Protokoll der Sitzung vom 13.11.2013

In dem Gutachten stehen spannende Sachen. Neben dem ausdrücklichen Lob der Hochschulen und dem Hervorheben der Forschungsstärke der Bremer Hochschulen gibt es auch Empfehlungen, die im strukturellen Bereich liegen. Das Gutachten spricht offen von dem politischen Spannungsfeld der Stärkung tertiärer Bildung und den finanzpolitischen Anforderungen der Haushaltskonsolidierung, und es enthält auch Empfehlungen zur Steigerung der Effizienz des

Studienangebots. Es freute mich zu hören, was meine beiden Vorredner genau zu diesem Punkt gesagt haben.

In der kommenden Woche kommen Vertreter des Wissenschaftsrats – auch da kann ich nur Frau Schön zitieren –, um mit den Parlamentariern und den beteiligten Hochschulen über die Empfehlungen zu sprechen. Selbstverständlich fordern auch wir, die CDU-Fraktion, den Senat auf, sich zügig mit der Umsetzung der Empfehlungen zu befassen und endlich den so lange schon ausstehenden Wissenschaftsplan, der den Hochschulen Planungssicherheit geben soll, aufzustellen.

(Beifall bei der CDU)

Als Quintessenz unserer Sommertour mit dem Fraktionsvorsitzenden Thomas Röwekamp durch die Bremer Hochschulen haben auch wir uns ein konkreteres Bild machen können und werden Ihnen in Kürze unsere Empfehlungen, die sich übrigens in vielen Punkten mit denen des Wissenschaftsrats decken – wir sagen manche Dinge schon sehr viel länger! –, in einem Positionspapier vorstellen.

(Beifall bei der CDU)

Auch wir, die CDU-Fraktion, sind in Sorge darüber, dass der unter der Großen Koalition im letzten Jahrzehnt begonnene Kurs der Stärkung des Wissenschaftsstandortes durch die derzeitigen Regierungsfraktionen vernachlässigt werden könnte, weil offenkundig der Mut zu klaren Entscheidungen fehlt.

Wir sind uns im Prinzip aber alle darüber einig, dass die Zustände an den Hochschulen vielerorts untragbar geworden sind, sowohl in der Lehre als auch für den wissenschaftlichen Mittelbau. Aber quasi im vorauseilenden Gehorsam allen Diskussionen zuvorzukommen und Denkverbote auszusprechen, halten wir, gelinde gesagt, für unseriös.

(Beifall bei der CDU – Unruhe auf dem Be- sucherrang)

Natürlich möchte niemand gern Studiengänge schließen oder Studienplätze abbauen – das ist doch klar! –, aber wider besseres Wissen von vornherein jegliche Diskussion abzuwürgen, ist in meinen Augen der völlig falsche Weg.

(Beifall bei der CDU)

Anderenfalls hätten wir den Wissenschaftsrat ja auch gar nicht erst einladen müssen.

Die CDU-Fraktion wird sich dieser sicherlich nicht leichten Debatte nicht entziehen, aber den Antrag der LINKEN lehnen wir ab. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, sonst ist es üblich, dass man sich Debatten im Sitzen anhört, aber wenn Sie gern stehen möchten – die Debatte wird noch eine Zeit lang dauern –, können Sie gern stehen bleiben!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sehr gut gemacht!)

Ich rufe auf Frau Kollegin Vogt, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass die Studierenden damit etwas anderes deutlich machen wollen, als dass sie hier der Debatte stehend folgen.

(Zurufe von der CDU – Unruhe auf dem Be- sucherrang)

Ich möchte aber auf meine Vorrednerinnen und meinen Vorredner eingehen!

Frau Schön, Sie können beruhigt sein: Wir werden wieder Haushaltsanträge stellen, die auch ziemlich genau beziffert werden, und wir machen sogar Einsparvorschläge, die in einigen Bereichen nötig werden. Wir sagen zum Beispiel – jetzt kommt hier nicht das Mantra: „3 Millionen für die JUB!“ –, dass Investitionen, die in Bildung und in Wissenschaft getätigt werden müssen, an anderer Stelle einzusparen sind und dem Wissenschaftshaushalt zugutekommen müssen.

Man könnte sich zum Beispiel auch überlegen, dass die fünfprozentige Steigerung für die Forschungseinrichtungen, die ja durch den Pakt für Forschungen mit dem Bund vereinbart worden ist, für ein Jahr ausgesetzt wird, zumal Uni und Hochschulen im Lehrbetrieb mit dieser Aussetzung im Grunde schon über einen längeren Zeitraum konfrontiert sind, weil, wie wir wissen, Bremen diesem Pakt für Forschung nur unter Finanzierungsvorbehalt zugestimmt hat.

Aber darum geht es jetzt nicht im Detail; diese Debatte führen wir tatsächlich im Dezember.

Trotzdem kann ich Sie an einer anderen Stelle beruhigen: Wir werden Ihrem Antrag morgen natürlich zustimmen. Wir sind uns in der Sache völlig einig. Es kann nicht angehen, dass sich der Bund aus dem wichtigen Feld der Wissenschaftsfinanzierung komplett zurückzieht und nur über Umgehungstatbestände, was das Grundgesetz angeht, über Hochschulpaktmittel oder hier und da einmal durch ein Förderprogramm Universitäten und Hochschulen tatsächlich stärkt, insbesondere auch, weil diese Stärkung – ich greife hier noch einmal exemplarisch die Exzellenzinitiative auf – bislang eher in die Spitzenforschung ging und natürlich nicht in die Breite und auch nicht in die Lehre. Von daher sind wir uns an dem Punkt einig. Die Frage ist nur: Was folgern wir daraus?

Man kann den Zeitungen entnehmen, worüber gerade im Koalitionsausschuss „Bildung und Wissenschaft“ verhandelt wird. Herr Tsartilidis hat es schon angesprochen: Es geht um die vollständige Übernahme des BAföG durch den Bund. Das würde dem Land Bremen eine Entlastung von 13 Millionen Euro bringen – das haben wir schon ausgerechnet –, wenn denn die CSU mitgeht. Das weiß man nie; denn in Bayern werden ja nicht ganz so viele Studierende pro Einwohner ausgebildet wie zum Beispiel in Bremen. Insoweit sind wir aber guter Hoffnung.

Ich möchte an dieser Stelle allerdings auch deutlich machen, was man hätte erhalten können, hätte sich die SPD zu Rot-Rot-Grün durchgerungen. Wenn wir eine Vermögensteuer hätten, hätte das Land Bremen selbst bei dem konservativ gerechneten Modell der SPD auf einen Schlag 450 Millionen mehr im Jahr an Einnahmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind tatsächlich andere Summen als das, worüber jetzt auf der Kostenentlastungsflanke verhandelt wird.

Kommen wir aber zurück zum vorliegenden Antrag! Wenn es nach Lesart der Koalition geht, sind unsere Anträge sowieso immer zu früh, zu spät oder irgendwie deplatziert.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Oder beides gleichzeitig!)

Wir ersparen es uns allerdings, auf Ihre Anträge, mit denen Sie vor den Haushaltsdebatten auf Probleme aufmerksam machen wollen, mit ähnlichen Repliken zu reagieren.

Dieser Antrag ist natürlich unter dem Eindruck der Evaluation des Wissenschaftsrats gestellt worden. Und – auch da, Frau Schön, müssen Sie mir recht geben – die Auswertung kam natürlich nicht ganz überraschend!

Wir haben im Ausschuss dieses Defizit seit zweieinhalb Jahren immer wieder beleuchtet, und wir haben auch da schon immer festgestellt, dass es, gerade weil die Uni seit dem HGP 5 sehr stark auf den Mittelbau angewiesen ist, außerordentlich schwierig wird, die Lehre in einem vernünftigen Umfang zu guten Studienbedingungen aufrechtzuerhalten, wenn die Grundfinanzierung nicht angehoben wird.

Ich möchte deswegen davor warnen, sich rein auf diese Auseinandersetzung mit dem Bund zu verlassen; denn wenn das Kooperationsverbot für den Bereich Wissenschaft fällt – das wissen wir auch –, ist das keine Vereinbarung, die der Koalitionsausschuss in Berlin jetzt aushandelt; daran müssen die Bundesländer beteiligt werden. Das ist ein langwieriger Prozess. Da brauchen wir hier wohl nicht päpstlicher zu reden als der Papst; das ist so.

Ich gehe auch davon aus, dass sich im Bereich der Wissenschaftsfinanzierung einiges ändern wird, die Frage ist nur: Wie geht Bremen in die Debatte? Hierzu komme ich noch einmal auf das zurück, was ich eben gesagt habe. (Glocke)

Bremen ist das Bundesland, das, gemessen an der Einwohnerzahl, am meisten Hochschulabsolventinnen und -absolventen ausbildet. Das hat – wie auch schon mehrfach erwähnt – für Bremen enorme Effekte, regionalwirtschaftlicher Art – das ist das eine –, aber auch sozialräumlicher Art. Es ist nämlich nicht so, wie es eben die Vorrednerin der CDU suggeriert hat, dass hier alles zufällig entstanden ist

(Abg. K a u [CDU]: Das hat sie überhaupt nicht gesagt!)

oder dass die Nachfrage das Angebot bestimmt, sondern es gab politische Steuerungen. So wurde im Jahr 2004 gesagt, dass die Hochschule Bremen zum Beispiel mehr Studienplätze einrichten und sich stärker regionalwirtschaftlich vernetzen solle. Es gab auch politische Entscheidungen für den Bereich der Universitäten. Denen sind die Einrichtungen gefolgt. Wenn man sich einmal überlegt, wie die Stadtteile Neustadt und Walle sich dadurch verändert haben, dass mehr Studierende in Bremen wohnen, so ist das enorm. (Glocke)

Ich sage noch einmal: Wenn man mit dem Bund etwas aushandeln will, wenn man vom Bund eine vernünftige Finanzierung für die Anzahl der Hochschulabsolventen in Bremen haben will, ist es die falsche Strategie, zwei Jahre vorher die Axt anzulegen und zu kürzen, Studienplätze zu streichen und mit einer schlechteren Basis in die Verhandlungen mit dem Bund zu gehen als der gegenwärtigen! Wir haben jetzt eine verdammt gute, und das sollten wir nutzen! – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der LINKEN – Unruhe auf dem Besucherrang)

Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen leider sagen – aber ich nehme an, dass Sie jetzt sowieso den Saal verlassen wollen –, dass Beifallskundgebungen vom Besucherrang bei uns nicht erlaubt sind. Sie können gerne stehen bleiben, wenn Sie das möchten. Dagegen habe ich nichts. Ansonsten dürfen Sie auch gerne unseren Raum verlassen. Ich wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg!

Als Nächsten rufe ich auf Herrn Staatsrat Kück.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Schade, dann bekomme ich ja gar keinen Beifall mehr für meine Rede!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Vielleicht ja hier unten, wenn es gut läuft!)

Ja, wollen wir einmal abwarten!

An den Anfang möchte ich stellen, dass das Gutachten des Wissenschaftsrats, das uns erreicht hat, in dieser Debatte zum ersten Mal richtig zitiert wird, aber dann bedauerlicherweise nur mit dem Negativen, das in diesem Gutachten steht. Ich würde gerne hervorheben, dass der Wissenschaftsrat festgestellt hat, dass Bremen ein enorm leistungsfähiges und förderungswürdiges Hochschulsystem aufgebaut hat. Ich finde, das gehört an den Anfang einer Kommentierung.

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau N e u - m e y e r [CDU]: Da hat er nicht zugehört!)

Ich habe ja nicht in die Richtung geredet.

Die Zahl von 450 Millionen Euro wurde genannt. Frau Linnert hat mir eben noch den Hinweis gegeben, dass die bisherigen Berechnungen für die Bundesrepublik insgesamt von 10 Milliarden Euro ausgehen. Das wären dann für Bremen, sagen wir einmal, 100 Millionen – was ja auch keine schlechte Zahl ist, aber sie unterscheidet sich eben doch erheblich von der von Ihnen genannten von 450 Millionen.

Ende Oktober hat der Wissenschaftsrat die Empfehlung zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems im Lande Bremen verabschiedet. Er betont darin die Leistungsfähigkeit und Förderungswürdigkeit des Wissenschaftssystems. Ich lese aus dieser Stellungnahme heraus, dass unsere Hochschulen richtig gut aufgestellt sind. Da ist die Forschungs- und Drittmittelstärke der Universität, die im letzten Jahr mit dem Erfolg der Exzellenzinitiative gekrönt wurde und nationale und internationale Aufmerksamkeit auf unser Bundesland gezogen hat. Da ist die Breite des Studienangebots, die hohe Ausbildungsleistung zum Beispiel der Hochschule Bremen und der Hochschule Bremerhaven, die sich in den letzten Jahren als Hochschule am Meer mit einer maritimen Schwerpunktsetzung sehr stark entwickelt hat.

(Beifall bei der SPD)