Protokoll der Sitzung vom 07.05.2008

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf die Mitteilung des Senats vom 1. April 2008 eingehen, und ich werde nicht das wiederholen, was meine Vorredner schon inhaltlich sehr intensiv dazu gesagt haben. Die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Absicht des Senats, den Bereich der sogenannten Discomeile – in den Abgrenzungen der Straßenzüge Hochstraße, Schillerstraße, Birkenstraße und Bürgermeister-Smidt-Straße unter Einbeziehung des Bahnhofsvorplatzes – als Waffenverbotszone auszuweisen. Damit dürfen nach Einrichtung dieser Waffenverbotszone in diesem Gebiet im Zeitraum von 20 Uhr abends bis 8 Uhr morgens weder Waffen, die erlaubnisfrei geführt werden, noch Waffen, für die eine Erlaubnis erteilt worden ist, mitgeführt werden.

Meine Damen und Herren, die ersten Erfahrungen aus Hamburg hinsichtlich der dortigen Waffenverbotszone rund um die Reeperbahn lassen durchweg positive Ergebnisse erkennen. Dort ist die Maßnahme allerdings mit einer Videoüberwachung des Gebietes verbunden worden. Die CDU-Fraktion fordert den Senat deshalb auf, parallel zur Einrichtung der Waffenverbotszone auch in Bremen eine Videoüberwachung der neuralgischen Bereiche durchzuführen.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus gibt es in Hamburg eine weitere Erkenntnis seit Einführung der Waffenverbotszone. Die Anzahl der Körperverletzungsdelikte, bei denen Glasflaschen, und das in der Regel natürlich zerbrochene, als Waffen eingesetzt worden sind, hat in Hamburg erheblich zugenommen. Deshalb wird in Hamburg aktuell über ein Flaschenverbot nachgedacht.

(Heiterkeit)

Entsprechende Verhandlungen mit Geschäften und Brauereien laufen. Meine Damen und Herren, auch hier sollte der Senat nach Ansicht der CDU-Fraktion Vorsorge treffen und ein entsprechendes Flaschenverbot von Anfang an aussprechen.

(Beifall bei der CDU)

In der Antwort des Senats wird weiter darauf verwiesen, dass der Senat beabsichtigt, gefährliche Gegenstände wie etwa Baseballschläger, Äxte, Beile, Rasierklingen, Teppichmesser, das, was der normale Mensch so auf die Discomeile mitnimmt, in das Verbot mit einzubeziehen. Auch das wird von der CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßt. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ebenso wird von der CDU-Fraktion begrüßt, dass der Senat Bundesratsinitiativen zum Verbot von Messern bestimmter Größe – also Klingenlänge – sowie des Erwerbs, Besitzes, Führens und Verbreitens von sogenannten Anscheinswaffen unterstützt. Auch die vom Senat beabsichtigte Änderung des Bremischen Polizeigesetzes hinsichtlich einer Absenkung der Voraussetzungen für eine gefahrenabwehrende Sicherstellung gemäß Paragraf 23 in Bezug auf Waffen und andere gefährliche Gegenstände wird von der CDUFraktion ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der beabsichtigten Änderung des Bremischen Polizeigesetzes fordert die CDU-Fraktion, auch verfassungskonforme Regelungen zur Onlinedurchsuchung und automatischen Kennzeichenfahndung mit aufzunehmen. In diesem Zusammenhang, Herr Dr. Güldner, ein Hinweis: Sie haben heute Morgen auf die Kennzeichenfahndung Bezug genommen. Schauen Sie sich einmal das Brandenburgische Polizeigesetz an, dort ist ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz beispielhaft angeführt worden. Ich empfehle somit, dass wir uns in Bremen daran stark orientieren und es nicht einfach abschaffen. Wir haben nämlich einen Tagesordnungspunkt 42, den wir wahrscheinlich nicht mehr behandeln werden, aber vielleicht können Sie sich ja diesbezüglich noch einmal Gedanken machen, ob wir den nicht modifizieren können.

Nun zum Antrag, Schulen gewalt- und waffenfrei zu machen! Auch diesen Antrag unterstützt natürlich die CDU-Faktion. Allerdings ist der Gesetzesantrag zwar gut gemeint, aber in seiner Ausführung stark verbesserungswürdig. Insbesondere folgende Punkte, auf die ich hier näher eingehen will, sollten nach unserer Ansicht in der weiteren Befassung verbessert beziehungsweise aufgenommen werden. Soweit das Gesetz Bestimmungen aus dem Waffengesetz wiederholt, ist das unschädlich. Allerdings muss geklärt werden, was mit Personen geschehen soll, denen nach dem Waffengesetz das Tragen von Waffen erlaubt ist und die aus irgendeinem Grund entweder die Schule betreten müssen oder in der Nähe der Schule zu tun haben. Ich will nur ein kurzes Beispiel dazu geben: Handwerker laufen mit gefährlichen Gegenständen herum, Teppichmessern und Ähnlichem, und haben in der Schule zu tun. Was machen wir mit ihnen? Das muss also irgendwo geregelt werden.

Noch einmal überprüfenswert ist auch die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung, wonach das Mitführen gefährlicher Gegenstände mit einer Geldbuße von bis zu 10 000 Euro geahndet werden soll. Aufgrund der Tatsache, die hier eben der Kollege Tschöpe genannt hat, nämlich dass extrem viele Waffen unter Schülern im Umlauf sind, haben sich einige Schüler mit Pfefferspray zur Verteidigung

bewaffnet. Gilt, und jetzt komme ich wieder auf das zurück, was ich eben gesagt habe, das auch für Schüler und Schülerinnen mit Pfefferspray im Rucksack? Sind diese auch mit maximal einer Geldbuße von 10 000 Euro zu ahnden? Das sind also Fragen, die noch geklärt werden müssen.

Ist die Schulbehörde nicht überfordert, beispielsweise die Definition hinsichtlich der gefährlichen Gegenstände abschließend für sich in einer Rechtsverordnung zu formulieren? Was bedeutet das für Anwohner in der Nähe der Schulen, die entsprechende Gegenstände bei sich tragen, beispielsweise wenn sie eine Turnhalle aufsuchen oder zu einem Elternabend gehen? Nach dem Gesetzesvorschlag soll die Schulleitung die Schule bei schweren Straftaten informieren. Ich habe bei der Polizei einmal gelernt, wenn schwere Straftaten begangen werden, ist in der Regel eine Anzeige zu erstatten.

(Beifall bei der CDU)

Zu informieren wäre vielleicht die Jugendhilfe.

In diesem Zusammenhang ist natürlich für die Schulleitung die Frage, ob es sich um eine schwere Straftat oder noch um eine leichte handelt, von entscheidender Bedeutung. Es darf nicht sein, dass dieses Problem von Schule zu Schule unterschiedlich behandelt wird. Gefordert sind also klare, unmissverständliche Definitionen, und aus unserer Sicht sind auch Kontrollen gefordert, welcher Art auch immer, um zu prüfen, ob Schüler oder Schülerinnen mit Waffen, die nach diesem Gesetz nicht gestattet sind, in die Schulen kommen.

Neben den als schwere Straftaten aufgeführten Straftaten gegen das Leben, das sind also die, die aufgeführt sind, die körperliche Unversehrtheit sowie die Raubstraftaten und Verstöße gegen das Waffengesetz sollten nach CDU-Ansicht auch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Schulverwaltungsgesetz mit aufgenommen werden. Auch diese Straftaten sind schwerwiegend, sehr schwerwiegend können sie sogar sein, und sind leider Gottes auch an Schulen nicht unüblich.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich noch auf zwei Hinweise aus dem Gesetzesvorschlag eingehen: Bei der Einleitung wird auf das Handlungskonzept „Stopp der Jugendgewalt“ eingegangen. Die CDU-Fraktion erwartet vom Senat konkrete Schritte in den einzelnen Ressorts zur Umsetzung des Konzeptes und nicht nur Lippenbekenntnisse bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

(Beifall bei der CDU)

Weiterhin erwartet die CDU-Fraktion vom Senat, dass nicht nur die Schulen die Polizei als Kooperationspartner bei der Bekämpfung der Jugendgewaltkriminalität einbinden müssen, sondern auch für den

Jugend- und Sozialbereich wäre Ähnliches wünschenswert. – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, der der Mitteilung des Senats zugrunde lag, knüpfte bereits an die rot-grüne Waffenrechtspolitik auf Bundesebene an. Schärfere Gesetze bringen mehr Sicherheit für die Bürger, das behaupten Sie. Diesen Unsinn mag Ihnen glauben, wer will. Wir als FDP glauben das jedenfalls nicht!

(Beifall bei der FDP)

Bei der Verschärfung des Waffenrechts geht es nicht nur darum, Lücken zu schließen. Hier wird auf diese Weise versucht, Probleme zu kaschieren, deren Lösung sehr viel mehr Aufwand erfordern würde als die Einführung neuer Paragrafen.

(Beifall bei der FDP)

Die Reform ist völlig ungeeignet, um die Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern zu erhöhen. Die Waffenrechtsreform täuscht Bürger über Sicherheit.

(Beifall bei der FDP)

Tatsache ist, legal erworbene und angemeldete Waffen spielen in der Kriminalstatistik eigentlich überhaupt keine Rolle. Die illegalen Waffen aber werden vom Waffengesetz nicht erreicht. Das Herumdoktern am Waffengesetz ist deshalb nur purer Aktionismus und Augenwischerei.

(Beifall bei der FDP)

Übereinstimmend mit der Gewerkschaft der Polizei warnen wir davor zu glauben, dass sich der öffentlich vorhandene Reiz, eine Schusswaffe mit sich herumzutragen, per Gesetz vermeiden lässt. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wichtiger als immer neue Gesetze und Verordnungen ist es, den Tätern klarzumachen, dass sie diese gefährlichen Gegenstände nicht mit sich herumtragen dürfen. Nur mit einer entsprechenden Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit sind effektive und vorbeugende Maßnahmen zu erreichen, und daher auch unser Appell an den Senat: Verbessern Sie die personelle Situation bei der Polizei, und schaffen Sie die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Präventionsarbeit! Damit werden Sie

allemal mehr erreichen als mit solchem Blendwerk, wie Sie es uns heute hier wieder darzubieten versuchen.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Mitteilung des Senats verdeutlicht noch etwas anderes. In Deutschland besteht nämlich offenkundig kein Gesetzgebungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit. Nicht immer sind neue Verbote der richtige Weg. Ein Blick in die einschlägigen Vorschriften zeigt, dass das angesprochene Problem bereits mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen hinreichend zu lösen ist.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir erachten daher das, was Sie mit Verschärfung des Waffenrechts hier beschrieben haben, auch als wenig dienlich zur Lösung der Situation in den Schulen.

(Beifall bei der FDP)

Die zentrale Frage für uns als Liberale ist: Was können wir tun? Ausweislich des Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“ des Senats vom Januar diesen Jahres werden Straftaten vonseiten der Schulen bislang nur selten angezeigt. Der Informationsfluss wird derzeit als nicht ausreichend bewertet. Nun wurde zur Verbesserung des Kenntnisstandes der Strafverfolgungsbehörden und des Amtes für Soziale Dienste eine – so heißt sie – „Vereinbarung zwischen den zuständigen senatorischen Behörden über die Zusammenarbeit zwischen Schule, Polizei, Jugendhilfe und der Staatsanwaltschaft im Bereich der Gewaltprävention an Schulen“ getroffen. Wir hoffen, dass diese Vereinbarung nicht nur ein Wortmonstrum bleibt, sondern dass auch sinnvolle und gezielte Maßnahmen folgen, damit dies, was dort angestrebt wird, auch wirklich umgesetzt werden kann. Aber bisher sehen wir dort leider noch wenig vonseiten der Koalition.

(Beifall bei der FDP)

Das Projekt „Stopp der Jugendgewalt“ darf nicht an mangelnder Vernetzung und an Reibungsverlusten scheitern.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, in dem Dringlichkeitsantrag der Koalition mit dem Titel „Gewaltund waffenfreie Schulen“ wird das Ziel formuliert, die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler beim Schulbesuch als Voraussetzung des staatlichen Bildungsauftrags zu gewährleisten und Straftaten in der Schule sowie strafbares Verhalten von Schülerinnen und Schülern auch außerhalb der Schule zu verhüten. Auch uns ist die Sicherheit unserer Kinder in den Schulen selbstverständlich von größter Wichtigkeit. Aber muss man dazu das Schulgesetz ändern? Tat

sächlich muss man sagen, bedarf es eigentlich einer solchen Regelung nicht. Wir sind der Meinung, dass es auch genügend andere Möglichkeiten gibt, dies heute bereits zu untersagen, etwa über das Hausrecht der Schulen. Dazu brauchen wir diese Schulgesetzänderung nun wirklich nicht!

(Beifall bei der FDP)

Lieber Kollege Tschöpe, dass sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Taschenmesser mit sich führen, das kann wirklich nicht so ausgelegt werden, als wäre dort nun ein eklatantes Problem, wofür man dringend ein neues Gesetz braucht.

(Beifall bei der FDP – Zurufe)

Die Ausführungen des Kollegen Hinners haben doch gezeigt, in welch absurde Welt Sie uns führen wollen mit Ihrer Politik. Demnächst werden Sie den Schülern die Füllfederhalter und die Scheren für den Kunstunterricht verbieten, weil auch das gefährliche Gegenstände sind.