Vielen Dank, Herr Kollege Gotthardt. Sie dürfen zurück an Ihren Platz gehen. – Als nächsten Redner rufe ich Herrn Kollegen Markus Bayerbach von der AfD-Fraktion auf.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe FDP! Was für ein Gesetzentwurf! Auf der einen Seite stellt sich Ihr Herr Lindner vor jedes Mikrofon, das er findet, und mimt den Corona-Kritiker und den Wahrer der Freiheitsrechte. Auf der anderen Seite geht es hier im Bayerischen Landtag um Digitalisierung mit der Begründung, dass wir dann zukünftig, bei der nächsten Pandemie, wieder Hybrid-, Wechsel- und Distanzunterricht machen können. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber Ihr einziges Mantra war immer "Digitalisierung und Raumlüfter". Sie haben alles mitgetragen, was für unsere Schüler Erschwernis war. Sie waren für Distanzunterricht, für Masken und für das Testen. Sie waren für alles, was es unseren Schülern schwer gemacht hat.
Damit haben Sie sich wirklich selbst entlarvt. Zur Digitalisierung sage ich Ja, aber ich sage ganz klar Nein zum Distanzunterricht. Distanzunterricht ist so effektiv wie Sommerferien. Eine Studie der Universität Frankfurt sagt, dass die durchschnittliche Kompetenzentwicklung während der Schulschließung im Frühjahr als Stagnation mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen zu bezeichnen ist.
Jetzt kommen Sie mir bitte nicht damit, dass unsere Lehrer daran schuld sind. Sie haben sich weiß Gott was ausgedacht. Sie haben gemacht und getan. Die Annahme, dass man mit Distanzunterricht irgendetwas hinkriegt, ist unglaublich. Die Rahmenbedingungen waren natürlich schlecht; da sind wir uns einig. Aber unsere Lehrer haben viel ausgeglichen. Wir sind uns einig: Der Digitalisierungsturbo kommt nur im Märchenbuch Söder-Aiwanger vor. Er kommt kurz hinter dem Raumfahrtprogramm.
Trotzdem ändert das nichts. Distanzunterricht wird nicht funktionieren. Er hat nämlich nichts mit der Leistungsgesellschaft zu tun. Hier entscheiden nämlich nicht mehr Motivation, Fleiß und Intelligenz, sondern der finanzielle Status, das Bildungsniveau und vor allem auch die Betreuung durch die Familie. Natürlich trifft es da wieder die sozial benachteiligten Familien und die Alleinerziehenden. Bildung ist ein Grundrecht, und zwar für alle.
Bildung ist nicht mit der Überhöhung der Digitalisierung durchzuziehen. Sie betreiben das als Selbstzweck. Bildung erfordert Präsenz und soziale Interaktion; denn am besten lernt man immer noch in einer Gruppe oder zu zweit mit gemeinsamer Diskussion und Reflexion, masken- und testungsfrei. Digitalisierung kann ein Bildungsinhalt sein, aber Digitalisierung unterrichtet nicht. Bildung schließt Werte, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kommunikation mit ein. Gerade jetzt haben wir an den Schulen ein ganz anderes Problem: Unseren Schülern fehlen die sozialen
Kontakte und die soziale Interaktion. Sie haben soziale Defizite. Das wirkliche Problem unserer Schüler besteht darin, dass sie Lehrer statt Laptops brauchen.
Wir brauchen Schulpsychologen statt Whiteboards. Wir brauchen wieder Freude statt Angst in der Schule. Wir brauchen aktuell in der Schule überhaupt keine Experimente. Lassen Sie jetzt bitte die Lehrer und Schüler endlich einmal Unterricht aufholen, und krempeln Sie da nichts um! Das brauchen sie jetzt im 21. Jahrhundert noch viel mehr. Das hat mit "modern" nichts zu tun. Wenn Sie in unsere Schulen schauen, sehen Sie, dass wir viel größere Probleme auf der sozialen und emotionalen Ebene haben als mit der Digitalisierung.
Die FDP möchte wie unser Ministerpräsident Söder auch nicht eingestehen, dass die Kinder keine Pandemietreiber sind. Sonst würde sie nicht als Begründung den kommenden Distanz-, Wechsel- oder Hybridunterricht anführen. Inzwischen gibt es nicht nur Studien aus Sachsen oder von der LMU, sondern auch Studien aus Mecklenburg-Vorpommern. Kinder sind keine Pandemietreiber, auch nicht mit der Delta-Variante. Spätestens wenn jetzt im Sommer jeder Erwachsene ein Impfangebot hatte, gibt es keinen Grund mehr, die Kinder irgendwo in den Distanzunterricht zu schicken. Entweder man ist geimpft, oder man nimmt das Risiko in Kauf. Aber die Kinder selbst sind nicht gefährdet, schwer oder lebensgefährlich zu erkranken, wenn man jetzt einmal die Risikopatienten ausnimmt. Das ist natürlich klar.
Ich wiederhole es, weil die Staatsregierung es immer nicht hören will: Weniger als 1 % der Schüler stecken sich in der Schule an. Wenn man da noch ein Argument findet, die Kinder nicht in die Schule zu lassen, ist das unglaublich. Tun Sie nicht länger so, als ob die Schule der Vorhof zur Hölle wäre! Nehmen Sie einfach unseren Lehrern und Schülern wieder die Angst, und sagen Sie den Eltern und Lehrern die Wahrheit! Sie sollen nämlich keine Angst vor ihren Kindern haben. Sie sollen endlich mal wieder unterrichten, ihre Kinder gernhaben und sich auf die Schule freuen.
Bleiben Sie bitte, Herr Bayerbach! Wir haben eine Zwischenbemerkung. Bitte gehen Sie noch einmal ans Mikrofon! – Frau Schorer-Dremel, bitte.
Sehr geehrter Herr Kollege Bayerbach, nachdem Sie auch die Frankfurter Studie zitiert haben, ist Ihnen ja sicherlich bekannt, dass diese Studie von 2020 ist und dass wir das diesjährige Schuljahr mit dieser Studie nicht abdecken. Die Studie betrachtet das vergangene Jahr in der Pandemie sehr eingeschränkt. Jetzt würde mich schon interessieren, wie Sie aus einer veralteten und mittlerweile überholten Studie solche Schlüsse ziehen.
Das ist ganz einfach. Viele Parameter haben sich seitdem überhaupt nicht geändert. Sie brauchen bloß einmal mit den Lehrern zu reden. Der Prozentsatz der Schüler, die im Distanzunterricht überhaupt nicht erreichbar sind, hat sich nicht wirklich verändert.
Ganz ehrlich: Wie kann man es verantworten, auch wenn es statt 30 nur noch 3 % sind, auch nur 3 % der Schüler komplett außen vor zu lassen? – Wirklich über
all, in allen Studien, ist festgestellt worden, dass die psychischen Probleme unserer Schüler durch den Distanzunterricht massiv zunehmen. Dass die Bildungsschere immer weiter auseinandergeht zwischen denen, die zu Hause Möglichkeiten haben, und denen, die zu Hause keine Möglichkeiten haben, ist ebenfalls bewiesen.
Es ist wirklich grober Unfug, so zu tun, als hätten wir, die FDP, die den Gesetzentwurf hier eingebracht hat, behauptet, Kinder wären Pandemietreiber. Wir haben immer darauf hingewiesen, dass die Kinder nicht die Pandemietreiber sind. Der Gesetzentwurf ist vom Januar, und es muss einfach die Möglichkeit für Distanzunterricht geschaffen werden. Man weiß nie, was kommt. Man war auch nicht auf Corona vorbereitet. Irgendetwas kann immer sein. Einzelne Schüler können krank werden. In "International Schools" ist vielleicht jemand einmal ein halbes Jahr in Korea; der hat dann Distanzunterricht. Da geht das einfach. Wir leben in einer globalisierten Welt. Daher finde ich die Möglichkeit, guten Distanzunterricht zu haben, sehr sinnvoll.
Überhaupt geht es hier um sehr viel mehr. Generell geht es um Digitalunterricht. Digitalunterricht ist nicht generell gut. Er kann auch sehr schlecht sein, wenn er schlecht gemacht ist, wenn der Lehrer nämlich vorne steht und seinen Frontalunterricht am Computer hält. Man braucht einen –
Liebe Frau Kollegin Sandt, in der Begründung steht trotzdem etwas von der Vorbereitung für zukünftigen Distanz-, Hybrid- und sonstigen Unterricht drin. Sie müssen schon lesen, was Sie selbst geschrieben haben. Wenn die FDP nicht der Meinung ist, dass Kinder Pandemietreiber sind, dann frage ich mich, warum Ihr Kollege Fischbach im Bildungsausschuss immer noch massiv alle Möglichkeiten mit Testung, Masken usw. befürwortet.
(Matthias Fischbach (FDP): Das stimmt doch gar nicht. Schauen Sie unseren letzten Antrag zur Maskenpflicht an!)
Vielen Dank, Herr Bayerbach. – Damit kann ich die nächste Rednerin aufrufen, Frau Dr. Simone Strohmayr von der SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe FDP, lieber Herr Fischbach, das Ziel dieses Gesetzentwurfs – besserer digitaler Unterricht – ist sicherlich richtig. Aber das war es dann auch schon von unserer Seite mit dem Lob; denn dieser Gesetzentwurf ist wirklich schlecht gemacht. Er ist völlig unklar, man könnte auch sagen: beliebig. In Ihrem Entwurf steht zum Beispiel: Zur Erprobung kann vorgesehen werden, dass Prüfungen, die geeignet sind, nach Ermessen der Schule ohne Verpflichtung zur persönlichen Anwesenheit in digitaler Form durchgeführt werden. – Ich frage Sie: Ja, was
jetzt? Welche Arbeiten, wann, wo, wie, wer, was, und wie wird das entschieden? – Alles bleibt im Vagen.
Ja, das Thema Digitalisierung an Schulen ist wichtig. Dieser Gesetzentwurf hilft aber den Schulen nicht, er hilft den Schülerinnen und Schülern nicht, und er hilft den Lehrerinnen und Lehrern nicht. Er hinterlässt letztendlich mehr Fragen, als er Antworten gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinzu kommt, dass dieser Gesetzentwurf auch inhaltlich falsch ist. Wir sind in Bayern einfach noch nicht soweit – das ist schade; da gebe ich Ihnen recht –, den Präsenzunterricht dem digitalen Unterricht gleichsetzen zu können. Heute wurde dazu schon viel gesagt. Präsenzunterricht ist wichtig. Er ist für die Schülerinnen und Schüler wirklich eine wichtige Voraussetzung. Schule ist doch so viel mehr als nur Lernen; Schule ist Zusammensein, Schule ist Spaß haben, Freunde treffen. All dies ist digital sehr schwer möglich.
Herr Fischbach, Sie wissen doch, dass wir für die Digitalisierung, die so wichtig ist, erst einmal die Basics schaffen müssen. Diese Basics fehlen aber leider; da gebe ich Ihnen recht. Leider haben wir es nicht geschafft. In Bayern waren unsere Minister und unsere Ministerien mit der Digitalisierung anscheinend überfordert. Leider klappt trotz Millionenausgaben das Schulverwaltungsprogramm immer noch nicht richtig. Leider ist auch mebis noch kein Renner. Leider sind auch viele unserer Schulen noch nicht richtig ans Internet angeschlossen. Um genau zu sein: 50 % der Schulen haben immer noch kein schnelles Internet. Letzte Woche hatte ich eine Video-Schalte mit verschiedenen Schulleitern. Viele Grundschulen jammern immer noch, dass sie kein Netz haben, also überhaupt kein Netz, auch kein langsames Netz.
Auch mit den Geräten ist das immer noch so eine Sache. Viele Schülerinnen und Schüler haben immer noch kein Gerät. In den Mittelschulen haben circa 50 % der Schülerinnen und Schüler ein ordentliches Gerät zum Arbeiten. Deswegen fordern wir, die SPD-Landtagsfraktion, seit Langem die digitale Lernmittelfreiheit. Das wäre der richtige Schritt, der jetzt folgen muss, damit jeder Schüler und jede Schülerin ein digitales Endgerät zum Arbeiten bekommt; denn nur so können wir digitale Ungerechtigkeiten an den Schulen vermeiden.
Liebe FDP, wenn wir dieses Gesetz jetzt so einführen, hängen wir viele Schülerinnen und Schüler endgültig ab; digitale Ungerechtigkeiten werden dann zementiert. Das lassen wir Sozialdemokraten nicht zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen weiter an der Digitalisierung der Schulen arbeiten. Wir brauchen für unsere Schulen einen digitalen Masterplan – so hat es der Vbw neulich formuliert. Ich stimme voll zu. Wir brauchen ein schnelles Netz an allen Schulen. Wir brauchen digitale Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler. Wir brauchen Systemadministratoren an unseren Schulen. Wir brauchen digitalen Unterricht. Er muss fester Bestandteil in der Lehrerausbildung und im Referendariat sein. Ältere Lehrerinnen und Lehrer müssen nachgeschult werden. Wir brauchen eine Pflicht zur Fortbildung. Wir brauchen einen Masterplan für digitalen Unterricht, eine digitale Pädagogik und eine digitale Didaktik. Wir brauchen auch digitale Medien und vor allen Dingen Medienkompetenz in allen Schulfächern.
Es ist also noch eine ganze Menge zu tun. Dies alles kann nur in einer Lern- und Erziehungspartnerschaft von Schulen und Eltern gelingen.
Ja, es gibt noch viel zu tun, und ja – auch das wurde heute schon gesagt –, es klappt vieles schon besser als vor einem Jahr, aber vieles eben leider noch nicht so, wie es klappen müsste.
An dieser Stelle noch ein großes Lob an alle Schülerinnen und Schüler, an alle Lehrerinnen und Lehrer, an alle Schulleiter, die in den vergangenen Monaten den digitalen Unterricht organisiert haben. Wir brauchen aber noch viel mehr gemeinsame Anstrengungen, um letztendlich dort hinzukommen, wo unsere Schulen sein sollten, damit wir ins digitale Zeitalter einziehen können.
Vielen Dank, Frau Strohmayr. – Die Zwischenbemerkung kann ich nicht mehr zulassen, Kollege Fischbach; die FDP-Fraktion hat zu diesem Tagesordnungspunkt bereits drei Zwischenbemerkungen gemacht. – Vielen Dank. Damit liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt den Gesetzentwurf zur Ablehnung.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion auf Drucksache 18/12344 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die SPD, FREIE WÄHLER, CSU, AfD und der fraktionslose Abgeordnete Plenk. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion der GRÜNEN. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Prof. Dr. Ingo Hahn, Katrin EbnerSteiner, Ferdinand Mang u. a. und Fraktion (AfD) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes und des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes Wahrung der Wissenschafts- und Redefreiheit (Drs. 18/14910) - Zweite Lesung