Protokoll der Sitzung vom 31.05.2022

Auch der Rest Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Aiwanger, war eher wirr und widersprüchlich. Sie wollen massiv auf grünen Wasserstoff setzen, haben aber noch keine Vorstellung davon, wie er wirtschaftlich sinnvoll gewonnen werden kann. Offen bleibt vor allem, wie er jemals in Deutschland hergestellt werden soll; wir haben gar nicht die erforderliche Energie dafür. Deshalb sprechen Sie selber davon, ihn aus dem Ausland zu importieren.

Dann setzen Sie auf mit Wasserstoff betriebene Lkw. Dafür fordern Sie – natürlich – wieder Zuschüsse, eben weil diese Art des Betriebs nicht wirtschaftlich ist. Diese Umverteilungspolitik lehnen wir, die AfD, klar ab.

Sie wollen zusätzlich zu den vorhandenen 1.100 Windkraftwerken ganz Bayern zupflastern und weitere – Hunderte – Windkraftanlagen in unsere Wälder setzen. Allerdings liegt die Verfügbarkeit der Windkraft laut den Übertragungsnetzbetreibern nur bei 1 %. Der Wind ist ganz einfach: nicht kalkulierbar. Bei der PV-Anlage haben wir doch das gleiche Problem, Herr Kollege Aiwanger: Die Sonne scheint nicht in der Nacht. Wir brauchen in Bayern nicht noch mehr Flatterstrom, sondern grundlastfähige Energie.

(Beifall bei der AfD)

Die GRÜNEN sind auch ganz lustig: Sie wollen zusätzlich auf unbezahlbare Elektromobilität setzen, während wir gar nicht wissen, wo wir unseren Strom überhaupt noch herbekommen sollen. Seien Sie doch mal ehrlich, Herr Kollege Aiwanger: Genau genommen sind Sie doch selbst gar nicht der Meinung, dass unsere Energieversorgung in Bayern derzeit noch sicher ist.

Die Kosten für die Maßnahmen zur Netzfrequenzstabilisierung sind sprunghaft um über 1 Milliarde Euro angestiegen und belegen das doch ganz eindrucksvoll, wie es unser Kollege Ingo Hahn gerade angesprochen hat. Das Redispatch-Volumen ist laut Bundesnetzagentur inzwischen auf über 17 Terawattstunden angewachsen. Das bedeutet, dass man fast täglich in die Fahrpläne unserer Kraftwerke in Deutschland eingreifen muss, damit das Netz überhaupt noch weiter betrieben werden kann.

All diese Zahlen belegen doch ganz eindrucksvoll und ganz klar, dass uns eine wetterabhängige und flatterhafte Energieerzeugung immer näher an einen Blackout heranführt. Selbst die Staatsregierung prognostizierte doch ab 2020 eine Stromlücke von 50 %. Auch das zeigt, dass wir eine grob fahrlässige Energiepolitik betreiben. Ein grundlastfähiges Kernkraftwerk oder grundlastfähige andere Kraftwerke sollen dagegen geschlossen werden und werden vom Markt genommen. Dann wundern Sie sich, wenn in Bayern irgendwann das Licht ausgeht.

Die Energiepreise sind im letzten Jahr teilweise um 300 % angestiegen. Herr Kollege Aiwanger, Sie haben von 8 % gesprochen; es ist ein Zigfaches. Viele Rentner, viele wirklich leistungsschwache Familien sind bei Energie mit Preissteigerungen von mehreren Hundert Prozent konfrontiert und wissen nicht, wie sie heizen sollen. Wenn Sie heute einen Gasvertrag abschließen, kostet die Kilowattstunde im Durchschnitt 21 Cent; vor ein paar Jahren waren es im Durchschnitt noch 5 Cent.

(Zuruf)

Die katastrophale Inflation bei den Energieträgern wäre mit Langzeitverträgen abfederbar, Herr Kollege Aiwanger. Auch da haben wir Möglichkeiten, russisches Gas zu importieren; Sie wollen selbst nicht darauf verzichten. Dann machen wir doch langfristige Verträge! Stattdessen sollen wir auf Gas aus Katar setzen; das ist auch eine Schnapsidee, bei der wir auf einmal die Menschenrechtsfragen hintanstellen.

(Beifall bei der AfD)

Auch der Strompreis für die Industrie hat sich durch die Energiewende inzwischen vervierfacht und liegt mittlerweile bei 27 Cent. Herr Kollege Aiwanger, Sie spielen Poker mit dem Wohlstand des ganzen Landes. Hunderttausende Arbeitsplätze sind in Bayern durch diese planlose Energiewende bedroht. Sie haben auch selbst erwähnt, dass Hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.

So, wie es aussieht, haben Sie und die anderen Kollegen von den Altparteien sich komplett verzockt. Sie haben meines Erachtens die letzten Reserven des Mittelstandes und des Normalverdieners völlig verzockt. Von den Menschen mit gerin

gem Einkommen will ich gar nicht mehr reden; sie sind inzwischen schon an der Existenzgrenze und müssen an den Tafeln Schlange stehen.

Herr Kollege Aiwanger, jetzt versuchen Sie, die Schuld auf die Ukraine-Krise zu schieben, aber Sie haben doch selbst in den letzten Jahren an dem Verbot und an der Verknappung der Energieträger mitgewirkt. Erst jetzt kommen Sie auf die Idee, dass wir wahrscheinlich doch noch mindestens für eine vorübergehende Zeit auf eine Verlängerung der Laufzeiten unserer Kernkraftwerke angewiesen sind.

Auch die künstliche Verteuerung der Energie durch Steuern und Abgaben, die alle Fraktionen außer der AfD in den letzten Jahren mitgetragen haben, haben ihren Teil dazu beigetragen, unsere Bevölkerung weiter zu verarmen. Trotz all dieser teuren Maßnahmen ist doch von der angestrebten Energiewende und der Versorgung mit erneuerbaren Energien kaum mehr übrig geblieben als ein großer Wunschtraum – ganz im Gegenteil: Deutschland muss jetzt eben im Nahen Osten um Erdgas betteln, weil die Kartellparteien im blinden Aktionismus unser Energiesystem ruiniert haben und lieber auf billiges Gas aus anderen Ländern verzichten wollen.

Der energiepolitische Irrflug muss beendet werden; er zerstört unsere deutsche Volkswirtschaft und den sozialen Frieden in unserem Land. 17 % der Haushalte in Deutschland fallen mittlerweile in Energiearmut, und die Tendenz ist stark steigend. Davon sind Millionen von Kindern betroffen, Hunderttausende davon im Freistaat Bayern. Herr Kollege Aiwanger, Sie haben nichts dagegen unternommen.

Man kann die Probleme bei der Energieversorgung nicht einfach auf den Weltmarkt oder den Klimaschutz schieben, wenn wir selbst viel zu hohe Steuersätze haben und Möglichkeiten hätten entgegenzuwirken. Nehmen wir noch einmal die Kernenergie: Wir haben dazu seit 2018 über 30 Anträge eingebracht, die alle abgelehnt wurden. Jetzt wollen Sie das auf einmal im Hauruck-Verfahren umsetzen, Hals über Kopf. Das ist infantile Energiepolitik auf Kindergartenniveau,

(Beifall bei der AfD)

ein Beleg Ihrer politischen Kurzsichtigkeit. In Frankreich andererseits wurde die Stromproduktion durch Kernkraftwerke massiv erhöht; dann ist dort auf einmal auch der Strom dreimal günstiger als bei uns. In Polen wurden die Steuern auf Kraftstoffe massiv gesenkt; dann kostet der Kraftstoff auf einmal 50 Cent weniger als in Deutschland. In Belgien wurde die Mehrwertsteuer auf Strom gesenkt. Das heißt also, es geht. Im Klartext heißt das ganz einfach: Günstige Energie ist überall da möglich, wo sie politisch gewünscht ist.

(Beifall bei der AfD)

Wir brauchen auch kein nettes Drei-Monats-Zuckerl vom Bund, sondern wir brauchen dauerhafte Senkungen beim Energiepreis. Wir brauchen niedrigere Steuern, statt diesen Populismus, den wir auf Bundesebene erleben. Wir warnen schon seit Jahren davor, dass die einseitige Fokussierung auf die CO2-Einsparung ins gesellschaftliche Verderben führt, dass man sich den Strom bald nicht mehr leisten kann.

Ein Ansatzpunkt wären natürlich auch sichere Reaktoren der vierten Generation, die in der Lage wären, den vorhandenen Atommüll energetisch zu verwerten. Damit könnten wir auch ein enormes umweltpolitisches Problem lösen, indem wir unseren Atommüll nachverbrennen würden. Wir könnten sozusagen den Atommüll recyceln und daraus Energie für die nächsten Jahrzehnte gewinnen. Das ist ein toller Ansatz; hier brauchen wir natürlich auch entsprechende Forschung.

(Zuruf)

In 30 Jahren, aber Sie wollen doch jetzt nicht einmal mit der Forschung anfangen, Herr Kollege. Fangen Sie jetzt mit der Forschung an; dann können Sie das Vorhaben irgendwann umsetzen. – Wir brauchen wetterunabhängige Grundlastfähigkeit. Wir brauchen technische Redundanz bei Strom und Wärme. Wir dürfen uns nicht von wenigen Energiequellen oder von bestimmten wenigen Lieferanten abhängig machen.

(Zurufe)

Ich komme langsam zum Ende. – Wer sich in Bayern in Zukunft noch eine Heizung leisten will oder Strom haben möchte, sollte unbedingt auf die AfD setzen.

(Beifall bei der AfD – Zurufe)

Als Nächster spricht für die Fraktion der FREIEN WÄHLER der Kollege Florian Streibl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Singer, es war wieder eine interessante Rede.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Daraus nehme ich mit, dass Sie von Energiewende und Klimawandel noch nie etwas gehört haben, und vom Ukraine-Krieg erst recht nichts.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Ulrich Singer (AfD): Schieben Sie Ihr Versagen doch nicht auf den Ukrainekrieg!)

Wenn Sie Ihr Heil in Zukunft noch in russischem Gas suchen –

(Ulrich Singer (AfD): Wer hat in den letzten Jahren auf das Gas gesetzt? Waren wir das?)

das folgt nämlich daraus –, verkaufen Sie Ihre Seele an einen imperialistischen Putin. Sie sind doch die Freunde Moskaus.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Ulrich Singer (AfD): Sie haben doch die Verträge gemacht!)

Welche Partei kungelt denn dauernd und sitzt auf Putins Schoß? – Das sind doch Sie. Sie wollen uns hier erzählen, dass wir weiter mit diesem Aggressor zusammenarbeiten sollen? – Nein, so geht es nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen natürlich auch den Klimawandel in den Griff bekommen; das ist die größte Herausforderung, die wir haben. Das wird mit erneuerbaren Energien gehen.

(Zuruf)

Die Herausforderung ist, dass wir unseren Wohlstand und unsere Sicherheit in Bayern bewahren müssen. Das müssen wir mit guter und günstiger Energie machen. Dazu werden wir in Zukunft einen Mix brauchen. Sie sagen, dass Sie Atommüll recyceln wollen. Ich habe mich mit den Fachleuten unterhalten, die gesagt haben: In diesem Jahrhundert wird das noch nicht gehen. Möglicherweise in diesem Jahrhundert würde aber die Kernfusion gehen; sie ist eine Zukunftsperspektive, die wir in absehbarer Zeit haben werden. Da haben wir eine langfristige Perspektive, mit der wir eine saubere und sichere Energiequelle bekommen werden,

aber nicht mit dem, was Sie mit Atommüll meinen, den man irgendwie recyceln könnte. Das wird so nicht klappen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir brauchen natürlich Versorgungssicherheit und müssen genug Strom und Energie zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung haben. Dazu kann man an verschiedenen Stellschrauben drehen. Herr Kollege Hartmann, die größten dieser Stellschrauben befinden sich in Berlin. Dort muss an diesen Schrauben gedreht werden. Dabei darf man nicht in irgendwelche Lummerland-Fantasien verfallen. Hier geht es um Fakten. Es geht um harte Politik, um den Wohlstand und den Standortfaktor Deutschland und Bayern. Diesen Standortfaktor müssen wir aufrechterhalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Von daher bin ich froh, dass wir einen bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger haben, der nicht nur Sachverstand hat, sondern auch die Chancen und die Risiken der Energiepolitik erkennt und den Mut hat, diese klar zu benennen, wie er das vorhin getan hat.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen jetzt Tatkraft an den Tag legen und weitergehen. Wir werden in Zukunft nicht nur eine Energiequelle haben, sondern viele benötigen. Wir brauchen kurzfristige, mittelfristige und langfristige Lösungen. Daher wäre es auch falsch, auf irgendeinem Auge blind zu sein oder ideologische Grundmuster von rechts, links oder sonstwo zu verfolgen.

Es war ein großer Fehler, dass die Wasserkraft aus dem Osterpaket herausgefallen ist. Die Wasserkraft ist ein Schlüssel, der für uns in Süddeutschland, in Bayern und auch in Baden-Württemberg, eine große Bedeutung hat. Die Wasserkraft hat viele Vorteile. Sie ist heimisch, zuverlässig, dezentral, CO2-frei und ein perfekter Ersatz für fossile Energieträger. Allein in Bayern haben wir 4.000 kleine Wasserkraftanlagen, die jährlich eine Terawattstunde Strom erzeugen. Das entspricht der Leistung von ungefähr 170 Windkrafträdern. Wenn diese 4.000 Kraftwerke vom Netz gehen, müssen wir diese Windkrafträder noch zusätzlich bauen. Es ist doch viel besser, wenn wir die Windkrafträder bauen und die Wasserkraft am Netz lassen bzw. sie ausbauen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)