Protokoll der Sitzung vom 05.12.2019

Wir wollen die Doppelbesteuerung der Renten ebenfalls auf ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit überprüfen lassen. Sollte diese mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren sein, fordern wir die Staatsregierung auf, sich dafür einzusetzen, diese sozialfeindlichen Gesetze zu beseitigen. Sollte aber bei der Prüfung festgestellt werden, dass diese doppelte Besteuerung der Rentner zulässig ist, lassen wir es nicht wie CSU und FREIE WÄHLER dabei bewenden. In diesem Fall fordern wir die Staatsregierung auf, sich zumindest für eine Erhöhung der Grundfreibeträge auf 24.000 Euro pro Jahr einzusetzen. Aktuell liegen diese bei knapp 10.000 Euro. Das ist angesichts der steigenden Mieten, Strompreise und Lebenshaltungskosten sozial ungerecht. Die Rentner mit monatlichen Bezügen von bis zu 2.000 Euro müssen verschont werden, damit auch sie einen würdigen Lebensabend verbringen können.

Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich nach Arbeitern, Soldaten und Polizisten auch die Rentner zu unseren Stammwählern zählen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Abgeordneter. – Nächster Redner ist für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Tim Pargent. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines ist unstrittig: Die Doppelbesteuerung der Rente ist unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2002 geurteilt, Ruheständler müssten mindestens so viel Rente steuerfrei erhalten, wie sie in ihrem Erwerbsleben an Beiträgen steuerpflichtig gezahlt haben. Diese Erläuterung erklärt bereits die gesetzliche Grundlage.

Erstens, Renten sind grundsätzlich steuerpflichtig; zweitens, Renten dürfen aber nicht doppelt besteuert werden, und Renten werden drittens entweder bei den Beiträgen oder dann bei der Rentenauszahlung besteuert. Beides ist an sich möglich. Man kann sich für das eine oder andere Verfahren entscheiden.

Seit dem Jahr 2005 wird nun, ebenfalls aufgrund eines Gerichtsurteils, von der vorgelagerten auf eine nachgelagerte Besteuerung, also auf eine Besteuerung bei der Rentenauszahlung, peu à peu umgestellt, um die Rente vor allem mit den Pensionen gleichzustellen.

Von dieser Reform – Umstellung von vorgelagerter auf nachgelagerte Besteuerung – profitieren die Rentnerinnen und Rentner doppelt. Warum? – Erstens wurde bei dieser Umstellung ein Puffer von mindestens 15 Milliarden Euro eingebaut. Das heißt, die nachgelagerte Besteuerung beginnt später, als die vorgelagerte abgebaut wird. Die "RIW" geht sogar von einer Entlastung durch diese Maßnahme von 22 Milliarden Euro für die Rentnerinnen und Rentner aus.

Zweitens. Durch die nachgelagerte Besteuerung profitieren die Rentnerinnen und Rentner zudem bei der Auszahlung, weil die Renten in der Regel niedriger sind als die Einkommen und sie so nicht so schnell in die Steuerprogression hineinlaufen.

Die nachgelagerte Besteuerung ist also grundsätzlich steuerlich besser; denn – ich weiß nicht, warum Sie von der AfD das nicht checken – man läuft nicht so schnell in die Steuerprogression hinein.

Fazit: Die Umstellung von der vorgelagerten auf die nachgelagerte Besteuerung ist, global betrachtet, eine große Steuer- bzw. Rentenentlastung von Rot-Grün.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber eine solche Reform kann nur typisiert erfolgen. Es gibt auch immer Sonderfälle, zum Beispiel: Gibt es weitere Einkünfte? Wird zusammen veranlagt? Oder wird mit Splitting-Tarif besteuert? Sprich: Im Allgemeinen liegt keine Doppelbesteuerung vor, in Spezialfällen müssen praktikable und dann auch verfassungsfeste Regelungen getroffen werden.

Wir können dem von CSU und FREIEN WÄHLERN vorgelegten Antrag zustimmen; denn im Grunde steht darin nur, man solle sich an die Verfassung und an die Urteile des Verfassungsgerichts halten.

Der AfD-Antrag ist inhaltlich und sachlich falsch, und der Begründungstext ist hanebüchen. Das erinnert mehr an neu-rechtes Bullshit-Bingo als an eine Antragsbegründung, wie wir sie hier im Landtag gewohnt sind.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter. – Nächster Redner ist für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Michael Busch. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle es voran: Für die SPD ist nicht nur hier im Bayerischen Landtag, sondern auch in der Bundesregierung – ich habe das heute früh gerade noch einmal gecheckt – klar, dass es keine Doppelbesteuerung von Renten geben darf. Ich sage das sehr deutlich. Das System der nachgelagerten Besteuerung der Renten – Herr Kollege Pargent hat es gerade erklärt – wurde im Jahr 2005 in der Bundesrepublik als Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts eingeführt, also nicht, wie es in der zu Recht als unsäglich zu bezeichnenden Begründung der AfD dargelegt wird, um damit Geld für irgendwelche Dinge herauszuholen. Ich muss es noch einmal sagen: "Ökosozialistischer Umbau" – meine Damen und Herren von der AfD, dieser ist weder geplant noch ist das ein Ausdruck, der gerechtfertigt ist. Und wenn Sie von "links-grün indoktrinierter Regierung" sprechen, sieht man schon, worauf es hinausläuft. Das hat nichts mit Inhalten zu tun, sondern Sie versuchen hier wieder, die Leute aufs Glatteis zu führen, ganz abgesehen davon, dass Ihr Antrag, selbst wenn man ihm Inhaltliches zubilligen würde, voreilig wäre. Das sollte man sehr deutlich sagen.

Die doppelte Besteuerung der Renten bei den Beitragszahlungen an die Rentenkassen während des Erwerbslebens und bei der Auszahlung der Renten sollte damals bereits vermieden werden. Deswegen hat man diese lange Frist eingeführt. Jetzt kommt halt ein Richter des Bundesfinanzhofs, also kein Gericht, sondern ein Richter, in seinem Fall und in einem Fachmedium zu der juristischen Beurteilung, dass zumindest bei einem Teil der Rentenbezieher in Zukunft eine Doppelbesteuerung vorliegt oder vorliegen könnte.

Wir stimmen wir dem Antrag der CSU und der FREIEN WÄHLER zu, denn dass das geklärt wird, ist, so denke ich, auch in unserem Sinne. Ich sage es noch einmal: Für die SPD ist klar, dass es keine Doppelbesteuerung von Renten geben

darf. Das muss auch in Zukunft ausgeschlossen werden. Daher ist es tatsächlich zweckmäßig, dies zu überprüfen. – Den Antrag der AfD lehnen wir ab.

Der Staat erzielt eben durch den Übergang zur nachgelagerten Besteuerung bei einer langfristigen Betrachtung keine Mehreinnahmen, wie es in der Begründung steht, sondern die Steuerbefreiung der Beitragszahlung erfolgt in der Regel mit einem höheren Steuersatz – Kollege Pargent hat es dargestellt – als die Besteuerung der Altersrenten. Also kommt es den Rentnerinnen und Rentnern zugute.

Die nachgelagerte Besteuerung – das schreibe ich Ihnen noch mal ins Stammbuch – erleichtert den Steuerpflichtigen die Altersvorsorge. Sie entlastet nämlich die Steuerpflichtigen in der Erwerbsphase und verschafft ihnen damit einen größeren Spielraum für Einzahlungen in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge. Ihre Begründung ist einfach nur unseriös und unschön.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Julika Sandt für die FDP-Fraktion. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Pittner, ich muss gestehen, dass ich während Ihrer Rede etwas aufgeregt rumgerannt bin und noch mal schnell telefoniert habe. Mir liegt nämlich auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vor. Es ist umgekehrt, ich habe das noch mal gecheckt. Die Bundesregierung hat nicht gesagt, dass es zu einer doppelten Besteuerung kommt, sondern dass es zu keiner Besteuerung kommt. Da ist ein K vor dem E. Sie haben es ganz klar abgestritten, dementiert.

Aber: Sie haben recht. Ich gehe davon aus, dass es, nachdem dieser Dringlichkeitsantrag hoffentlich durchkommt und das geprüft wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Offenbarungseid kommen wird.

Nach wie vor dementiert die Bundesregierung alles und will das überhaupt nicht wahrhaben. Daran ist allerdings sehr skurril, dass die CSU an dieser Bundesregierung, die sie jetzt auffordert, tätig zu werden, beteiligt ist. An dieser Bundesregierung, die das noch im August auf die Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hin dementiert hat, sind Sie beteiligt. Aber es ist schön, wenn Sie jetzt Ihre Meinung ändern und einen entsprechenden Antrag stellen. Wir unterstützen ihn.

Wie kam es denn überhaupt zu dieser Doppelbesteuerung? – Dazu wurde schon das eine oder andere gesagt. Es gab das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass es verfassungswidrig ist, wenn Pensionen von Beamten nachgelagert besteuert werden, Renten dagegen vorgelagert. Dann hat die rot-grüne Regierung das sogenannte Alterseinkünftegesetz verabschiedet. Dabei hat sie allerdings gravierende handwerkliche Fehler gemacht. Das führt dazu, dass bei bestimmten Personen eine doppelte Besteuerung vorkommt. Günter und Werner Siepe, der Wirtschaftsprüfer und der Finanzmathematiker, haben darauf hingewiesen.

Ganz aktuell haben auch ein Richter am Bundesfinanzhof und der Bund der Steuerzahler darauf hingewiesen. Die Entscheidung, dass die Rentenbeiträge an die Rentenversicherung erst ab 2025 aus unversteuertem Gehalt fließen und die ausgezahlten Renten schon ab 2040 voll versteuert werden müssen, führt dazu, dass jemand, der 2040 in Rente geht, seine Rente voll versteuern muss, obwohl er vermutlich während seines Berufslebens auch vor 2025 Rentenbeiträge eingezahlt hat, also einen gewissen Teil versteuern musste.

Auch für mich hört sich das alles ziemlich unfair an, und ich bin auch schon gespannt, welche Erkenntnisse bei der öffentlichen Anhörung im Bundestag im Januar zum Vorschein kommen. Auf jeden Fall kann ich die Wut der betroffenen Bürger gut verstehen. Im Endeffekt wären sehr viele Menschen davon betroffen.

Wenn sich also der Verdacht noch erhärten sollte, dass diese Regelung verfassungswidrig ist, schrecken wir auch nicht davor zurück, prüfen zu lassen, ob man dieser Frage direkt in Karlsruhe nachgehen kann.

Auf jeden Fall ist die Politik hier gefragt. Wir stimmen Ihrem Antrag zu. Allerdings ist es natürlich auch Aufgabe der CSU, sich im Rahmen der GroKo durchzusetzen und das Thema auf die Agenda zu setzen.

Den Antrag der AfD, insbesondere mit seiner unsäglichen Begründung, aber auch mit der festen Grenze von 24.000 Euro, lehnen wir auf jeden Fall ab.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Kollege Josef Zellmeier von der CSU-Fraktion.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Rentner sind eine sehr wichtige Bevölkerungsgruppe, nicht nur zahlenmäßig – jeder vierte Deutsche ist mittlerweile Rentner, und die Zahl wird noch steigen –, sondern insbesondere auch wegen der Lebensleistung. Die Rentner haben sich ihre Rente mehr als verdient. Sie haben das Land mit aufgebaut und Großes eingebracht. Deshalb sollen sie natürlich auch ihre Rente genießen können und nicht mit zu hohen Steuerforderungen belastet werden.

Es wurde bereits mehrfach gesagt, dass die nachgelagerte Besteuerung aufwächst. Das bedeutet, dass wir noch nicht ganz am Ende angelangt sind. Liebe Kollegin Sandt, natürlich ist es ein berechtigtes Interesse, dass wir das überprüfen, dass wir das als Bayerischer Landtag fordern. Das zeigt das Selbstbewusstsein Bayerns, zu sagen: Wir bringen im Bund Initiativen ein; wir als Landtag beschäftigen uns damit.

Wir, die beiden Koalitionsfraktionen CSU und FREIE WÄHLER, wollen gemeinsam, dass das überprüft wird. Das hat nichts damit zu tun, dass wir im Bund auch Regierungspartei sind, was ein großer Vorteil ist. Natürlich bringen wir auch als Koalitionspartner in Berlin diese Themen ein. Aber Sie wissen auch, dass eine Koalition immer Kompromiss bedeutet, sodass wir hier im Landtag "reinrassiger" fordern können, was unseren bayerischen Bürgerinnen und Bürgern, den Rentnern, entspricht.

Meine Damen und Herren, wie kam es denn dazu? – Sie kennen die Vorgeschichte. Die Pensionen wurden schon immer nachgelagert besteuert, die Renten nicht. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat dazu geführt, dass das System geändert werden musste. Eine vorgelagerte Besteuerung von Pensionsbeiträgen ist schwierig, denn die gibt es ja nicht; die legt der Arbeitgeber zurück, die werden nicht sozusagen ausbezahlt und der Rentenversicherung überstellt, sondern das System ist ein anderes. Darum war es richtig, das nachgelagert zu machen, und dazu steht die CSU auch. Wir wollen, dass es gerecht zugeht. Deshalb muss man natürlich immer wieder genau hinsehen. Es gab ja auch Änderungen. Die Rente mit 67 gab es noch nicht, als die nachgelagerte Besteuerung eingeführt wurde. Deshalb entsteht die Frage zu Recht: Ist das, was damals gemacht wurde, noch angemessen?

Heute können nur 88 % der Vorsorgebeiträge von der Steuer abgesetzt werden. Ab 2025 werden es dann 100 % sein. Wir befinden uns also mitten im Umbruch. Diesen Umbruch müssen wir gerecht gestalten.

Die Steuerbelastung an sich ist nicht zu kritisieren. Dass die Steuerbelastung für die Rentner eher steigt, ist eine Folge der höheren Rentenauszahlung. Es ist doch erfreulich, dass die Renten in den letzten Jahren wieder deutlich gestiegen sind. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, einem utopisch hohen Freibetrag, wie ihn die AfD populistisch fordert, können wir nicht zustimmen. Das wäre der falsche Weg.

Natürlich ist es für manche Rentner lästig, wenn sie nach einigen Jahren, in denen vielleicht keine Steuererklärung notwendig war, dank der Rentenerhöhungen wieder eine ausfüllen müssen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das System, mit dem man Steuererklärungen abgeben kann und muss, wird immer einfacher. Eine möglichst einfache Erklärung der Einkünfte ist auch unser Ziel.

Alles in allem ist das Thema Doppelbesteuerung natürlich nicht zu unterschätzen. Wenn sich ein hoher deutscher Richter in einem Aufsatz dazu äußert, ist das wirklich ein Anlass, das zu überprüfen, und zwar von uns aus. Wir sollten nicht warten, bis das Bundesverfassungsgericht irgendwann einmal ein Urteil spricht, sondern die Bundesregierung, den Bundestag auffordern: Bitte überprüft das!

Wenn die Einschätzung zutreffend ist, dass wir hier zumindest einige Fälle haben, nicht nur einige wenige Einzelfälle, sondern eine systematische Benachteiligung, dann ist das zu korrigieren. Wir sollten nicht immer nur warten, was die Judikative mit uns macht, wir sollten auch eigenständig aktiv werden.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Wie gesagt: Es kann natürlich keine hundertprozentige Einzelfallgerechtigkeit geben. Das ist klar, das funktioniert nie. Das sehen wir so. Wir sagen: Eine einfache Besteuerung geht vor absoluter Einzelfallgerechtigkeit. Aber es darf, wie gesagt, keine zu große Gruppe davon betroffen sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das ist vernünftig. Ich bin dankbar, dass wir hier im Haus anscheinend eine große Mehrheit haben, die diese Überprüfung auch möchte.

Ich möchte noch ein paar Worte zum AfD-Antrag sagen. Wenn man nur den Antragstext liest, könnte man abgesehen von dem hohen Freibetrag sagen: Na ja, darüber könnte man reden. – Aber wenn man die Begründung liest, fragt man sich schon, was das noch mit Sachpolitik zu tun hat.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der GRÜNEN und der FREI- EN WÄHLER)

Hier einen ideologischen Rundumschlag auszuführen und alle, die anderer Meinung sind, als "Ökosozialisten" und "links-grün indoktriniert" zu bezeichnen, geht zu weit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, denken Sie mal darüber nach, ob Ihre Wortwahl nicht der Grund ist, warum Sie in der Bevölkerung momentan so schlecht dastehen.