Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Doch! – Im Antragstext bleibt jedoch eindeutig die Formulierung, dass bei der Zumessung der Flächenentnahme der Bevölkerungsstärke Rechnung zu tragen ist. Das heißt aber, nach wie vor geht es zulasten der strukturschwächeren, einwohnerärmeren Landesteile und zugunsten der stärker bevölkerten Räume. Das muss man einfach sagen. Es fehlt auch das Werkzeug. Sie haben gesagt, dass Sie den Werk

zeugkasten offenlassen. Man muss aber ein Werkzeug für die Umsetzung anbieten. Ich denke an überregionale Infrastrukturmaßnahmen, an Straßenbau, an Bildungseinrichtungen, an Industrie, an Institute, an Eisenbahninfrastruktur, die alle räumlich nicht einer einzelnen Kommune, sondern überregional zugeordnet sind. Wir brauchen auch für diese Zuordnung Antworten.

Ich nenne ein einfaches Beispiel aus dem Bereich der Landwirtschaft: Bauen im Außenbereich, § 35 des Baugesetzbuches. Ein einziger Einsiedlerhof wird in einer Gemeinde jahrelang jede Entwicklung blockieren, weil sich im Grunde in einem Jahr das Zertifikat von zwei Jahren verbraucht und dann die nächsten Jahre überhaupt keine Entwicklung mehr generiert werden kann. Deshalb ist das aus unserer Sicht nicht vernünftig zu Ende gedacht. Es wäre wirklich sinnvoll gewesen, die angedachte Anhörung abzuwarten, um daraus resultierende Handlungsempfehlungen letztlich bewerten und berücksichtigen zu können.

Ich fasse zusammen: Der Ansatz ist gut und begrüßenswert, aber wir können dem Gesetzentwurf in der vorgelegten Form nicht zustimmen und werden ihn ablehnen. Wir werden uns beim Änderungsantrag aber enthalten, weil hier die richtige Entwicklung dargestellt ist.

Ich komme zum großen Anreizpaket der CSU. Das kann man vielleicht noch nachreichen, nachdem der Berichterstatter dazu nichts sagt: Da steckt im Grunde sehr viel heiße Luft, aber kein Inhalt drin.

(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag ist eine reine Stoffsammlung, die verschiedene gängige Einzelprojekte umfasst und die auch niemand infrage stellt. Dieser CSU-Antrag enthält keine verbindlichen Ansätze, sondern führt nur existierende Instrumentarien auf. Die Zielvorgabe fehlt.

Ausgleichsflächen – das wird von der CSU auch immer wieder gesagt – sind ein immer größer werdendes Problem für Kommunen, aber auch für Landwirte, insbesondere dann, wenn sie dem Hochwasserschutz oder Naturschutzmaßnahmen dienen sollen. Hier hätte die CSU Möglichkeiten, das von ihr selbst erkannte Problem zu lösen und entsprechende gesetzliche Änderungen auf den Weg zu bringen.

Ich komme jetzt noch einmal auf die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms zu sprechen. Ich habe damals explizit darauf hingewiesen, dass der verantwortungslose Umgang mit Flächen für Logistikanlagen und mit großen Parkflächen so nicht dauerhaft weitergehen kann. Wir brauchen die Mehrstöckig

keit. Der damalige Finanzminister Söder hat mir im Ausschuss gesagt: Kollege, Sie müssen Ihren Realitätsverlust zur Kenntnis nehmen. – Mittlerweile wird im Antrag der CSU unter der Nummer 4 "Planen und Bauen" ganz genau das eingefordert. Entweder ist der Realitätsverlust auch hier eingetreten, oder man ist letztendlich doch zu der Erkenntnis gekommen, hier nachsteuern zu müssen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Ich komme zum Schluss und darf vielleicht eines noch dazu sagen: Herr Huber, Sie haben wörtlich gesagt – ich zitiere aus dem Ausschussprotokoll –: "… dem Anspruch, dass mit diesem Antrag" – dem CSU-Antrag – "ein umfassendes Konzept verbunden sei, könne der Antrag natürlich nicht gerecht werden." Sie haben Ihren Antrag also selbst entsprechend qualifiziert.

Nachdem der Antrag nicht falsch ist, aber auch nichts bewirkt, werden wir uns enthalten. Noch als letzter Hinweis – –

Bitte kommen Sie doch zum Ende.

Ja. – Es kann nicht sein, dass wir hier in Bayern zukünftigen Generationen jährlich Fläche von der Größe des Ammersees entziehen. Ich glaube, das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Daran sollten wir festhalten, und daran werden wir auch in Zukunft hart arbeiten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Bevor ich die nächste Rednerin ans Rednerpult bitte, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die CSU zum Gesetzentwurf namentliche Abstimmung beantragt hat. – Ich darf jetzt die Kollegin Claudia Stamm bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Erlauben Sie mir grundsätzlich eine Vorbemerkung: Ich würde mir tatsächlich etwas mehr Respekt vor dem Parlament, aber auch vor Verfassungsinstrumenten wie einem Volksbegehren wünschen. Es ist ein Unding, dass wir hier im Parlament über Straßenausbaubeiträge diskutieren und Anträge der Opposition abgelehnt werden, dann kommt ein Volksbegehren, und die Mehrheitsfraktion legt einen praktisch inhaltlich identischen Antrag vor, und plötzlich werden die Straßenausbaubeiträge abgeschafft.

(Erwin Huber (CSU): Um das geht es ja nicht!)

Im Falle des Antrags zum Flächenfraß, lieber Kollege Huber, liebe ehemalige Parteikolleginnen und -kollegen, habt ihr nicht mal mehr die Reihenfolge eingehalten. Da stehen dann das Volksbegehren und der heutige Gesetzentwurf zum Flächenfraß gleichzeitig auf der Tagesordnung. Das Volksbegehren entwertet auf jeden Fall das Parlament, und euer Vorgehen, gleichzeitig Gesetzentwurf und Volksbegehren einzureichen, entwertet beides, und das auch noch bei einem Thema, bei dem die Staatsregierung schon gesündigt hat, Stichwort Riedberger Horn.

Ich halte den Gesetzentwurf natürlich im Ziel für richtig – wer tut das nicht? – Wir müssen endlich weniger Flächenfraß und weniger Versiegelung haben. Ich halte den aufgezeigten Weg dorthin, sofern es einen gibt, für falsch bzw. nicht klar erkennbar. Da bin ich nicht alleine. Wir alle hier im Hohen Hause sowie jene, die mit dem Bund Naturschutz in Gesprächen sind, wissen, auch wenn der BN das Volksbegehren jetzt unterstützt, dass er das genauso sieht, und jetzt beim Volksbegehren aus gewissen Gründen mit dabei ist.

Es braucht vernünftige Leitlinien, die hier in diesem Hohen Hause maßgeblich diskutiert und verabschiedet werden müssen. Der Handel mit Flächenausweisungsrechten kann für Kommunen höchstens eine Teilantwort sein.

Zusammenfassend sage ich: Im Ziel sind wir uns einig. Bayern muss mit der schönen Natur besser umgehen, die wertvolle Ressource Erde bewahren, aber dieser Gesetzentwurf zeigt leider keinen Weg dorthin auf.

(Beifall)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Muthmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf, so wie er jetzt vorliegt, ist ein Anschlag auf den ländlichen Raum und würde, zur Wirksamkeit gebracht, erhebliche Entwicklungsprobleme für die wirtschaftsschwachen Regionen mit sich bringen.

Lieber Kollege Stümpfig, ich finde es bezeichnend, dass Sie bei der Begründung hier und heute diesen Gesetzentwurf mit der Stadt Nürnberg verprobt haben. Das ist der Blick auf die großen Ballungsräume. Ich will aber einmal den Blick auf unsere kleinsten Gemeinden dagegensetzen und die Auswirkungen dort ermitteln.

Auf der Grundlage von 4,7 Hektar pro Tag – ziehen wir mal 20 % für Staat und alle staatlichen Flächenverbrauchsansprüche ab – bleiben für die Gemeinden

4 Hektar mal 365 Tage; das ergibt 14,6 Millionen m2

pro Jahr. Bei 12,5 Millionen Einwohnern sind das etwa

1,1 m2 Flächenverbrauchskontingent pro Einwohner.

Wir haben im Bayerischen Wald teilweise Gemeinden mit 1.000 Einwohnern, sprich an dieser Stelle dann

einem Kontingent von etwa 1.100 m2. Wenn in dieser Gemeinde ein Landwirt einen Freilaufstall realisiert, kann keine Familie mehr bauen, oder wenn die Gemeinde den Kindergarten erweitert, ist weitere Entwicklung an dieser Stelle nicht mehr möglich.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

So – das kann man bei den vielen verschiedenen Nutzungsarten, die wir alle per se begrüßen, schon deutlich sagen – wird das nicht aufgehen. Das würde die Entwicklungspotenziale gerade der kleinen Kommunen erheblich beeinträchtigen. Es ist völlig ausgeschlossen, die Idee dann irgendwie zu kompensieren, beispielsweise bei der Stadt Nürnberg vorstellig zu werden und um Verbrauchskontingente anzuhalten oder anderweitig zu verhandeln; denn diese Gemeinden sind auch wirtschaftlich nicht in der Lage, da mitzumachen.

Es ist an anderer Stelle schon gesagt worden: Das Ziel ist ehrenwert, aber der Instrumentenkasten ist völlig undurchdacht und kann keinesfalls akzeptiert werden. Sie dürfen bitte bei allem, was Sie machen, nicht immer nur die Ballungsräume im Blick haben und dort verproben.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Gehring (GRÜNE))

Das Gesetz gilt für ganz Bayern.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Deswegen werde ich an dieser Stelle selbstverständlich nicht zustimmen.

Bei der CSU gibt es nichts Neues. Da muss auch noch mehr an Ideen nachgeliefert werden. Das ist noch nicht zufriedenstellend.

(Beifall)

Danke schön. – Nun bitte ich Herrn Staatssekretär Dr. Reichhart ans Rednerpult.

(Zuruf von der CSU: Glückwunsch zuerst! – Erwin Huber (CSU): Erste Rede als Staatssekretär!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer mit offenen Augen durch Bayern fährt, der sieht, dass Bayern geprägt ist von der Kulturlandschaft, geprägt von historischen Ortskernen, aber auch von der einzigartigen Natur. Wer mit offenen Augen durch Bayern fährt, der sieht auch, dass wir ein wirtschaftlich prosperierendes Land sind, in dem auch produzierendes Gewerbe zu Hause ist und auf das wir stolz sein können, aus dem wir auch unsere wirtschaftliche Kraft schöpfen und von dem wir wirklich sagen können: Ja, wir sind stolz auf unsere mittelständischen Unternehmen, die bei uns Wertschöpfung generieren, die bei uns Arbeitsplätze schaffen und die bei uns auch Heimat schaffen für Leute, die neu hierherkommen.

Wachstum zu erzeugen ist uns gelungen, obwohl wir in Deutschland mit 12 % einen der niedrigsten Anteile an Siedlungs- und Verkehrsflächen haben.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Wenn Sie sich Deutschland insgesamt anschauen, lieber Herr Mütze, sehen Sie, dass der Anteil 13,7 % beträgt. Das zeigt, glaube ich, recht deutlich: Wir bringen Wachstum und Erhalt unserer Landschaft unter einen Hut. Das heißt nicht, dass wir als Flächenstaat keine Herausforderungen haben. Wir müssen dort etwas tun. Wir müssen auch schauen, dass wir sparsam mit unseren natürlichen Ressourcen, mit der natürlichen Ressource Boden umgehen.

Aber manchmal hilft der Blick auf die Zahlen. Der Kollege Erwin Huber hat es bereits ausgeführt: Wir haben im Jahre 2015 statistisch bereinigt 12,8 Hektar pro Tag an Flächen in Anspruch genommen. Von diesen 12,8 Hektar, liebe Kollegen der GRÜNEN, wird etwa die Hälfte für Wohnen und Mischnutzung Wohnen verwendet. Das heißt, wenn man Ihr Volksbegehren zugrunde legt, könnten viele der Wohnungen, die in den letzten Jahren, die im Jahr 2015 gebaut wurden, nicht mehr gebaut werden. Wir diskutieren hier über Probleme beim Wohnraum, über verteuerten Wohnraum, über hohe Mieten. Der Gesetzentwurf der GRÜNEN würde dazu beitragen, dass wir eine weitere Verteuerung der Mieten und eine weitere Verteuerung des Wohnens in Bayern erleben. Insoweit, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir einen sparsamen Umgang mit den Ressourcen; aber wir müssen es maßvoll machen. Wir müssen es mit Augenmaß machen. Wir dürfen es nicht mit Zwang machen, son

dern müssen es im Einvernehmen mit den Kommunen machen.

Lieber Herr Kollege von Brunn, ich hätte nicht gedacht, dass ich Ihnen einmal recht gebe. Wir müssen es gemeinsam machen. Wir dürfen nicht die Kommunen bevormunden, sondern wir müssen sagen: Wir alle nehmen die aktive Gestaltung unseres Landes gemeinsam in die Hand.