Nun werden Sie bestimmt gleich sagen, das Zwei-Prozent-Ziel sei ein Mindestziel und darüber hinaus ginge noch mehr. – Ja, natürlich, aber die Frage ist, ob die Bundesländer das wollen. Im Zweifel nicht, denn die zwei Prozent werden schwer genug zu erreichen sein. Durch die Absprachen mit anderen Bundesländern können wir Anreize setzen, die Windkraft dort auszubauen, wo sie sinnvoll, nachhaltig und auch wirtschaftlich effizient ist. Aufgrund dieser Ungenauigkeit in Ihrem Antrag werden wir uns enthalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für das Thema. Wir hatten heute schon das Thema Holz als Energieträger. Wir sprechen heute zum wiederholten Male über das Thema Windenergie. Ich wünsche mir, dass wir in absehbarer Zeit auch das Thema Wasserkraft in die Debatte bringen. Wir haben eine Vielzahl von Energieträgern, die wir optimieren und ausschöpfen müssen, um möglichst viel Wertschöpfung in unserer bayerischen Heimat zu erzielen.
Wenn wir heute von der Windenergie reden, dann gehe ich mit Ihrem Ziel, starr zwei Prozent Flächenkulisse sogar in den Regionalen Planungsverbänden auszuweisen – wenn ich Ihren Antrag richtig lese –, nicht mit. Das ist mir zu planwirtschaftlich und geht auch am Thema vorbei. Es geht genauso am Thema vorbei wie Ihre starren fünf Hektar Flächenverbrauch pro Tag in Bayern. Pro Quadratmeter scharf auf die Kommune heruntergebrochen kommen Sie sprichwörtlich genauso in den Wald wie mit diesen zwei Prozent.
Es gibt Planungsregionen, die schon in dieser Größenordnung unterwegs sind. Sie haben es richtigerweise gesagt: 5 der 18 Regionalen Planungsverbände haben überhaupt keine Gebietskulisse ausgewiesen und haben teilweise mehr Windräder als Regionen mit einer großen Kulisse. Eine ausgewiesene Vorranggebietskulisse ist also keine Garantie und ist nicht einmal Voraussetzung dafür, dass wir mit dem Ausbau der Windenergie vorankommen. Trotzdem ist das hilfreich.
Die Gespräche werden innerhalb unserer Regierungskoalition bis März fortgeführt, nämlich ob wir mit diesen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten in diesen 10-H-Ausnahmetatbestand kommen, ob wir auch mit den Wäldern in diesen Ausnahmetatbestand kommen; denn es ist ja rund die Hälfte der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete in Wäldern und die andere Hälfte außerhalb. Das würde heißen, dass wir beim Ausbau der Windenergie im Verhältnis 50 : 50 innerhalb bzw. außerhalb des Waldes landen werden.
Natürlich will ich, dass die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete fortgeschrieben werden. Ich will jetzt aber nichts übers Knie brechen und sagen: Bis Jahresende müssen so und so viel Prozent der Landesfläche ausgewiesen werden; denn wir würden unnötigerweise Unruhe in die Regionen bringen, selbst dorthin, wo die Leute unsere Pläne gutwillig und gutmütig unterstützen und in der Vergangenheit schon viel für die Windkraft geleistet haben.
Diejenigen, die keine Planung haben, sollen in die Planung gehen. Aber auch hier will ich parallel arbeiten und nicht sagen: Die sollen jetzt Vorranggebiete ausweisen. Dann sind nämlich drei Jahre um, und in der Zeit passiert überhaupt nichts. Dann wird auch nirgendwo ein Windrad gebaut, weil gesagt wird: Jetzt warten wir mal ab, wo die Vorranggebiete hinfallen, damit wir nicht so dumm sind und es genau ins künftige Ausschlussgebiet stellen. Wenn wir heute sagen würden: Ausschlussgebiete akzeptieren wir nicht mehr, dann wären auch die Vorranggebiete weg vom Fenster, und wir würden vor Ort nur Unfrieden säen.
Noch einmal: Es gibt Regionen, die windhöffiger sind als andere. Es gibt Regionen, die mehr auf Landschaftsschutz, auf PV oder sonst was setzen. Auf den Regionalen Planungsverband heruntergebrochen: Die zwei Prozent sind mit Sicherheit eine Fehlkalkulation. Es ist auch eine Fehlkalkulation, sich nur auf die Windkraft zu verengen; denn natürlich werden andere erneuerbare Energien vor Ort beim Flächenverbrauch mit bewertet. Sie wissen ja, dass diese Energieflächen dann in der Flä
chenverbrauchskulisse landen. Einige Bürgermeister fragen mittlerweile: Sollen wir überhaupt noch PV-Freiflächen ausweisen? Dürften wir dann in ein paar Jahren gar keine Gewerbegebiete mehr ausweisen, wenn man hier noch enger zur Brust genommen würde?
Wir müssen uns dies im Detail ansehen. Wir müssen auf die Praxisbeispiele abstellen. Hier verweise ich auf die Glasindustrie am Rennsteig, wo aktuell selbst die Glasindustrie sagt: Jawohl, wir wollen einen Wind- und Wasserstoffpark. Ich will jetzt nicht bewerten, ob das vor Ort jeder toll finden muss. Aber da sind Initiativen aus der Region heraus, wo sich die Industrie hinstellt und sagt: Wir können bei den jetzigen Energiepreisen nicht mehr mithalten und tendieren dazu, unsere Energie selber wie vor 200 Jahren zu gewinnen, als eine Unternehmensansiedlung wegen der Wasserkraft in erster Linie neben den Flüssen stattgefunden hat. So wird künftig der eine oder andere Industriebetrieb sagen: Jawohl, ich gehe diesen Weg.
Wir können hier noch konkreter ins Detail gehen: Die Firma Heinz-Glas sagt, sie braucht etwa die Energie von drei großen Windkrafträdern oder von 60 Hektar Photovoltaik oder von zwei Windrädern und die restliche Fläche mit 20 Hektar Photovoltaik aufgefüllt.
Insofern haben wir hier die Mischkalkulationen vor Ort. Es wird etwas auf die Dächer gebaut. Es wird Photovoltaik in die Fläche gehen. Wir werden hier Agri-PV, hoffentlich auch vom Bund unterstützt, in nächster Zeit gezielt nach vorne bringen.
Ich kündige an, dass ich eine Roadshow zum Thema Photovoltaik auf den Freiflächen machen werde, wo wir gleichermaßen die Landwirte als Grundbesitzer, die Energieverbände, die Bürgermeister und die Anwohner einbinden, weil dieses Thema das nächste Thema sein wird, mit dem wir vor Ort konfrontiert sind.
Auf mich kommen Bürgermeister zu und sagen: Da kommt ein Investor und will 100 Hektar Photovoltaik ausweisen. Dann geht er damit in den Gemeinderat. Helle Aufregung! Die wissen nicht, damit umzugehen. Wir müssen also auch dieses Thema auf das richtige Gleis setzen und alle Energieformen richtig kombiniert nach vorne bringen.
Für mich ist immer noch der Schlüssel zum Erfolg – – Sie können jetzt hundertmal sagen: Die letzten paar Jahre ist nichts passiert. Damals stand das Thema Energiepolitik ja nicht so auf der politischen Tagesordnung. Wir haben den Energiedialog erst 2019 mit aufgenommen. Danach haben wir zwei Jahre Corona-Pandemie gehabt. Jetzt kommen wir wieder vermehrt in die Umsetzung dieser Themen. Man konnte in der Zwischenzeit ja nicht einmal zu Veranstaltungen mit den Bürgermeistern rausgehen, weil das coronabedingt vielfach nicht möglich war.
Noch einmal: Ihre zwei Prozent sind zu starr für nur Windkraft. Wir nehmen andere Energieformen mit herein. Dann sind wir sehr schnell deutlich über den zwei Prozent. Dann wird sich der eine oder andere vielleicht zurücklehnen und sagen: Ich habe meine Schuldigkeit getan. Auch der Bund sagt: Die Fläche soll nicht nur für die Windkraft sein. Genau darum geht es jetzt.
Ich bringe jetzt noch ein paar Details. Ich glaube, dass wir dann mit der Windkraft zum richtigen Ergebnis kommen, wenn ein heutiges Windrad deutlich über 10.000 Bürger mit Strom versorgt. Wenn jetzt hoffentlich gesetzlich festgezurrt wird, dass die Standortkommune 0,2 Cent pro Kilowattstunde Einspeisevergütung bekommt, dann fließen bei diesen großen Windrädern in der 6-MW-Klasse circa 40.000 Euro jährlich in die Gemeindekasse. Dann sind das rund 50.000 Euro Pacht für den Grundbesitzer in der Region. Hoffentlich wird damit nicht wieder eine Neiddebatte angestoßen. Das ist hoffentlich für viele Waldbesitzer die Chance, mit den Einnahmen ihre Wälder zukunftstauglich zu machen, besonders in Gebieten,
wo die Wälder dürr werden und man kaum mehr den Waldarbeiter oder die Kolonne bezahlen kann, die die dürren Bäume entfernt, nutzt oder verheizt – was hoffentlich weiterhin erlaubt sein wird. Dann ist dort auch mal ein Windrad mit einer Fläche von 50 mal 70 Metern zumutbar, wenn dafür ein paar Bäume gefällt werden, an anderer Stelle nachgepflanzt werden und ökologische Trittsteine entstehen.
Wir hatten heute im Rahmen des Landesplanungsbeirats auch Diskussionen, wo auch die Umweltverbände diesen Weg mitgehen und nicht mehr sagen, die Dinge müssen beklagt werden, sondern erkennen: Das können ökologische Chancen sein. Das Windrad im Wald ist also nicht per se böse, sondern es kommt darauf an, wo es steht und was man draus macht. Ich glaube, mit der Vorgehensweise, die Bürger einzubinden, fließt Geld in die kommunale Kasse.
Ich bitte Sie, sich in Berlin dafür einzusetzen, die Südquote für Windkraft weiter einzufordern. Das liegt bei der EU-Kommission, die diesen Weg noch nicht ganz überzeugt mitgeht. Es geht darum, dass wir in Gebieten, in denen der Wind nicht so stark weht, wie im Süden, höhere Vergütungen bekommen, sonst werden die Investoren sagen: Dann gehe ich mit meinem Euro lieber nach Mecklenburg-Vorpommern anstatt nach Bayern. Es geht darum, eine bessere Einspeisevergütung zu bekommen, damit die Kommunen, die Grundbesitzer und die Anwohner beteiligt sind sowie die regionale Wirtschaft versorgt ist. Dann sind wir auf dem richtigen Gleis.
Warum bei der Windkraft damals die Vollbremsung stattgefunden hat, war ja unter anderem deshalb, weil der Bürgermeister – ich wiederhole das – nichts davon wusste und nur aus der Zeitung erfahren hat, dass eine Windkraftanlage gebaut werden soll, bei der ein auswärtiger Investor den Profit hat. Die Gemeinde hätte dann außer der kaputt gefahrenen Feldwege nichts, bekommt keine Einspeisevergütung und sieht aufgrund gewisser Steuersparmodelle nicht einmal Gewerbesteuer.
Wenn wir diese Akzeptanz aber in der Form aufbauen, dann bin ich überzeugt, werden wir dieses Ziel schneller erreichen, als wenn wir in München zwei Prozent verordnen und dann in den Sommerferien herausfahren und schauen, ob die Bauern das schon umgesetzt haben, was "die Bürokraten in München beschließen". Ich will mit den Bürgermeistern, den Bauern und den Anwohnern draußen diesen Weg gehen. Das funktioniert nicht mit einer von oben verkündeten sozialistischen Planwirtschaft, sondern wir müssen die Menschen dort, wo sie leben und das Windrad errichtet werden muss, überzeugen. Dann gehen wir hier den richtigen Weg. Deswegen werden wir diese starren zwei Prozent nur für die Windkraft ablehnen, sind aber – Sie sehen es – an allen Fronten tätig, um die erneuerbaren Energien gezielt voranzubringen. Ich sehe auch kein grün dominiertes Bundesland, das derzeit mit einem Zwei-Prozent-Windkraftziel agiert. Selbst in Baden-Württemberg werden meines Wissens andere erneuerbare Energieformen eingerechnet. – Vielen Dank fürs Zuhören.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, auch im Namen meiner Kollegen darf ich Sie bitten, bei den Fragen, die ich stellen werde, vielleicht nicht den Bogen zum Lohn eines Waldarbeiters zu schlagen. Wir glauben Ihnen, dass Sie dies darstellen können. Ich möchte drei Fragen stellen: Sie sind sehr grundsätzlich geworden und haben auch die Regionalplanung angesprochen. Diese hat viele Aufgaben. Sie wollten niemanden scheu machen. In Ihrem aktuel
len Entwurf zur Teilfortschreibung des LEP sprechen Sie viele, viele Aspekte auch bei der Energieversorgung an, wo Sie eine Vielzahl von neuen Grundsätzen einführen. Diese Arbeit muss in den Regionalen Planungsverbänden getan werden. Hier haben Sie offenbar keine Hemmungen. Nur bei der Windkraft sind Sie zurückhaltend.
Meine Fragen an Sie lauten: Wie viele Windkraftanlagen müssen nach fünf Jahren Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf den Weg gebracht werden, damit Sie sagen, das war ein Erfolg? Was tun Sie, damit die fünf regionalen Planungsverbände, in denen es noch keine entsprechende Planung gibt, mit der Planung beginnen, da diese natürlich auch ein Dialog mit den Bürgern vor Ort ist? Welche Vorschläge werden Sie dem Bund unterbreiten, wie Sie das Ziel in Bayern, beim Windkraftausbau endlich wieder neu zu starten, auf den Weg bringen wollen?
Zur Frage, wie viele Windräder auf den Weg gebracht werden: Ich habe schon einmal die Zahl von 600 neuen Windrädern in den Raum gestellt, die errichtet werden müssten, um den Ertrag aus Windkraft in Bayern zu verdoppeln. Dies ist für mich ein realistisches Ziel in den nächsten zehn Jahren. In fünf Jahren geht nichts. Es kommt darauf an, wie dies beklagt wird. Sie wissen, dass man, selbst wenn man von 10 H nicht betroffen ist, unter vier Jahren kaum aus der Nummer herauskommt. Somit werden die Windräder nicht im fünften Jahr wie die Zinnsoldaten in der Gegend stehen, sondern Zielmarke sind die zehn Jahre. Mein Ziel sind die 600 Windräder. Was werde ich im Bund dafür tun? – Wie gesagt, werde ich mich zum einen für die Südquote einsetzen, zum anderen aber auch gezielte Vorschläge unterbreiten und Ausnahmetatbestände von der 10-H-Regel schaffen, um den Bund nicht zu dem Schluss zu verleiten: Die Bayern wollen nicht liefern, also schaffen wir 10 H generell ab.
Ihre Aussage, dass die Menschen bei den Planungsverbänden oder den Regierungen eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen haben, stimmt. Unter anderem haben wir dafür erst kürzlich acht Flächensparmanager eingestellt, auch um Ihrem Volksbegehren den Wind aus den Segeln zu nehmen und gezielt etwas zu tun, um das Flächensparen gemeinsam mit den Kommunen richtig anzugehen. Wir hätten diese acht Personen auch für die Windkraft einsetzen können, aber wir haben sie jetzt beim Flächensparen eingesetzt. Diese werden den Bürgermeistern sagen müssen: Jede Photovoltaik-Freifläche zählt auch zur Flächenverbrauchsstatistik.
Insgesamt ist hier nicht alles so einfach, wie man meint. Der Lohn für den Waldarbeiter ist – ob Sie es glauben oder nicht – sehr wichtig, damit unsere Wälder so aussehen, dass die, die sonntags dort spazieren gehen wollen, auch wieder den Heimweg und ihr Auto finden, nachdem sie in den Wald gegangen sind.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 18/21295 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD. Gegenstimmen bitte anzeigen! – Das sind die CSU, die FREIEN WÄHLER und die AfD. Stimmenthaltungen, bitte! – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Florian Streibl, Dr. Fabian Mehring, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), Thomas Kreuzer, Tobias Reiß, Prof. Dr. Winfried Bausback u. a. und Fraktion (CSU) Transparenz und effektive Kontrollmechanismen in bayerischen Pflegeeinrichtungen (Drs. 18/21296)
Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Johann Häusler von der Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." – Wir kennen das. So steht es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Dies gilt für alle Menschen hier in unserem Staat, aber insbesondere für die, die dieses Schutzes am meisten bedürfen, und zuallererst natürlich für alte und pflegebedürftige Menschen. Dies sind Mitbürgerinnen und Mitbürger, Mütter und Väter, oftmals aber auch Kinder. Viele von ihnen haben ein Leben lang hart dafür gearbeitet, unseren Wohlstand zu mehren und zu sichern.
Aber nicht jeder dieser Mitmenschen hat das große Glück oder auch den Segen, in der Geborgenheit der Familie alt werden zu dürfen. Wir – der Staat, die Kommunen, unsere sozialen Dienstleister, aber auch Private – investieren in ambulante, aber insbesondere auch in stationäre Einrichtungen, in die Infrastruktur und vor allem auch in die notwendige Personalausstattung. Dies sind wir unseren Mitmenschen absolut schuldig.
Dennoch – auch das ist die Wahrheit – fehlen Fachkräfte. Viele sind ausgepowert und überfordert. Manche geben ihren Beruf auf. Aber – das ist die andere Seite der Medaille, und hier kommen wir zum Kern des Antrags – oftmals geht es auch um die Wirtschaftlichkeit der Pflegedienste. Nicht erbrachte Leistungen, Abrechnungsbetrug usw. beschäftigen zusehends die Staatsanwaltschaften und Gerichte. So geschehen letztes Jahr in Augsburg im Fall eines Kassenbetrugs in der Größenordnung von drei Millionen Euro. Parallel dazu gab es einen Betrugsfall in München mit einem Volumen von zwei Millionen Euro. Pflegedienste rechnen hier etwas ab, was sie so nicht vollumfänglich erbringen.
Missstände gibt es aber nicht nur in diesem Bereich, viele wurden bereits im Jahr 2019 sehr deutlich. Auch hier im Bayerischen Landtag wurde dies dargestellt und in einer Anhörung auf meine Initiative und meinen Antrag hin beraten. Ich erinnere daran, es gab damals den Fall einer Wohngemeinschaft im nördlichen Landkreis Augsburg, die auf der Titelseite der "Augsburger Allgemeinen" mit der großen Schlagzeile dargestellt wurde: Toter saß am Mittagstisch. Damals gab es einen gemeinsamen Runden Tisch im Landratsamt Augsburg. Dort saßen Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen am Tisch. Dabei kam sehr klar zum Ausdruck, dass die Heimaufsicht nur sehr schwer und eingeschränkt Kontrollen in diesen Wohngemeinschaften vornehmen kann. Aufgrund dieses Fachgesprächs lautete dann die Zielsetzung, dass die Kontrollmechanismen an die in den stationären Einrichtungen angepasst und gleichgestellt werden. Soweit zu dieser Geschichte.
2021 haben wir in den Fachausschüssen sehr ausführlich das Thema Seniorenresidenz in Schliersee gehabt. Diese geriet damals in den Fokus der Öffentlichkeit. Warum? – Weil dort erhebliche Pflegemängel festgestellt wurden, was schließlich zur Schließung führte, weil die Krankenkassen die Versorgungsverträge gekündigt haben.
Nun folgt die Verknüpfung der ganzen Geschichte: 15 Bewohner aus Schliersee wurden dann in das Pflegeheim in der Ebnerstraße in Augsburg übersiedelt. Darüber ist gestern auch im Gesundheitsausschuss diskutiert worden. Der italienische
Konzern, der diese Pflegeheime betreut bzw. verwaltet und managt, ist bereits in Italien vermehrt aufgefallen und hat dort sehr viele Negativschlagzeilen produziert. Derzeit – dies vielleicht zur Kenntnisnahme – beschäftigt dieses Unternehmen die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen in Nürnberg und die Staatsanwaltschaft München II. Dabei geht es nicht nur um Abrechnungsbetrug, sondern auch um mutmaßliche Körperverletzungsdelikte an 88 Bewohnern und 17 Todesfälle. Der derzeitige Leiter des Heims in Augsburg, der die Schließung und diesen Skandal zu verantworten hatte, war zuvor bereits in Schliersee verantwortlich. Das muss man sich einmal vorstellen!
Nun wird es noch interessanter: Der Träger hat die Bewohner damit geködert, nach Augsburg zu kommen, indem er ihnen dort Rabatte zugesichert hat. Gestern habe ich auf der Homepage dieses Unternehmens, der Seniorenresidenz in der Ebnerstraße in Augsburg gelesen, dass sie besonders günstige Preise anbieten – Preise, die im Grunde 1.000 Euro unter den anderen liegen. Man muss sich einmal vorstellen, was für eine skandalöse Geschichte das ist, wenn man es einmal von dieser Seite sieht.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Heimaufsicht in Augsburg und der Medizinische Dienst müssten eigentlich aufgrund der öffentlichen Berichterstattung und der Umstände der Schließung des Heims in Schliersee ausreichend informiert und sensibilisiert gewesen sein. Schliersee wurde Ende September 2021 geschlossen. Und, das ist jetzt positiv, der Medizinische Dienst kam bereits im Oktober 2021 unangemeldet in das Heim in der Ebnerstraße in Augsburg. Damals wurden neun Bewohner überprüft. Es wurde festgestellt: wenig Essen, wenig Trinken, die Personen ungepflegt, ungewaschen, fehlende Arzneimittel und falsche Verabreichung. Das Fazit war: Die Pflege im Heim ist nicht sichergestellt. Im Januar 2022 kam die Prüfung noch einmal. Damals hat es geheißen, es wurden 22 Defizitbewertungen abgegeben. Bei der letzten Bewertung waren es nur 12. Es gibt da die Beschreibung von einem Pfleger, der sagt, es wäre eine nackte Frau auf dem Rollator gesessen. Tod, Durchfall, Urin, Erbrochenes. Eine unversorgte Wunde eines Heimbewohners, es hätten sich Maden darauf gebildet. Das Bein musste amputiert werden. Das Heim bestreitet diese Vorwürfe. Im Grunde hat Corona dazu beigetragen, dass dieses Heim dann letztendlich doch geschlossen werden konnte und geschlossen wurde. Gott sei Dank.
Was hier schwierig ist, und deshalb sage ich das noch einmal ganz explizit: Die Mitarbeiter behaupten, die Heimleitung wäre in Kenntnis der Kontrollen gewesen, die unangemeldet waren. Das macht dieses Problem noch dramatischer. Wenn man genau hinschaut, dann muss man am Schluss sogar feststellen, dass der Leiter der Einzige war, der überhaupt eine Pflegeausbildung hatte. Kräfte aus Italien waren noch nicht einmal der deutschen Sprache mächtig. Das dazu. Hier geht es nicht nur um Betrug, sondern hier geht es auch um die Verletzung von Menschenrechten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das können wir so nicht durchgehen lassen. Deshalb müssen wir dagegen mit aller Entschiedenheit arbeiten.