Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

(Beifall bei der SPD)

Eine Steigerung des Bio-Anteils am Schulessen bei einer gleichzeitigen Ausweitung des Essensangebots an unseren Schulen wird sich auch positiv auf die Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler auswirken. Wenn es gesundes und gutes Essen an der Schule gibt, ist die Neigung, zum Fast-Food-Restaurant um die Ecke zu gehen, deutlich geringer. Diese Erfahrung haben mir schon zahlreiche Schulleiter und Küchenbetreiber bestätigt. Damit kann ein wertvoller Beitrag zu einer gesunden Ernährung und vor allem Ernährungsbildung geleistet werden. Im Bayerischen Präventionsplan des Gesundheitsministeriums ist davon die Rede, dass man einen Schwerpunkt auf den Bereich gesundes Aufwachsen setzen wolle. Dann müsste man aber auch dafür sorgen, dass es im Präventionsplan verbindliche Vorgaben zur gesunden Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung gibt. Im Bayerischen Präventionsplan ist auch das gesunde Altern enthalten. Gesundes Altern beginnt bei gesunden Kindern. Deshalb sollten wir im Rahmen der Schulverpflegung den Startschuss dazu geben.

Wenn alles so bleibt, wie es ist, beschränkt man sich lediglich darauf, in Hochglanzprospekten und in Sonntagsreden Ziele zum Ausbau der Bio-Landwirtschaft für gesunde Bayerinnen und Bayern zu definieren, erfüllt sie aber nicht mit Leben.

(Beifall bei der SPD)

Wer plant, beispielsweise mit dem Landesprogramm "BioRegio Bayern 2020", mehr Bio-Lebensmittel zu erzeugen, muss in der Konsequenz dafür Sorge tragen, dass diese auch im eigenen Land verbraucht werden. Deshalb stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER hat Herr Kollege Häusler das Wort. – Bitte schön.

Herr Präsident, Herr Staatsminister, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mehr Bio an Bayerns Schulen! – Wir FREIE WÄHLER sind grundsätzlich dafür. Dabei müssen jedoch zwei wesentliche Kriterien beachtet werden. Wir sind für Bio-Lebensmittel, wenn sie regional produziert werden und dem Wunsch der Schulfamilie und der Eltern entsprechen. Dem Antrag können wir in der vorgelegten Form nicht zustimmen, und zwar aus vier Gründen.

Mit dem Antrag wird gefordert, die gesamte Schulverpflegung in Bayern zwar sukzessive, jedoch verbindlich auf Bio-Lebensmittel umzustellen. Diese Umstellung soll in drei Schritten erfolgen. Zunächst sollen 20 %, dann 50 % und schließlich 100 % der Lebensmittel umgestellt werden. Das bedeutet, dass konventionell erzeugte regionale Lebensmittel, zum Beispiel vom Bauern vor Ort, zukünftig in der Schulverpflegung nichts mehr zu suchen haben. Das wäre die Konsequenz. Die Begründung hierzu ist hanebüchen. In jedem Absatz wird auf die Gesundheit abgestellt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass konventionell erzeugte Lebensmittel vom Landwirt vor Ort ungesund oder zumindest gesundheitsgefährdend sind. Das wäre die Konsequenz.

(Ruth Müller (SPD): Das ist doch Quatsch!)

Das ist so. Sie müssen den Antrag genau lesen.

Diese Schlussfolgerung können wir nicht stehen lassen. Das akzeptieren wir nicht. Gestern ist in Berlin der beste Landwirt der Welt gekürt worden. Wo kommt er her? –Selbstverständlich aus Bayern.

(Horst Arnold (SPD): Der beste Landwirt Deutschlands!)

Okay. Die Methoden lassen sich jedoch über Deutschland hinaus projizieren.

Heute Morgen hat er im bayerischen Radio und im bayerischen Fernsehen begründet, warum er der beste Landwirt geworden ist. Er macht seine Tore auf und ist mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kontakt. Er produziert transparent und lädt die Menschen in seinen Stall ein. Im Falle der Umsetzung des Antrags würde das im Klartext bedeuten, dass die Leute zu ihm hingehen und sagen: Was du produzierst, ist zwar schön und höchstwahrscheinlich dem Tierwohl geschuldet, aber wir können dir die Lebensmittel nicht abnehmen, weil sie nicht bio sind. Das ist unseren Kindern nicht zumutbar. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so weit darf es nicht kommen.

Mit dem Antrag der GRÜNEN wird gefordert, formale Leitlinien zu erstellen, die in Rahmenverträgen mit den Schulaufwandsträgern verbindlich fixiert werden sollen. Damit wird die Schulverpflegung aufwendig bürokratisiert. Vor einer halben Stunde haben wir noch gemeinsam gegen die Bürokratie gekämpft. Beim nächsten Antrag sind wir schon wieder dafür.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die kommunalen Sachaufwandsträger und die gesamte Schulfamilie werden durch diesen Antrag entmündigt. Sie haben kein Wahlrecht mehr. Aus Sicht

der FREIEN WÄHLER – das muss man deutlich sagen – ist das ein massiver Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, den wir nicht akzeptieren können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Sachaufwandsträger, Gemeinde, Städte und Landkreise, sollen nicht nur für die Organisation, sondern auch für die Kosten aufkommen. Jetzt wird es interessant: Die Kommunen zahlen den Grundbetrag für ungesunde Lebensmittel – das interpretiere ich jetzt so –, und der Staat legt die Kosten für die Gesundheitskomponente in Form eines Bio-Zuschlags oben drauf. Frau Kollegin Sengl, die Zahlen sind aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Am Montag habe ich mich mit einem Bürgermeister über die Schulverpflegung unterhalten. Er sagte, dass die regionale Schulverpflegung vor Ort drei Euro koste. Er hat ein Angebot für Bio-Lebensmittel eingeholt. Die Kosten für ein Bio-Essen belaufen sich auf fünf Euro. Die Elternschaft hat einstimmig entschieden, die regionale Küche beizubehalten. Würde man dem Antrag der GRÜNEN folgen, müsste die Schulverpflegung gezwungenermaßen auf Bio umgestellt werden. Das ist aus Sicht der FREIEN WÄHLER nicht nachvollziehbar.

Wir sind der Meinung, dass die Schulen Bildungseinrichtungen bleiben sollen. Sie sollten nicht mit zusätzlichen Verwaltungs- und Dienstleistungsfunktionen überhäuft werden. Dafür reichen die vorhandenen personellen Ressourcen nicht aus. Man kann den Schulen nicht immer noch mehr aufbürden. Im Hinblick auf die Bürokratisierung verweise ich auf das EU-Schulobstprogramm; das ist schon angesprochen worden. Um den Vorgaben gerecht zu werden, mussten wir in Bayern 40.000 Einzelprüfungen durchführen. Das müssten wir jetzt noch einmal machen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht nachvollziehbar.

Wir setzen auf die Eigenverantwortung vor Ort. Nachdem die regionale Produktion nicht ausreicht, müssten wir Bio-Produkte importieren. Wir bräuchten Öl aus Südamerika, Getreide aus Kasachstan und China, Kartoffeln aus Israel und Ägypten, Äpfel aus Argentinien und Neuseeland und Gemüse aus SaudiArabien. Wer dies alles will, muss diesem Antrag, wie er vorliegt, zustimmen. Wir legen keinen Wert auf weltweite Bio-Transporte, weil es ökologisch vollkommen verantwortungslos ist. Sofern Bio-Produkte regional und saisonal erzeugt werden, sind wir dafür. Das habe ich eingangs schon gesagt. Den Antrag, so wie er gestellt ist, können wir jedoch nur ablehnen. Das

schulden wir der Eigenverantwortlichkeit der bayerischen Schulfamilie.

Herr Kollege, Frau Kollegin Sengl hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Wir haben nie von einer hundertprozentigen Umstellung gesprochen.

In Ihrem Antrag steht: "vollständig umgestellt werden". Das steht im ersten Satz.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Sie müssen den Antrag genau lesen. Dort steht: Umstellung der Schulverpflegung bis 2020 20 Prozent Anteil bis 2025 50 Prozent Anteil an BioProdukten.

Eigentlich würde man die Schulfamilien entlasten, wenn die Organisation dem Sachaufwandsträger, der Kommune, übertragen würde. Ich glaube, die Schulen wären froh, wenn sie das nicht mehr machen müssten. Der Sachaufwandsträger sollte für die Organisation des Schulessens zuständig sein. Die Schulverpflegung ist eine Zusatzaufgabe für die Schulfamilie. Das war so nicht geplant.

Als ich den Antrag vorhin vorgestellt habe, habe ich versucht zu erklären, dass eindeutige Standards nicht verkomplizieren, sondern vereinfachen. Ein Verfahren wird kompliziert, wenn sich die Beteiligten der Schulfamilie nicht gerne damit befassen. Sie sagen: Was müssen wir dort hineinschreiben? Was brauchen wir überhaupt? Wenn wir einen Katalog hätten, wäre es wesentlich einfacher. Es wäre einfacher für die Schulfamilie, aber auch für die Bewerber. Das wissen wir doch auch aus vielen anderen Bereichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gut, dann darf ich darauf kurz antworten. Zum Ersten. Du hast gerade gesagt, der Anteil soll sukzessive auf 20 % und dann auf 50 % erhöht werden. Aber das besagt nur die Hälfte eures Antrags. Da steht nämlich im ersten Satz ganz klar: vollständige Umstellung. Vollständig, das ist für mich 100 %. Deshalb habe ich auch gesagt, es sind drei Stufen. Zur ersten Stufe habt ihr 20 % geschrieben, dann kommen 50 %, und dann kommt die vollständige Umstellung. Ihr müsst euren Antrag selbst lesen, bevor ihr ihn hier verkündet.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Wo steht da "vollständig"? – Da heißt es doch: "sukzessive"!)

"Sukzessive", was heißt denn das? – Es geht um die vollständige Umstellung. Also bitte, ich glaube, über die Grammatik brauchen wir uns hier nicht zu unterhalten. Vielleicht habt ihr euch da unglücklich ausgedrückt. So ist es eurem Antrag aber zu entnehmen. Dazu müsst ihr stehen. Wenn ihr einen Fehler macht, dann müsst ihr euch dazu bekennen. So viel zum Punkt eins.

Nun zum Punkt zwei: Ich sehe in unseren Schulfamilien; die Organisation wird von vielen, auch von Freiwilligen, sehr gerne unterstützt und mitgetragen. Viele Eltern bringen sich ein. Überall dort, wo Rahmenbedingungen starr vorgegeben sind, wo etwas klar geregelt ist, wo die Versorgung 100 % beträgt – Frau Kollegin Brendel-Fischer hat es vorhin angesprochen –, wo alles zu 100 % staatlich organisiert ist, ist es vielleicht für den einen oder anderen einfacher. Es hat aber keinen Sinn, und es nimmt sehr viel Motivation heraus. Das muss man ganz klar sagen. Es nimmt unendlich viel Motivation heraus. Wenn wir es aber mit dem Wohl der Kinder ernst meinen, dann müssen wir bei dem bleiben, was wir derzeit haben, und müssen das weiterhin unterstützen. Ich meine, alles andere ergibt wenig Sinn.

Noch einmal zu dem Thema Herkunft von Bioprodukten – Landwirtschaftsminister Brunner ist vorhin schon einmal zitiert worden; ich sage es jetzt aber noch einmal: Er hat gesagt, im Moment können wir den Bedarf nicht decken. Im Umkehrschluss würde das heißen, bis 2020 müsste man die Bio-Produktion verdoppeln. Das heißt aber auch – und auch das muss man einmal sagen –, wir können nicht zusätzlich künstlich einen Markt aufbauen, bei dem die öffentliche Hand die Nachfrage übernimmt. Das funktioniert nicht. Wir müssen den Kindern, die aus landwirtschaftlichen Betrieben kommen, auch sagen können, dass die bei ihnen zu Hause produzierten Lebensmittel auch in Ordnung sind. Auch das gehört dazu.

Herr Kollege, Sie haben noch Gelegenheit für eine weitere Antwort; denn hier geht man auch sukzessive vor. Ich verweise auf die Rednerliste.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wir haben hier nämlich noch eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Müller. – Bitte schön.

Herr Kollege Häusler, Sie haben gerade davon gesprochen, dass in vielen Schulen die Eltern die Schulverpflegung übernehmen. Glauben Sie eigentlich, dass die Eltern das gerne übernehmen? Glauben Sie denn, dass die Mütter nichts anderes zu tun haben, als sich wöchentlich abzuwechseln, um die Schulverpflegung auf die Reihe zu bringen? –

Das machen die meistens ehrenamtlich, weil es nicht wirklich gut organisiert ist. Deshalb wäre es endlich an der Zeit, eine Regelung auf den Weg zu bringen, damit das in Bayern einheitlich organisiert ist. Sie müssen mir doch zustimmen, dass es unser Bestreben sein muss, gemeinsam für die bayerischen Schülerinnen und Schüler, für die Schulfamilien etwas auf den Weg zu bringen, damit es eine einheitliche Regelung mit klaren Vorgaben gibt. Dann muss beim Elternabend nämlich nicht wieder gefragt werden, wer sich in diesem Jahr bereit erklären könnte, jeden Mittwoch zu kochen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe gerade erklärt, wie das in unserer Gemeinde ist. Wir haben eine regionale Küche vor Ort, die das macht. Die lässt sich das auch bezahlen, das habe ich erläutert.

Ich bin enttäuscht und erschüttert davon, dass Sie eingangs Ihres Wortbeitrags das Ehrenamt infrage gestellt haben. Heute früh hatten wir einen Dringlichkeitsantrag zur Stärkung des Ehrenamtes.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie schieben doch ab!)

Jetzt wollen Sie das Ehrenamt im Grunde außen vor lassen.

(Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN – Volk- mar Halbleib (SPD): Das ist doch verkehrte Welt!)

Dort, wo freiwillig etwas geleistet wird, sollte man doch dankbar dafür sein und es annehmen.

(Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten – Volkmar Halbleib (SPD): Bei Ihnen zu Hause ist das vielleicht anders!)

Ich kenne keine Gemeinde, in der wir keine Regelung hätten.

(Anhaltende Unruhe bei den GRÜNEN – Georg Rosenthal (SPD): Sie haben wirklich nichts verstanden!)