Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wollen Unternehmen? Was will die Wirtschaft? Mit der "Wirtschaft" meine ich Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. – Investitionssicherheit! Die Investition in Menschen ist die edelste, die wir tätigen können. Ich darf an die Erwähnung der Kinder in der Bayerischen Verfassung erin
nern. Werte Frau Präsidentin, Sie haben in Ihrer Rede im Staatstheater besonders betont, dass Kinder der Hauptreichtum unseres Volkes sind. Aber wenn es um Kinder geht, die noch nicht bayerische Kinder sind und es demnächst wohl werden, sperrt man sich.
Diversity Management, wie es neudeutsch heißt, fördert die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Herr Goppel, ich darf Sie an Ihren Wortbeitrag von vorhin erinnern. Ob die Zahl jetzt exakt stimmt, weiß ich nicht, aber Sie haben gesagt: Die Hälfte der bayerischen Bevölkerung hat Migrationshintergrund – mehr oder weniger – oder Migrationsvordergrund, wie viele sagen. Das ist ein Vorteil für Bayern. Daraus resultiert die wirtschaftliche Stärke, die uns gegenüber anderen privilegiert. Begreift das endlich mal, liebe CSU!
Da reicht es nicht, Integrationspreise zu verleihen. Man muss vielmehr den Unternehmen die Verlässlichkeit geben, dass sie das Invest in die Köpfe und Herzen dieser Menschen auch in Rendite ummünzen können; denn nur aus Menschenfreundlichkeit machen sie es nicht. Das kann man ihnen auch gar nicht vorwerfen. Beredtes Beispiel hierfür ist der Brandbrief zu der 3-plus-2-Regelung, den Ministerpräsident Seehofer von den Kammern, von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – vbw – bekommen hat. Es ist doch wirklich ein Aberwitz, ein Treppenwitz der Geschichte, wenn man Menschen, die schon ausgebildet und integriert sind, abschiebt. Das ist gegenüber diesen Unternehmen regelrecht ein Torpedostoß.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Leitkultur. Seien wir doch ehrlich: Ein Migrant, der schon in Niederbayern integriert ist und nach Oberfranken kommt, erlebt sein blaues Wunder, weil dort plötzlich eine ganz andere Art von Leitkultur zu beherzigen ist. Da verlangen wir diesen Menschen viel zu viel ab, ohne dass wir es klar definieren können. Das wollten bzw. konnten Sie ja nicht.
(Der Redner schlägt mit der Faust aufs Redner- pult – Glocke des Präsidenten – Zurufe von der CSU: Hey! Jetzt aber!)
(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Ja, genau! So ist es! – Volkmar Halbleib (SPD): Er darf doch wohl um Ruhe bitten! )
für ein gemeinsames Miteinander gegen das geplante Bayerische Integrationsgesetz. Es stammt aus der Feder von DGB und IG Metall, aus unserer gemeinsamen Feder: das Betriebsverfassungsgesetz. Es macht keinerlei Unterschiede bezüglich der Herkunft; es geht nur um die Kompetenz und um die menschlichen Fähigkeiten. Jeder wird gleichbehandelt. Daran sollte man sich ein Beispiel nehmen; das sollte der Maßstab sein. Die IG Metall München sagt – ich zitiere: Die Bayerische Staatsregierung verkennt, dass Werte Ergebnisse von Verhandlungsprozessen zwischen allen Menschen, die in Bayern und Deutschland leben, sind. Dazu gehören auch Menschen anderer Nationalität.
Der Gesetzentwurf lässt diese Bereitschaft absolut vermissen. Im Übrigen: Leitkultur widerspricht vor allem dem Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Der Begriff Leitkultur grenzt aus. Ich schließe damit: Das Bündnis für Integration, das die Bayerische Staatsregierung mit den Kammern und der vbw geschlossen hat, ist unvollständig. Die Arbeitnehmerseite gehört genauso dazu.
Allerletzter Punkt ist meine Forderung: Wir brauchen ein Zuwanderungsgesetz. Wenn wir auf Bundesebene ein solches hätten und Sie da mitmachen würden – es gibt sogar innerhalb der CSU-Bundestagsfraktion Vernünftige, die in diese Richtung denken, aber im Mo
ment noch nicht denken dürfen –, könnten wir diesen Weg weitergehen. Dann haben wir neben dem völlig überfrachteten und fehleingesetzten Asylthema einen weiteren Kanal, der regulierte Zuwanderung zu uns ermöglichen würde. – Ich danke und bitte um Zustimmung, also um Ablehnung Ihres Antrags.
Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es geht um Artikel 10, "Verantwortung der Wirtschaft". Wer diesem Artikel 10 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen! – Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist der Artikel 10 so beschlossen.
Bezüglich der beschlossenen Änderungen verweise ich auf den Beschluss zur Zweiten Lesung bzw. auf die aufgelegte Drucksache. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Mistol. Bitte schön, Sie haben wieder das Wort.
Ich darf Artikel 11 Absatz 4 der Bayerischen Verfassung zitieren: "Die Selbstverwaltung der Gemeinden dient dem Aufbau der Demokratie … von unten nach oben." Ich sage Ihnen: Was die Kommunen selbst erledigen können, muss der Gesetzgeber nicht regeln.
Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips sollte also die Regelung dieses Schwimmbad-Paragrafen weiterhin der kommunalen Ebene überlassen bleiben. Ich zitiere hierzu noch einmal die Position der kommunalen Spitzenverbände; sie schreiben:
Wir halten eine solche Regelung für nicht erforderlich, systemfremd sowie nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Jetzt schon können Benutzungssatzungen oder Benutzungsordnungen entsprechende Verhaltensregeln für alle Benutzerinnen und Benutzer im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts vorgeben,
In diesem Sinne sage ich: Wer ausgrenzt, spaltet; wer spaltet, schwächt das Land. Zusammenhalt macht uns stark. Gemeinsam gewinnen wir.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als der Kollege Zellmeier zu Beginn der Zweiten Lesung noch sprechen konnte,
hat er davon geredet, dass vieles in der Praxis nicht umzusetzen sei. Damit hat er sicherlich den Artikel 17a Absatz 2 bis 4, den Schwimmbadparagrafen, gemeint; denn bereits beim Entwurf, als man noch von grapschenden Flüchtlingen ausgegangen ist, war der Grundgedanke schlichtweg: Schrott. In der Ersten Lesung hat sich daran nicht viel geändert, und auch in der Beratung ergab sich keine Änderung. Man hat die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände ignoriert, während man ansonsten immer auf das Votum der Spitzenverbände schaut. Hier hat man es ignoriert. Korrekt ist, dass vieles jetzt schon in Landkreis-, Gemeinde- und Bezirksordnung geregelt ist. Wer von Ihnen jüngst in einem Bad gewesen ist, weiß, dass dort das Recht des Bademeisters gilt. Er entscheidet, ob Sie vom Beckenrand springen oder nicht –
sonst niemand! Und wenn Sie sich nicht nach ihm richten, gehen Sie nach Hause, egal, wer Sie sind. Ich spreche hier aus 24-jähriger Erfahrung.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, das hätt’s nicht gebraucht; denn wer soll eine vorherige Belehrung durchführen und das ausdrückliche Anerkenntnis der bestehenden Vorschriften einfordern?
In der Zweiten Lesung haben Sie dann den Geltungsbereich der Regelung von den grapschenden Flüchtlingen auf jedermann erweitert. Jetzt können also alle Leute belehrt werden, und von allen Gästen müssen
die Dokumente eingefordert werden. Auch hier stellt sich die Frage: Ist das durchführbar? – Nachdem ich in dieser frühen Morgenstunde keine Hoffnung habe, dass Sie ein Einsehen haben und diesen Schrottparagrafen einschmelzen, stellt sich mir die Frage: Wie wird es denn in den bayerischen Staatsbädern am 2. Januar gehandhabt, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist?