Protokoll der Sitzung vom 06.04.2022

Und wenn wir wieder bei den Geschäfterln sind, reden wir doch mal über den Mietvertrag des Deutschen Museums in Nürnberg. Ich meine, welch ein glücklicher Zufall, dass der völlig überteuerte Mietvertrag mit demjenigen abgeschlossen wurde, dessen Ehefrau Kulturreferentin der schwarz regierten Stadt Nürnberg ist. Ja, ja, da hat alles nichts mit Nichts zu tun. Aber wenn man mal 35 Millionen Euro mehr auf die Hand bekommt als auf dem Markt üblich, dann steht das natürlich nicht mit irgendeinem schwarzen Filz in Verbindung.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch den Haushaltsausschuss: Der Steuerzahler zahlt drauf, und zwar kräftig. Nun, wir legen nicht nur den Finger in die Wunde, sondern zeigen auch Alternativen auf. Wir konnten ja während der Haushaltsverhandlungen einen Bericht über die Bakteriophagen erstreiten und haben auch einen Antrag gestellt, Mittel allein für die Phagenforschung zur Verfügung zu stellen.

Was sind denn Phagen? – Phagen sind eine Alternative zu Antibiotika. Jeder hat schon einmal von den Krankenhauskeimen gehört, von Bakterienarten, die eine Multiresistenz gegen jedes Antibiotikum entwickelt haben. Jedes Jahr infizieren sich in Deutschland 500.000 bis 600.000 Menschen damit. Jedes Jahr sterben 15.000 bis 20.000 Menschen an dieser Krankheit. Oft ist eine Amputation das letzte Mittel, um das Leben zu retten.

In Georgien hat man diese Probleme nicht, da man die Phagentherapie entwickelt hat. Man kann diese Phagen speziell auf diesen Krankenhauskeim ansetzen, mit dem Vorteil, dass die Phagen wie ein Scharfschütze die Krankenhauskeime bekämpfen, aber die nützlichen Bakterien nicht angreifen. In Georgien wird diese Phagentherapie seit Jahrzehnten erfolgreich angewandt und ist dort zugelassen. Mittlerweile hat sich sogar eine regelrechte Reisebranche entwickelt, um deutsche Patienten nach Georgien zu überführen, damit sie dort geheilt werden können, weil die Phagentherapie in Deutschland nicht zugelassen ist. – Was geht aus dem vorhin erwähnten Bericht hervor? – Gerade einmal zehn Millionen Euro investiert der Freistaat in die Forschung, aber nicht einmal direkt in die Phagenforschung, son

dern allgemein in neue Strategien gegen den Krankenhauserreger. Besondere Anreize für die Phagenforschung werden nicht gesetzt. Daher haben wir einen Antrag gestellt, wenigstens 3,5 Millionen Euro allein in die Phagenforschung zu investieren.

Das, werte Kollegen, halte ich Ihnen vor. Sie sind bereit, für ein Konzerthaus in München eine Milliarde Euro hinzulegen. Aber dazu wenige Millionen in eine Therapie zu investieren, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jährlich Zehntausenden Menschen das Leben retten könnte, sind Sie nicht bereit.

Erneut haben wir auch wieder Anträge für die Förderung der Altersforschung gestellt. Wir haben diese Anträge bereits weit vor der Corona-Krise gestellt. Die Altersforschung wird in den nächsten Jahrzehnten zu der größten gesellschaftlichen Revolution der bisherigen Menschheitsgeschichte führen – versprechen die Forscher doch nicht weniger als ewige Jugend und Gesundheit. Mittlerweile sind auch die größten internationalen Großkonzerne in die Forschung eingestiegen.

Herr Söder, Sie sind ja auch bei diesem Plan mal wieder nicht da, ich appelliere erneut an Sie: Schauen Sie nicht weiter zu, wie dieser Transrapid abfährt, sondern setzen Sie Bayern an die Spitze dieser entstehenden Hochtechnologie. – Ich komme zum Ende.

(Zurufe: Bravo!)

Dieser Haushaltsplan ist ein Plan für die gesellschaftliche Elite, für den schwarzen Filz und für Krisengewinner. Für die wirklichen Nöte und Sorgen der Bevölkerung hat Herr Söder wenig übrig. Sie darf die Zeche bezahlen und soll sich nicht beschweren; denn es läuft ja alles so prächtig hier. Über den Tellerrand der Staatskanzlei vermag der engstirnige Blick der Königlichen Hoheit Söder nicht zu reichen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass sämtliche Corona-Beschränkungen abgeschafft werden müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Herr Abgeordneter, es liegt eine Meldung für eine Zwischenbemerkung vor.– Dazu erteile ich dem Abgeordneten Bernhard Pohl, FREIE-WÄHLER-Fraktion, das Wort.

Herr Kollege Mang, lassen Sie mich jenseits von Ihrem DKP-Geschwafel über die Eliten zwei konkrete Fragen stellen:

Erstens. Wo steht die Milliarde für das Konzerthaus im Haushalt 2022?

Zweitens. Sie haben über den Mietvertrag des Deutschen Museums gesprochen. Können Sie dem Hohen Haus sagen, wer der Vermieter ist? Können Sie den Mietgegenstand benennen, die Miethöhe und die Quadratmeterzahl des Objekts?

Sehr geehrter Herr Kollege Pohl, das Konzerthaus fing, glaube ich, mit 400 Millionen an. Dann haben sich die Kosten immer weiter erhöht, zuletzt waren es im Haushaltsausschuss 750 Millionen Euro.

(Unruhe)

Jetzt – das hat sogar Ihr Kollege Weidenbusch gesagt – steht eine Milliarde Euro im Raum.

(Zuruf: Wo steht das im Haushalt?)

Zur nächsten Frage, zu dem Museum, können Sie sich auch mal die BR-Berichte anschauen. Da wird das genau detailliert, wer von wo diese Geschäfterl macht. Sie können das abstreiten, aber es ist leider so.

(Zuruf: Antworten! – Zuruf: Das ist jetzt eine alternative Wahrheit, oder?)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Christian Flisek für die SPD-Fraktion. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine besondere politische Situation, in der wir hier den Einzelplan 15 diskutieren. Denn ich glaube, man muss da jetzt nicht mutmaßen: Derjenige, der politisch diesen Einzelplan 15 eigentlich erarbeitet hat, ist mittlerweile – ich zitiere jetzt den Ministerpräsidenten – der "Verfeinerung" des Bayerischen Kabinetts zum Opfer gefallen. Der neue Minister ist etwas mehr als 40 Tage im Amt.

Herr Staatsminister Blume, man könnte sagen, dass Sie jetzt noch Schonfrist haben. Allerdings ist natürlich angesichts der Probleme, die wir im Kulturbereich und im Hochschul- und Wissenschaftsbereich haben, überhaupt keine Schonzeit möglich. Denn wir brauchen jemanden, der hier zupackt und handelt. Insofern ist das jetzt heute auch keine Zwischenbilanz eines einzelnen Ministers, sondern man kann sagen, es ist in der Tat eine Zwischenbilanz der Wissenschafts- und Kunstpolitik dieser Staatsregierung.

Wir erinnern uns: Diese Legislaturperiode begann mit einem fulminanten Aufschlag, mit einer Regierungserklärung von Markus Söder zur Hightech Agenda, zwei Milliarden Euro, das ist heute bereits mehrfach zitiert worden.

Wir Sozialdemokraten haben von Anfang an gesagt: Das ist gut so, das ist richtig, wir werden das konstruktiv begleiten und werden da, wo notwendig, auch kritisch einhaken. Dann kam der erste Fehler, wenn Sie so wollen: der Geburtsfehler dieser Hightech Agenda, ein politisch schwerwiegender Fehler: Man hat mit der Verkündung dieser Forschungsagenda gleichzeitig gesagt: Wir wollen den Rechtsrahmen für die bayerischen Hochschulen mit einem Hochschulinnovationsgesetz in den nächsten 15 bis 20 Jahren neu gestalten. Dann gab es Eckpunktepapiere, die erst geheim gehalten worden sind – eine Missachtung des Parlaments und des Fachausschusses –, und dann wurde plötzlich – man kann das heute im Nachgang so rekonstruieren – eins zu eins, mit Copy & Paste, aus Briefen von der TU München ein Eckpunktepapier gebastelt. Man kann sagen: Das waren Familienbande. Die Herrmanns haben da sehr eng zusammengespielt. Ich sage Ihnen eins: Die TU München ist zwar eine wichtige Universität in diesem Freistaat, aber die bayerische Hochschullandschaft ist vielfältiger. Das, was für die TU München gut ist, ist noch lange nicht gut und passgenau für alle bayerischen Hochschulen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn dann der Ministerpräsident von einer "Entfesselung" spricht, von "unternehmerischen Hochschulen" und von einer "Hochschulreform, die eine mittlere Revolution" auslösen soll – alles Zitate aus der Regierungserklärung –, dann fragt man sich jetzt schon: Wo bleibt sie denn?

Der alte Minister Bernd Sibler hat mehrfach seine Zeitpläne verschieben müssen. Herr Staatminister Blume, Sie waren vor Kurzem im Ausschuss und haben gesagt, dass wir noch vor der Sommerpause einen Entwurf bekommen werden. Wir sind sehr gespannt darauf, was aus dieser mittleren Revolution jetzt wird. Wir sind gespannt darauf, ob wir tatsächlich noch vor der Sommerpause revolutionäre Ereignisse erleben werden oder einen geordneten Rückzug von einer vollmundig ange

kündigten Agenda. Fakt ist: Sie haben in Zeiten der Pandemie, während derer die Hochschulen ohnehin genug zu tun hatten, für weitere Verunsicherung in der bayerischen Hochschullandschaft gesorgt. Das war nicht gut. Das war ein eklatanter politischer Fehler.

(Beifall bei der SPD)

Man kann sich für die Hightech Agenda feiern lassen. Aber wenn man gleichzeitig die Augen systematisch verschließt vor den grundlegenden Problemen, die die bayerischen Hochschulen im Maschinenraum haben, dann geht das nicht.

Die Probleme sind bereits angesprochen worden: Wir haben Baulasten. Eine seriöse Kostenschätzung geht bei den geplanten und ungeplanten Bauprojekten von etwa 10 Milliarden Euro aus. Eine Strategie, wie wir das in den nächsten Jahren abbauen wollen? – Fehlanzeige. Die Studentenwerke sind chronisch unterfinanziert. Es gibt zwar immer mehr Studienplätze, aber die Studentenwerke erhalten nicht entsprechend mehr Geld. Wie soll das zusammengehen bei so wichtigen Aufgaben wie Wohnen, Mensen oder Sozialbetreuung? Bei der Grundfinanzierung der Hochschulen gibt es ebenfalls keine Strategie. Seit Jahren oder sogar Jahrzehnten schieben Sie das Thema wie einen Bauchladen vor sich her. Der Maschinenraum brennt, und Sie versuchen auf dem Sonnendeck eine Hightech Agenda nach der anderen abzufeiern, wundern sich aber, dass die bayerischen Hochschulen keine La-Ola-Wellen machen, weil sie genau wissen, welche Probleme im eigenen Land bestehen.

Nun komme ich zum Kulturteil: Der Kollege Halbleib, der eigentlich in unserer Fraktion dafür zuständig ist, sitzt da. Auch hier gibt es eine Bugwelle von unvollendeten Projekten. Es gibt 54 große Bauprojekte im Kulturbereich, mindestens 1 Milliarde Euro muss dafür aufgewandt werden. Wir haben tatsächlich in den letzten Jahren 55 Millionen Euro im Durchschnitt im Ansatz gebracht. Das wird aber nicht reichen; wenn wir so weitermachen, dann brauchen wir 20 Jahre.

Das Thema Konzertsaal in München ist bereits angesprochen worden. Der Ministerpräsident macht nun tatsächlich einen geordneten Rückzug und spricht von einer Denkpause. Ich würde mir manchmal wünschen, dass er diese Denkpause machen würde, bevor er vollmundige Ankündigungen macht.

(Beifall bei der SPD)

Damit wäre diesem Land wirklich ein großer Gefallen getan, und Sie würden so manche Erwartungen am Ende nicht enttäuschen müssen.

Abschließend sage ich Ihnen noch eins: Fördern Sie endlich strukturell die freie Kulturszene. In der Pandemie hat sich gezeigt, dass diese vielfältige Kulturszene oft an vielen Orten vor dem Scherbenhaufen ihrer wirtschaftlichen Existenz steht. Hier helfen nicht irgendwelche Programme, um das Feuer zu löschen. Wir brauchen endlich eine verlässliche, planbare und strukturelle Förderung für diesen wichtigen Bereich.

(Beifall bei der SPD)

Last, but not least: Denkmalschutz. An anderer Stelle ist er heute bereits angesprochen worden. Überall gibt es steigende Baupreise und Rohstoffpreise. Beim Denkmalschutz gibt es nichts, was einen Mittelaufwuchs bewirken würde. Im Gegenteil, es gibt es Halbierungen, wenn man sich das anschaut. Am Ende aller Tage sage ich Ihnen: Sie – und leider auch die FREIEN WÄHLER – stellen sich hier hin

und behaupten, dass Sie eine bayerische Heimatpolitik machen wollen. Wenn Sie aber den wichtigen Denkmalschutz so behandeln, –

Kollege, ich muss Sie bitten, zum Ende zu kommen.

– dann wird das nicht zu einer Heimatpolitik führen, wie wir sie uns vorstellen.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Sinne werden Sie sich sicherlich nicht darüber wundern, dass wir diesen Haushalt am Ende ablehnen werden, weil wir erwarten, dass Sie nach den Voten in den Fachausschüssen auch unsere Änderungsanträge erneut ablehnen werden. Ich freue mich trotzdem auf die weitere Zusammenarbeit in den nächsten Monaten.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Der nächste Redner ist der Kollege und Vizepräsident Dr. Wolfgang Heubisch für die FDP-Fraktion. – Bitte, Sie haben das Wort.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Christian Flisek, so geht es nicht. Ich möchte klar zurückweisen, was du über die TU München und familiäre Verflechtungen von Staatsminister Florian Hermann und dem ehemaligen Präsidenten der TU, Wolfgang Herrmann, gesagt hast. Die TU München ist eigenständig. Ich kenne sie sehr gut, das kann ich, so glaube ich, sagen. Sie ist eine der führenden Exzellenzuniversitäten in ganz Deutschland. Sie führt bei der Förderung von 40 % aller Startups in Deutschland mit weitem Abstand, auch was die Generierung neuer Arbeitsplätze betrifft. Christian, im Parlament eine Beziehung dieser Art herzustellen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das musste in aller Freundschaft sein.

(Beifall bei der FDP)

Verehrter Herr Staatsminister, lieber Markus! Ja, wenn der Wind der Veränderung weht, dann bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen. Lieber Herr Blume, ich hatte eigentlich gehofft, dass nach sechs Wochen Amtszeit dieser Wind of Change von Ihnen entfacht wird und dieser die Windmühlen der Veränderung antreibt. Warum sonst sollte Sie der Ministerpräsident zum neuen Wissenschafts- und Kunstminister berufen haben? – Aber leider, so konstatiere ich, Windstille und eher Rückschritt, siehe Konzerthaus.

Bisher sprechen Sie nur von Projekten, die bereits Ihr Vorgänger angestoßen hat. Neue Ideen, inspirierende Ankündigungen? – Fehlanzeige. Hochschulinnovationsgesetz? – Wir warten seit zweieinhalb Jahren auf die "Entfesselung der Hochschulen" – Originalton des Ministerpräsidenten. Wie Sie sich dazu in den Medien äußern, wird das nicht der große Wurf werden, der uns einmal versprochen worden ist und den ich mit ganzem Herzen unterstützt habe. Das wird ein Flickenteppich. Ich bin neugierig. Der gesamte Prozess ist bisher von extremer Intransparenz gekennzeichnet. Ich frage mich, warum Sie sich und die Regierungsfraktionen so sehr vor der Beteiligung anderer fürchten. Wagen Sie doch mehr Transparenz! Mich erinnert Ihr Verhalten an die Beendigung der Online-Übertragungen aus den Ausschüssen durch die Regierungsfraktionen. Dieses Weltbild ist so veraltet und passt nicht mehr in unsere Zeit.