfalt vor diesen Angriffen und werden das weiterhin tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darum feiern wir die Verfassung. Wir haben sie an ihrem 70. Jahrestag gefeiert, und wir werden sie wei terhin jeden Tag in diesem Parlament feiern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Die nächste Rednerin ist Frau Dr. EilingHütig.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Thema politische Bildung an Schulen – darum geht es in einem Ihrer Anträge – haben wir uns be reits vor zwei Monaten in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der SPDFraktion ausführlich beschäftigt. Be reits damals habe ich betont, dass die politische Bil dung in unseren Schulen seit Langem ein ganz wichti ger Teil des Unterrichts ist. Sie ist nicht nur Bestandteil des Lehrplans für Geschichte und Sozial kunde, sondern auch in vielen anderen Fächern, in denen sie intensiv behandelt wird. Das geht übrigens auch aus einer ausführlichen Antwort des Staatsmi nisteriums für Bildung und Kultus auf eine Schriftliche Anfrage seitens der SPD von Ende Dezember 2016 hervor. Sie zeigt übersichtlich und nach sämtlichen Schularten aufgeschlüsselt, welch großen Raum die politische Bildung und die Erziehung zur Demokratie an allen Schularten einnehmen. Dazu zählen die

Grundschule, die Mittelschule, die Realschule, die Abendrealschule, die Wirtschaftsschule, das Gymna sium, die FOS, die BOS, die Berufsschule, die Berufs förderschule, die Berufsfachschule, die Fachakademi en, die Fachschulen und Meisterschulen. Ich hoffe, ich habe keine Schulart vergessen.

Wer die Antwort des Bildungsministeriums aufmerk sam liest, stellt fest, dass die politische Bildung an un seren Schulen umfangreich verankert ist. Dazu zählen neben dem Fach Sozialkunde auch Politik und Zeitge schichte, Geschichte und Sozialkunde, Sozialwesen, Sozialpraktische Grundbildung, Sozialwissenschaftli che Arbeitsfelder, sozial und geisteswissenschaftli che Grundlagen, Sozialwissenschaften und Sozialleh re.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist aber weit von der Realität entfernt!)

Es wäre schön, wenn die SPD die Antworten auf ihre eigenen Anfragen zur Kenntnis nehmen würde.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Selbst der Ministerpräsident will das ändern!)

Sehr geehrte Kollegen, darüber hinaus finden an den bayerischen Schulen zur Prävention gegen Extremis mus viele Projekte statt. Frau Gote, in diesem einen Punkt muss ich Ihnen einmal recht geben: Wir haben in den Ausschüssen lang und breit darüber diskutiert; das war auch im Bildungsausschuss so. Es finden Projekte statt wie etwa "Werte machen stark", "Prä vention im Team" und "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Sie wissen, und ich wiederhole das jetzt schon zum zehnten Mal, rund 400 baye rische Schulen haben diesen Titel mittlerweile verlie hen bekommen. Auch wenn wir an die Jugendsozial arbeit an den Schulen denken, merken wir, dass diese einen wichtigen Beitrag zur Prävention gegen Extre mismus und gegen Intoleranz leisten. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie.

(Beifall bei der CSU)

Außerdem unterstützt das schulart und fächerüber greifende Gesamtkonzept der politischen Bildung den Fachunterricht sowie die politische Bildung an unse ren Schulen. Wie Sie wissen, wird das auch im Au genblick überarbeitet und neu gefasst.

Darüber hinaus gibt es viele Angebote von politischer Bildung an unseren Schulen, die die meisten Kollegen auch aus den Bereichen, in denen sie vor Ort sind, kennen sollten. Deshalb sind die im vorliegenden An trag gemachten Vorschläge sachlich überflüssig. Wir lehnen diesen Antrag daher ab.

Jetzt komme ich noch ganz kurz zum Antrag zum Thema Erwachsenenbildung. Da habe ich echt ge dacht, es handle sich um einen Witz.

(Lachen des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Wie Sie wissen, haben sich alle im Landtag vertrete nen Fraktionen das Ziel gesetzt, die Novellierung des Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes in Angriff zu nehmen. Wir haben eine interfraktionelle Arbeits gruppe gebildet. Die Fraktionen sind sich einig, dass der Gesetzesinitiative ein offener Dialogprozess mit allen betroffenen staatlichen Institutionen, gesell schaftlichen Gruppen und Organisationen vorausge hen soll.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das hat mit der Unterfi nanzierung nichts zu tun!)

Um die Reform der Erwachsenenbildung voranzubrin gen, haben wir diese fraktionsübergreifende Arbeits gruppe gebildet.

(Volkmar Halbleib (SPD): Es geht doch um die Unterfinanzierung!)

Sie müssen doch erst einmal die Inhalte abklären, bevor Sie immer gleich übers Geld reden. Geld brau chen wir immer, aber das ist erst mal zweitrangig. Außerdem ist da einiges gemacht worden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist völlig unrealis tisch!)

Sie reden völlig am Thema vorbei. Entschuldigung, das muss ich Ihnen mal sagen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie reden am Thema vorbei!)

Wenn Sie es wiederholen, wird es nicht wahrer. Bei den mehrfachen Treffen mit den Trägern der Erwach senenbildung haben wir bereits eine Fülle von zentra len Themen erörtert und beschlossen, haben den Trä gern einen Fragenkatalog gestellt und uns intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Die erste Frage dieses Fragenkatalogs lautet laut Sit zungsprotokoll, das ich mir angesehen habe: Wie sieht gesellschaftliche Pluralität heute aus? – Und ge rade weil diese Fragen schon angesprochen wurden, ist es für die Arbeit der interfraktionellen Arbeitsgrup pe absolut kontraproduktiv, wenn die SPD mitten im Erörterungs und Diskussionsprozess einzelne Punkte wie die Pluralität herausgreift und auch noch ein Kon zept verlangt.

Entschuldigung, genau diese Dinge sind jetzt in Ar beit. Zu Ihrer Information, weil Sie das nicht zu wissen scheinen: In Kürze gibt es eine Expertenanhörung im Bildungsausschuss, bei der wir intensiv über die The men Erwachsenenbildung heute, Pluralität und darü ber, was auf uns zukommt, sprechen werden.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Diese Themen werden also bereits intensiv und kon struktiv in unserer Arbeitsgruppe diskutiert – und zu Ihrer Info: auch unter Beteiligung der SPD. Dabei waren wir uns einig, dass die Pluralität der Träger, deren Zahl nach dem Bericht des Obersten Rech nungshofs 2014 leider von sieben auf vier zurückge gangen ist, möglichst wieder hergestellt werden soll. Außerdem sind wir uns darüber einig, dass die Beteili gung an der Erwachsenenbildung auch durch nieder schwellige Angebote erhöht werden soll. Ich möchte auch noch einmal deutlich machen, dass die Förde rung der Erwachsenenbildung insgesamt bereits deut lich erhöht worden ist.

Frau Kollegin, Sie beachten bitte die Uhr.

Ich bin sofort fertig. – Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der SPD deshalb herzlich, ihre Vorschläge sinnvollerweise in die Arbeit der interfraktionellen Arbeitsgruppe einzubringen. Da dieser Antrag insofern überflüssig ist, lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Fahn.

Frau Prä sidentin, meine Damen und Herren! In der kurzen mir noch verbleibenden Zeit möchte ich auf einige Punkte eingehen. Wir stimmen in den meisten Bereichen dem Antragspaket der SPD zu. Ich gehe zunächst auf den Antrag betreffend "Keine kalte Kommunalisierung der Kosten der Integration!" ein. Das ist eine wichtige For derung, die wir unterstützen. Da geht es um zusätzli che Plätze in Kindergärten, um Hilfe für den Einstieg in der Schule usw. Wir haben die finanzielle Unterstüt zung vonseiten des Freistaats auch beim Integrations gesetz immer wieder eingefordert. Diese Forderungen sind aber nicht erfüllt worden. Wir sagen natürlich: Wer bestellt, soll auch bezahlen. Aber im Vorblatt des Integrationsgesetzes steht nach wie vor: Den Kommu nen entstehen keine Kosten. – Das stimmt einfach nicht. Das ist einfach falsch. Wir meinen, die Integra tion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher erwarten wir auch, dass keine Kommunalisierung der Kosten stattfindet.

Jetzt sagen Sie, das ist ja nichts Neues. Neu sind aber zum Beispiel die Meldungen, die am 17.04. bun desweit bezüglich der Kosten für die Flüchtlinge in der Presse waren. Hier haben verschiedene Bürgermeis ter und Landräte die Kosten einmal vorgerechnet und haben Briefe, haben Rechnungen an die Bundes kanzlerin geschickt. So sagt etwa Peter Dreier, Land rat aus Landshut, Landshut seien durch die Flücht lingskrise Kosten in Höhe von 9 Millionen Euro entstanden, jedoch seien nur 7 Millionen erstattet wor den, und 2 Millionen fehlten. Oder der Oberbürger meister von Fürth, Thomas Jung, sagt, pro Jahr ent stünden 10 Millionen an Kosten, nur 7 Millionen bekomme man zurück, den Rest zahle Fürth selbst drauf. Und der Oberbürgermeister von Leipzig hat sogar ein Defizit von 27 Millionen.

(Zuruf von der CSU: Leipzig liegt nicht in unse rem Land!)

Herr Unterländer, das muss man einfach einmal sagen. Hier fehlen Gelder, die die Kommunen selbst aufbringen müssen. Wir meinen, hier besteht noch ein Defizit. Wir wissen, dass es auch bei den Personal kosten ein Defizit gibt. Nach wie vor müssen die Landkreise die Personalkosten tragen sowie zwei Drittel der Kosten für junge Volljährige.

Ein letzter Punkt, obwohl ich noch viel mehr sagen könnte: Bei der Familienpolitik stimmen wir allen Punkten zu, ebenso bei den Anträgen zur UNBehin dertenrechtskonvention. Natürlich stimmen wir auch dem Antrag betreffend "Demokratische Schulen durch Stärkung der politischen Bildung" zu.

Frau EilingHütig, Sie haben verschiedene Beispiele gebracht. Da muss ich sagen, das ist insgesamt noch zu wenig. Wenn wir von Sozialkunde sprechen: Ich war früher mal Sozialkundelehrer. Wenn Sie Sozial kunde mit einer Stunde in der Woche und auch noch am Freitag in der sechsten Stunde unterrichten müs sen, dann bringt das überhaupt nichts mehr. Auch das ist zum Teil die Realität an bayerischen Schulen. Wir müssen hier insgesamt noch viel mehr tun.