Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

(Martin Stümpfig (GRÜNE): Nur zu Beginn! Jetzt nicht mehr! – Zuruf von der CSU: Nein, immer noch!)

Wir sind der Ansicht, dass mit dem 10.000-HäuserProgramm der Staatsregierung noch lange nicht alles getan ist. Egal, ob neue Ölheizungen, Pelletheizungen oder Solarthermie zum Einsatz kommen, es hat keinen Sinn, gegen eine schlecht gedämmte Gebäudehülle anzuheizen. Das ist ein wesentlicher Punkt, der im zweiten Programmteil beschrieben ist.

Die effizienteste Maßnahme ist daher eine energetische Gebäudesanierung. Wir alle warten seit vielen Jahren darauf, dass in Berlin endlich die steuerliche Absetzbarkeit diesbezüglich beschlossen wird. Das hätte einen ungleich größeren Effekt für den Klimaschutz als nur dieser sogenannte Kesseltausch.

Im Ergebnis werden wir wie im federführenden Ausschuss dem vorliegenden Antrag unsere Zustimmung verweigern. Ich glaube, ich habe das ausführlich genug mit Fakten begründet.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und bei Ab- geordneten der CSU)

Danke sehr. – Jetzt bitte ich Herrn Staatssekretär Pschierer ans Rednerpult.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stümpfig, eine Vorbemerkung zu Ihnen: Wenn man unsere Klimaschutzziele der letzten Jahren mit denen der anderen Bundesländer vergleicht, so sind zwei industriegeprägte Bundesländer, nämlich Nordrhein-Westfalen und der Freistaat Bayern, beachtenswert. Beide sind hoch industrialisiert. Die bessere Klimabilanz hat der Freistaat Bayern.

Alle Ihre Anträge, Herr Kollege Stümpfig, die wir heute im Laufe des Tages beraten haben, sind durch einen besonderen Duktus gekennzeichnet, nämlich des Diktierens, des Verordnens, des Vorschreibens und des Reglementierens.

(Beifall bei der CSU)

Das ist ein völlig anderer Ansatz, als wir ihn haben.

(Martin Stümpfig (GRÜNE): Es geht um die Förderprogramme!)

Herr Kollege Stümpfig, Sie haben gesagt, das Programm sei angeblich sehr bürokratisch. Ich darf zum heutigen Tag feststellen, dass dieses Programm, was das Jahr 2016 angeht, überzeichnet ist, und zwar in beiden Programmteilen. Wenn dieses Programm so bürokratisch und schlecht wäre, wie Sie hier den Eindruck erwecken, würden die Bürgerinnen und Bürger es nicht nachfragen. Sie fragen es übrigens auch beim Heizungstausch nach, obwohl – da widersprechen Sie sich selber – der Preis für Heizöl in der letzten Zeit gesunken ist.

Deshalb sage ich Ihnen ganz deutlich: Das Thema Heizungstausch ist in diesem Programm enthalten. Es ist auf Wunsch der CSU-Fraktion aufgenommen worden. Wir haben diesem Wunsch gerne Rechnung getragen, und er wird drinbleiben; denn der Austausch einer veralteten Ölheizung und der Ersatz durch moderne Brennwerttechnik sind ökologisch sinnvoll.

Sie müssten doch in dieser Hinsicht eine Frage stellen, die wir gerne beantworten würden: Hat sich durch dieses Programm die Klimabilanz des Freistaates Bayern verschlechtert, ist sie gleich geblieben, oder hat sie sich sogar verbessert? Sie hat sich verbessert, und zwar deshalb, weil der Effizienzgewinn auch beim Heizungstausch im Durchschnitt bei rund 20 % liegt. Das ist doch ein Vorteil! Deswegen sollten wir dieses Programm, das in der Bundesrepublik Deutschland einmalig ist, nicht schlechtreden. Wir sollten uns vielmehr dafür einsetzen, dass es möglicherweise eine Fortführung gibt.

Baden-Württemberg ist angesprochen worden. Ich hatte im Frühjahr die Gelegenheit, mit Kollegen aus dem Bereich der Energiepolitik aus Baden-Württemberg zu diskutieren. Herr Stümpfig, vielleicht sollten wir wetten, wie sich die Sanierungsquote bei Heizungen in den nächsten Jahren entwickelt. Ich garantiere Ihnen heute schon, dass die Sanierungsquote im Freistaat Bayern höher sein wird, weil wir den Bürgern die Entscheidung überlassen. Wenn der Bürger sagt, er will den alten Ölbrenner durch einen neuen ersetzen, weil er keinen Platz für einen Pelletbunker hat oder weil er persönlich die Entscheidung für sich so getroffen hat, dann werden wir diese Entscheidung respektieren und dem Bürger nicht vorschreiben, was er zu tun hat.

Letzter Punkt. Herr Kollege Häusler, da will ich Ihnen ausnahmsweise zustimmen: Sinnvoll wäre sicherlich nach wie vor energetische Gebäudesanierung; es gibt keine Landesregierung, die das Thema seit vielen Jahren in Berlin so thematisiert hat wie die Bayerische Staatsregierung. Drei Viertel aller Gebäude in Deutschland sind vor dem Jahre 1980 errichtet worden. Das wäre das größte Konjunkturprogramm für

das mittelständische Handwerk. Es wäre das Beste, was für den Klimaschutz und die CO2-Bilanz der Bundesrepublik Deutschland getan werden könnte. Ich appelliere an dieser Stelle an den Koalitionspartner in Berlin und auch an den einen oder anderen Vertreter unserer Schwesterpartei: Die energetische Gebäudesanierung muss auf der Tagesordnung bleiben. Das wäre das Beste, was wir unabhängig von solchen Programmen für die KIimabilanz tun könnten. Ich plädiere dennoch dafür, Ihren Antrag, der dirigistisch und reglementierend ist, abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die CSU-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Radschnellwege durch Übernahme der Baulast effektiv fördern (Drs. 17/12026)

Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin, dass nach der Geschäftsordnung die Redezeit 24 Minuten beträgt. Herr Ganserer ist schon da. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bayern soll Radland Nummer eins werden. Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen soll bis 2025 sogar auf 20 % verdoppelt werden. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, das sich der CSU-Verkehrsminister gesteckt hat. Wir, das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sind gerne bereit, dem Minister beim Erreichen dieses Zieles zu helfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich darf nur an die Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 16. April vergangenen Jahres erinnern, bei der wir ein Antragspaket mit rund 20 Anträgen aus verschiedenen Fraktionen nahezu einstimmig beschlossen haben. Unter anderem wurde dabei auch ein Antrag zu Radschnellwegen beschlossen. Mit die

sem Antrag wurde die Staatsregierung aufgefordert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten in Ballungsgebieten und Großstädten die Konzeption und den Bau von Fahrradschnellwegen zu unterstützen.

Ferner möchte ich an die Delegationsreise des Wirtschaftsausschusses im vergangenen Jahr in die Niederlande erinnern, wo uns allen sehr eindrucksvoll vermittelt wurde, wie man mit einer konsequenten Förderung und einem konsequenten Ausbau der Radinfrastruktur umweltfreundliche Mobilität fördern kann. Bereits über 300 Kilometer Radschnellwege gibt es in dem kleinen Nachbarland Niederlande. 600 weitere Kilometer Radschnellwege werden dort geplant.

Im Gegensatz zu Radwegen in geschlossenen Ortschaften sind Radschnellwege besonders gut ausgebaute Verbindungen über Gemeinde- und Landkreisgrenzen hinweg. Insbesondere in der Verbindung mit Elektrofahrrädern kommt bei einer gut ausgebauten Radschnellwegeinfrastruktur ein deutliches Potenzial zustande. Den Pendlern wird damit der Umstieg vom Auto aufs Fahrrad erleichtert. Das ist ein spürbarer Beitrag zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung in unseren Städten.

In der Metropolregion Nürnberg wurde mit staatlicher Unterstützung, mit Mitteln des Innenministeriums, die Untersuchung einer Vielzahl möglicher Korridore in Auftrag gegeben. Die Untersuchungsergebnisse werden in den nächsten Wochen erwartet. Auch in der Metropolregion München finden ähnliche Untersuchungen statt. Radschnellwegen kommt aber auch aufgrund ihres überörtlichen Charakters eine vergleichbare Verkehrsbedeutung wie den Staatsstraßen zu. Die Planung, die Finanzierung, der Bau und später auch der Unterhalt müssen folglich über Gemeindegrenzen hinweg abgestimmt werden, was eine Realisierung in kommunaler Baulast erheblich erschweren würde. Aus mehreren Gesprächen mit an der Planung in Nürnberg eingebundenen Personen, unter anderem mit dem Landrat des Landkreises Fürth, Ihrem Parteikollegen Herrn Dießl, der momentan auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen ist, weiß ich, dass über die Frage der Baulast insgesamt diskutiert wird und dass die betroffenen Kommunen eine Übernahme der Straßenbaulast für Radschnellwege durch den Freistaat Bayern wünschen.

Nordrhein-Westfalen ist uns dabei mindestens um eine Radlänge voraus. Dort wurde im Herbst die Änderung des Straßen- und Wegegesetzes vom Landtag beschlossen und die Wegekategorie "Radschnellverbindungen des Landes" eingeführt. Wir meinen, es

wäre klug, im Windschatten von Nordrhein-Westfalen zu fahren und Entsprechendes in Bayern einzuführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Beratung im federführenden Wirtschaftsausschuss wurde unser Antrag mit dem Argument abgelehnt, das Programm würde Kosten für den Freistaat Bayern verursachen. In der Zwischenzeit haben sich auch hier die Vorzeichen geändert. Mittlerweile hat Ihr Parteikollege und derzeitiger Bundesverkehrsminister angekündigt, die Radschnellwege mit Bundesmitteln fördern zu wollen. Wir meinen, es wäre klug, wenn die Staatsregierung zeitgleich mit den Gesetzesänderungen auf Bundesebene, die dafür notwendig sind, prüft, wie mit einer Übernahme der Straßenbaulast für Radschnellwege möglichst viele Fördergelder nach Bayern geholt werden können. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Ja von wegen! – Heiterkeit bei der CSU)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Haderthauer.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag ist nicht zielführend. Auch wenn er nur ein Prüfantrag ist, werden wir ihm nicht zustimmen. Der Antrag ist aus mehreren Gründen nicht zielführend. Wir lehnen ihn nicht nur deshalb ab, weil Nordrhein-Westfalen noch nie ein gutes Vorbild für Bayern gewesen ist.

(Beifall bei der CSU)

Der Hinweis auf Nordrhein-Westfalen war mit Sicherheit das schwächste Argument, Herr Kollege Ganserer. Ich möchte gleich noch das andere Vorbild, das Sie genannt haben, heranziehen, nämlich die Niederlande, die nach Ihrer Meinung europaweit Vorreiter bei den Radschnellwegen sind. Der zuständige Minister in Nordrhein-Westfalen, der die Änderung des Straßen- und Wegegesetzes vor einigen Wochen in Erster Lesung dem Landtag vorgestellt hat, hat sich gerühmt, dass sogar nicht einmal die Niederlande die Straßenbaulast beim Land haben. Wenn die Situation bezüglich Radschnellwege in den Niederlanden so gut ist, ist es offenbar auch ganz sinnvoll, dass die Baulast vor Ort bleibt, nämlich dort, wo die Entscheidungen zu treffen sind.

Wir machen es in Bayern genauso. Wir haben keine Regelungslücke. Im Gegenteil, wir haben eine sehr sinnvolle Regelung, die auch für die Radschnellverbindungen gilt. Wenn sie einer Straße folgen, ist der Straßenbaulastträger dafür zuständig, der auch für die Straße zuständig ist. Wenn sie auf einer gesonderten

Trasse verlaufen, unterliegen sie der Baulast der Gemeinden. Das ist in Bayern sicherlich sinnvoll; denn anders als in Nordrhein-Westfalen profitieren unsere Kommunen von einer hervorragenden Unterstützung durch den Freistaat. Dass man in Nordrhein-Westfalen den Kommunen die Baulast abnimmt, weil die Kommunen so klamm sind, dass sich gar nichts tun würde, ist mir völlig klar. Wir fördern unsere Kommunen besser als jedes andere Land, und deswegen sind wir sicher, dass sie auch die Radschnellwege hervorragend realisieren können.

Anders als Sie, die GRÜNEN, trauen wir unseren Kommunen etwas zu. Wir wollen ihnen nichts vorschreiben, sondern wir sagen: Verwirklicht diese guten und von uns auch sehr geschätzten Radschnellwege nach eurer eigenen Priorität. So manche Gemeinde, die von unserer FAG-Förderung profitiert, wird sich freuen, dass sie nach ihren Prioritäten zusammen mit anderen Gemeinden diese Radschnellwege verwirklichen kann. Unsere Kommunen können auch sehr gut zusammenarbeiten. Das ist für die nicht so ein Problem, wie Sie es darstellen. Sie beweisen jeden Tag, dass sie das gut können. Vielleicht sind sie auch ganz froh, dass sie sich nicht den Prioritäten, die vom Freistaat zentral über ein Land gelegt würden, unterordnen müssen, sondern dass sie sich an den Bedürfnissen ihrer Bürgerinnen und Bürger orientieren können.

Vielleicht noch eine Ergänzung. Wir prüfen das ja auch gerade. Sie haben schon diese Machbarkeitsstudie erwähnt, an der sich der Freistaat mit 50 % beteiligt. Wir haben im Ausschuss gehört, dass bei dieser Machbarkeitsstudie auch die Frage der Baulastverteilung bereits geprüft wird. Das ist doch eigentlich eine tolle Sache: Da wird bereits geprüft.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir werden sehen, ob sich da neue Gesichtspunkte ergeben, die die Verlagerung der Baulast sinnvoll erscheinen lassen. Ich kann es mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen. Warten wir diese Studie ab, die das Innenministerium finanziert, und wenn sich dann etwas Neues ergibt, können wir noch einmal darüber reden. Aber Ihr Antrag ist auf jeden Fall abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Roos.

Werte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Haderthauer, dass Sie für diesen Beitrag so viel Beifall bekommen haben, düpiert mich doch regelrecht; denn das ist eine reflexartige Ablehnung all dessen, was aus

einem der bedeutendsten Länder unserer Bundesrepublik Deutschland kommt. NRW ist sehr gut geführt, NRW ist durch sehr schwierige Zeiten gegangen,

(Zurufe von der CSU)

und zwar sowohl in rot geführten Zeiten als auch in schwarz geführten Zeiten.

(Christine Haderthauer (CSU): Fragen Sie die Kommunen!)