Verehrter Herr Ministerpräsident, ich nehme an, Sie gestatten einige Zwischenbemerkungen zur Korrektur im gegenseitigen demokratischen Respekt.
Erstens. Sie sprechen davon, dass heute der gesamte Parlamentstag von einem schlechten Stil geprägt sei. Der Parlamentstag dauert jetzt 13 Stunden an. Sie waren knapp 90 Minuten mit dabei. Es wundert mich, dass Sie den heutigen Tag zu bewerten bereit sind. Wenn das einer nicht kann, dann Sie.
Sie haben bereits in der letzten Parlamentsdebatte gefehlt, als dieses Parlament über die Zukunft Europas und über die Asylpolitik auf diesem Kontinent diskutiert hat, und haben parallel dazu eine FacebookWahlkampfveranstaltung durchgeführt.
Wenn das Parlament von einem keine Belehrung darüber braucht, wie und in welchem Stil es zu tagen hat, dann von dem, der das Parlament offensichtlich nicht ernst nimmt. Ihr Vorgänger war regelmäßig da. Sie sind derjenige, der regelmäßig fehlt.
Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz auf den Weg gebracht. Ihre Minister haben sich auch bei den Oppositionsparteien für die konstruktive Grundhaltung bedankt. Leider waren Sie nicht dabei, sonst hätten Sie diese Grundhaltung – –
Sie wollten nicht mit einem Monarchen verglichen werden, um dann im nächsten Satz wörtlich zu sagen, dass es da einmal einen Ministerpräsidenten gibt, der freiwillig bereit ist, nach zehn Jahren aufzuhören. Genau das ist die Haltung, die wir Ihnen vorwerfen. Ihre Worte sind verräterisch, so als sei es selbstverständlich, dass Sie zehn Jahre im Amt bleiben. Sie müssen jetzt erst einmal so wie wir alle die nächste Wahl bestreiten. Das wäre Demut vor dem Souverän, vor dem bayerischen Volk, statt hier so aufzutreten, als würden Sie Ihre Amtszeit freiwillig begrenzen wollen.
Letzter Punkt. Sie sprachen davon, dass es der Bürgerwunsch wäre, die Amtszeit zu begrenzen. Ich bin seit zehn Jahren Mitglied des Hohen Hauses. Ein solcher Bürgerwunsch ist an uns noch nicht herangetragen worden. Es gab keine einzige Petition, die mir bekannt wäre, mit der sich ein Bürger an den Landtag gewandt hätte, dass die Amtszeit des Ministerpräsidenten beschränkt werden sollte.
Es ist ein Wunsch von Ihnen. Sie haben diesen Wunsch erfunden. Sie haben ihn in die parlamentarische Debatte eingebracht. Das ist völlig in Ordnung. Aber zu sagen, dass reihenweise Bürgerwünsche auf uns eingeprasselt seien, ist schlicht nicht wahr.
Erstens habe ich nicht gesagt, dass reihenweise Bürgerwünsche einprasseln, sondern dass die Bürger das gut finden. Das ist ein großer Unterschied. Das bestätigt alles. Wenn ich große Veranstaltungen habe – wahrscheinlich haben Sie in der Regel genauso viele Besucher bei den Veranstaltungen –, dann erlebe ich, wie die Bürger darauf reagieren.
Zweitens. Beim PsychKHG saß ich die ganze Zeit da. Ich weiß nicht, wo Sie waren. Keine Ahnung. Aber ich war jedenfalls die ganze Zeit da.
Auch da wurde behauptet, ich hätte gelogen. In fast jeder Rede kommt einer, der sagt: "Der lügt." Und so einfach wird das dann gesagt. Das ist dann widerlegt worden. Von dem Ministerpräsidenten wird das einfach behauptet. Übrigens bin ich heute seit zehn Uhr immer wieder im Haus da.
(Markus Rinderspacher (SPD): Aber nicht hier! – Dr. Paul Wengert (SPD): Das Parlament tagt hier! – Weitere Zurufe von der SPD)
Man kann auch im Haus rumschwirren. Sie waren auch nicht seit zehn Uhr da. Hören Sie mal zu, Herr Rinderspacher.
Nein, nein, nein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir jetzt so anfangen – – Ich rede hier nicht darüber, ob einer eine halbe Stunde – – Ich werfe Ihnen nicht vor, Herr Rinderspacher, dass Sie manchmal zu viel oder zu wenig da sind. Ich sage heute etwas ganz anderes. Es geht um die grundsätzliche Frage, wie wir uns nach außen benehmen und ob wir dieses große Hohe Haus mit seiner Tradition ernst nehmen, ob wir uns als Abgeordnete ernst nehmen oder ob wir es zulassen, dass wir durch Schreien und Beleidigungen den Eindruck mangelnder Souveränität hinterlassen, der beim Bürger die Frage aufwirft, ob man diese Parlamentarier überhaupt noch braucht. Ich möchte, dass man uns ernst nimmt und dass man uns im Land braucht, egal von welcher Partei.
Herr Ministerpräsident, ich habe heute diesen Appell von Ihnen gehört und kann zumindest einen großen Teil von dem, was Sie sagen,
unterstreichen. Aber wenn man weiß, was in dieser Republik auch von Ihnen und insbesondere von Ihrer Fraktion, aber auch von Ihrer Partei in den letzten Wochen und Monaten veranstaltet wurde, dann mag dieser Appell nicht überzeugen. Das möchte ich ganz deutlich sagen.
Wie Ihr Vorgänger in diesem Hohen Haus über Monate abgemeiert und aus dem Amt gedrängt wurde, ist dieses Hauses auch nicht würdig gewesen.
Das war Amtszeitbegrenzung von der eigenen Fraktion, was man hier erlebt hat. Mir ist klar, dass Sie das nicht erleben wollen. Deshalb wollen Sie vielleicht die zehn Jahre hineinschreiben. Das ist das eine. Aber angesichts dessen, was in den letzten Tagen und Wochen durch Vertreter Ihrer Partei, insbesondere durch den ehemaligen Ministerpräsidenten, geäußert wurde, sollten Sie mal sehr intensiv über Stilfragen in der eigenen Partei nachdenken. Das hat dieser Republik aus meiner Sicht gewaltig geschadet. Wenn sich ein Bundesinnenminister, wie ich es heute in der Zeitung gelesen habe, zu seinem 69. Geburtstag freut, dass 69 Asylanten ausgewiesen werden, und das als Geburtstagsgeschenk hinnimmt, dann sollte man über Stil nachdenken.
Ich begrüße es übrigens, wenn Sie das Wort, das Sie heute hoffentlich zum letzten Mal verwendet haben, nicht mehr verwenden. Das ist gut.
Ich komme zum Ende. – Ich begrüße vieles, was Sie sagen, aber es kommt zu einem Zeitpunkt, wo Umfragewerte runtergehen und man die Handbremse zieht. Aber ich freue mich, wenn in Zukunft auch durch Sie ein anderer Stil in diesem Haus einkehrt.
Ich glaube, dass es heute genau richtig ist nach dem, was in den letzten Wochen diskutiert wurde und was heute im Landtag an dieser Stelle diskutiert wurde. Ich habe mir das lange überlegt. Eigentlich war vorgesehen,
nur zur Amtszeitbegrenzung zu reden. Aber nach dem Tag, wie ich ihn erlebt habe, wenn man das draußen liest und hört und manches liest, was die Journalisten zwischendrin über uns schreiben, finde ich es einfach angemessen, dass wir grundlegend überlegen – auch ich selbst muss mich hinterfragen –, ob wir jetzt bereit sind, in den nächsten Wochen und Monaten unseren Stil so zu überdenken, dass zwei Dinge funktionieren: Erstens, Herr Piazolo, dass man uns ernst nimmt, und zweitens, dass nicht der eine oder andere von vornherein versucht, andere mit Wörtern, die er so oder so definiert, in der öffentlichen Debatte zu brandmarken oder auszugrenzen. Wenn man sich verletzt fühlt, ist das in Ordnung. Das respektiere ich sehr. Aber wir wollen natürlich nicht auf Dauer von vornherein eine Einstufung in gute und böse Wörter und in gute und böse Ängste. Genauso wenig darf es passieren, dass diejenigen, die zum Beispiel bestimmte Sorgen haben, von vornherein ausgeschlossen werden, weil man sie nicht ernst nimmt. Notwendig sind ordentlicher Stil, Annahme der Diskussionen, Annahme der Sorgen und vor allen Dingen am Ende politische Lösungen. Ich glaube daran, dass es gut ist, wenn wir politische Lösungen finden. Für mich war der Zeitpunkt heute richtig und günstig, auch wenn es spät ist, vielleicht gerade, weil es spät ist. Ich richte an mich, an uns und gerade an Sie den Appell, mal zu überdenken, wie wir uns täglich präsentieren und warum es so ist, dass selbst diejenigen, die heftig und laut gegen andere schreien, trotzdem jeden Tag geringere Akzeptanz in der Bevölkerung finden und irgendwann vielleicht sogar verschwinden werden. Das will ich ausdrücklich nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.
Ich lasse zunächst über den Initiativgesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/22040 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt den Gesetzentwurf zur Ablehnung. Wer dem Gesetzentwurf entgegen dem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind die CSU-Fraktion und der Kollege Muthmann (fraktionslos). Stimmenthaltungen? – Das sind der Kollege Felbinger (fraktionslos), die Kollegin Clau
Jetzt folgt die Abstimmung über den Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/22064. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt auch diesen Gesetzentwurf zur Ablehnung. Wer dem Gesetzentwurf entgegen dem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion, die FREIEN WÄHLER, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Kollege Muthmann (fraktionslos), Kollege Felbinger (fraktionslos) und die Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Dann ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Es folgt nun die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung auf Drucksache 17/21858. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/21858 und die Beschlussempfehlung des endberatenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf Drucksache 17/23149 zugrunde. Der federführende und endberatende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt Zustimmung. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 17/23149. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion und eine Kollegin der SPD. Gibt es Gegenstimmen? – FREIE WÄHLER, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Kollegen Muthmann (fraktionslos) , Felbinger (fraktionslos) und Claudia Stamm (fraktionslos). Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist das so beschlossen.