Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

rausschicken, während die Bürgerinnen und Bürger sagen: Ich lese in der Zeitung, dass die FREIEN WÄHLER, die CSU und die Bürger die Straßenausbaubeiträge abschaffen wollen, trotzdem bekomme ich einen Bescheid. -Damit würden wir unseren Kommunen den Schwarzen Peter zuschieben und erhebliche Mehrarbeit verursachen, die überflüssig ist. Außerdem würden wir die Bürger belasten, die vielleicht noch einen Kredit aufnehmen oder einen Ratenzahlungs- oder Stundungsantrag stellen müssen. All das wollen wir ihnen ersparen, deswegen unser Appell, keine Gebührenbescheide mehr herauszuschicken, bis das Gesetz unter Dach und Fach ist. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Bevor ich Herrn Dr. Herrmann das Wort erteile, teile ich Ihnen mit, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Bitte schön, Herr Dr. Herrmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Vormittag haben wir schon ausführlich über das Thema gesprochen. Man könnte fast sagen: Nicht täglich grüßt das Murmeltier, sondern stündlich grüßt das Murmeltier. Mit Ihrem Dringlichkeitsantrag fordern Sie die Staatsregierung auf, darauf hinzuwirken, dass Bescheide aufgrund von Straßenausbaubeitragssatzungen bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens nicht mehr erlassen werden. Das hat Herr Kollege Pohl gerade vorgetragen. Als Jurist habe ich mit einem solchen Antrag Schwierigkeiten, weil wir doch alle wissen, dass es so etwas wie die kommunale Selbstverwaltung gibt. Wir wissen, dass es im ganzen Land selbstbewusste Bürgermeister gibt, die die Rechtslage sehr genau kennen, die sehr genau wissen, was sie zu tun und zu lassen haben. Die brauchen eigentlich keine Hinweise des Bayerischen Landtags. Es entspricht auch nicht unserem Verständnis, dass das Innenministerium quasi par ordre du mufti in die Gemeinden hineinregiert. Das ist der juristische Aspekt, der mich gegenüber Ihrem Antrag etwas reserviert stimmt.

Auf der anderen Seite geht es nicht nur um juristische Spitzfindigkeiten – wir sind nicht in einem juristischen Seminar –, sondern um politische Botschaften. Die politische Botschaft ist eindeutig und klar, sie lautet: Die Straßenausbaubeiträge werden künftig nicht mehr erhoben. Das ist umso klarer, als die CSU-Fraktion dies in der letzten Woche beschlossen hat.

Darüber hinaus haben wir beschlossen, die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen. Bei Neuregelungen wird es kompliziert. Es ist nun einmal ein Sys

temwechsel von der Beitragsfinanzierung hin zu einem neuen System. Wir haben deshalb eine Übergangsphase, in der sich eine ganze Reihe von komplizierten Fragen stellt, die wir heute schon erörtert haben, die aber in Ihrem Gesetzentwurf vom Dezember letzten Jahres nicht beantwortet werden. Daran müssen wir uns jetzt machen. Das kann man aber auch wieder nicht in einem juristischen Seminar oder vom Schreibtisch aus machen, sondern wir müssen jetzt mit den Praktikern darüber sprechen, welche Fallkonstellationen es gibt, wo es Probleme geben könnte oder wo überhaupt die Gefahr droht, dass eventuell noch Bescheide verschickt werden.

Aus diesem Grund ist es folgerichtig und sinnvoll, diese Botschaft auch an die Kommunen zu senden und die Kommunen gleichzeitig zu unterstützen und ihnen eine Handlungsanweisung zu geben, wie sie mit dieser schwierigen Übergangsphase umgehen können. Deswegen schlagen wir die Umformulierung vor, dass das Innenministerium auf die vielen Fragen, die jetzt von vielen Bürgermeistern zu Recht gestellt werden, unterstützende Antworten gibt. Am Ende entscheiden natürlich die Bürgermeister selbst, ob sie Bescheide rausschicken oder ob sie es nicht mehr tun. Auf diese Weise können wir sie unterstützen, und das ist ein Teil dessen, was wir darunter verstehen, dass wir die Gemeinden nicht im Regen stehen lassen.

Deshalb soll der Antrag wie folgt lauten: "Die Staatsregierung wird gebeten, die Kommunen im Sinne eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs darauf hinzuweisen, dass Bescheide aufgrund von Straßenausbaubeitragssatzungen bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens nicht erlassen werden sollen." Das ist die Botschaft, die wir mitgeben wollen.

Natürlich müssen wir jetzt zügig eine gesetzliche Lösung finden; denn wir sind schließlich der Gesetzgeber, und der Gesetzgeber muss genau diese Übergangsfragen in aller Ruhe und ohne unnötige Hektik lösen. Damit schaffen wir Rechtssicherheit und geben den Gemeinden Unterstützung, und deshalb ist es auch eine kommunalfreundliche Entscheidung, wenn wir diesem Antrag in dieser Fassung zustimmen.

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Adelt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es schon für bemerkenswert, dass die FREIEN WÄHLER frühmorgens um neun Uhr ein kommunales Tohuwabohu veranstalten und sich um 14.45 Uhr als die Retter darstellen, als diejenigen, die den Ausweg aus diesem Tohuwabohu kennen. Herr Pohl, Sie haben es sehr

pathetisch vorgetragen, aber mit Verlaub, von der Kommunalpolitik – – Dazu will ich mich nicht äußern.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der CSU)

Wir haben bereits heute früh darüber gesprochen. Wir brauchen bei der Abschaffung der "Strabs" Regelungen, die für die Kommunen und für die Bürger vernünftig sind. Wir hatten es vor zwei Jahren mit wiederkehrenden Beiträgen versucht, aber das hat nicht geklappt.

Bei allen Ankündigungen in der Presse werden sich viele Kommunen und viele Bürger fragen, wann denn die Straßenausbaubeitragssatzungen abgeschafft werden, wie das ausschauen soll, welche Probleme dadurch entstehen. Vorhin wurde erwähnt, wie sich die Bürgermeister verhalten, die Bescheide erlassen müssen, weil sie dazu angehalten und nach dem Gesetz verpflichtet sind. Dazu einige Fragen: Was ist, wenn am 1. Juli die neue Regelung in Kraft tritt, wenn aber Gemeinden Ausbaubeiträge erhoben haben und einziehen müssten und sie es nicht mehr tun? Wirkt sich das negativ auf die neue Förderung aus? Sind gefasste Beschlüsse förderunschädlich? Müssen die Gemeinden die Beiträge erheben? Duldet es die Rechtsaufsichtsbehörde, wenn sie nicht mehr erhoben werden? Werden möglicherweise nicht erhobene Beiträge rückwirkend eingefordert? Was ist mit den Maßnahmen, die kurz vor der Verbescheidung stehen? Wer kommt dafür auf, die Grundstückseigentümer, die Kommune oder der Freistaat? Was ist mit der Verjährung? Ich kann nur jedem Bürgermeister raten, die Rechtsaufsicht zu Rate zu ziehen, damit er sich gesetzeskonform oder verordnungskonform verhält.

Es gibt riesige Unsicherheiten. Es gibt dazu ein Beispiel aus der Stadt Hof. Dort sollte im Dezember letzten Jahres über die Neufassung der Satzung über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags abgestimmt werden. Die Entscheidung wurde auf 2018 vertagt. Jetzt gilt noch die alte Fassung. Die Stadt Hof befindet sich bekanntlich in der Haushaltskonsolidierung. Muss sie jetzt die Beiträge anpassen oder muss sie es nicht? Wie wird mit ihr umgegangen werden? Wir müssen schnellstmöglich schauen, diese Fragen zu lösen.

Die Bürger dürfen nicht den Eindruck haben, dass sie möglicherweise die letzten sind, die bezahlen mussten, während alle anderen nicht mehr zahlen müssen. Um diese Rechtsunsicherheit auszugleichen, ist das geforderte Memorandum dringend nötig. Ich hielte es für sehr hilfreich, wenn wir in den Ausschüssen sachlich diskutieren, statt in jeder Sitzung eine neue "Strabs-Sau" durchs Parlament zu treiben. Es ist an

der Zeit, zu Entscheidungen zu kommen und etwas Vernünftiges zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe den Eindruck, dass nicht alle an einer zügigen Abhandlung dieses Themas interessiert sind. Manche möchten es möglicherweise noch gerne bis zum Wahltag am Kochen halten. Ich bin mir aber sicher, dass wir vorher eine Lösung finden. Wir werden – trau, schau, wem – dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Mistol.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es ganz kurz machen. Bayern ist ein Rechtsstaat und keine Bananenrepublik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Kommunen müssen sich darauf verlassen können, dass das, was wir, der Gesetzgeber, beschlossen haben, auch gilt. Zumindest muss es so lange gelten, bis etwas anderes beschlossen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es handelt sich bei dem Antrag um einen unnötigen Schnellschuss. Es ist noch so viel zu erledigen, da brauchen wir diesen Antrag heute nicht zu beschließen. Er bewirkt nämlich etwas, was der Zukunft nicht standhalten wird. Ob unsere Städte und Gemeinden bis zu einer Änderung des Gesetzes Beitragsbescheide zustellen oder nicht, soll bitte schön in kommunaler Selbstverwaltung von denjenigen entschieden werden, die verantwortungsvoll und auch nicht leichtfertig mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Pohl.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst noch einmal: Wir werden diesem Antrag in der geänderten Form zustimmen. Das habe ich bereits gesagt. Wenn hier aber von irgendwelchen "StrabsSäuen" die Rede ist, dann muss ich Ihnen, lieber Herr Kollege Adelt, sagen: Sie haben mit dem Satz, mit dem Sie uns vorwerfen, wir würden eine "Strabs-Sau" durchs Plenum treiben, gleichzeitig gesagt, dass dieser Antrag dringend notwendig und wichtig sei. Nur

wenige Menschen schaffen es, sich in einem Satz so eklatant zu widersprechen wie Sie.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Adelt, wir brauchen keine Nachhilfe in Sachen Kommunalpolitik. Sie behaupten ständig, wir hätten vor zwei Jahren diesem Kompromiss im Bayerischen Landtag zugestimmt. Ich empfehle Ihnen, einmal die Protokolle nachzulesen. Kein einziger Kollege hat mit Ja gestimmt. Hören Sie endlich auf, hier im Plenarsaal diese falschen Behauptungen zu verbreiten! Das gilt auch für all diejenigen, die das bis jetzt über uns behauptet haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben diesem Kompromiss, diesem Gesetz, mitnichten zugestimmt.

Noch ein weiterer Punkt: Gerade weil wir FREIEN WÄHLER kommunalpolitische Erfahrung haben, wissen wir, wie wichtig es ist, dass die Staatsregierung bei diesem Thema für Klarheit sorgt. Herr Kollege Adelt, damit Sie das auch wissen: Die Staatsregierung ist die oberste Rechtsaufsichtsbehörde. Herr Kollege Dr. Herrmann hat recht: Die Staatsregierung darf natürlich nicht in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen, aber sie kann Empfehlungen für einen sinnvollen und gleichmäßigen Verwaltungsvollzug geben. Das ist der Sinn und das Ziel dieses Antrags. Dieser Antrag ist gut, und dieser Antrag ist richtig. Wir werden es schaffen, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden, und sorgen zusammen mit der CSU dafür, dass bis dahin ein kommunalfreundlicher Vollzug gewährleistet ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Ich werde jetzt den Beschlusstext verlesen, über den dann in namentlicher Form abgestimmt wird:

Die Staatsregierung wird gebeten, die Kommunen im Sinne eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs darauf hinzuweisen, dass Bescheide aufgrund von Straßenausbaubeitragssatzungen bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens nicht erlassen werden sollen.

Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.02 bis 15.07 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Die Abstimmung ist geschlossen. Die Stimmkarten werden außerhalb des Sitzungssaales ausgezählt.

Wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend "Zeit für Gerechtigkeit – Bildungsqualität erhöhen, Familien stärken" auf Drucksache 17/20309. Über diesen Antrag wird ebenfalls in namentlicher Form abgestimmt. Dafür stehen drei Minuten zur Verfügung. – Noch eine Minute!

(Namentliche Abstimmung von 15.07 bis 15.10 Uhr)

Die drei Minuten sind um. Wir schließen die Abstimmung und zählen außerhalb des Sitzungssaales aus.

Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/20311 mit 17/20318 sowie die Drucksachen 17/20331 mit 17/20333 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Wir unterbrechen jetzt die Sitzung und warten die Ergebnisse der Auszählungen ab.

(Unterbrechung von 15.11 bis 15.12 Uhr)

Ich eröffne nun wieder die Sitzung und gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmungen bekannt, zunächst zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Margit Wild und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Zeit für Gerechtigkeit – –

(Unruhe)

Ich bitte doch um etwas Ruhe. Wir sind in wenigen Minuten, wenn nicht sogar Sekunden fertig. Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Margit Wild und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Zeit für Gerechtigkeit – Bildungsqualität erhöhen, Familien stärken", Drucksache 17/20309: Mit Ja haben 43 gestimmt, mit Nein haben 79 gestimmt, Stimmenthaltungen: 13. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.