Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, meine

Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Die Große Anfrage, die wir hier debattieren, spricht eine große Anzahl von Themen und Fragen an, und die ausführliche Beantwortung durch den Senat liefert uns eine Fülle von Informationen. Sie alle jetzt in dem eigentlich gebührenden Maß zu würdigen, ist nicht möglich. Nachdem Herr Dr. Kuhn jetzt den großen Rahmen noch einmal beleuchtet hat, in denen Bremer Anstrengungen stattfinden, möchte ich gern auf zwei der wichtigsten Probleme eingehen, bei denen Bremen sich gerade fragt: Was können wir hier tun?

Das eine Problem sind die heutigen Schiffsantriebe.

Wenn man sich das anschaut, sieht man, dass die Fracht- und Kreuzfahrtschiffe dieser Welt fast aus nahmslos mit Schweröl fahren. Schweröl ist an Land ein Sondermüll, der unter besonderen Vorkehrungen entsorgt werden muss. Auf See dient er als Treib stoff und ist dort die Quelle gewaltiger Emissionen von Stickoxiden, Schwefeloxiden, Kohlendioxiden, Rußpartikel und Feinstaub. Eines der ganz großen Schiffe, die wir heute haben, in der Größenordnung von rund 100 000 PS, verbraucht rund 100 Millio nen Liter Schweröl, wenn es durchschnittlich 300 Tage im Jahr 24 Stunden pro Tag unterwegs ist. Die Umweltorganisation NABU hat dieses Mal näher untersuchen lassen, was diese Emissionen, dieser giftige Cocktail, den ich genannt habe, eigentlich verursacht. Das Ergebnis ist, dass ein derartig riesiges Schiff die gleiche Menge an Emissionen verursacht, wie rund fünf Millionen Pkw auf der gleichen Strecke. Deshalb steht natürlich fest, dass emissionsärmere Schiffsantriebe ein ökologisches Muss sind und eine der größten Herausforderungen, vor denen wir stehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich denke, es ist gut, dass Bremen im Rahmen der

Möglichkeiten, die wir hier haben, diese Anstren

gungen auch unterstützt. Herr Dr. Kuhn hat es schon angedeutet, Bremen unterstützt das Angebot von Antriebsalternativen, insbesondere im Bereich der flüssigen Erdgasbetankung von Schiffen. Auf Anfrage habe ich erfahren, dass es mittlerweile möglich ist, die Erdgasbetankung hier in den Häfen angeboten zu bekommen. Auf dieses sogenannte LNG stützen sich mittel- und längerfristig große Hoffnungen, dass man hier einen besseren Treibstoff bekommt.

Bremen unterstützt auch die Bemühungen, durch

gestaffelte Hafengebühren, durch Rabatte Anreize für emissionsärmere Schiffe zu setzen, um hier auch im Markt ein Umdenken, einen Wechsel zu emissions ärmeren Schiffsantrieben zu begünstigen. Das sind Anreize, die gesetzt werden, die notwendig sind, und Bremen macht das nicht allein, sondern unterstützt das im Rahmen der Kooperation mit anderen Häfen. Das ist auch erforderlich, denn klar ist, Alleingänge von Bremen aus würden nichts bringen, sie sind nicht möglich. Unter dem Konkurrenzdruck würde man Gefahr laufen, dass den Maßnahmen hier letztendlich ausgewichen wird und keine Effekte erzielt werden.

In so einer Kooperation ist es nun natürlich so, dass

die Anstrengungen in diesem Bereich langsamer vorangehen, als man es oftmals hofft. Ich denke, man steht da natürlich auch vor der Frage, wie man in diesem Bereich eigentlich zusätzlichen Druck er zeugen kann, um auch Umrüstungen zu erreichen.

Ich persönlich glaube, dass wir noch stärker darüber

nachdenken müssen, ob wir dort nicht eine zusätzliche Ressource erschließen können, und diese sehe ich eigentlich im Verhalten umweltbewusster Verbrau cher. Wir kennen das aus anderen Bereichen wie der Ernährung, dort sind, jedenfalls die Verbraucher, die sich bewusst ernähren, mittlerweile Agenten eines ökologischen Wandels. Wir wissen, dass im Bereich der Textilien eine Sensibilität entstanden ist, die Druck in Bezug auf Veränderungen ausübt. Wir sehen das sogar im Bereich von alternativen Geldanlagen, bei denen Nachhaltigkeitsaspekte heute auch stärker als früher beachtet werden.

Ich glaube, dass auch in diesem Bereich solche

Möglichkeiten bestehen. Der NABU hat es eigentlich schon gezeigt; Er hat über die letzten Jahre nämlich Rankings für Kreuzfahrtschiffe erstellt, aufgezeigt, welche die größten Dreckschleudern in diesem Be reich sind und als Preis die Dinosaurier des Jahres verliehen. Der erste Preis ist im Jahr 2011 an die AIDA gegangen, die mittlerweile Vorreiter in der Umrüstung auf andere Schiffsantriebe geworden sind.

(Beifall bei der SPD – Abg. P o h l m a n n [SPD]: So soll es sein!)

Das sind Maßnahmen, bei denen ich denke, sie nützen.

(Glocke)

Wir stehen dann allerdings vor einem Problem,

wenn es die Frachtschiffe betrifft, dort fehlt bislang der unmittelbare Konnex mit dem Verbraucher. Die Antwort des Senats fordert ja, dass wir die Transport ketten bezüglich ihrer Emissionsbelastung verbessern müssen, aber ich glaube, dass wir dafür erst einmal sorgen müssen, das Wissen der Verbraucher über die Emissionen dieser Transportketten zu verbes sern. Ich glaube, wir stehen erst einmal vor dieser Herausforderung.

In Bremen liegen die Zuständigkeiten für den Ver

braucherschutz und für die Häfen in einem Ressort, und vielleicht können wir diese Kompetenzen zu sammenbringen, sodass wir hier in Bremen Vorreiter darin werden, für mehr Transparenz zu sorgen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine Damen

und Herren! Die Große Anfrage mit vielen wichtigen Themen und die Antwort zeigen eines ganz deutlich: Die Meeresverschmutzung ist keine Angelegenheit, die Bremen allein lösen kann. Es gibt jetzt zwei Din ge, die dabei eine Rolle spielen: Auf der einen Seite sind das die Häfen, in denen wir, denke ich, schon vorbildlich arbeiten, und auf der anderen Seite sind das die internationalen Abkommen, bei denen viel geschehen ist, Herr Dr. Kuhn, vollkommen unbestrit ten, aber es muss noch viel mehr geschehen. Wenn Sie diesbezüglich ungeduldig sind, dann haben Sie recht, wir müssen ungeduldig sein, weil die Gutachten alle aussagen, dass die Meeresverschmutzung nicht zurückgegangen ist.

Es gibt Chancen, meine Damen und Herren, das

kann man an dem sehen, was die Bundesrepublik bei der Weser geleistet hat. Wer hätte denn gedacht, dass man irgendwann wieder einmal in der Unterweser schwimmen kann? Das ist wieder möglich, es gibt Maßnahmen, die greifen. Ob man es darf, ist etwas anderes, aber man kann es zumindest bezüglich der Wasserqualität wieder.

Meine Damen und Herren, das Problem ist aber

auch, und das sieht man nicht an der Konzentration der Schwefelimmissionen im Bereich der Nord- und Ostsee, dort haben wir strenge Auflagen, das ist rich tig, aber was sagt das ISL zu uns? Es sagt, im Bereich des Ostseeraums sei die Gefahr groß, dass wieder eine Verlagerung vom Seeverkehr auf Lkw-Verkehr entstehe. Wenn wir hier in unseren Bereichen stren ge Auflagen erstellen, ist natürlich auch die Frage, wie das im Mittelmeerbereich aussieht. Deswegen können wir auch, weil wir nicht nur an den Bereich der Umwelt denken müssen, sondern auch an die Wettbewerbsfähigkeit hier nur im Einklang mit den

anderen Veränderungen herbeiführen. Deswegen sind diese Konferenzen, die Sie erwähnt haben, ja so ausgesprochen wichtig, und sie haben auch gute Ergebnisse gebracht, allerdings muss sich auch jeder daran halten, denn Seeverkehr ist eben nicht nur national, sondern international, und das ist die große Gefahr dabei.

Ich möchte zunächst einmal auf den Bereich der

Häfen selbst eingehen, denn die meisten wissen gar nicht, dass in Bremerhaven die größte Luft verschmutzung nicht im Bereich der Hauptstraßen liegt, sondern im Bereich des Autoterminals. In der Hansastraße haben wir die größte Luftverschmut zung, weil dort die Auto-Carrier liegen und dort mit ihren Stromaggregaten ihre eigene Stromversorgung vornehmen. Ich finde, dass wir auch die Frage der Landstromversorgung aufgreifen müssen, und dass sie fehlt, ist das Unbefriedigende an dieser Anfrage, wir können uns aber nicht davor verschließen. Die Wahrheit ist auch, wenn man das Kreuzfahrttermi nal in Hamburg betrachtet, Herr Gottschalk hat das angesprochen, werden dort diesbezüglich wahrlich große Anstrengungen unternommen, weil es dort das gleiche Problem gibt, denn die Schiffe liegen ja auch dort mitten in der Stadt.

Es ist ganz spannend, dass in den Regionen und

in den Hafenbereichen darüber diskutiert worden ist, wie schön es doch ist, Schiffe zu haben. Herr Willmann, der im selben Haus wohnt wie ich, und ich schauen ja beide auf eine Werft und ärgern uns, wenn dort Stromaggregate laufen. Das geht so nicht, da muss natürlich gehandelt werden, und das ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt. Trotzdem müssen wir darauf achten, wettbe werbsfähig zu bleiben und deswegen alles nur im Einklang miteinander durchzuführen.

In Rostock-Warnemünde haben sich die Menschen

teure Wohnungen gekauft und sich gefreut, wenn die Kreuzfahrtschiffe vorbeigefahren sind, jetzt stellen sie fest, dass das wegen der Abgaswerte Dreck schleudern sind – dementsprechend ist das auch nicht gesundheitsfördernd –, und jetzt beschweren sich die Bewohner, dass sie im Sommer nicht mehr auf ihrem Balkon sitzen können, weil dort die Schiffe vorbeifahren. Das ist natürlich nicht vernünftig.

Ich denke, meine Damen und Herren, dass es

viele Wege gibt, die wir beschreiten müssen. Es ist ja auch eine Frage von anderen Treibstoffen, LNG ist hier ja auch schon angesprochen worden, das ist ein wichtiger Bereich, und unsere Hafengesellschaft versucht, die eigenen Schiffe dahin gehend umzu rüsten. Bedauerlicherweise hat es jetzt einen Rück schlag gegeben, die Firma, die dort eine Tankstelle errichten wollte, hat einen Rückzug gemacht, sodass das Schiff, das von bremenports umgerüstet wird, zunächst einmal mit Tankwagen versorgt werden muss, während in Hamburg von der gleichen Firma schon eine LNG-Tankstelle geplant wird. Das ist natürlich ein großes Problem. Wenn die Schifffahrt

umrüsten will, müssen wir ihr auch die Möglichkeit geben, die Treibstoffe dann auch zu bekommen.

Ein wesentlicher Punkt bei der Verschmutzung

der Gewässer und der See ist natürlich auch der Restmüll, und auch da gibt es Streitigkeiten darü ber, wo entsorgt werden soll. Wir sagen, möchten es kontrollieren und eine vernünftige Entsorgung, und deswegen soll der Müll an Land und nicht auf See entsorgt werden, wie es leider noch oft gemacht wird. Deswegen müssen natürlich die Kontrollen nicht nur in den nationalen, sondern auch in den internationalen Gewässern verstärkt werden. Das ist ein wesentlicher Punkt, und das muss natürlich für alle gelten.

Es gibt 6 Millionen Tonnen Plastik, die in den

Weltmeeren landen, und man hat jetzt festgestellt, dass sich Plastik eben nur ganz wenig auflöst und dementsprechend irgendwann für die Tierwelt auch als Futter angesehen wird, was ökologisch natürlich ganz schlimm ist. Insofern muss es auch den Zwang zur Entsorgung der Schiffsabfälle geben, aber den kann es eben nicht nur in einem Hafen oder nicht nur in den nationalen Häfen geben, sondern den muss international, in allen Häfen geben und es muss dementsprechend dort auch kontrolliert werden.

(Glocke)

Ich denke, meine Damen und Herren, wir haben