Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Das ist uns viel zu unkonkret: Sie sprechen von einem Vollzeitkorridor mit Wahlarbeitszeiten zwischen 30 und 40 Stunden pro Woche – so nach Gutdünken. Wie stellt man sich das vor? Dazu sind überhaupt keine Antworten gegeben. Schafft man jetzt eine Zeit lang 30 Stunden, dann 32 Stunden, dann wieder 38 Stunden? Wie lange sind die Fristen, bis man das wieder korrigieren kann?

Das Nächste: Arbeitszeitwünsche des Arbeitnehmers sollen nur aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden können. Darin sehen wir eine erhebliche Belastung insbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen.

Letztlich ist das eine Entscheidung für Berlin. Heute kann von uns nur ein Signal ausgehen. In Berlin verhandeln derzeit – heute Abend treffen sie sich – die Spitzen von CDU/CSU und SPD. Natürlich wird das ein Thema sein. Wir senden – so empfinden wir auch unseren Antrag – das Signal: Jawohl, wir stehen zur Weiterentwicklung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, wir stehen auch zum Rückkehranspruch. Wir fordern unsere Staatsregierung aber auf, bei den Verhandlungen auch die Interessen und die spezielle Lage von kleinen und mittelständischen Betrieben mit zu berücksichtigen, insbesondere von Handwerksbetrieben.

Deshalb hoffe ich, dass es uns gelingt, diese Rückkehroption auch gesetzlich zu verankern. Das ist in Zeiten des Fachkräftemangels arbeitspolitisch sinnvoll. Wie schon angesprochen wurde, ist das auch rentenpolitisch interessant und wichtig, um im Alter höhere Einkünfte zu haben.

Es ist auch familienpolitisch sinnvoll. Warum? – Weil eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter sich dann für eine begrenzte Zeit intensiver um das eigene Kind kümmern kann und trotzdem die berechtigte Perspektive hat, danach auch wieder in die Vollzeitbeschäftigung zurückzukommen. Das ist natürlich auch aus gleichstellungspolitischer Sicht ausdrücklich zu begrüßen.

Deshalb tragen wir die Anträge vom Grundprinzip mit, nur fehlt uns die konkrete Berücksichtigung der mittelständischen Interessen.

Übrigens warne ich davor zu meinen, Arbeitgeber hätten generell überhaupt kein Interesse daran, dass der

Mitarbeiter mehr arbeitet. Wenn ein Arbeitgeber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, die sehr gut sind und die, nachdem sie 20 Stunden gearbeitet haben, gerne wieder 30 oder 40 Stunden arbeiten wollen, wird jeder Arbeitgeber sagen: Ich bin doch heilfroh, wenn ihr wiederkommt. Das heißt, man kann in Zeiten des Fachkräftemangels nicht das Bild zeichnen, der Unternehmer habe überhaupt kein Interesse daran, dass seine guten Mitarbeiter mehr arbeiten. Das ist nach unserer Überzeugung ein verfehltes Bild.

Deshalb letztlich noch einmal als Signal nach Berlin: Jawohl, auch wir wünschen uns eine Veränderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes mit Augenmaß und auch mit Blick auf die betriebliche Realität.

Die Anträge der GRÜNEN und auch der SPD lehnen wir ab, weil eben das mittelständische Gepräge, die besonderen betrieblichen Interessen unseres Mittelstands zu wenig Berücksichtigung finden.

Ich hoffe, dass wir bei den Verhandlungen in Berlin jetzt zu einer guten Einigung kommen und endlich wieder eine Bundesregierung haben – ich hoffe, mit Beteiligung der SPD –, damit es in unserem Land weitergeht, damit wir in dieser Frage entsprechend weiterkommen und eine gesetzliche Regelung im Interesse unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in Bayern bekommen.

(Beifall bei der CSU)

Danke. – Eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Celina.

Sehr geehrter Kollege Vogel, ich wundere mich schon ein bisschen, dass Sie das Thema Vollzeitkorridor so beiseite wischen. Das wurde in der letzten Legislaturperiode des Bundestags rauf und runter diskutiert.

Erster Punkt. Bei der "kleinen Vollzeit" geht es darum, dass ich in einen Arbeitsplatz mit 30 bis 40 Stunden einsteigen kann; davon ausgehend wird die Arbeitszeit dann reduziert. Ich beginne also mit 30 Stunden nicht in Teilzeit, sondern auf einem vollzeitähnlichen Arbeitsplatz mit 30, 35 oder 40 Stunden. Vor dort aus gehe ich auf befristete Regelungen über. Das ist ein anderes Rechtskonstrukt. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das vorher durchlesen und genau anschauen, statt es einfach so beiseitezuwischen.

Zweiter Punkt. Sie finden, dabei seien die Betriebe viel zu wenig berücksichtigt. In der letzten Legislaturperiode ist dieses Vorhaben daran gescheitert, dass die SPD das Rückkehrrecht auf Vollzeit für Betriebe ab 15 Mitarbeitern wollte, die CSU aber für Betriebe ab 200. Da hat die SPD zu Recht gemeint, das betref

fe die Hälfte der Arbeitnehmer überhaupt nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass der CSU-Antrag konkret sagt, was Sie eigentlich wollen. Der CSU-Antrag ist der am wenigsten konkrete von allen dreien.

Noch ein Letztes. Sie brachten das Thema Handwerk. Vielleicht haben Sie ja gestern die Pressemitteilung gelesen, dass die Handwerker fast 20 % ihrer Ausbildungsstellen in Bayern nicht besetzen konnten. Vielleicht liegt es daran, dass man sich dann, wenn man sich für eine Ausbildung, für eine berufliche Tätigkeit interessiert, überlegt, wo man später eine Chance auf eine familienfreundliche Arbeitszeit hat. Genau die hat man jetzt nicht.

Das letzte Thema war die unfreiwillige Teilzeit. Ich glaube, ich habe das in meiner Begründung zum Antrag sehr gut beschrieben. Unfreiwillige Teilzeit ist doch nach wie vor vorhanden. Auch Sie haben doch inzwischen mitbekommen, dass Frauen sagen, sie würden gerne mehr arbeiten, aber ihr Arbeitgeber lässt sie nicht. Genau deswegen brauchen wir die neue Regelung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zunächst zum Thema unfreiwillige Teilzeit. Das haben wir im Ausschuss bereits besprochen. Ich kenne verschiedene Lebensmodelle. Meine Frau kann nicht in Vollzeit arbeiten und will das auch nicht, weil sie sich um unser Kind kümmert. Wir wollen Wahlfreiheit! Wir sollten aufhören, jeder Familie die Vollzeitbeschäftigung vorzuschreiben als das einzig gängige und akzeptable Familienmodell.

Es gibt auch Familien, in denen man sich darauf verständigt, dass beispielsweise ein Partner Vollzeit arbeitet und der andere Partner etwas weniger. Auch mit diesem Modell muss meine Ehefrau im Alter nicht in Armut leben und ist alt und krank und hat überhaupt kein Geld. Wir haben vielmehr ein Familieneinkommen, von dem ich hoffe, dass es reicht und dass wir dann, wenn die Ehe anhält bis zum Tod, gemeinsam von diesem Familieneinkommen im Rentenalter leben können.

Ich verstehe nicht, dass man in der Partnerschaft immer nur auf einen Partner abstellt. Man muss das gemeinsame Familieneinkommen entsprechend berücksichtigen. Ständig wird von Altersarmut der Frauen gesprochen, weil sie in Teilzeit arbeiten.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Meine Mutter hat vier Kinder großgezogen und auch Teilzeit gearbeitet. Was passierte? Jetzt im Alter lebt sie selbstverständlich von der Rente meines Vaters

wie auch von ihrer eigenen Rente. Diese ist zwar etwas geringer, aber das war die individuelle Entscheidung einer Familie.

(Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN)

Hören Sie auf, in die Familien hineinregieren zu wollen, indem Sie behaupten, dass es nur ein einziges Modell gäbe: Beide müssen in Vollzeit schaffen, und wer nicht Vollzeit schafft, ist praktisch eine Rabenfamilie.

(Beifall bei der CSU – Lebhafter Widerspruch bei den GRÜNEN)

Da haben wir einfach ein ganz anderes Familienbild. Wir wollen Wahlfreiheit! Die Familien sollen selbst entscheiden können, was für sie das richtige Lebensmodell ist.

(Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN)

Ich komme zum Thema Vollzeitkorridor. Wir lehnen das ab; denn es ist bürokratisch und viel zu umfangreich. Wenn jemand einmal 40 Stunden gearbeitet hat, dann auf Teilzeit von 20 Stunden gegangen ist und jetzt wieder 30 Stunden arbeiten will, muss das logischerweise im Rahmen des Rückkehranspruchs mitgeregelt werden.

Sie sagen nun, unser Antrag sei zu unkonkret. Ja, natürlich ist er unkonkret, und warum? – Die Verhandlungen werden in Berlin geführt. Die Koalitionsverhandlungen gehen über Tage. Es ist ein parlamentarisches Verfahren. Wir können doch in die Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht mit einem Dringlichkeitsantrag eingreifen, der eine halbe Stunde diskutiert wurde.

(Beifall bei der CSU)

Da bitte ich um Respekt für die Kolleginnen und Kollegen in Berlin. Es ist eine Sache des Bundes. Wir senden das Signal. Ich hoffe, ich konnte deutlich machen: Wir als CSU sind für eine Weiterentwicklung beim Rückkehrrecht in Vollzeit.

(Kerstin Celina (GRÜNE): Nein, leider nicht!)

Jetzt muss in Berlin entsprechend verhandelt werden. Die GRÜNEN sind ja nicht mehr dabei, aber ich sage an die Kollegen der SPD gerichtet: Wir hoffen, dass es da zu einer Verbesserung kommt. Vom Ziel her sind wir gar nicht so weit auseinander.

(Beifall bei der CSU – Natascha Kohnen (SPD): Wir bedanken uns für das Gespräch!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt darf ich dem Kollegen Häusler für die Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort erteilen. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male thematisiert die SPD-Fraktion die sogenannte Teilzeitfalle. Auch wir FREIE WÄHLER sind der Auffassung, dass atypische Beschäftigungsverhältnisse wie eben die Teilzeit partielle Ausnahme bleiben sollten und bleiben müssen. Doch auch ein schlichtes oder generelles Schlechtreden – wie es oft geschieht – von Beschäftigungsformen wie Teilzeit, wie Nebenjobs usw. ist nicht zielführend.

(Zurufe von der SPD)

Die Forderung nach einem generellen gesetzlichen Rückkehrrecht zu Vollzeitbeschäftigung ist – ich sage das ganz bewusst – aus sozialer Sicht absolut zu unterstützen. Das entspricht im Übrigen auch den Forderungen von Frauenverbänden und kirchlichen Organisationen, wie Sie sicherlich wissen.

Weshalb wir FREIEN WÄHLER diesen Antrag dennoch mit einer gewissen Skepsis sehen, werde ich noch darlegen. Dass dieser Antrag überhaupt zustande kam, hat den Grund, dass sich Frau Nahles auf Bundesebene nicht durchsetzen konnte, wenn man so will, damit gescheitert ist. Ich denke, es bedarf hier keiner Schlammschlacht zwischen Rot und Schwarz oder anderen, sondern es geht hier um einen tatsächlichen Lösungsansatz vor allem für Frauen und insbesondere für Frauen in sozial schwierigen Familienverhältnissen und auch für Alleinerziehende.

Warum haben wir FREIE WÄHLER Bedenken? – Ich habe es gerade dargestellt. Wir sollten uns darüber im Klaren sein und uns dessen stets bewusst sein und uns daran orientieren, dass der Mittelstand die Triebfeder und die Garantie für soziale Sicherheit, für Vollbeschäftigung und für eine entsprechende wirtschaftliche Weiterentwicklung ist.

Die Beibehaltung eines sozialen Netzes auch im Freistaat Bayern ist damit untrennbar verbunden. Deshalb haben wir Sorge, dass ein universelles Rückkehrrecht vor allem unsere Klein- und Kleinstbetriebe trifft. Ich denke da an Familienbetriebe, die teilweise nur drei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter haben. Stellen Sie sich vor, welche Auswirkungen das dort haben kann. Ich habe das selbst in meiner beruflichen Zeit als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens erlebt. Wenn drei Verwaltungsangestellte aus einer selbstgewählten Teilzeit – selbstverständlich immer persönlich begründet – gleichzeitig in Vollzeit zurückkehren wollen, braucht man zusätzlich 1,5 Verwal

tungsstellen, die in einem kleinen Betrieb nicht einfach vorrätig sind. Diese Stellen sind ja nachbesetzt worden, und man kann diese Leute nicht einfach rausschmeißen, weil man mit ihnen Verträge hat. Man kann also nicht ein Loch zumachen, um das andere aufzumachen. Die Betriebe haben auch eine soziale Verantwortung denen gegenüber, die sie mit dieser Aufgabe betraut haben.

Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, geht auf diese Problemstellung überhaupt nicht ein. Er zeigt auch – was ich durchaus kritisiere – keine Kompensationsmöglichkeiten für solche Kleinbetriebe auf, die man dann notfalls schützen müsste bzw. für die es einen Ausgleich geben müsste.

Sie wissen alle, was eine solche Regelung für die Wettbewerbsfähigkeit und auch für die Überlebensfähigkeit kleiner Betriebe bedeuten würde. Ich glaube, das kann hier im Hohen Hause jeder nachvollziehen.

Ich habe eingangs schon sehr deutlich gesagt, dass wir für das Rückkehrrecht sind, soweit es sozial und notwendig geboten ist. Da haben wir folgenden Vorschlag, den ich vorher schon zu unterbreiten versucht habe. Um eben diese Kleinst- und Kleinunternehmen nicht über Gebühr zu belasten und um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und der Arbeitsplätze, die neu geschaffen wurden, nicht zu gefährden, sollte eine Mindestbetriebsgröße beispielsweise von 50 Mitarbeitern, festgesetzt werden oder aber zumindest der Hinweis in den Antrag aufgenommen werden, dass Kleinst- und Kleinbetriebe entsprechend von dieser Regel ausgenommen und geschützt werden. Wenn Sie dieser unserer Forderung nachkommen, werden wir selbstverständlich den Antrag in Gänze unterstützen. Ansonsten werden wir uns enthalten.

Ich habe hier durchaus noch einen Appell an die Kolleginnen und Kollegen der SPD: Machen Sie es besser als Ihre Arbeitsministerin in Berlin, und springen Sie über Ihren eigenen Schatten im Interesse der Betroffenen.

Jetzt noch kurz zu den beiden Nachziehern. Die CSU hat einen Nachzieher eingebracht, der sich dahin gehend – ich sage fast – verliert, sich auf Bundesebene weiterhin dafür einzusetzen. Ich sage es ganz offen: Im Grunde ist dieser Antrag nichtssagend und undifferenziert. Müsste die CSU-Fraktion selbst über diesen Antrag abstimmen, müsste sie ihn wegen mangelhafter Fassung und mangelhafter Darstellung ablehnen. Wir werden diesen Dringlichkeitsantrag nicht ablehnen, weil er ein Stück weit in die richtige Richtung geht. Ich sage ganz deutlich: Dieser Antrag erkennt zwar das Thema, aber er beschreibt es nicht.