Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

In dieser Legislaturperiode verlangen wir jetzt zumindest noch einen Zwischenbericht. Der ist uns auch im Landesjugendhilfeausschuss zugesagt worden. Dort sind uns die Gründe, wie eben auch von Herrn Pietrzok, noch einmal erklärt worden, warum das Ressort nicht in der Lage war, das zu schaffen, dass es an Personalengpässen liegt. Ich bin auch der Meinung, das ist keine Aufgabe vom Jugend- und Sozialressort allein. Das ist eine Querschnittsaufgabe. Ich würde das genauso bei der Behindertenpolitik sagen, da müssen alle Ressorts ihr Scherflein dazutun, und dem ist so.

Meine Kollegin Frau Striezel hat vor zwei Jahren gesagt, Jugendliche sollen an der Gestaltung von Gesetzen, die sie unmittelbar betreffen, aktiv durch Mitwirkung und Stimmrecht beteiligt werden. Ich wäre froh, wenn die Möglichkeiten, die wir heute schon haben, von interessierten Jugendlichen genutzt würden. „Die Beiräte wären sehr dankbar und froh, wenn Jugendliche sich mehr kümmern würden.“ Das war ein Zitat, und da hat sie Recht, das gilt heute noch genauso.

Meine Damen und Herren, in der Veranstaltung „Jugend im Parlament“, die wir anschließend im Jugendhilfeausschuss hatten, war ich teilweise erschrocken, dass dort Äußerungen über Schülermitverwaltung von einem Mitstreiter vorgetragen wurden, die erschreckend waren, denen von keinem anderen der Jugendlichen widersprochen wurde. Frau Stahmann, Sie waren bei der Sitzung nicht dabei, aber in der Deputation waren Sie anwesend. Dort ist es noch einmal wiederholt worden. Es hat niemand widersprochen. An diesem Beispiel erkennt man, dass Beteiligung nicht nur gewährt werden soll, sie muss auch gelebt und vor allen Dingen auch gelernt werden.

Dieses Haus erwartet, dass der Senat Wege dazu aufzeichnet, wie Mitverantwortung und Mitbeteiligung nicht nur gewährt, sondern auch gelernt und gelehrt werden kann. „Jugend im Parlament“ ist kei

ne Eintagsfliege mehr. Juniorenwahlen werden meines Wissens stattfinden. Der Weg geht in die richtige Richtung. Hoffen wir, dass die Jugendlichen ihn begeistert mitgehen und nicht die Meinung, die ich im Jugendhilfeausschuss und in der Deputation von einem Vertreter zur Kenntnis nehmen musste, die Meinung aller Jugendlicher ist, sondern dass das nur ein kleiner Ausschnitt war!

Mitbestimmen, mitentscheiden und Mitverantwortung sind unzertrennbar miteinander verbunden. Nur einen Teil davon kann man nicht für sich reklamieren. Entscheidungen und Verantwortung kann man nicht trennen. Die CDU hofft, dass der Bericht des Senats auch dazu deutliche Anmerkungen macht. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Jugendenquete ist nicht vorgelegt worden. Das ist hier schon ausführlich vorgetragen worden. Herr Pietrzok hat im Wesentlichen die Gründe dargestellt. Es lag nicht am guten Willen, es lag schlicht und einfach daran, dass das Ressort die nötigen Ressourcen nicht hatte. Das ist eine Schwäche des Antrags gewesen. Wer eine wirkliche Jugendenquete fordert, weiß genau, dass das richtig Geld kostet. Es gab Schätzungen für die letzte Koalitionsrunde von rund 300 000 DM für eine solche Jugendenquete. Das kann ein Jugendressort nicht einmal eben so nebenbei machen und ein Jugendhilfeausschuss eben auch nicht. Wir hatten in der Zeit auch wirklich andere dringende Aufgaben zu lösen. Das Anpassungskonzept ist schon vorgetragen worden, ich möchte das noch ergänzen um die wirklich riesigen Anstrengungen, die gerade in der Abteilung geleistet worden sind, um das Thema Pisa im Elementarbereich weiter voranzubringen.

Der Antrag, den Sie hier heute eingebracht haben, hat zum Ziel, die Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche zu stärken. In der Zeit dieser Legislaturperiode sind gerade auch im Kinder- und Jugendbereich sehr viele innovative Ansätze umgesetzt worden, zum Beispiel bei der Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen als Experten bei der Gestaltung von Spielflächen oder Flächen in ihrer Lebensumgebung, also die Frage: Kinder, könnt ihr euch vorstellen, wo man noch etwas für euch umsetzen kann? Oder bei der Umgestaltung von Jugendfreizeitheimen, auch dort sind Workshops mit Jugendlichen gemacht worden, die sich hervorragend bewährt haben, bei denen Kinder und Jugendliche ihre Vorstellungen, ihre Kreativität voll entfaltet haben.

Genau in diese Richtung muss es weitergehen. Deswegen haben wir auch als Ressort seit 2001 kon

tinuierlich unsere Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, in diese Richtung fortgebildet. Sie sind in der Lage, diese Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln, zu fördern, und das hat auch geradezu einen Schneeballeffekt ausgelöst.

Ein schwieriges und kompliziertes Thema, ein Thema, das bundesweit in der Diskussion ist, ist das Thema „Wahrnehmung politischer Rechte von Kindern und Jugendlichen“. Da gibt es auch sehr unterschiedliche Auffassungen. Das macht sich zum Beispiel fest am Thema „Wahlrecht mit 16“. Was ich sehr gut finde und was auch ein Bedürfnis von Kindern und Jugendlichen ist, ist die Beteiligung in den Stadtteilbeiräten, weil da die Chance besteht, konkret ihr Lebensumfeld mitzugestalten. Wir werden demnächst die Juniorwahlen 2003 auswerten. Das wird sicherlich noch einmal einen Schub – ja, das kommt! – in der fachlichen und politischen Debatte geben, so dass wir da sicherlich noch einmal ein Stück weiterkommen werden, was den Themenkomplex politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen betrifft.

Wir haben auch Erfahrungen gesammelt mit „Jugend im Parlament“. Das ist ein interessanter Beitrag zur politischen Jugendbildung, der sich jetzt auch noch einmal bei uns in den Deputationen niedergeschlagen hat. Dabei fand ich den Diskurs mit den Jugendlichen, Herr Oppermann, ausgesprochen spannend. Ich habe wahrgenommen, dass es Jugendliche gibt, die politisch und inhaltlich auch wirklich mitgestalten wollen. Wir müssen uns vornehmen, künftig stärker und stringenter mit unseren Möglichkeiten in den parlamentarischen Ausschüssen, in den Deputationen, vor allen Dingen aber auch im Jugendhilfeausschuss diese Wege der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen, wobei wir sehr sorgfältig darauf achten müssen, dass es eine wirkliche Beteiligung ist. Kinder und Jugendliche sind sehr sensibel dafür, sie spüren, ob es wirklich eine Auseinandersetzung ist, eine inhaltliche Annahme durch die Erwachsenen oder ob es nur eine symbolische Beteiligung ist. Das würde dann leider nicht zum Erfolg führen. Auch da sind wir also gefordert, die Kinder und Jugendlichen sehr ernst zu nehmen. Sie sind die wirklichen Experten.

Wir werden den geforderten Zwischenbericht selbstverständlich vorlegen. Ich denke, dass wir dann auch die Grundlagenvorbereitungen für eine Jugendenquete in der nächsten Legislaturperiode darstellen werden, wobei ich eben auch die Auffassung teile, eine wirkliche Enquete gehört mit einer finanziellen Ausstattung hinsichtlich der Ressourcen in ein Parlament. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 15/1369 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Entschließungsantrag zu.

(Einstimmig)

Organspende im Lande Bremen

Mitteilung des Senats vom 17. Dezember 2002 (Drucksache 15/1333)

Als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Röpke.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Hammerström.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir brauchen die Debatte heute nicht noch einmal zu führen. Ich möchte mich ganz herzlich beim Senat für die ausführliche Antwort bedanken und vor allen Dingen für das Abarbeiten, glaube ich, fast aller Punkte, die wir in unserem Antrag aufgeführt haben.

Ich bitte Sie nur noch, Frau Senatorin, uns vielleicht gleich noch mitzuteilen, ob in Bremerhaven in den Einwohnermeldeämtern in der Zwischenzeit auch Organspendeausweise ausgelegt wurden. Sie hatten uns angekündigt, dass das für Anfang 2003 vorgesehen ist. Ich wollte das noch recherchieren, ich habe es aber leider nicht mehr geschafft.

Ganz hervorragend fanden wir die Initiative, die mit den Studenten der Hochschule für Wirtschaft gemacht wurde, in Diskotheken und in Kneipen in dieser Stadt diese kleinen Citycards, die selbst von den Studenten entwickelt wurden, auszulegen, um einfach auch für Jugendliche begreifbar zu machen, wie wichtig das Thema Organentnahme ist beziehungsweise einen Spenderausweis mit sich zu führen.

Es hakt noch ein bisschen an einem Punkt, aber da sind wir auch selbst gefordert: Wir sollten mit unseren eigenen Krankenkassen vielleicht noch einmal in Kontakt treten, so dass sie bundesweit versuchen, auch in ihren eigenen Publikationen die Organspende wieder zum Thema zu machen. Festhalten müssen wir, dass die Organspende weiter rück––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

läufig ist. In Bremen haben wir zwar gute Zahlen, aber auch die Zahlen gehen zurück, und insofern sollte man das Thema Organspende beziehungsweise die Bereitschaft dazu immer wieder zum Thema machen. Insgesamt, glaube ich, ist die Senatsantwort eine gute Antwort. Ich schlage meinen Kollegen, die anschließend noch weiter in diesem Hause Politik machen, vor, dies zu einem ständigen Punkt zu machen, vielleicht alle paar Jahre einmal wieder, auch wenn es nur in kleinen Anfragen für die Fragestunde ist, damit das Thema einfach präsent bleibt und damit in den Köpfen der Menschen bleibt, wie wichtig es ist, Organspendeausweise mit sich zu führen und sich des Themas anzunehmen. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort erhält der Abgeordnete Peters.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt die Aktivitäten des Senats, über die Organspende breit gefächert zu informieren, um so die Organspendebereitschaft in Bremen und Bremerhaven deutlich zu erhöhen. Im Bericht steht ja, dass wir höher liegen als im Durchschnitt, aber ich glaube, es ist noch lange nicht ausreichend, gerade, wie Frau Hammerström auch sagte, bei zurückgehenden Zahlen. Wenn man dann im Fernsehen die Berichte sieht, wie dringend notwendig Organspenden sind und wie viele Leute am Ende die Organspende, auf die sie warten, nicht mehr erreicht, ist das, glaube ich, ganz wichtig, dass hier eine ganze Menge getan wird. Wir begrüßen ausdrücklich die Aktivitäten im Bereich Schule und die damit verbundenen Unterrichtseinheiten ab Sekundarstufe II. Dabei geht es nicht nur darum, sich ganz persönlich mit der lebensrettenden Organspende auseinander zu setzen, sondern auch um die Beschäftigung mit dem Thema Tod, ein Thema, das immer deutlicher in unserer Gesellschaft tabuisiert worden ist, weil Krankheit und Tod kaum noch im häuslichen Umfeld bewältigt werden. Kliniken, Pflegeheime und Hospizeinrichtungen stellen sich sehr engagiert und mit großer Kompetenz auf unsere Kranken und Sterbenden ein, und dafür danke ich im Namen der CDU-Fraktion all denen herzlich, die sich dieser schweren Aufgabe täglich neu stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn wir jetzt das Thema Organspende und damit das Sterben bereits in der Schule sensibel behan––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

deln, ist das auch ein Beitrag dazu, über Krankheit und Tod in unserer Familie und im engsten Freundeskreis zu reflektieren.

Eine Vielzahl kompetenter und verlässlicher Akteure hat sich bereit erklärt, an der Organspendekampagne mitzuwirken: Das sind die Arztpraxen, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen – sicherlich ist da noch mehr zu tun –, die Hochschulen, die Ortsämter und Einwohnermeldeämter sowie das Landesinstitut für Schule. Allen Beteiligten sage ich für die CDU-Fraktion unseren ganz herzlichen Dank für ihr Engagement, und ich hoffe, dass wir in Zukunft das erreichen, was wir erreichen wollen, dass wieder deutlich mehr Organe zur Verfügung stehen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben im Juni des letzten Jahres hier ausführlich über das Thema Organspende im Land Bremen geredet, deshalb werde ich auch aus Sicht der Fraktion der Grünen nur ganz kurz Stellung nehmen.

Wir finden die Kampagne, die angelaufen ist, gut, und wir finden sie richtig, weil Menschen sich frühzeitig mit dem Thema Organspende auseinander setzen, um dann selbstbestimmt eine Entscheidung treffen zu können. Aber ich denke, wir sollten zwei Dinge nicht aus den Augen verlieren: Die meisten Entscheidungen für oder gegen eine Organspende finden immer noch in den Krankenhäusern statt. Das erfordert eine hohe Fachkompetenz der Ärzte und des Pflegepersonals. Dafür brauchen sie Fortbildungen, aber ich denke, die Senatorin wird das auch mit in die entsprechenden Ausschüsse nehmen.

Zweitens: Finanzielle Anreize! Es wird immer wieder thematisiert, dass es finanzielle Anreize für Menschen geben soll, die ihre Organe spenden, zuletzt ist das im Dezember auf dem Kongress der Organtransplantation in München geschehen. Es wurde gesagt, dass es Steuererleichterungen und Rabatte auf Krankenversicherungsbeiträge geben soll, wenn sich Menschen bereit erklären, Organe zu spenden. Ich halte das für einen gefährlichen Weg. Eine Ökonomisierung der Organspende, denke ich, sollten wir ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Wir sehen, wie es in manchen Ländern, zum Beispiel in Indien, dazu gekommen ist, dass manche aus ihren finanziellen Verhältnissen heraus ihre Organe verkauft haben, und schon deshalb, liebe Frau Hammerström, denke ich, sollten wir das auch immer ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

wieder zum Thema machen, weil diese Forderungen immer wieder kommen werden. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.