Seit dem Anschlag in Kabul ist die Sicherheitslage in Afghanistan wieder verstärkt in den Fokus der Medien geraten. Ich habe heute im Internet eine Einschätzung der Lage durch Mirco Günther, den Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Afghanistan, gefunden. Er lebt auch immer wieder lange Zeit in Kabul. Er sagt: Zurzeit wird in 31 von 34 Provinzen in Afghanistan gekämpft. In Afghanistan herrscht Krieg. Seiner Einschätzung nach sind die Taliban so stark wie nie seit Beginn der internationalen Intervention in 2001. Diese Akteure treten immer wieder sehr wahrnehmbar auf. Dazu kommt – auch dies schildert er in seiner Einschätzung der Sicherheitslage –, dass Akteure aus dem IS und Gruppen dazukommen, die sich überhaupt nicht mit irgendetwas identifizieren. – Ich bleibe bei meiner Einschätzung: In Afghanistan herrscht Krieg. Leider sind die internationalen Bemühungen, Afghanistan zu befrieden, zumindest bis zu dem jetzigen Zeitpunkt nicht sonderlich erfolgreich. Dies müsste aber an anderer Stelle aufgearbeitet werden; heute ist dafür sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, und wir sind auch nicht das richtige Parlament dafür.
Was folgt auf diese Einschätzung der Sicherheitslage? – Dass es jetzt in der Verantwortung der Politik liegt – das sage ich eindeutig –, wie man mit afghanischen Flüchtlingen umgeht. Ob sie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Schutzstatus bekommen oder nicht, ob sie eine gute oder eine schlechte Bleibeperspektive haben, liegt ein Stück weit in der Verantwortung der Politik. Deswegen ist es so wichtig, dass die Sicherheitslage in Afghanistan bis Ende Juli – so ist es versprochen – erneut überprüft und bewertet wird.
Kolleginnen und Kollegen auch aus diesem Haus, wir alle sollten letztlich unsere Parteikontakte ins Spiel bringen. Wir werden das auf jeden Fall tun. Wir werden mit unserem Außenminister und mit den Verantwortlichen im Auswärtigen Amt in einen deutlichen Dialog treten und Druck machen, damit die Beurteilung der Sicherheitslage wirklich zeitnah erfolgt.
Vieles ist davon abhängig. Darin bin ich mit dem Innenministerium in Berlin und letztlich auch in Bayern einig.
Kolleginnen und Kollegen, jetzt zu dem Antrag. Kollegin Kamm, im vierten Spiegelstrich ist von Ausbildungs- und Arbeitsgenehmigungen die Rede. Ich erachte Arbeitsgenehmigungen als wichtiger und richtiger, da man einen Arbeitsvertrag mit jeder Firma schließen kann. Die Genehmigung ist dafür Voraus
setzung. Unabhängig davon finde ich diesen Spiegelstrich unlogisch, weil ein Klageverfahren Teil des Asylverfahrens ist. Wenn jemand ein Klageverfahren anstrebt, wird er was die Arbeitsgenehmigungen betrifft, genau so behandelt wie im ersten Asylverfahren. Dies ist aber kein Grund für uns, dem Antrag nicht zuzustimmen. Ich wollte das nur als Feinheit hinzufügen.
Kollege Straub, Sie haben gerade gesagt, dass es keine Hindernisse gibt. Das stimmt natürlich nur zur Hälfte. Es gibt eine Information aus dem Innenministerium an alle Ausländerbehörden. Gerade neue Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan, das einmal ein Land mit guter Bleibeperspektive war, hat nun dazu geführt, nachdem bei den Entscheidungen die Quote wieder unter 50 % gefallen ist, dass es wieder zu einem Land mit wenig guter Bleibeperspektive geworden ist.
In den Fällen, in denen geklagt wird, in denen Asylverfahren noch anhängig sind, wurde es den Ausländerbehörden überlassen, vor Ort zu prüfen, ob ein Ausbildungsvertrag geschlossen wird. Insofern ist dies keine klare Anweisung, Herr Straub, und insofern ist vieles, vieles nicht geklärt. Ich fordere Sie vor dem Hintergrund der Ereignisse in Afghanistan, aber auch vor dem Hintergrund dessen, was in den letzten Wochen auch hier passiert ist, auf, endlich Klarheit zu schaffen. Die jungen Flüchtlinge aus Afghanistan – wir haben derzeit eben junge Flüchtlinge aus Afghanistan – brauchen Klarheit. Die Ängste davor, was mit ihnen morgen passiert, müssen endlich abgebaut werden. Ich appelliere noch einmal: Sorgen Sie hier bitte für Klarheit. Da sind wir voll bei den GRÜNEN.
Im Übrigen vielleicht noch ein kurzer Hinweis; ich habe mich heute Morgen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkundigt – wenn ich etwas Falsches sage, können Sie das gerne richtigstellen –: Die Asylanträge von Flüchtlingen aus Afghanistan werden weiter bearbeitet; es werden nur keine Bescheide verschickt. Das ist doch ein großer Unterschied. Sofern die Sicherheitslage – was wir alle nicht hoffen und wogegen wir hoffentlich alle unseren politischen Einfluss geltend machen – nicht wieder anders eingeschätzt wird, können Bescheide ganz schnell verschickt werden, und dann haben wir auch ganz schnell wieder das Thema Abschiebungen nach Kabul.
Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie jetzt, gerade bei den Ausbildungs- und Arbeitsgenehmigungen Klarheit zu schaffen und die Ausländerbehörden darauf hinzuweisen und aufzufordern, gerade bei den jungen Flüchtlingen mit den Einschränkungen, die Sie genannt haben – diese kenne ich alle; Identitätsfeststellung, keine Straffälligkeit; das sind die wesentlichen
Ich muss auch noch etwas zu der Rücknahme von drei Monate auf sechs Monate sagen. Entschuldigung, Kollege, manchmal fühlen wir uns schon ein bisschen verarscht. Sie sagen: Stichtag 1. Mai 2017. Die Rücknahme oder, sagen wir, das Entgegenkommen, dass die Genehmigungen jetzt sechs Monate vorher ausgestellt werden können, kann erst ab dem nächsten Jahr zum Tragen kommen. Für dieses Ausbildungsjahr ist dies schon zeitlich gar nicht mehr möglich. Insofern: Bitte sorgen Sie endlich für Klarheit. Geben Sie den Jugendlichen, die hier sind, eine klare Perspektive. Verlieren wir keine Zeit bei der Integration. Genehmigen Sie die Arbeits- und Ausbildungsverträge. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und sehr geehrte Kollegen! Vielen Dank an die GRÜNEN für den Dringlichkeitsantrag. Er ist gut und richtig. Ich will das Ganze mit einem Brief untermauern, den der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks an eine sehr, sehr engagierte Pflegemutter aus Mittelfranken geschrieben hat, die einen afghanischen Pflegesohn hat und die schon mehrfach gesagt hat, wenn er abgeschoben wird, wird sie zu allem fähig sein. In diesem Brief hat der Handwerkspräsident erklärt, es sei unverständlich, dass Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz haben, da herausgerissen und abgeschoben werden. Wörtlich heißt es in dem Brief weiter: Da aber die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes Ländersache ist und einige Bundesländer derzeit zu einer eher restriktiven Handhabung der Regelung in § 60a Aufenthaltsgesetz neigen, ist es schwierig, auf die Entscheidungen der Ausländerbehörden vor Ort Einfluss zu nehmen.
Aber Sie, sehr geehrte Staatsregierung, und heute eben auch der Landtag haben genau diese Möglichkeit. Reden Sie nicht darüber; es ist Zeit zu handeln. Setzen Sie die 3+2-Regelung endlich unumstößlich um, auch in Bayern! Gleichzeitig spricht sich übrigens der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks dafür aus, diese Regelung bundeseinheitlich zu gestalten und sie eben nicht mehr den Ländern zu überlassen. Ich würde mal sagen: Das ist eine Watsche für Sie.
wir im Kinderdorf am Irschenberg – Frau Staatsministerin Aigner ist dort Schirmfrau oder etwas Wichtiges im Kuratorium –, und wirklich von allen in dem Kinderdorf, vom Leiter, von den Pädagogen und von einem kleinen Kind, haben wir einen eindringlichen Appell gehört, dass Sie die Jugendlichen endlich eine Ausbildung machen lassen, egal, ob sie einen Vertrag haben oder einen bekommen könnten – das ist Haarspalterei –, und ihnen die Chance geben sollen, die Ausbildung zu absolvieren. Das ist auch gut für das Handwerk hier. Wenn sie dann in ihr Land zurückgehen – das waren die Worte des Leiters des Kinderdorfes –, ist diese Ausbildung auch ein Stück weit Entwicklungshilfe.
Allerdings ist es sehr zu bezweifeln, dass es irgendwann demnächst, wenn die Bundesregierung endlich ihrer Aufgabe nachkommt und die Sicherheitslage in Afghanistan neu bewertet, eine Rücküberführung nach Afghanistan geben würde. Das Land ist nicht sicher. Ich möchte noch einmal betonen: Es ist egal, ob Deutschland direkt nach Afghanistan abschiebt oder Kettenabschiebungen via Dublin II in ein Land vornimmt, von dem man weiß, dass es dann eben nach Afghanistan abschiebt, wie es gerade über Norwegen geschehen ist. Wir alle hier wissen: Afghanistan ist nicht sicher. Das wissen Sie genauso wie wir, deswegen appelliere ich an Sie: Handeln Sie endlich! Sowohl im Bund sind Sie, was die Sicherheitslage betrifft, in Regierungsverantwortung als auch bei der Regelung "3+2". Das ist gut für die Wirtschaft, für das Handwerk und für die Geflüchteten, aber vor allem ist es gut für uns, für unsere freiheitliche Gesellschaft, die verpflichtet ist, Menschenrechte unumstößlich gelten zu lassen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will versuchen, es kurz zu machen. Wenn man die einzelnen Redebeiträge hört, überlegt man sich, warum und weshalb die politischen Gruppierungen bei ihren Parteifreundinnen und Parteifreunden in Berlin nicht letztlich auch für ein anderes Bundesrecht sorgen; denn ein Aspekt geht absolut verloren: Im Bundesrecht ist festgelegt, dass im Asylrecht eindeutig unterschieden werden muss zwischen Menschen, die Anspruch auf unseren Schutz haben, und jenen, die diesen Anspruch nicht haben und denen deshalb auch keine Bleibeperspektive zukommt.
Es ist natürlich viel einfacher, sich über all diese Dinge hinwegzusetzen und jeden Einzelfall, den man
nicht sofort beantworten kann, weil man die Unterlagen nicht hat, auf den Tisch zu legen. Mir ist eines wichtig, und ich darf den Minister wiederholen: Wo auch immer es Schwierigkeiten mit der 3+2-Regelung gegeben hat, dort soll man uns die Fälle vorlegen. Ich habe das schon in meiner letzten Rede deutlich zum Ausdruck gebracht, aber seit der letzten Plenarsitzung nichts auf den Tisch bekommen. Ich werde unseren Minister noch einmal fragen, ob bei ihm Unterlagen eingegangen sind. Frau Kamm, ich weiß nicht, woher Sie diese Zahlen haben. Wenn Sie sie hier so verkünden, dann wird es wohl so sein; aber ich weiß nicht, wo das sein soll. Ich möchte das an dieser Stelle nochmals deutlichmachen.
Außerdem möchte ich zum Ausdruck bringen: Natürlich haben wir alle die schrecklichen Ereignisse in Afghanistan zur Kenntnis genommen. Ich will sie auch nicht herunterspielen; denn es ist für die Menschen dort schrecklich. Bei der Abschiebung haben wir schon auch Abstriche gemacht. Ich will aber auch sagen, dass wir trotz dieser vorläufigen Beschränkungen nicht auf Rückführungen nach Afghanistan durch den Bund verzichten wollen, liebe Damen und Herren. Es gibt keinen Abschiebestopp. Das heißt, bei Straftätern, Gefährdern und hartnäckigen Mitwirkungsverweigerern – ich muss das so deutlich sagen; das sind Asylanten, die Unterlagen nicht beibringen, nicht mitwirken und Besuchstermine verstreichen lassen – muss man sagen: Es ist einfach so, und wir sind hierbei an Recht und Gesetz gebunden.
Liebe Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man den Antrag großzügig betrachtet, muss man sagen: Zieht ihn wenigstens zurück und reicht ihn später noch einmal ein. Ich weiß nicht, wie man vom Rednerpult aus die Sicherheitslage in Afghanistan beurteilen kann. Ich jedenfalls kann das nicht.
Wir können es ja diskutieren. – Das Auswärtige Amt erstellt ein neues Lagebild, eine neue Lagebeurteilung. Dies ist für Juli zugesagt worden. Dann lasst uns doch auf dieser neu erarbeiteten Grundlage gegebenenfalls noch einmal diskutieren; darum bitte ich ganz herzlich.
In diesem Sinne – ich möchte jetzt den gesamten Antrag und die Spiegelstriche nicht wiederholen – gehen verschiedene Spiegelstriche einfach ins Leere, zum Beispiel der betreffend Ausbildungs- und Arbeitsgenehmigungen. Dies wurde vorhin bereits im Detail angesprochen. Wir haben heute schon eine Regelung, die beides umfasst.
Ich könnte jetzt mit vielen anderen Aspekten weitermachen, bis hin zur Situation der Botschaft. Diese war unsicher bzw. unklar, aber auch hier haben wir die Auskunft bekommen, dass die Botschaft den Betrieb im Juli wieder aufnimmt. Ich bitte an dieser Stelle, den Antrag entweder zurückzuziehen und eventuell neu zu diskutieren, wenn die Unterlagen dann konkret vorliegen, oder ihn abzulehnen.
Drei kurze Fragen. Die erste Frage ist: Was halten Sie von einer Staatsregierung, die vorgibt, die Frage nicht beantworten zu können, wie viele Ausbildungsverträge seit dem 01.09.2016 genehmigt und wie viele verweigert worden sind? Ich möchte ganz einfach eine Zahlenangabe. Sie sagen immer, es gäbe keine Daten usw., aber ich meine, dass die Bayerische Staatsregierung eigentlich solche Daten haben müsste. Haben Sie die Daten, und warum geben Sie sie
Wir waren in Betrieben unterwegs. Dort wurde uns gesagt, dass Ausländerbehörden pauschal keine Ausbildungen genehmigen, wie bei einem Afghanen geschehen, der einen ablehnenden Bescheid vom BAMF bekommen und dagegen geklagt hat.
Die zweite Frage lautet: Ist das richtig oder falsch? Frau Weikert sagte, es sei falsch. Der Afghane, der gegen einen ablehnenden Bescheid des BAMF geklagt hat, befindet sich noch im Verfahren. Ich gebe ihr eigentlich recht, nur nützt es nichts, da die Ausländerbehörden den Geflüchteten und den Betrieben vor Ort etwas anderes erzählen. Stimmt das nun, oder stimmt es nicht? Wie ist da die Vorgabe? Wird ein Afghane, der abgelehnt worden ist und klagt, einem Geflüchteten im Asylverfahren in der Frage der Genehmigung von Ausbildungs- und Arbeitsverträgen gleichgestellt? Diese zwei Fragen habe ich.
Außerdem habe ich noch die Frage, weshalb in Bayern auch Afghanen, die keine Gefährder, Straftäter oder Identitätstäuscher sind, die Ausbildungsgenehmigung versagt wird, wenn sie einen negativen Be
scheid erhalten haben, obwohl die Situation in Afghanistan so ist, wie ich sie Ihnen geschildert habe.
Liebe Frau Kollegin Kamm, ganz kurz: Erstens. Die erste Frage kann ich Ihnen jetzt spontan nicht beantworten, weil ich die gesamten Zahlen der Ausbildungsverträge nicht im Kopf habe. Ich bitte Sie herzlich: Lassen Sie mir das mit einer kurzen E-Mail oder drei Zeilen zukommen, dann bekommen Sie eine entsprechende Antwort. Damit kann ich auch überprüfen, ob Ihre Schriftliche Anfrage richtig beantwortet worden ist. Sie bekommen dann von mir eine glasklare Antwort.
Zweitens. Ich habe das inhaltlich nicht ganz verstanden. Das Mikrofon ist zwischenzeitlich auch einmal kurz ausgefallen. Ich bitte Sie, auch die zweite Frage schriftlich zu formulieren, dann bekommen Sie auch darauf eine präzise Antwort.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Ich lasse zunächst in einfacher Form über den Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/17578 – das ist der Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER – abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Frau Claudia Stamm. Gegenstimmen! – Das ist die CSUFraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt. Nun stelle ich den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/17540 zur Abstimmung. Das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Die Zeit ist um. Die Abstimmung ist geschlossen. Die Stimmen werden außerhalb des Sitzungssaales ausgezählt. Jetzt fahren wir in der Tagesordnung fort.