Protokoll der Sitzung vom 20.06.2001

Frau Kollegin, eine Sekunde bitte! Ich stelle eine erhebliche Lautstärke fest. Ich bitte Sie doch, der Rednerin Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, auch wenn es langsam dem Ende zugeht! – Bitte, Frau Kollegin!

Meinem Ende noch nicht! Wir müssten eigentlich das Bremische Schulgesetz ändern, die Antwort ist falsch. Vielleicht nehmen Sie das von den beiden Koalitionsfraktionen auch noch einmal mit Interesse zur Kenntnis!

Uns ist es wichtig – jetzt komme ich aber wirklich zum Schluss –, die Freiwilligendienste stärker anzuerkennen, das heißt auch, dass sie gleichgesetzt werden mit Wehr- und Zivildiensten. Das erhöht dann auch die Attraktivität für die männlichen Be

werber. Es gibt Ausbaupotentiale bei den Freiwilligendiensten. Die Freiwilligendienste können sicherlich nicht den Zivildienst ersetzen. Bisher gibt es 12000 Freiwilligenjobs, wenn man ganz optimistisch rechnet, könnte man sie auch auf 24 000 Jobs ausbauen. Das ist das, was die Experten sagen. Zivildienstleistende gibt es im Augenblick 120000 in der Republik. Ich denke aber, es würde sich lohnen, den Bildungscharakter dieses Angebots zu stärken.

Das Freiwilligenjahr vermittelt soziales Lernen, und das wirkt sich positiv auf berufliche Qualifikationen aus. Die Freiwilligen benötigen eine Begleitung, die es ihnen ermöglicht, ihre Erfahrungen zu reflektieren und in gesellschaftliche Zusammenhänge einzuordnen, und ich finde, der Freiwilligendienst braucht deshalb auch künftig die gesetzlich vorgeschriebenen 25 Bildungstage.

Der Senat muss in diesem Bereich noch seine Hausaufgaben machen. Ich finde, insgesamt müssen wir uns in den Fachausschüssen noch einmal mit dem Thema auseinander setzen und die Frage der Zugänge zu dem FÖJ klären. – Meine Damen und Herren, hiermit beende ich dann meine Rede!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon angesprochen worden, die Überschrift „Gesellschaftliches Engagement von Jugendlichen im Lande Bremen“, die über der Großen Anfrage steht, geht eigentlich weit über die dort gestellten Fragen hinaus, denn gesellschaftliches Engagement von Jugendlichen findet sich bei weitaus mehr jungen Leuten als bei den wenigen, die sich in einem Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr befinden. Jugendliche engagieren sich in Sportvereinen, in Jugendverbänden, in Initiativen, in ihren Jugendclubs oder Jugendfreizeitheimen, in der Kirche, in der Schülervertretung oder Schülerzeitung, in der Politik leider nur recht wenige, aber auch in der Nachbarschaft oder im Bürgerhaus, manchmal auch nur für eine Aktion oder für ein Projekt.

Über ein mangelndes Interesse an freiwilliger Mitarbeit wird zwar generell geklagt, in der Gesamtsicht ist das aber völlig unberechtigt. Jugendliche sind als Freiwillige sehr aktiv. Allerdings haben es Bereiche und Einrichtungen umso schwerer, Jugendliche als aktive Freiwillige zu gewinnen, je mehr sie auf langfristige Bindungen ausgelegt sind und je weniger Mitsprache sie ermöglichen. Umgekehrt ist das Engagement da besonders groß, wo die Themen oder die Menschen, mit denen man als Freiwillige oder Freiwilliger zu tun hat, fordernd, spannend und aktuell sind, wo man auch wieder aussteigen kann, wenn man einmal eingestiegen ist, und wo Verant

wortung getragen und Selbstbewusstsein erworben werden kann. Wenn wir im Land Bremen das freiwillige gesellschaftliche Engagement von jungen Leuten fördern und unterstützen wollen, dann müssen wir ihnen vor allen Dingen Gelegenheiten dazu schaffen, die diese aus der Sicht von Jugendlichen positiven Eigenschaften beinhalten. Entschuldigung! Das ist keine Kröte!

(Heiterkeit – Zurufe)

Jetzt traut sich keiner, mir auf den Rücken zu klopfen, oder wie?

(Zuruf – Heiterkeit)

Tut er es? Ich habe nämlich einmal gelernt, dass man dann auch das Knie anziehen kann, Herr Pflugradt!

(Heiterkeit)

Danke! Aus der Sicht der Kinder- und Jugendsenatorin bedeutet die Schaffung dieser Möglichkeit für junge Leute natürlich auch eine Selbstverpflichtung, für die Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe alle Maßnahmen, Dienste und Einrichtungen möglichst so zu planen und zu gestalten, dass sie die aktive Mitwirkung von jungen Menschen anregen. Das ist ein heftiges Unterfangen, das wissen wir auch aus vielen Gesprächen im Jugendhilfeausschuss, ein ehrgeiziges Vorhaben, aber wir müssen es angehen. Wir kommen auch, denke ich, voran. Für andere gesellschaftliche Bereiche aber, wie zum Beispiel die Schule, die Kultur und den Sport, sollte dieser Anspruch eigentlich auch gelten. Das Freiwillige Soziale und das Freiwillige Ökologische Jahr gehören natürlich auch zu den freiwilligen Aktivitäten, die für Jugendliche in einer ganz spezifischen Situation im Übergang zwischen Schule und Beruf einen sehr großen Reiz ausüben, denn neben dem Interesse an einer sinnvollen Mitarbeit in einem sozialen, ökologischen oder neuerdings auch kulturellen Arbeitsfeld spielt es für einen großen Teil der Jugendlichen natürlich auch eine Rolle, sich entweder über eigene Berufswünsche noch klarer zu werden oder eine Wartezeit bis zum Studium sinnvoll und unter Anrechnung auf Praktikapflichten überbrücken zu können. Die Nachfrage danach ist größer geworden. Wir sollten uns deswegen bemühen, gemeinsam mit den Trägern dieser Freiwilligenjahre die Platzkapazität nach Kräften auszuweiten. Soweit der Bund im Zusammenhang mit der Novellierung des Zivildienstgesetzes die Förderung von Freiwilligenjahren auch finanziell besser ausstatten will, sollten wir diese Option für das Land Bremen unbedingt nutzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte vielleicht abschließend zu den Angeboten der Jugendinformation an dieser Stelle nur noch wenig sagen. Jugendliche brauchen natürlich Informationen, die ihnen nützen, wenn sie sich für eine freiwillige Mitarbeit in einem gesellschaftlichen Bereich interessieren oder dafür interessiert werden sollen. Unser Landesjugendserver www.jugendinfo.de stellt bereits eine bundesweit anerkannte und vorzügliche Informationsplattform für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Kinder- und Jugendarbeit dar, und sie steht auch anderen Professionen offen. Für die Weiterentwicklung dieses OnlineDienstes stelle ich mir insbesondere eine noch stärker direkt auf Mitwirkung und Mitgestaltung durch Kinder und Jugendliche setzende Form vor.

Sicher ist es lobenswert, mit welchem Einsatz engagierte Erwachsene in allen Feldern der Gesellschaft bei jungen Menschen um Mitwirkung und Beteiligung werben. Aktive Mädchen und Jungen sind aber selbst vermutlich die besten und erfolgreichsten Werberinnen und Werber für noch unentschlossene, aber interessierte andere. Wir sollten diese

Aktiven gewinnen und ihnen für ihre freiwilligen Projekte unsere personelle, technische und manchmal finanzielle Hilfe anbieten. Die geplante Kinderund Jugendstiftung wird sich insbesondere solche Ansätze deshalb vornehmen und sie nach Kräften fördern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 15/730 auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende des heutigen Tages angekommen. Ich schließe die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).