Protokoll der Sitzung vom 07.12.2017

(Beifall bei der CSU)

Ich komme zur Notwendigkeit der Trassen. Sie sprechen immer von regionaler und dezentraler Energieversorgung. Nun haben Sie anscheinend immer noch sehr gute Beziehungen zur Landrätin des Landkreises Regensburg; das sei Ihnen durchaus gegönnt. Die Dame erzählt der Welt immer, dass man einen Landkreis mit Windrädern, mit Photovoltaikanlagen und einigen Biogasanlagen energieautark versorgen kann. Ich sage Ihnen jetzt an dieser Stelle: Ich erwarte von der Landrätin, die Ihrer Partei angehört, ein klares energiepolitisches Konzept, aus dem hervorgeht, wie sie gedenkt, den Landkreis Regensburg energieautark mit regenerativen Energien zu versorgen, wie viele Windkraftanlagen sie bauen wird, wie viele Photovoltaikanlagen errichtet werden sollen und wie viele Biogasanlagen gebaut werden sollen. Alles andere ist Wählertäuschung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Punkt. Herr Aiwanger, versuchen Sie heute mal, jungen Menschen, Menschen aus der Wirtschaft zu erklären, dass wir im Norden der Bundesrepublik Deutschland gigantische Windparks errichtet haben.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das haben Sie zu verantworten!)

Diesen Strom müssen wir abregeln; wir müssen den Betrieb dieser Windkraftanlagen abregeln,

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja, weil Sie so viel Blödsinn gemacht haben!)

weil wir den Strom nicht transportieren können. Jetzt bitte ich Sie – das ist ja nicht so weit entfernt –, mal in die Tschechische Republik zu fahren. Unterhalten Sie sich mit dem tschechischen oder auch mit dem polnischen Wirtschaftsminister. Die werden Ihnen sagen: So funktioniert es nicht mehr in Europa, dass ihr eure erneuerbaren Energien ausbaut, ohne die Netze auszubauen, weil ihr damit unsere Netze in Polen und

Tschechien instabil macht. Das Ganze nennen wir im Fachjargon Redispatch. Ich buchstabiere es Ihnen gerne nochmal. Das heißt nichts anderes – versuchen Sie, das jetzt einmal zu kapieren – als: Wir zahlen oben dem Betreiber der Windkraftanlage 95 % der Entschädigung, obwohl sich das Windrad gar nicht dreht, weil wir die Anlage vom Netz nehmen müssen.

(Georg Rosenthal (SPD): Richtig!)

Hier unten im Süden müssen wir Reservekraftwerkskapazitäten hochfahren. Das zahlt die bayerische Wirtschaft, das zahlen die bayerischen Verbraucher.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist Ihre Politik!)

Herr Aiwanger, das ist nicht unsere Politik,

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja freilich, ihr habt ja regiert!)

das ist Politik der Bundesrepublik Deutschland. Und deshalb sind Sie die letzten Mohikaner, was dieses Thema angeht, Herr Aiwanger.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das haben alle kapiert, nur Sie nicht. Sie wollen es nicht kapieren – das weiß ich –, weil es draußen im Bierzelt, im Festzelt und bei Kommunalpolitikern ganz gut ankommt, wenn man wieder einmal ordentlich drein drischt. Aber verantwortliche Politik, meine Damen und Herren, sieht anders aus.

(Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Nächster Punkt: Diese Energiewende – –

Zwischenrufe ja, aber bitte nicht permanent.

Diese Energiewende findet auch in enger Übereinstimmung mit den Verbänden der Wirtschaft, in enger Verbindung und Abstimmung auch mit vielen gesellschaftlichen Gruppierungen statt, nicht zuletzt auch in Abstimmung mit der Landwirtschaft, auch mit der bayerischen Landwirtschaft. Sie haben in der letzten Zeit, was diese Trassen angeht, aus Sicht der Landwirtschaft zwei Dinge gehört: Wir wollen das Thema Ausgleichsflächen geregelt haben, und wir wollen eine vernünftige Entschädigung. In beiden Bereichen, meine Damen und Herren, sind wir in einem sehr konstruktiven Dialog mit dem Bayerischen Bauernverband, in anderen Bundesländern auch mit dem Deutschen Bauernverband. Wir haben es geschafft, das Thema Ausgleichsflächen im Rahmen der Bayerischen Kompensationsverordnung so zu regeln, dass

wir nur minimal-invasiv Ausgleichsflächen brauchen. Es gibt eine Übereinkunft mit dem Bayerischen Bauernverband über eine großzügige Entschädigung, bezogen auf den Verkehrswert, was die Eintragung der Grunddienstbarkeit ins Grundbuch angeht. Die zweite Säule ist eine Entschädigung während der Bauphase bis über mehrere Vegetationsperioden hinweg. Auch beim dritten Thema, den wiederkehrenden Leistungen, hat sich die Bayerische Staatsregierung ganz klar positioniert.

Herr Aiwanger, Ihnen persönlich und den FREIEN WÄHLERN halte ich aber Folgendes vor: Einen modernen Industriestandort wie den Freistaat Bayern, ein Lastzentrum in Niederbayern – sagen Sie bitte mal den Betriebsräten in Niederbayern bei BMW, lieber Bernhard, und anderer Firmen, wie leichtfertig eine politische Gruppierung mit dem volkswirtschaftlichen Wohlstand dieses Landes spielt – kann man nicht mit Photovoltaik und Windkraft und Biogas versorgen. Das funktioniert nicht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Gas! Gas! Gas!)

Das sagt Ihnen jeder. Und deshalb ist es unverantwortlich, was Sie hier machen. Das ist reinster, purster Populismus.

(Beifall bei der CSU)

Allerletzter Punkt: Wir belassen es nicht dabei. Wir bauen die erneuerbaren Energien weiter aus. Der Freistaat Bayern hat als erstes Bundesland von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht, die Flächenkulisse zu erweitern. Das heißt: Im Freistaat Bayern können wieder großflächige Photovoltaikanlagen in sogenannten benachteiligten Gebieten errichtet werden. Wir setzen weiterhin auf Biogas. Wir wollen einen begrenzten Ausbau bestehender Querbauwerke an Wasserkraftwerken, nicht neuer Querbauwerke. Unser Dreiklang bleibt gleich – hier unterscheiden wir uns, lieber Kollege Stümpfig, lieber Kollege Bernhard Roos, gar nicht so sehr –, indem wir sagen: Dieses Land braucht Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit – meine Damen und Herren, mal Hand aufs Herz: Wir sind die Nummer zwei in Europa; vor uns liegt nur noch Dänemark, was den Strompreis für Verbraucher und Industriekunden angeht; das ist also die zweite große Herausforderung – und drittens: Wir brauchen weiterhin einen Zubau der erneuerbaren Energien, was die Umweltverträglichkeit angeht. Das ist unser Dreiklang.

Abschließend will ich den Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD antworten: Was dieses Thema angeht, gab es große, fraktionsübergreifende Übereinstimmung; ausgenommen war lediglich, wie

gesagt, die energiepolitische Geisterfahrt des Kollegen Aiwanger.

Eines kann ich mir allerdings jetzt nicht ersparen, lieber Bernhard. Das muss jetzt noch sein. Der Bayerischen Staatsregierung Versagen vorzuwerfen,

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist nie ganz falsch!)

passt nicht, wenn dieser Vorwurf aus dem Mund des Vertreters einer Partei kommt, die nach wie vor in Nordrhein-Westfalen leidenschaftlich auf Kohle setzt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Bitte Grüße an Herrn Laschet!)

Wir sind nicht die Kohle-Fraktion; die Kohle-Fraktion seid immer noch ihr. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatssekretär, bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung. – Kollege Aiwanger, jetzt dürfen Sie reden. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Pschierer, Sie sagten vorhin, ich solle klären, wie die Situation in den Landkreisen aussieht. Sie wissen, dass viele Landkreise auf dem Weg sind, rechnerisch gesehen zur energieautarken Region zu werden, dass also der Energiemix vor Ort von Biogas, von Photovoltaik, von Wasser, von Wind in etwa den Eigenbedarf in einem Landkreis abdeckt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Viele Landkreise wollten noch mehr tun, wenn ihnen nicht so viele Hürden in den Weg gelegt worden wären. Wir haben heute schon Landkreise, die rechnerisch über 100 % der verbrauchten Energie erzeugen. Nie wird sich jedes Dorf selbst versorgen können. Sie wollen zwischen Norddeutschland und dem Süden austauschen und sagen: Kleinere Einheiten gehen nicht. Aber wir müssen doch wenigstens innerhalb Bayerns besser austauschen lassen. Wir haben viele Landkreise, die heute schon rechnerisch die 100 % haben oder die das die nächsten Jahre hinbekämen. Das ist meine Antwort auf Ihre Ausführungen.

Tun Sie nicht so, als wären wir hier weit, weit davon entfernt, mit erneuerbaren Energien Strom zu erzeugen. Wir haben um die Mittagszeit in Bayern Vollversorgung allein mit Photovoltaik, wenn die Sonne scheint.

(Zurufe von der CSU)

Vor Jahren wurde gesagt, das sei alles Kinderkram, ohne fossile Energien und Atom gehe es nicht. Ich sage nochmal: Wenn Sie den erneuerbaren Energien die Chance ließen, ginge dieser Weg ins Ziel. Ihr Weg heißt ja offenbar: Wir kommen nie aus den fossilen Energieträgern heraus. Sie wollen also ewig bei den fossilen Energien bleiben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Staatssekretär.

Herr Aiwanger, jetzt haben Sie gerade wieder den Beweis dafür geliefert, dass Sie null Komma null von der ganzen Thematik verstehen.

(Beifall bei der CSU)

Wie können Sie sich in diesen Plenarsaal stellen und sagen: Aber rechnerisch ist das möglich? – Rechnerisch, Herr Kollege Aiwanger, ist der Freistaat Bayern seit längerer Zeit energieautark. Aber es gibt halt die drei Buchstaben K, D und F: kalt, dunkel und Flaute.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Da hilft mir die rechnerische Leistung überhaupt nichts. Damit Sie es mir wirklich glauben, lassen Sie mich als Kronzeugen einen CSU-Bürgermeister benennen. Es gibt, lieber Thomas Kreuzer, im wunderschönen Allgäu die Gemeinde Wildpoldsried, die sich als energieautark bezeichnet. Dort gibt es viele Photovoltaikanlagen und viel Biogas. Aber wenn ich den Herrn Bürgermeister frage, wie groß die Bereitschaft ist, die Gemeinde vom Netz abzukoppeln, kommt ein Stirnrunzeln; so habe er das auch wieder nicht gemeint; denn es könnte ja sein, dass Sonne und Wind einmal nicht im erforderlichen Umfang verfügbar seien.

Zum letzten Punkt, Herr Aiwanger: Machen Sie sich einfach einmal die Mühe und fahren nach Werlte. Dort gibt es eine Power-to-Gas-Anlage, von Audi betrieben. Vielleicht haben Sie das schon getan; dann haben Sie es aber auch nicht verstanden. Wissen Sie, es ist kein Problem, mit Überschussstrom aus Photovoltaikanlagen mit einem elektrolytischen Verfahren Wasserstoff zu erzeugen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Warum tun wir das nicht?)