Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir jetzt hier keine Große Anfrage zu debattieren hätten und wenn man das ganze Problem per Antrag erledigen könnte, wäre das ein Antrag, den ich aus ganzem Herzen sofort unterstützen würde, weil ich ja nun einmal alleinerziehende Mutter bin und mein Sohn deswegen auch nur einen Großelternteil hat, sprich nur einen Opa, der dann auch noch nicht einmal in Bremen wohnt.
Ich bin, nachdem er anderthalb Jahre alt war, wieder arbeiten gegangen, und in der ersten Kita gab es natürlich nur Frauen. Er hatte dann das Glück, dass irgendwann ein männlicher Kollege in der Kita volontiert hat, sein Praktikum und sein Anerkennungsjahr dort gemacht hat. Ich habe gemerkt, welcher Segen das war für einen Jungen war, der ansonsten nur mit Frauen zu tun hatte und der natürlich dann ein völlig komisches soziales Verhältnis zu dieser Welt so nach dem Motto bekommen hätte, die ersten Ansprechpartner sind Ansprechpartnerinnen, sie sind für die Erziehung zuständig, und alles andere sind dann diejenigen, die ich im Fernsehen sehe und die einem Ball hinterherlaufen, um es einmal ganz verkürzt auszudrücken.
Mein Sohn wollte zunächst auch Fußballstar werden, bis er dann mit fünf Jahren gesagt hat, eigentlich wollte er doch einen vernünftigen Beruf lernen, parallel arbeitete er aber immer noch an seiner Fußballkarriere. Es ist einfach so, dass es verheerende Folgen für die Sozialisation insbesondere von Jungen hat, wenn sie tatsächlich nur mit Erzieherinnen und in der Primarstufe nur mit weiblichen Lehrkräften zu tun haben.
Ich finde auch, diese Situation spiegelt ein komisches Gesellschaftsbild wider. Wenn man sich überlegt, dass in den Kindertagesstätten und den Grundschulen überwiegende Erzieherinnen und Lehrerinnen tätig sind, spiegelt das ein archaisches Gesellschaftsbild wider. Es bedeutet nämlich, Frauen sind, bis die Mädchen und Jungen zehn Jahre alt sind, für ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
die Erziehung zuständig, und die Männer kümmern sich am Anfang oder am Ende der Pubertät um die Mädchen und Jungen. Ich kenne das, so sind wir alle in den Sechziger- und Siebzigerjahren aufgewachsen. Väter waren erst ansprechbar, wenn die Kinder 14 oder 15 Jahre alt waren. Ich glaube, dass das absolut nicht mehr zeitgemäß ist, und daher ist es sehr dringend geboten, dass sowohl mehr Erzieher in den Kitas als auch mehr Lehrer in den Grundschulen arbeiten.
Ich finde diese Initiative hervorragend, und ich finde es auch gut, dass es auf der einen Seite schon einmal gelungen ist, eine Einstellungshürde zu kappen, nämlich die Regelung, dass Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt werden. Das finde ich sehr gut, und ich glaube, wir können noch einen Schritt weitergehen. Ich habe viele Freunde, deren Kinder mittlerweile ein Lehramtsstudium aufgenommen haben, unter ihnen sind auch Männer. Die Männer überlegen sich natürlich bei einem Gehaltsunterschied von circa 300 Euro netto, ob sie in die Sekundarstufe II, in die Primarstufe oder in die Sekundarstufe I gehen. Ich finde, das der Gehaltsunterschied grundsätzlich falsch ist, und zwar nicht nur deshalb, um mehr Männer für die Grundschulen zu interessieren, die natürlich auch ein bisschen schauen, wo sie mehr Geld verdienen, denn im Zweifelsfall sind sie Allein- oder Hauptverdiener für eine Familie, sondern auch weil in der Grundschule der Grundstein für jede weitere Bildungschance gelegt wird, die Kinder für den weiteren Bildungsweg haben.
Meiner Meinung nach ist es eigentlich nicht nachvollziehbar, dass Oberstudienräte mehr Geld als Primarschullehrer bekommen. Es sei ihnen gegönnt, aber eigentlich müssten diejenigen, die die Basis dafür legen, dass die Kinder hinterher einen guten Lebensweg beschreiten, zumindest genauso besoldet werden. Ich weiß, dass das ein ideeller, frommer Wunsch ist – ich erinnere an die Haushaltsdebatten –, aber trotzdem bin ich der Meinung, dass das richtig wäre.
Ansonsten kann man sich nur der Initiative anschließen und dafür werben, dass sich mehr junge Männer, die tatsächlich das Studium Lehramt gewählt haben, für die Primarstufe, also für die Grundschule, entscheiden. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Vertreter des Projekts „Männer in die Grundschule“, herzlich willkommen! Ich zitiere: „Die Bildungsbenachteiligung des ‚katholischen Arbeitermädchens vom Lande’ wurde durch neue Bildungsverlierer abgelöst: die Jungen.“ Mit diesem Zitat, das einem „Spiegel-OnlineArtikel“ aus dem Jahr 2010 zu entnehmen ist, stellt der Vorsitzende des Aktionsrats Bildung nicht nur eine provokante These auf, sondern fasst damit zugleich die Ergebnisse des Gutachtens „Geschlechterdifferenzen im Bildungssystem“, das der Aktionsrat eigens erstellt hat, zusammen.
In diesem Gutachten findet sich eine einschlägige Statistik über die bundesweiten Prozentzahlen männlicher Lehrkräfte an Grundschulen wieder. Im Gegensatz zu den Sechzigerjahren, als es an den Grundschulen noch 40 bis 60 Prozent männliches Lehrpersonal gab, erreichen die besten Werte Hessen und Saarland mit jeweils 22 Prozent. Bremen liegt mit 12 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von knapp 14 Prozent. Neben dem auffällig starken Ost-West-Gefälle – die ostdeutschen Länder erreichen nicht einmal die Zehn-Prozent-Marke, stellt das Bildungsgutachten bei allen Ländern einen massiven Handlungsbedarf fest. Nicht nur diese bundesweite Studie, sondern auch vermehrte bundesweite Fachtagungen – wie 2011 an der Universität Hildesheim – zu dem heutigen Thema zeigen, dass die Forderung mehr männliche Lehrkräfte für die Grundschulen, die auf den ersten Blick harmlos erscheint, eine zunehmende politische und vor allem bildungspolitische Brisanz hat.
Auch wenn das Thema in der Öffentlichkeit oft unterschätzt wird – ich persönlich finde das sehr schade –, sticht einem bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema sofort der zeitlich drängende massive Handlungsbedarf ins Auge. Gemäß derzeitigen statistischen Untersuchungen würden wir in zirka zehn Jahren ohne eine Besserung der Situation bundesweit nicht einmal zehn Prozent männliche Lehrkräfte in den Grundschulen haben. Zwar konnte mittlerweile mehrfach bewiesen werden, auch wissenschaftlich, dass die fehlenden männlichen Lehrkräfte an den Grundschulen keine negativen Auswirkungen auf die Leistungen der Kinder haben, das muss man sagen, sich aber umso mehr, und das ist auch bei meinen Vorrednern schon angeklungen, auf die soziale Entwicklung der Kinder negativ auswirkt.
Das Spektrum der Erziehungs- und Orientierungsmöglichkeiten für die Kinder wird durch die fehlenden Grundschullehrer massiv eingeschränkt. Umso bedrückender ist die Situation, dass aktuell an 16 Grundschulen – Herr Gürlevik hat es bereits erwähnt – in Bremen keine einzige männliche Lehrkraft im Kollegium zu finden ist. Deshalb ist es tatsächlich von großer Relevanz, dass wir auch zu so später Stunde dieses Thema hier öffentlich diskutieren. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Regierungskoalition ist zu entnehmen, dass Bremen in diesem Bereich nicht völlig untätig ist. Besonders das interdisziplinäre Projekt zwischen Universität, dem Landesinstitut für Schule und der Bildungsbehörde „Männer in die Grundschule“ ist hier besonders hervorzuheben, obwohl in der Antwort des Senats konkrete Folgen des Projekts, das schon 2009 ins Leben gerufen worden ist, leider nicht in dem erhofften Maße angesprochen werden.
Insgesamt bleiben für mich in der Antwort des Senats einige und vor allem zu viele Fragen offen. Ich möchte hier nur ein paar erwähnen. Erstens: Welche konkreten Verbesserungen, etwa die Erhöhung der männlichen Studierendenzahlen, konnten bisher durch das Projekt „Männer in die Grundschule“ erreicht werden? Zweitens: Existiert eine stetige Evaluation und vor allem Überarbeitung des Projekts mit den beteiligten Akteuren? Drittens: Auf welche Art und Weise werden konkret die Aspekte, einen höheren Anteil männlicher Lehrkräfte mit Migrationshintergrund und auch an männlichen Lehrkräften insgesamt an den Grundschulen zu erreichen, in der Behörde bearbeitet? Dazu gibt es auch keine konkreten Hinweise.
Gibt es oder gab es überhaupt dieses Jahr wieder einen Fachtag „Männer in die Grundschule“ 2012 in Bremen? Davon ist auch nicht die Rede, nur von 2011. Die letzte Frage: Wie viele Grundschulen im Land Bremen nehmen bereits an dem begrüßenswerten Projekt „Rent a teacherman“ teil, beziehungsweise wie viele Grundschulen sollen das Projekt wann konkret wie übernehmen?
Nicht nur bei diesen offenen Fragen, die der Staatsrat vielleicht in seinem Redebeitrag aufgreifen wird, sind unserer Meinung nach die Handlungsspielräume der Bildungsbehörde nach oben hin nicht ausgeschöpft. Findet beispielsweise ein Austausch mit den Bundesländern wie dem Saarland oder Hessen statt, die immerhin über zehn Prozent mehr männliche Lehrkräfte an ihren Grundschulen beschäftigen? Setzt sich Bremen gemeinsam mit anderen Bundesländern zusammen, um vielleicht auch über eine nötige bundesweite Kampagne zu diesem Thema zu beraten?
Ich meine, in der Mitteilung zu der Großen Anfrage wird immerhin das Imageproblem des Berufs zur Genüge angesprochen. Bei so schwachen Zahlen sollte die Behörde auch darüber nachdenken, inwiefern man gemeinsam mit der Universität darauf hinwirken kann, das Grundschullehramtsstudium neu zu strukturieren, um vermehrt männliche Studenten wie in der Vergangenheit ansprechen zu können.
Der Verdienst der Grundschullehrer, insbesondere im Vergleich zur Lehrertätigkeit an weiterführenden Schulen, speziell an Gymnasien, müssen von der Politik aufgegriffen werden. Man sollte außerdem aufgrund der signifikant höheren Abbrecherquote männlicher Lehramtsstudenten auch über ein Mentoring
Programm nachdenken. Nur weil ein Student in Mathemathik durchfällt und dafür in Deutsch und Naturwissenschaften hervorragend ist, kann es nicht sein, dass man deshalb potenzielle Grundschullehrer verliert. Sie sagen zwar, durch gezielte Begleitung soll die Abbrecherquote gesenkt werden, aber dann endet der Satz auch schon in der Mitteilung. Welche Überlegungen bestehen? Wie soll das passieren? Wann und durch wen soll eine Begleitung stattfinden?
Von daher nehme ich dieses letzte Beispiel zum Anlass, Ihnen zu sagen, Herr Staatsrat, dass ich erhebliche Zweifel an dem entschlossenen Willen der Bildungsbehörde habe, die derzeitige Situation faktisch an den Grundschulen und für das Studium zu verbessern. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich vielleicht eines Besseren belehren könnten. Unser Bundesland braucht dringend junge Männer an den Grundschulen, die gerade auch in sozialen Brennpunkten eine wichtige Orientierungsfigur und ein Vorbild für die Kinder sein können.
Männer sind keine besseren Lehrkräfte als Frauen, aber sie sind anders, und genau diese Verschiedenheit ist von der Kindertagesstätte bis zur Ausbildung oder zum Studium erforderlich. Wir als CDUFraktion hoffen sehr, dass die Senatorin und die Bildungsbehörde in Zukunft mehr Engagement zur Verbesserung der derzeitigen Situation einsetzen. Wir tragen gern dazu bei. Wir werden alles dafür tun, dass unsere Jungen nicht zu Bildungsverlierern werden. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie meine Vorrednerin eben auch schon deutlich gemacht hat, hat sich die Bildungsdebatte in den letzen Jahren verändert. Man hat den Blick auf den frühkindlichen Bereich gerichtet, und verschiedene Studien haben uns aufgezeigt, dass Jungen in Deutschland im Vergleich zu Mädchen durchschnittlich einen geringeren schulischen Erfolg haben und dadurch benachteiligt sind.
Im Zuge dieser aktuellen Debatte über die Bildungsbenachteiligung von Jungen werden gerade auch männliche Erzieher und männliche Grundschullehrer als Hoffnungsträger für mehr Bildungsgerechtigkeit für Jungen gesehen. Einen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass männliche Grundschullehrer oder Erzieher einen positiven Einfluss auf das Lernverhalten von Jungen haben, gibt es nicht. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Für uns Grüne ist es wichtig, dass die Debatte über mehr Männer in Kindertagesstätten und Grundschulen vor allem mit der Diskussion über die Qualität der frühkindlichen Bildung geführt wird. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Geschlecht und Geschlechtergerechtigkeit. Für Kinder sind sowohl männliche als auch weibliche Vorbilder wichtig, meine Damen und Herren!
Kindertagesstätten und Schulen spielen als Orte der Sozialisation bei der Entwicklung und dem Hinterfragen auch der geschlechtsspezifischen Verhaltensmuster der Kinder eine sehr wichtige Rolle. Neben der Familie beeinflussen sie früh das Selbstbild von Mädchen und Jungen und das Bild des jeweils anderen Geschlechts. Bildungseinrichtungen sind entscheidend für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung der Gleichstellung der Geschlechter. Der Anteil – das hat meine Kollegin eben auch gesagt – von Männern, die als Grundschullehrer tätig sind, liegt bei etwa 14 Prozent in Deutschland. Wir Grünen sind der Ansicht, dass eine heterogene Schülerschaft auch ein heterogenes Lehrpersonal benötigt. Die Gesellschaft muss sich in den Kindertagesstätten und Grundschulen auch widerspiegeln.
Traditionelle Rollenvorstellungen dürfen nicht verfestigt werden, und ich glaube, dass Männer in Kindertagesstätten und Grundschulen dazu führen, dass Kinder vorgelebt bekommen, dass die Arbeit mit Kindern auch etwas für Männer ist. Männer sind eine Bereicherung, neben den Frauen natürlich, für die Kindertagesstätten und Grundschulen. Sie können bei Kindern dazu beitragen, dass traditionelle Rollenvorstellungen und Geschlechterbilder auch verändert werden. Kinder sollen von Anfang an erfahren, vermittelt bekommen, dass Männer und Frauen auch gleichberechtigt an der Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern aller Altersgruppen teilhaben.
Aus diesen Gründen ist die Steigerung des Anteils männlicher Grundschullehrer notwendig, wobei man die Kindertagesstätten auch nicht in dieser Debatte vergessen sollte, finde ich.
ist und in dieser Gruppe, in diesem Projekt die Ursachen dafür erforscht werden, was dazu führt, dass wenige Männer an die Grundschulen gehen oder überhaupt das Grundschullehramt anfangen zu studieren. Gleichzeitig wird in diesem Projekt aufgezeigt, welche Maßnahmen dazu führen, den männlichen Anteil zu erhöhen. Deshalb einen großen Dank an die Mitglieder dieser Projektgruppe, die aus meiner Sicht sehr viele Maßnahmen aufgezeigt haben – und zwar auch in Kooperation mit Schülern, das hat mir besonders gut gefallen –, mit denen man das regeln kann! Vielen Dank dafür!
Aus unserer Sicht müsste aber genauer betrachtet werden – und das hat die Antwort auch hergegeben –, warum, die Zahl wurde genannt, es gibt eine hohe Anzahl, 17 Prozent waren es, Studenten für das Lehramt an Grundschulen nach einer Zeit ihr Studium abbrechen, um Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Für mich persönlich wäre es ganz wichtig zu wissen, das ist, glaube ich, auch angeklungen, es geht aus der Antwort des Senats nicht hervor, wie viele Männer mit Migrationshintergrund überhaupt das Lehramt an Grundschulen studieren und wie viele Grundschullehrer mit Migrationshintergrund wir überhaupt in den Schulen haben.
Mich würde die Antwort von Herrn Staatsrat Othmer interessieren, vielleicht kann er eine Zahl nennen. Ich würde mir wünschen, dass wir das ein bisschen in den Blickwinkel nehmen, weil es für mich und für meine grünen Kollegen besonders wichtig ist, dass auch die Kinder mit Migrationshintergrund vermittelt bekommen, dass die Betreuung, Erziehung und Bildung auch Männersache ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich sind wir uns alle einig, dass wir ein großes Problem in der frühkindlichen Bildung und in den Grundschulen haben und dass wir junge Männer für diesen Beruf begeistern müssen. Wir haben nun einmal nicht das Recht und auch nicht die Chance, jemandem zu sagen, was er studieren soll, und das ist auch gut so. Aber wir müssen uns bemühen, diesen Beruf attraktiver zu machen.
Ich habe nur am Rande das Argument gehört, das ganz vielen einfällt und das auch durchschlagend ist: