Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

Herr Adelt, fast ist es zu spät, aber bitte sehr!

(Zuruf des Abgeordneten Markus Ganserer (GRÜNE))

– Kollege Ganserer, wegen des Abnehmens noch das Fallschirmspringen zu erlernen, das mache ich nicht. Aber eines möchte ich feststellen. In Schleswig-Holstein hat es hervorragend funktioniert mit der einen Stelle, bei der alle Förderprogramme zusammengefasst sind. Es hat auch deshalb funktioniert, weil die Verbundquote an die Gemeinden dort wesentlich höher ist.

Meine konkrete Frage: Dürfen bayerische Gemeinden auch dann Dorfläden und Dorfwirtshäuser finanziell fördern, wenn sie sich in einer prekären Haushaltslage befinden? Ist dies eine freiwillige Aufgabe, oder ist es eine Aufgabe, die sie zu erfüllen haben? Wenn Sie sagen, sie dürften es und dürften sich dann auch die fehlenden 40 % bei der Dorferneuerung einwerben, dann hätte das vieles erklärt.

Also meine konkrete Frage: Dürfen sich alle Gemeinden Bayerns unabhängig von ihrer finanziellen Ausstattung aktiv an einem Dorfladen beteiligen?

(Beifall bei der SPD)

Herr Adelt, selbstverständlich kann so etwas nicht unabhängig von der finanziellen Situation geschehen. Das gilt aber auch für viele andere Bereiche der Kommune. Sie muss den Haushalt genehmigen lassen, und das betrifft nicht nur die Frage der Errichtung eines Dorfladens, sondern es gilt auch für eine Freizeiteinrichtung und vieles andere mehr. Deshalb ist eine Beteiligung klar abhängig von der finanziellen Situation der Kommune.

Ein Punkt noch, weil Sie die Benachteiligung und das Nichtvorhandensein gleichwertiger Lebensverhältnisse angedeutet haben: Unter den 16 Bundesländern gibt es kein Bundesland, das es in den letzten Jahren geschafft hat, die Differenz zwischen der Arbeitsmarktsituation in der Boomregion und der Situation im ländlichen Raum so gering zu halten wie Bayern. Diese Spreizung ist im Freistaat Bayern mit am geringsten, und auch das ist ein Erfolg der bayerischen Strukturpolitik.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Anträge zur Ablehnung. Die SPD-Fraktion hat hierzu Einzelabstimmung beantragt. Ich lasse deshalb einzeln abstimmen.

Wir beginnen mit dem Antrag auf Drucksache 17/11752. Das ist der Tagesordnungspunkt 12. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung von FREIEN WÄHLERN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag auf Drucksache 17/11753 abstimmen. Das ist der Tagesordnungspunkt 13. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt auch hier die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag auf Drucksache 17/11754 abstimmen. Das ist der Tagesordnungspunkt 14. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich auch hier um sein Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich nun das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Scheuenstuhl, Schmitt-Bussinger und andere und Fraktion (SPD) betreffend "Leidtragende der Hochwasserkatastrophen nicht im Stich lassen – Gleichbehandlung aller Betroffenen umgehend beschließen" auf Drucksache 17/12340 bekannt. Mit Ja haben 52 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 75.

Es gab 15 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Antrag der Abgeordneten Harry Scheuenstuhl, Florian von Brunn, Klaus Adelt u. a. (SPD) Nitratbelastung in Bayerns Grundwasser wirksam reduzieren - Sorgen des Bayerischen Gemeindetages ernst nehmen (Drs. 17/11958)

Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin, dass nach der Geschäftsordnung die Redezeit 24 Minuten beträgt. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die erste Wortmeldung liegt mir vom Kollegen Scheuenstuhl vor.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 90 % des heimischen Trinkwassers aus den 258 Grundwasserkörpern im Freistaat Bayern werden von Wasserversorgern genutzt. Sie beziehen von dort ihr Wasser. Jetzt sorgen sich die Wasserversorger über eine steigende Nitratbelastung des Grundwassers. Wie der Bayerische Gemeindetag und die Wasserwerke auf einer Tagung im mittelfränkischen Rothenburg ob der Tauber am 10. Mai 2016 bekannt gegeben haben, besteht beim Schutz des bayerischen Grundwassers mittel- und langfristig Handlungsbedarf wegen zunehmender Nitratbelastung außerhalb von Wasserschutzgebieten. Hierbei sind die Gebiete mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung besonders stark betroffen. Das machen die aktuellen Messergebnisse des Bayerischen Landesamtes für Umwelt deutlich. Ich glaube, das wird niemand bezweifeln.

An einer Vielzahl von Messstellen wird der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat bereits heute überschritten, obwohl schon geringere Verschlechterungen der Wasserqualität gegen das in Artikel 4 der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie definierte Verschlechterungsverbot der physikalisch-chemischen Qualitätskomponente von Gewässern verstoßen. Ich glaube, auch das ist leicht nachvollziehbar. Der Regierungsbezirk Unterfranken ist bayernweit am stärksten belastet. Dort überschreiten rund 17 % aller Proben den zulässigen Grenzwert für Nitrat von 50 Milligramm pro Liter. In Mittelfranken, Niederbayern und in der Oberpfalz sind 10 bis 13 % des geförderten Grundwassers mit Nitratkonzentrationen von mehr als 37,5 Milligramm als stark belastet einzustufen. In Unterfranken liegt der entsprechende Anteil sogar bei knapp 28 %.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die Forderungen des Bayerischen Gemeindetages ernst neh

men. Daher haben wir diesen Antrag eingebracht, mit dem wir die Staatsregierung auffordern, wirksame Maßnahmen gegen die weitere Zunahme der Nitratbelastungen in Bayern zu ergreifen. Hierbei ist, wie vom Bayerischen Gemeindetag gefordert, der grundwasserschonende Einsatz von Düngemitteln auch außerhalb von Wasserschutzgebieten sicherzustellen. Da unser Grundwasser nur langsam auf Belastungsveränderungen reagiert, bedarf es unbedingt eines rechtzeitigen Eingriffs. Hierbei ist sicherzustellen, dass die Kosten für Maßnahmen gegen wachsende Nitratbelastungen nicht von den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern getragen werden müssen. Es muss – das ist das Entscheidende dieses Antrags – das Verursacherprinzip gelten.

(Beifall bei der SPD)

Dies fordert der Bayerische Gemeindetag, der immerhin über 2.000 Mitgliedsgemeinden hat. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Enderle, den sogenannten Umweltpräsidenten des Bayerischen Bauernverbandes, zitieren: Angesichts des Engagements unserer Bauern, zusätzliche Umweltleistungen auf dem kooperativen Weg auszubauen, sei das Verhalten mancher Politiker enttäuschend. – Das ist ein Zitat aus einem aktuellen Presseartikel. Diesem Zitat geht der Satz voraus, dass Mindererträge und Mehraufwand für die Bauern vom Wasserversorger finanziell ausgeglichen werden müssen. Das heißt also, dass die Bauern auch noch finanziell entschädigt werden, wenn sie unser Wasser nicht mit Schadstoffen verschmutzen. Das kann man ungefähr damit vergleichen, dass ich jemandem Geld dafür gebe, dass er mir nicht ins Auto hineinfährt.

(Zurufe von der CSU: So ein Schmarrn! – Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Das ist doch peinlich!)

Das nenne ich enttäuschend. – Liebe Landwirte, eines möchte ich Ihnen an dieser Stelle sagen: Selbstverständlich steht die SPD-Landtagsfraktion zur bäuerlichen, eigentümergeprägten Landwirtschaft im Freistaat Bayern, und diese wollen wir auch unterstützen.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CSU)

Es kann nicht sein, dass Agrarfabriken, die hohe Summen erhalten, sich ins Fäustchen lachen, wenn sie unsere Umwelt verschmutzen, und dann auch noch ungeschoren davonkommen, während die Verbraucherinnen und Verbraucher für den entstandenen Schaden bezahlen müssen. Das lassen wir, die SPD, nicht durchgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch auf eine Meldung der "Nürnberger Nachrichten" von der

letzten Woche eingehen. Manche glauben es vielleicht nicht. Laut einer aktuellen Untersuchung des Vereins VSR-Gewässerschutz e.V. wurde bei 25 % – ich betone: ein Viertel! – aller ausgewerteten Grundwasserproben im Raum Nürnberg – kein Trinkwasser, das muss man an der Stelle sagen – der geltende Nitratgrenzwert von 50 Milligramm pro Liter massiv überschritten. Ich betone noch einmal: 50 Milligramm ist der Grenzwert. In Kraftshof bei Nürnberg sind es 127 Milligramm Nitrat pro Liter, in Boxdorf 194 Milligramm pro Liter und im Knoblauchsland gar 205 Milligramm pro Liter. Das ist keine Untersuchung der SPD. Wir haben keine Gutachten in Auftrag gegeben. Das stand in den "Nürnberger Nachrichten". Jeder hätte es lesen können. Vorher waren die Werte noch viel schlechter. Das muss man an der Stelle dazusagen. Gewisse Maßnahmen haben schon zum Ziel geführt, aber vorher war es noch viel schlechter.

Dann kommt der Höhepunkt. Das untersuchte Grundwasser – diese Brühe, das stammt jetzt von mir – sei laut dieser Untersuchung nicht einmal zum Befüllen eines Fischteichs geeignet. Liebe Kollegen von der CSU, es wird Zeit zu handeln.

(Beifall bei der SPD)

Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Nussel.

Herr Kollege Scheuenstuhl, ich musste mich melden, weil Sie es so einseitig darstellen und eine Schelte an die Landwirte verteilen. Sie haben nicht recherchiert, dass es auch Wassergewinnungsgebiete gibt, auf denen keine Gülle ausgebracht wird, in denen der Nitratwert aber trotzdem höher ist. Sie können nicht pauschal sagen, dass nur die Landwirte die Verursacher dieser Grenzwertüberschreitungen sind. Sie müssen sich einmal damit auseinandersetzen, von wo überall Nitrat herkommt, nämlich nicht nur aus der Landwirtschaft. Wenn Sie für die ganze SPD sprechen, sollten Sie es richtig recherchieren und in der Öffentlichkeit darstellen. Ich möchte die Schelte der Landwirtschaft zurückweisen.

(Beifall bei der CSU)

Nachdem ich die bäuerliche Landwirtschaft extra gelobt habe, sehe ich das nicht als Schelte an. Ich habe extra die Agrarfabriken erwähnt.

(Zurufe von der CSU)

Da könnt ihr schreien, was ihr wollt. Ihr müsst halt zuhören. Schaut es euch im Internet noch einmal an.

Wichtig für mich ist natürlich eines, lieber Herr Kollege Nussel – ich habe das vorhin bereits erwähnt: Wenn die Bauern ihre Gülleausbringung verringern, dann zeigt sich im Wasserschutzgebiet – über Wasserschutzgebiete haben wir ja eigene Meinungen –, dass die Messwerte deutlich zurückgehen. Ich brauche hier keine Vermutung anzustellen, sondern jeden Tag wird es belegt. Jeder Wasserversorger, der ein Wasserschutzgebiet hat, der Verträge mit den Bauern abgeschlossen hat, damit sie nicht so viel Gülle ausbringen, kann Ihnen belegen, dass die Nitratwerte im Grundwasser zurückgegangen sind. Damit ist der Beweis erbracht.

Sie sagen, es liege an den Diesel-Pkws. Das wäre einmal eine Untersuchung wert. Gestern war ich bei einem sehr interessanten Vortrag der CSU in Unterfranken. Als Diskussionsteilnehmer war ich dort. Dort wurde diskutiert, ob die Belastung unter Umständen von kaputten Kanälen kommt. Hier darf ich an unseren Antrag "Überprüfung von Privatkanälen" erinnern, die ja in Bayern doppelt so lang sind wie die öffentlichen Kanäle, Schadensgröße bei 60 %, und die Haltung Ihrer Fraktion dazu, hier nichts machen zu wollen. Wir haben gesagt: Das muss kontrolliert werden; die Verbraucher und die Abwasserentsorger müssen finanziell unterstützt werden. Es stehen hier mehrere Milliarden Euro an Investitionen im Raum. Sie können uns gerne beim nächsten Mal unterstützen. Vielleicht bringen wir den Antrag wieder ein. Ansonsten müsste es aus der Luft kommen. Käme es wirklich aus der Luft, dann hätten wir bereits so viel Nitrat in der Luft, dass die Düngung eigentlich untersagt werden müsste. Das wäre die logische Konsequenz.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Bauer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns Abgeordneten des Bayerischen Landtags fällt die verantwortungsvolle Aufgabe zu, Umwelt- und Verbraucherschutz zu gewährleisten und selbigen weiterzuentwickeln. Tragen können wir diese Verantwortung nur, weil wir uns auf hervorragend ausgebildete Experten in den Wasserwirtschaftsämtern, den Landesämtern und Ministerien verlassen können. Ich sage diesen Danke für ihren zuverlässigen und verantwortungsvollen Einsatz.

Ich erlebe bei den Gesprächen beispielsweise mit den Wasserwirtschaftsämtern sehr bodenständige und zuverlässige Mitarbeiter. Von keinem dieser in meinem Stimmkreis lebenden, wohnenden und arbeitenden Mitarbeiter wurde mir in den vergangenen Jahren ein akuter Handlungsbedarf signalisiert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass unser Wasser bayerisch bleibt. Im Freistaat Bayern werden daher nach wie vor 90 % des heimischen Trinkwassers aus 258 Grundwasserkörpern gewonnen. An 753 Messstellen an Fließgewässern mit mehr als 10 Hektar Einzugsgebiet wird außerdem die Nitratkonzentration von 913 Oberflächengewässern gemessen.

Ich glaube, man kann daher zwei Dinge mit Fug und Recht feststellen. Erstens. Das Netz der Messstationen im Freistaat Bayern ist dicht gezogen. Zweitens. Die verantwortlichen Behörden sorgen sich um die Qualität des Wassers in Bayern. Das mag offensichtlich nicht jeder glauben. Aber, lieber Kollege Scheuenstuhl, auch das ist euer gutes Recht als Opposition.

Immer wieder erbitten die Kollegen von den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Umwelt und Verbraucherschutz und Gesundheit und Pflege ausführliche Zusammenstellungen der Messergebnisse und Maßnahmen und erhalten sie selbstverständlich.

Ich zitiere hier aus der Antwort der Staatskanzlei an den Kollegen Hartmann:

Die Staatsregierung legt höchste Priorität auf eine sorgfältige … Beantwortung parlamentarischer Anfragen … trotz der erheblichen Herausforderungen durch den kontinuierlichen Anstieg der Zahl und des Umfangs parlamentarischer Anfragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist noch sehr höflich dafür ausgedrückt, wie die Opposition die Ministerien und nachgelagerte Behörden mit Anfragen überzieht.