Protokoll der Sitzung vom 12.07.2018

(Beifall bei der CSU)

Diese Hilfe ist ein Ausdruck von Humanität, von der Humanität, für die Bayern steht. Auch das Retten von Menschen aus Seenot gehört in diesen Bereich. Deshalb allen, die sich hier betätigen, vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Bayern ist nicht zuletzt deshalb das Land der gelungenen Integration, weil sich auch hier viele einbringen, denen wir ebenfalls danken.

Gerade das ehrenamtliche Engagement prägt das Bild eines Landes, das weltoffen ist und in das man gerne kommt. Bei alldem dürfen wir aber nicht die Augen davor verschließen, dass diese Humanität, diese Hilfsbereitschaft von Schlepperbanden – das haben wir heute gerade gehört – ausgenutzt wird, quasi als Werkzeug genutzt wird, um darauf ein Geschäftsmodell aufzubauen. Ich sage ganz bewusst "Geschäftsmodell". Menschen in Afrika, Menschen in anderen Ländern außerhalb Europas werden dazu gebracht, sich auf völlig seeuntüchtige Boote zu begeben und Wege auf sich zu nehmen, die nicht zum Erfolg führen können. Diesen Menschen werden dafür dann auch noch hohe Summen abverlangt. Das tun die Schlepperbanden wohl wissend, dass sie diese Menschen damit in Lebensgefahr bringen, die sich leider, leider auch häufig realisiert.

(Beifall bei der CSU)

Wir alle wollen nicht, dass Menschen im Mittelmeer zu Tode kommen. Genau aus diesem Grund sind wir der

festen Überzeugung, dass die Menschen sich nur dann nicht mehr unter Versprechungen aufs Mittelmeer begeben, aufgrund der Versprechen von Kriminellen, von absolut skrupellosen Banden, wenn wir miteinander verschiedene Maßnahmen treffen. Für uns sind das ein effektiver Schutz der EU-Außengrenzen und die Bekämpfung der Fluchtursachen. Ich sage hier ganz unumwunden, ich verstehe nicht, weshalb der Etat des Entwicklungshilfeministers gekürzt wird.

(Beifall bei der CSU – Hans Herold (CSU): Sehr gut!)

Das ist hier zwar nicht der richtige Ort, um das zu kritisieren, aber ich habe dafür keinerlei Verständnis. Letztendlich kann ich doch allein mit gutem Willen keine Fluchtursachen bekämpfen. Als Entwicklungshilfeminister brauche ich dazu doch auch "a weng a Geld".

(Beifall des Abgeordneten Bernd Kränzle (CSU))

Wir müssen diese Schleuserbanden noch intensiver bekämpfen. Wir müssen die Finanzwege dieser Banden unterbinden. Es ist nicht hinnehmbar, dass man ein skrupelloses Geschäftsmodell betreibt, indem man Menschen in einer schlimmen Situation Hoffnungen macht und ihnen Versprechungen auftischt. Wir wollen damit auch verhindern, dass sich Menschen in seeuntüchtigen Booten auf diesen Weg machen. Deshalb wollen wir die Einrichtung von Asylzentren in Nordafrika forcieren.

(Thomas Gehring (GRÜNE): In Libyen! Mit einer libyschen Regierung!)

Diese Zentren bieten die Möglichkeit, dass dort festgestellt werden kann, ob diese Menschen in Europa eine Zukunft haben, weil sie politisch verfolgt sind oder weil sie vor Bürgerkrieg fliehen. Genau dafür steht das Asylrecht unseres Grundgesetzes. Dort kann geprüft werden, ob die Menschen auf dem Asylweg bei uns eine Zukunft haben. Das soll diesseits des Mittelmeeres festgestellt werden.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Von wem denn? Von den libyschen Banden?)

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir, wenn wir diese vier Punkte tragfähig machen, diesen Schlepperorganisationen, die von der Hoffnung der Menschen leben, das Handwerk legen können.

(Beifall bei der CSU)

Frau Guttenberger, bitte bleiben Sie am Rednerpult.

Entschuldigung.

Kein Problem. Wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Kamm.

Sehr geehrte Frau Kollegin, Sie haben von Ehrenamtlichen gesprochen, die sich im Bereich Asyl und Flucht engagieren, und ihnen gedankt. Ihnen herzlichen Dank dafür. Ich bitte Sie aber: Schauen Sie in die Gesichter der Ehrenamtlichen, deren schutzbedürftige Flüchtlinge, um die sie sich gekümmert hatten, mitten aus den Abschlussprüfungen für den Mittelschulabschluss ahnungslos herausgerissen und abgeschoben worden sind. Schauen Sie sich diese Gesichter an, und schauen Sie, was mit den Ehrenamtlichen und was mit den Flüchtlingen passiert. Wir müssen hier mit den Menschen anders umgehen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Sie suggerieren, dass die Rettungsleistungen der NGOs dazu führen, dass die skrupellosen verbrecherischen libyschen Banden die Menschen aufs Mittelmeer setzen. Sie setzen sie in Schiffen aufs Mittelmeer, in denen niemand von uns übers Mittelmeer und noch nicht einmal über den Ammersee setzen würde.

Dies ist aber nicht der Fall. Schauen Sie, was in den letzten zwei Wochen passiert ist. In den letzten zwei Wochen waren keine NGOs unterwegs, und es sind von diesen verbrecherischen Banden genauso viele Menschen aufs Meer gesetzt worden. Es sind über 1.400 Menschen ertrunken, weil ihnen keiner geholfen hat. Die Schlepper suggerieren den Menschen einfach irgendetwas. Die sagen, da vorne ist schon Italien, derweil ist das nur eine Ölplattform. Sie setzen die Menschen einfach aufs Meer. Das hat nichts mit den NGOs zu tun, sondern das hat mit verbrecherischen Banden zu tun, die an einem bestimmten Küstenabschnitt Libyens von 80 Kilometern Breite operieren. Diesen Banden legt niemand das Handwerk.

Wir haben sogar die Befürchtung, dass das genau dieselben sind, die anschließend in der libyschen Küstenwache einen Zweitjob schieben. Wir müssen wirklich darauf achten: Wenn die EU die libysche Küstenwache finanziert, dann muss die EU auch die libysche Küstenwache kontrollieren und schauen, was sie tut. Wir haben da ein enormes Defizit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Kamm, für den Schutz der EU-Außengrenzen ist unter anderem die Grenz- und Küstenwache FRONTEX zuständig.

(Christine Kamm (GRÜNE): Warum tun die nichts? Warum?)

Ich habe es jetzt nicht ausgeführt, wir wollen aber natürlich, dass FRONTEX verstärkt wird, damit in rechtsstaatlicher Weise eine Hilfsmöglichkeit zur Verfügung steht. Damit ist eigentlich alles gesagt.

Noch mal zur Klarstellung: Ich habe es auch nicht so verstanden, dass ich jetzt behauptet hätte, dass sich die Leute wegen der NGOs auf den Weg machen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Das möchte ich noch einmal klarstellen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Claudia Stamm. Vier Minuten! Nicht dass wieder Nachfragen kommen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir müssen jetzt noch mal über den CSU-Antrag reden, weil dieser Antrag tatsächlich die andere Seite der Seenot beleuchtet hat. Dieser Antrag hat dabei sehr wohl engagierte Retter als Helfer von Schleppern diskreditiert. Das steht wörtlich so drin.

Sie reden in Ihrem Antrag auch davon, dass Fluchtursachen zu bekämpfen sind. Ich erzähle Ihnen jetzt mal von Menschen, deren Heimat mit Waffen aus dem Westen zerstört wurde, in deren Ländern, wie zum Beispiel in Afghanistan, täglich Bomben hochgehen. Genau diese Menschen sitzen mit den Flüchtlingen in den Flüchtlingsbooten auf dem Mittelmeer zusammen, zum Beispiel mit Fischern aus dem Senegal. Die Regierungen habe deren Fischereirechte an große Fangflotten vor allem aus Europa verkauft.

Was übrigens macht der Senegal mit dem Geld aus dem Verkauf der Fangrechte? – Er bildet Fischer zu Bauern aus, damit diese Bauern dann lernen, dass sie mit den billigen Importen einer deutschen und bayerischen Landwirtschaft nicht mithalten können.

(Beifall der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Diese Missstände sind seit Langem bekannt. Trotzdem wagt es Herr Seehofer, in seinem Masterplan zu

schreiben, man wolle durch Stärkung der Entwicklungshilfe Hilfe vor Ort leisten. Sie haben es gerade selber angesprochen: Der Etat ist gekürzt worden. – Herr Seehofer schreibt von Fördern und Fordern.

Ich übersetze Ihnen noch einmal, was das bislang heißt: Ihr gebt uns billig euren Fisch, und dafür bekommt ihr unseren Hähnchenfleischabfall. – Wenn Sie etwas tun wollen, dann bauen Sie für die Senegalesen eine Fangflotte im Senegal auf. Genau das tun wir aber nicht.

Ich verrate Ihnen auch, warum: Wir fördern nicht. Wir haben Afrika, Teile Asiens und Latein- und Südamerikas einfach nur als billige Rohstofflieferanten in unser Wirtschaftssystem integriert. Die Folgen davon sind eben Flucht und Migration.

Meine Damen und Herren von der CSU, dann kommen Sie und warnen im Namen der Humanität Seenotretter davor, sich zum Werkzeug von Schleppern zu machen. Das muss man sich schon noch einmal klar und deutlich vor Augen führen: Sie warnen im Namen der Humanität davor, dass Menschen auf hoher See Menschen retten.

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft bezeichnet sich als größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Ihr Leitsatz lautet: "Wir haben uns der Verhinderung von Ertrinkungsfällen verpflichtet und tragen verantwortlich dazu bei, die Sicherheit der Menschen im, am und auf dem Wasser zu gewährleisten." Es ist auch der erste Grundsatz des Roten Kreuzes, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des Menschen Achtung zu verschaffen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, viele von Ihnen haben genau in diesen Organisationen einen Posten. Sie alle wissen genau, was Humanität bedeutet. Sie haben sich dazu verpflichtet. Dann aber verstecken Sie sich hinter diesem herzlosen Antrag. Das müssen Sie nicht. Schicken Sie einfach die DLRG, die Wasserwacht, meinetwegen auch die Bayerische Grenzpolizei, die wir gestern unsinnigerweise beschlossen haben – aber dann täte sie wenigstens etwas Sinnvolles –, dorthin. Wenn Sie dem gelebten Ehrenamt Respekt zollen wollen, dann muss dieser zuvörderst den Menschen gelten, die auf dem Mittelmeer andere Menschen retten. Das ist ganz einfach.

Ich bin den GRÜNEN sehr dankbar für diesen heutigen Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Guttenberger.

Sehr geehrte Frau Stamm, ich möchte erstens feststellen, dass ich niemanden diskreditiert habe. Ich habe darauf hingewiesen, dass ein fremder Dritter die Hilfsbereitschaft eines anderen ins Kalkül zieht. Ich habe aber niemals Helfer diskreditiert. Wir haben eine hohe Achtung vor Menschen, die Menschen aus Seenot retten. Dafür gebührt ihnen Dank.

Zweitens, zur Klarstellung: Den Entwicklungshilfeetat hat nicht der Bayerische Landtag gekürzt, sondern offensichtlich der Finanzminister auf Bundesebene.

Drittens. 0,8 % der landwirtschaftlichen Exporte Bayerns gehen nach Afrika. Sie gehen ausschließlich nach Südafrika. Das wollte ich nur klarstellen.

(Beifall bei der CSU)