Protokoll der Sitzung vom 10.12.2024

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, liebe Kollegen! Willkommen zur Zweiten Lesung des Ersten Modernisierungsgesetzes Bayern. Um es vorwegzunehmen: Der große Sprung nach vorn fällt heute aus. Angekündigt war eine umfassende Deregulierung, Digitalisierung und Modernisierung Bayerns. Bei dem Gesetzentwurf handelt es sich jedoch im Wesentlichen um ein Sammelsurium von redaktionellen Änderungen, kleineren Anpassungen, Belanglosigkeiten und Banalitäten.

Diese sind aber nicht durchweg schlecht. So ist zum Beispiel zu begrüßen, dass die Genehmigung für Nebentätigkeiten von Beamten allgemein erteilt wird, sofern diese Nebentätigkeiten außerhalb der Arbeitszeiten ausgeübt werden, dienstliche Interessen dadurch nicht beeinträchtigt werden und die Vergütung einen bestimmten Betrag nicht übersteigt. Positiv ist auch die verpflichtende Überwachung von Schlafräumen in Beherbergungsstätten mit Rauchmeldern, um Todesfälle bei Bränden zu vermeiden. Verschiedene Bauten, zum Beispiel Zelte, Podien und Tribünen auf Volks-, Straßen- und Vereinsfesten, sollen künftig verfahrensfrei sein. Auch das ist eine gute Sache.

Ich komme damit zu den Punkten, hinter denen ich ein Fragezeichen anbringen würde. Artikel 7 Absatz 3 der Bayerischen Bauordnung besagt bisher, dass bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen ein ausreichend großer Kinderspielplatz anzulegen ist. Mit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung soll die Zahl der Wohnungen auf fünf erhöht werden. Das bedeutet also, platt gesagt, weniger Kinderspielplätze. Das mag einerseits Kosten sparen und andererseits einer überalterten Gesellschaft angemessen sein. Familienfreundlich ist es sicherlich nicht. Allerdings ist Ihre Politik ohnehin schon kinder- und familienfeindlich genug, sodass es darauf auch nicht mehr ankommt. Wenn junge Familien in Bayern keinen angemessenen und bezahlbaren Wohnraum mehr finden, ist es auch egal, ob bei der Wohnung, die sie nicht finden, ein Kinderspielplatz dabei ist oder nicht.

(Beifall bei der AfD)

Kommen wir zur Garagen- und Stellplatzverordnung. Auch diese hat Herr Kollege Schmid gerade schon angesprochen. Künftig soll also eine Obergrenze von zwei Stellplätzen statt bisher eines Stellplatzes pro Wohneinheit im freifinanzierten Bereich und von 0,5 Stellplätzen pro Wohneinheit im geförderten Bereich gelten. Über die genaue Anzahl der Stellplätze soll jedoch die zuständige Kommune entscheiden. Na ja, Entbürokratisierung und Vereinfachung hatte ich mir ein bisschen anders vorgestellt, als dass jetzt noch eine Ebene mehr zuständig ist, aber gut.

Ähnliches gilt beim Ausbau von Dachgeschossen. War dies bisher genehmigungspflichtig, soll das zukünftig nur noch anzeigepflichtig sein. Das macht es zwar einfacher, aber vielleicht könnte man einmal überlegen, ob man sich auch diese Anzeigepflicht spart; denn ob diese Anzeigepflicht bei jedem Dachgeschossausbau eingehalten wird, stelle ich infrage. Die gesetzlichen Bauvorschriften sollten eigentlich ausreichen, damit nicht jeder macht, was er will. Ob Wohnungen in ausgebauten Dachgeschossen überhaupt auf dem Wohnungsmarkt auftauchen oder vielleicht eher an Familienmitglieder vermietet werden, ist auch fraglich.

Kommen wir zum Abschluss noch zu der geplanten, ich nenne es jetzt einmal "Unendlichkeitsregelung" bei Typengenehmigungen. Hier sehen wir die Gefahr bzw. geben zu bedenken, dass hierdurch Typen auf Dauer genehmigt werden könnten, die sich im Nachhinein als schädlich herausstellen. Wir hatten in der Diskussion im Ausschuss das vielleicht etwas drastische Beispiel Asbest.

Liebe Kollegen, Sie werden sicherlich gemerkt haben, dass ich hier vorne schon interessantere Reden gehalten habe. Das liegt daran, dass wir im Plenum auch schon interessantere Anträge und Gesetzentwürfe diskutiert haben. Um es zusammenzufassen: Der Gesetzentwurf enthält gute wie nicht so gute Elemente. Der große Wurf ist er nicht. Versprochen wurde uns die große Revolution oder ein Quantensprung in Sachen Entbürokratisierung und Modernisierung. Bekommen haben wir viel Text mit wenig Inhalt. Wir werden uns daher enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Bleiben Sie bitte am Rednerpult. – Mir liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Martin Behringer für die Fraktion der FREIEN WÄHLER vor.

Herr Nolte, Sie haben jetzt viel kritisiert. Sie haben keine Vorschläge unterbreitet, die uns weiterbringen, sondern nur kritisiert. Sie haben kritisiert, dass die Anzeigepflicht für Dachgeschossausbauten und Nutzungsänderungen ins Gesetz aufgenommen worden ist. Vielleicht können Sie mir erklären, warum diese Anzeigepflicht aufgenommen worden ist und wofür sie wichtig ist.

Das müssen Sie doch wissen. Das ist ja Ihr Antrag.

(Beifall und Heiterkeit bei der AfD)

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Behringer für die Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde Ihnen sehr gerne erklären, Herr Nolte, wofür die Anzeigepflicht wichtig ist. Darauf komme ich später noch in meiner Rede.

(Benjamin Nolte (AfD): Vielen Dank!)

Ich habe mich sehr umfangreich mit den verschiedenen Änderungen befasst, die dieses Gesetz mit sich bringt. Dabei habe ich viele Gespräche mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Gemeinde-, Markt- und Stadträten sowie Bauamtsleitern geführt. Diese intensiven Dialoge haben zahlreiche und wertvolle Anregungen und vor allem guten Input für dieses Gesetz gebracht, die dazu beitragen, das Ganze noch praxisnaher und zukunftsorientierter zu gestalten. Deshalb freue ich mich heute sehr, dass ich bei dieser Zweiten Lesung sprechen darf. Es geht nicht nur um ein paar Anpassungen. Vielmehr ist das Gesetz ein Symbol für unser gemeinsames Ziel, Bayern zukunftssicher zu machen, pragmatisch, bürgernah und innovativ.

Zunächst möchte ich betonen, dass dieses Erste Modernisierungsgesetz das Ergebnis intensiver Beratungen, zahlreicher Diskussionen und wertvoller Kompromisse ist, die wir unter anderem auch im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr erarbeitet haben. Dies zeigt, wie wichtig es ist, in der Politik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unseres Freistaates Bayern miteinander statt gegeneinander zu arbeiten. Mein Dank gilt insbesondere auch unserem Koalitionspartner für unsere konstruktive Zusammenarbeit. Ein Gesetz ist nie ein statisches Konstrukt. Es lebt durch unsere Arbeit im Parlament. Unsere Aufgabe war es, den Entwurf zu prüfen, zu verbessern und weiterzuentwickeln. Mit großem Engagement haben wir das getan, und das Ergebnis kann sich, glaube ich, sehr gut sehen lassen.

Ein zentraler Aspekt des Modernisierungsgesetzes ist die Erweiterung der verfahrensfreien Bauvorhaben. Herr Kollege Schmid hat dies schon gesagt. Vom Dachgeschossausbau bis hin zu Solaranlagen schaffen wir echte Erleichterungen für Bauherren. Wo früher bürokratische Hürden monatelange Verzögerungen verursachten, ermöglichen wir nun einfache und schnellere Lösungen. Lassen Sie mich noch ein paar wesentliche Punkte hervorheben: Dachgeschossausbauten mit Gauben und die Umnutzung bestehender Gebäudeteile zu Wohnraum werden künftig planungsfrei gestellt und müssen, wie schon gesagt wurde, bei der Kommune angezeigt werden. Dies spart nicht nur massiv Zeit, sondern schafft zusätzlichen Wohnraum, ohne neue Flächen zu versiegeln. Die Planungsfreiheit bzw. die Anzeigepflicht ist sehr, sehr wichtig, damit die Kommunen ihre Wasser- und Kanalan

schlussgebühren kassieren können, ohne hier irgendwelchen bürokratischen Aufwand entstehen zu lassen, indem man die Menschen wieder anschreiben und sehen muss, ob jetzt ausgebaut wurde oder nicht. Hier muss der Bürger tätig werden, indem er das Ganze zwei Wochen vor dem Ausbau bei der Kommune anzeigt. Das ist ein Dreizeiler. Das ist weder bürokratisch noch ein Aufwand und dient nur der Information der Kommune.

Ebenso, glaube ich, ist es wichtig zu erwähnen, dass Gebäudeaufstockungen zukünftig auch möglich sind, ohne in die nächste Brandschutzklasse zu fallen. Damit schaffen wir unkompliziert neuen Wohnraum und setzen ein klares Signal für eine effiziente Flächennutzung. Auch freut sich der Geldbeutel des jeweiligen Bauherrn.

Ein weiterer innovativer Baustein betrifft die Kleinwindkraftanlagen. Anlagen bis zu einer Höhe von 15 Metern werden künftig verfahrensfrei gestellt. Dies zeigt unseren klaren Willen, die Energiewende in Bayern weiter voranzutreiben. Indem wir die Genehmigung vereinfachen, schaffen wir Anreize für private Haushalte, landwirtschaftliche Betriebe und kleinere Unternehmen, in erneuerbare Energien zu investieren. Klimaschutz beginnt vor Ort. Wir machen ihn zugänglich und umsetzbar.

Ich möchte auch die neue Regelung zur Stellplatzpflicht mit maximal zwei Stellplätzen pro Wohnung ansprechen. Sie gibt den Kommunen weiterhin die Möglichkeit, flexibel auf ihre spezifischen Bedürfnisse zu reagieren. Gerade als ehemaliger Bürgermeister war mir dies sehr wichtig; denn rund 98 % unserer Kommunen hatten bis dato zwei Stellplätze pro Wohnung gefordert, und das können sie nun auch weiterhin tun. Gerade im ländlichen Raum sind Stellplätze weiterhin äußerst notwendig. In urbanen Räumen, wo Carsharing und der öffentliche Nahverkehr im Fokus stehen, entlasten wir gleichzeitig Bauprojekte von übertriebenen Stellplatzforderungen.

Auch beim geförderten Wohnungsbau setzen wir ein klares Signal: Wohnen statt Tiefgaragen. Ein Stellplatzfaktor von 0,5 pro Wohnung gibt den Investoren Spielraum, um Wohnraum effizienter und vor allem kostengünstiger und schneller zu schaffen. Die unbefristeten Typengenehmigungen sind ein weiterer Durchbruch. Serielles und modulares Bauen wird damit zu einer echten Alternative, um Wohnungen zu schaffen. Diese Maßnahmen entlasten nicht nur die Bauherren, sondern auch die Behörden und sorgen für schnellere Ergebnisse.

Unerwähnt möchte ich auch nicht die Übergangsfristen lassen, die auf Wunsch des Gemeinde- und Städtetages auf neun Monate verlängert werden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dieses Gesetz steht für Fortschritt, Bürgernähe und die klare Vision, unter anderem Bauen in Bayern einfacher, schneller und bezahlbarer zu machen. Lassen Sie uns gemeinsam zeigen, dass Bayern handlungsfähig ist. – Ich danke Ihnen und bitte um Zustimmung zu diesem Modernisierungsgesetz.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Bitte am Rednerpult bleiben! – Mir liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Johannes Becher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vor. Bitte schön.

Herr Kollege Behringer, es geht um Entbürokratisierung. Ich möchte noch einmal das Thema der Stellplätze und der Spielplätze ansprechen. Bisher gab es eine sehr einfache landesrechtliche Regelung, von der die Kommunen mit einer Satzung abweichen konnten. Jetzt wird die eine landesrechtliche Regelung bei den Stellplätzen und Spielplätzen gestrichen. Jede Kommune muss künftig, wenn sie Stellplatznachweise oder Spielplätze im Geschosswoh

nungsbau haben möchte, eine eigene Satzung dafür erlassen. Wir haben in Bayern über 2.000 Kommunen. Jetzt schafft man eine Regelung ab und führt dafür Hunderte Satzungen ein. Inwiefern ist das Entbürokratisierung?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Becher, eigentlich ist es ganz einfach. Ein großer Wunsch der Kommunen war, selber zu bestimmen, wie viele Stellplätze sie brauchen und wie viele nicht.

(Johannes Becher (GRÜNE): Das dürfen sie ja schon!)

Da muss man ganz ehrlich sagen: Das kann die Kommune heute mit der Satzung regeln. Bei 98 % der Kommunen bleibt die Satzung wie bisher bestehen; sie haben damit überhaupt keinen Aufwand.

(Zuruf des Abgeordneten Johannes Becher (GRÜNE))

Sie müssen mir schon zuhören. Wenn Sie immer wieder dazwischenreden, können Sie das nicht. – Die Kommunen, die sich bisher auf die gesetzlichen Regelungen verlassen haben, können sich jetzt selbst Gedanken machen und bestimmen, wie viele Stellplätze sie zukünftig wollen. Auch bei den Kinderspielplätzen können sich die Kommunen Gedanken machen, ob sie Geld verlangen, ob sie die Spielplätze bauen lassen oder was auch immer. Ich denke, das ist der richtige Ansatz, der unsere Kommunen weiterbringt. Unsere Kommunen wollen das wirklich selber bestimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Becher für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bürokratieabbau ist das Ziel. Der Weg ist lang. Der Teufel steckt im Detail. Man merkt es dem Regierungshandeln schon an, dass es Ihnen schwerfällt, die Bürokratie abzuschaffen, die Sie selbst geschaffen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf der Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel (CSU))

Trotzdem ist es zwingend notwendig; denn die Neuorganisation von Bürokratie ist das billigste und effektivste Konjunkturprogramm, das es gibt.

Das Erste Modernisierungsgesetz ist ein Sammelsurium an Kleinständerungen, in ein Gesetz hineingepackt. Es sind nachvollziehbare und sinnvolle Aspekte dabei, aber es enthält auch einige Negativentwicklungen; manche schaffen sogar mehr Bürokratie als sie abbauen.

Manche betrachten so etwas als großen Wurf und stellen sich hier vorne hin. Werter Kollege Schmid, wissen Sie, was ein großer Wurf ist? – Ein großer Wurf in dem Bereich wäre, wenn die Menschen, die Unternehmen, die Träger von sozialen Einrichtungen, die Kommunen usw. merken würden, dass es wieder spürbar leichter geht, dass es eine Klarheit gibt, was gilt und was nicht, dass es eine Planbarkeit gibt, welche Ziele mit welchen Mitteln und auf welchem Weg erreicht werden sollen,

(Widerspruch bei der CSU)

dass es eine Stringenz gibt, wer und welche Ebene eigentlich entscheidet, und vor allem, dass es die Freiheit gibt, innerhalb des Rahmens des Gemeinwohls vor Ort schnell und gerecht zu entscheiden. Das wäre ein großer Wurf. Wer mit dem Bisschen schon zufrieden ist, verkennt die Dimension der Aufgabe Entbürokratisierung.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU – Zuruf des Abgeordne- ten Martin Wagle (CSU))

Herr Kollege, es tut mir sehr leid, aber wir sind nicht am Ziel. Wir sind am Anfang des Prozesses.

(Zurufe der Abgeordneten Michael Hofmann (CSU) und Martin Wagle (CSU))

Mit Verlaub, wer etwas anderes behauptet, hat von Entbürokratisierung keine Ahnung.

(Zuruf des Abgeordneten Michael Hofmann (CSU))

Die zehn Anträge, Herr Kollege, waren kein Vorschlag. – Kollege Hofmann ist ganz schlecht informiert. Danke schön für den Beweis, dass Sie die Unterlagen nicht so genau angeschaut haben.

(Zuruf des Abgeordneten Michael Hofmann (CSU))