Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir wollen definieren, wer beteiligt ist: die kommunalen Integrationsbeiräte, die Wirtschaftsverbände, der Flüchtlingsrat, die Vertriebenenverbände und die kommunalen Spitzenverbände. Das wäre ein Integrationsrat, der diesen Namen verdient hätte. Ein solcher Integrationsrat würde tatsächlich zur Integration in diesem Land beitragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wiederholung fällt mir schwer, aber es ist meine tiefste Überzeugung: Nur gemeinsam gewinnen wir.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Die nächste Wortmeldung kommt vom Herrn Kollegen Halbleib. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf noch mal ganz kurz auf einen Redebeitrag zurückkommen. Ich finde es schon bemerkenswert und menschlich enttäuschend. Wir haben von Leitkultur, Ihrer Leitkultur gesprochen, zu der auf jeden Fall Regeln des Anstandes gehören würden. Herr Kreuzer, Sie hatten nicht den Anstand und nicht die Kraft, sich von diesem unsäglichen Satz Ihres Pressesprechers zu distanzieren.

(Zurufe von der CSU – Unruhe)

Herr Kollege Halbleib, Sie haben sich zum Artikel 15 gemeldet. Hier geht es um den Integrationsbeauftragten und um den Bayerischen Integrationsrat. Dafür haben Sie sich zu Wort gemeldet, und dafür habe ich Ihnen das Wort erteilt. Ich bitte Sie, Ihren Redebeitrag auf den Punkt zu beschränken, zu dem Sie sich gemeldet haben. Mehr brauche ich dazu jetzt nicht zu sagen. Bitte schön.

Selbstverständlich rede ich dazu, und ich werde auch gleich zum Integrationsbeauftragten und Integrationsrat sprechen. Aber ich glaube, dass alles, was wir hier diskutieren, auch dieser Artikel 15, einer Grundlage bedarf. Es bedarf – und deswegen spreche ich hier zur Sache – der Grundlage des politischen Anstands und eines anständigen gegenseitigen Umgangs, und gegen diesen politischen Anstand ist verstoßen worden.

(Zurufe von der CSU)

Dass Sie uns die Urheberschaft von Straftaten unterstellen, ist inakzeptabel.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Heuchelei!)

Sie haben das über Ihren Pressesprecher gemacht, und ich halte das für unsäglich. Dies muss auch in einer Debatte zum Thema Integrationsbeauftragter und Bayerischer Integrationsrat gesagt werden, weil es die Debatte an dieser Stelle prägt.

(Beifall von der SPD)

Für uns sind die Themen Integrationsbeauftragter und Bayerischer Integrationsrat der Lackmus-Test, ob man es mit der Integration und dem Integrationsgesetz ernst meint.

(Zuruf von der CSU: Jetz gib a Ruah! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir sehen im Integrationsbeauftragten die personelle Verkörperung des Integrationsgesetzes sowie seiner Ziele und Grundsätze. Er sollte die personelle Instanz und das zentrale Wächteramt für Integration in diesem Freistaat sein, das sich für die tatsächliche Erreichung der Ziele von Integrationsgesetzen einsetzt. Deshalb muss nach unserer festen Überzeugung diesem Amt das entsprechende Gewicht, die notwendige rechtliche Stellung und die erforderliche Ausstattung verliehen werden.

(Beifall von der SPD)

All das wollen die CSU-Fraktion und die Staatsregierung nicht, was wir sehr bedauern. Das beginnt bereits bei der Unabhängigkeit des Integrationsbeauftragten. Der Integrationsbeauftragte muss nach unserer festen Überzeugung von politischen Vorgaben der Staatsregierung und von ideologischen Aufträgen der Mehrheitsfraktion unabhängig sein. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, erst recht angesichts dieser Mehrheitsfraktion und ihres Verhaltens.

Dabei haben wir beim Landtag eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einem Querschnittsthema, das alle Bereiche betrifft, eine wunderbare Blaupause für einen unabhängigen Beauftragten. Der Datenschutzbeauftragte beim Bayerischen Landtag zieht seine Kraft aus seiner Unabhängigkeit und aus seinem hauptamtlichen Status. Nach unserer Überzeugung kann und muss der Integrationsbeauftragte auch kein Mitglied des Landtags sein. Wie will denn ein Integrationsbeauftragter, der, gleichgültig, ob er der Oppositions- oder der Regierungsfraktion angehört, der jedenfalls Mitglied des Landtags ist, seine Aufgabe erfüllen?

Der Kollege Neumeyer ist, glaube ich, froh, dass er diese Debatte heute weder führen noch Ihre schräge Tonlage und die schrägen Debatteninhalte an diesem Rednerpult rechtfertigen muss. Er könnte sie als Integrationsbeauftragter ja gar nicht unterstützen. Der immerwährende Spagat zwischen der Loyalität gegenüber seiner Fraktion, der Mehrheitsfraktion hier, und seinen integrationspolitischen Überzeugungen dort wird immer breiter und immer schwieriger, erst recht angesichts des heutigen Erscheinungsbilds der CSU-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Ein Integrationsbeauftragter, der seinen Namen zu Recht tragen soll, muss die Unabhängigkeit haben, die Staatsregierung, die Ministerien und die nachgeordneten Behörden des Freistaats zu kritisieren. Diese Unabhängigkeit wollen Sie von der CSU und der Staatsregierung nicht. Über die echten Gründe, warum Sie sie nicht zugestehen wollen, kann man nur spekulieren. Das ist mir nach dieser Debatte klar geworden.

Zur Frage der Aufgaben und der Rechte des Integrationsbeauftragten: Er benötigt mehr Rechte und eine vernünftige konkrete Aufgabenbeschreibung. Auch das wollen Sie nicht. Wenn wir wollen, dass Integration gelingt und dass das Integrationsgesetz erfolgreich umgesetzt wird, brauchen wir einen starken Integrationsbeauftragten mit den notwendigen Kompetenzen. Diese lauten: Kontrolle der Gesetzeinhaltung bei den öffentlichen Stellen; Fürsprecher für die Menschen mit Migrationshintergrund bei Verletzung von Rechten oder deren Beeinträchtigung; Recht der Stellungnahme gegenüber dem Landtag bei allen Beschlussempfehlungen. Der Integrationsbeauftragte soll sich, unbeschadet des Petitionsrechts, auch um alle Anregungen von Betroffenen von Verbänden, Migrantenorganisationen oder kommunalen Beauftragten kümmern können. Außerdem muss er überall Verbesserungsmaßnahmen anregen dürfen und bei allen Normsetzungsverfahren der Staatsregierung im Bereich der Integration einbezogen werden.

Von all dem wollen Sie nichts wissen, und das spricht Bände. Sie wollen keinen starken Integrationsbeauftragten, weil Sie im Grunde auch keine echte Integration wollen.

(Beifall bei der SPD)

Sie lehnen auch einen hauptamtlichen Status und eine vernünftige personelle Ausstattung des Integrationsbeauftragten ab. Die Schlussfolgerung ist klar: Sie wollen definitiv keinen starken Integrationsbeauftragten. Sie brauchen nur ein politisches Feigenblatt, das heißt einen Integrationsbeauftragten, der von Staats

regierung und Mehrheitsfraktion abhängig ist, sodass er seine eigentliche Aufgabe gar nicht erfüllen kann. Wir bedauern das sehr, und wir hätten uns auch sehr gewünscht, dass die guten Gründe für eine Stärkung des Bayerischen Integrationsrats und der Integrationsbeiräte von Ihnen aufgenommen worden wären. Auch das wollen Sie nicht.

Integration lebt von der Einbeziehung der Betroffenen. Wir wollen eine strukturelle und finanzielle Stärkung und befürworten die Förderung örtlicher Integrationsbeiräte und deren stärkere Unterstützung. Sie wollen anstelle wirksamer Institutionen Ihre Feigenblattpolitik fortsetzen, was auch zu Ihrem heutigen Verhalten passt.

Herr Kollege Halbleib, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Das Interesse an Integration wird im Gesetzentwurf gar nicht spürbar, stattdessen nur das Interesse an politischer Instrumentalisierung. Außerdem ist die Mehrheitsfraktion an einer sachlichen Debatte zu den von mir aufgeworfenen Fragen unserer Fraktion überhaupt nicht interessiert.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Artikel wieder getrennt. Es ist vorweg über die einschlägigen Änderungsanträge der SPD-Fraktion abzustimmen.

Ich lasse zuerst über die Nummer 16 des Änderungsantrags der SPD-Fraktion abstimmen. Diese betrifft den "Bayerischen Integrationsbeauftragten". Der endberatende Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum der Nummer 16 des SPD-Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Dies sind SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die CSUFraktion. Enthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist die Nummer 16 des Antrages abgelehnt.

Ich lasse über die Nummer 14 des Änderungsantrags der SPD-Fraktion abstimmen: "Bayerischer Integrationsrat und örtliche Integrationsbeiräte". Der federführende Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum der Nummer 14 des SPD-Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Dies sind SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die CSUFraktion. Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine.

Damit ist auch die Nummer 14 des Änderungsantrags abgelehnt.

Zum Artikel 15, Integrationsbeauftragter und Bayerischer Integrationsrat, des Gesetzentwurfs der Staatsregierung empfiehlt der federführende Ausschuss Zustimmung. Wer dem Artikel 15 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSUFraktion. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist der Artikel 15 so beschlossen.

Ich rufe auf:

Artikel 16 "Integrationsbericht"

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Doris Rauscher, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) hier: Nummer 17 (Drs. 17/13211)

Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 24 Minuten. Ich darf als ersten Redner den Kollegen Leiner aufrufen. Bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bedaure außerordentlich, dass zum Artikel 16 der Kollege Huber nicht spricht und dass ich seiner Argumentation nicht folgen kann. Im Übrigen darf ich darauf hinweisen: Manchmal wäre es besser zu schweigen, was ich in diesem Fall ausdrücklich auf den Kollegen Kreuzer nach seiner letzten Darstellung beziehe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber lassen Sie uns zu Artikel 16 zurückkommen. Unabhängig von diesem unseligen Gesetz, das Sie uns hier vorlegen, ist dieser Artikel auch grottenschlecht gemacht und damit eine Missachtung dieses Parlaments.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich begründe Ihnen das. In Artikel 16 des Bayerischen Integrationsgesetzes heißt es: "Der oder die Integrationsbeauftragte erstellt in jeder Legislaturperiode einen Tätigkeitsbericht." Einen Tätigkeitsbericht, meine Damen und Herren, in fünf Jahren einen einzigen Tätigkeitsbericht! Das ist angesichts einer so wesentlichen Frage nach meiner Ansicht lächerlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weiter heißt es in Artikel 16: "Er oder sie leitet den Bericht nach Billigung durch den Ministerrat dem Landtag zu." Das muss man sich vorstellen: Der Ministerrat entscheidet und bespricht diesen Bericht, und danach wird er dem Parlament zugeleitet. Das, meine Damen und Herren, ist für mich als Parlamentarier völlig unmöglich. Der Integrationsbeauftragte sollte eine unabhängige Persönlichkeit sein und uns die wahren Tatsachen über die Situation vorlegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hier zeigt sich deutlich, wie die Bayerische Staatsregierung in diesem Fall agiert. Ein Bericht, der nur einmal in fünf Jahren gegeben wird, reicht nicht aus, um die Entwicklung im Bereich der Integration verfolgen zu können. Die Situation in der Flüchtlingsfrage kann sich ganz schnell ändern. Wir haben das in den letzten Jahren und ganz massiv im letzten Jahr erlebt. Wir brauchen also eine unabhängige Persönlichkeit, die dem Parlament jederzeit zur Verfügung steht. Wir haben ein Integrationsministerium verlangt; denn es ist gute Übung im parlamentarischen Betrieb, dass ein Ministerium dem Landtag Rede und Antwort und jederzeit für Auskünfte, Anfragen und Nachfragen zu bestimmten Situationen zur Verfügung steht.

Dies alles ist in Ihrem Artikel 16 nicht enthalten, weil der Landtag bloß alle fünf Jahre durch einen möglicherweise auch noch zensierten Bericht des Integrationsbeauftragten informiert werden soll.