Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Schon jetzt wird deutlich, dass die Lebensge

meinschaften der Kaltwasserkorallenriffe, Schwarze Raucher, Schwammbänke und Seeberge sowie die Tiefseefische, aber auch der Krill in der Arktis selbst einer massiven Bedrohung ausgesetzt sind. Die Meere werden überfischt, der Abbau von Erdöl, immer mehr Schifffahrt, die Energiewirtschaft und auch zum Teil der Tourismus machen dem Ökosystem Meer und den Küsten nicht nur bei uns, sondern weltweit zu schaffen. Dazu kommt der Eintrag von Giftstoffen wie Dioxine, Schwermetalle, hormonell wirksame Substanzen, Arzneimittel, Kunststoffabfälle und Öl, der längst nicht gestoppt ist. Auf Überdüngung fol gen Algenteppiche und damit eine Reduzierung des Lichts und des Sauerstoffs. Der Klimawandel führt zu einer Übersäuerung des Meeres, zur Freisetzung von klimaschädlichen Methanvorkommen, es ist in dem Fall ein Teufelskreis.

Die bestandsbedrohende Befischung mit zerstöre

rischen Geräten wie Grundschleppnetzen, unkont rollierte Forschung, zum Beispiel auch von CCS, der Kohlendioxidspeicherung, und die Öl- und Gasge winnung gefährden komplexe Ökosysteme, deren Gesundheit für den Erhalt ertragreicher Fischbestände sorgt. Der Schutz vor allem der Tiefsee ist somit nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern allein schon ökonomisch ohne Alternative.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In der im Rahmen der Verabschiedung der Mee

resstrategie-Rahmenrichtlinie durchgeführten An fangsbewertung der deutschen Nordsee im Jahr 2011, wurde festgestellt, dass die Nordsee derzeit in keinem der geprüften Bereiche den guten öko logischen Zustand aufweist, der bis zum Jahr 2020 erreicht werden soll. Die Einhaltung der europäischen Wasserrichtlinie ist ein Muss, denn alles, was sich im Grundwasser befindet und in die Flüsse eingeleitet wird, ob es Nitrat oder auch – –.

Herr Bödeker, Sie hatten gerade darauf hingewie

sen, in der Weser kann man wieder baden, ja, aber auch das ist nicht selbstverständlich, denn wenn K+S durch den Kalibergbau Laugen und Abwässer wieder in die Werra und damit in die Weser einleitet, dann ist auch hier der Zustand wieder gefährdet. Das wollen wir verhindern, deswegen freue ich mich auch, dass wir uns damals hier in der Bürgerschaft parteiübergreifend dagegen ausgesprochen haben.

Eine stetig wachsende Gefährdung des Ökosystems

Nordsee stellt auch die hohe Verschmutzung durch Mülleintrag dar, darauf wurde schon eingegangen. Jährlich werden rund 20 000 Tonnen Abfall in die Nordsee eingetragen, was dazu führt, dass sich bereits etwa 600 000 Kubikmeter Müll am Meeres grund abgelagert haben. Der Eintrag von Abfällen

insbesondere der problematischen Kunststoffe, der Mikroplastik, aber auch der Paraffine – in die Nordsee erfolgt landseitig vor allem durch Einträge in Flüsse und seeseitig unter anderem durch den Schiffsverkehr, die Fischerei, durch Bohrinseln oder andere Offshoreanlagen.

Zur Vermeidung des landseitigen Eintrags von

Abfällen in die Nordsee trägt ein gutes Abfallma nagement an Land bei, das ist ganz klar, aber dazu gehören auch die Hafengebühren und die darin enthaltenen Entsorgungsgebühren. Ich bin dafür, sich europaweit, aber auch weltweit dafür einzusetzen, dass die Entsorgung von Müll nicht extra noch einmal als Gebühr ausgewiesen wird, sondern automatisch in den Hafengebühren enthalten ist.

(Glocke)

Wir brauchen europaweite, aber auch weltweite

einheitliche Umwelt- und Fischereistandards. Wir müssen darüber nachdenken, dass das, was an Land gilt – nämlich Eingriffsregelungen und Kompen sationsmaßnahmen – auch in maritimen Systemen etabliert wird. Dort, wo zum Beispiel in der Tiefsee Claims abgesteckt werden, um Rohstoffe abzubauen, muss zugleich ein Schutzgebiet ausgewiesen werden.

Wir haben in der Vergangenheit sehr viel Positives

erreicht, Herr Kuhn ist darauf eingegangen, zum Beispiel das Verklappungsverbot von Dünnsäure oder auch das Verbot von TBT in Antifoulinganstri chen. Gerade am Beispiel von TBT sieht man aber, selbst zehn Jahre nach dem Verbot haben wir immer noch sehr hohe Konzentrationen im Hafenschlick. Ein Ökosystem zu zerstören geht nämlich ziemlich schnell, es zu regenerieren dauert sehr lange.

Daher, meine Damen und Herren, ist es gut, dass

der Senat sich in vielfältiger Weise sowohl im Um weltschutz in den Häfen als auch im Küstenmana gement und bei den internationalen Bestrebungen zum Meeresschutz engagiert. Das begrüßen wir ausdrücklich und wollen es auch weiter fördern. Ich glaube in der Tat, wir müssen darüber nachdenken, wie wir auch in Bremen den Plastiktütenverbrauch minimieren können und ob wir nicht eine vierte Stufe bei der Reinigung von Abwässern brauchen, um Arzneimittel herauszufiltern et cetera. Wir können hier in Bremen auch einiges leisten.

Wirtschaftliche Interessen sind kein Gegensatz

zum Umweltschutz. Sie müssen zwangsläufig und überlebensnotwendig gemeinsam gedacht werden, und so muss auch gehandelt werden. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, meine

Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ein paar Worte noch zu einem Thema, das hier schon angeklungen ist, nämlich dem Plastikmüll im Meer! Herr Bödeker hat eine Zahl genannt: 6 Millionen Tonnen Plastikmüll gelangen die ins Meer, und man muss dazu sagen, das ist die Jahresmenge! Das, was mittlerweile an Plastikteilen in den Ozeanen schwimmt, wird auf eine Größenordnung von 100 bis 140 Millionen Tonnen geschätzt. Im Pazifischen Ozean hat sich ein riesiger, aus Müll bestehender zusammenhängender Teppich gebildet, der so groß ist wie Indien und mittlerweile schon vom Weltall aus zu sehen ist und über den man sagt, es habe sich ein siebter Kontinent gebildet.

Dieser Müll ist natürlich eine tödliche Bedrohung

für die Meeresbewohner, für Fische, Seevögel und auch Säugetiere. Untersuchungen an den Eisvögeln, die sich im Wesentlichen auf hoher See ernähren, haben zu dem Ergebnis geführt, dass sie in rund 90 Prozent der Fälle im Durchschnitt 27 Plastikteile im Magen hatten.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

In Schottland ist vor einigen Jahren ein toter Zwerg

wal gestrandet. Man hat ihn aufgeschnitten, und in seinem Bauch waren 800 Kilogramm Plastikmüll. Diese Zustände können wir natürlich nur zum Teil sehen, aber wir wissen, der Kollege Rupp hat es auch angedeutet, dass viele dieser Mikropartikel, die in den Kreislauf gelangen, letztendlich auch in unseren Nahrungsketten wiederzufinden sind.

Wir stehen natürlich vor der Frage, was man in

diesem Bereich machen kann. Ich glaube, dass unsere Möglichkeiten hier in Bremen in dieser Hinsicht nur begrenzt sind, wenn man das Ausmaß gerade im südlichen Bereich der Weltmeere sieht. Trotzdem ist mir ein Punkt wichtig: In der Antwort auf die Große Anfrage und auch in der Antwort von Herrn Rupp ist durchgeklungen, dass das Problem des Plastikmülls in den Weltmeeren eigentlich immer mit Plastiktüten in Verbindung gebracht wird. Die Plastiktüten sind durchaus auch ein Problem, aber wenn man Experten in diesem Bereich fragt, dann sind sie eigentlich ein paar kleine Hügel im Vergleich zu dem Gebirge von Plastikmüll insgesamt.

Wenn wir unsere Situation hier in Bremen anschau

en, dann sind von den Zahlen her die Plastiktüten hier für uns eigentlich nicht mehr das Problem.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ein Blick in das Vegesacker Hafenbecken zeigt etwas anderes!)

Sie sind nicht ganz problemlos, aber sie sind nicht

das hauptsächliche Problem, denn der größte Teil davon verschwindet im Restmüll oder im gelben Sack, sofern er benutzt wurde, aber der restliche Müll bleibt natürlich auch.

Wenn wir uns fragen, was wir hier auf Bremer

Ebene wirklich machen können, dann ist die erste Herausforderung, daran zu denken, dass 80 Prozent dieses Plastikmülls von der Landseite in die Meere gelangen. Wir müssen vor allen Dingen hier das Netz haben, damit der Müll erst gar nicht in die Meere gelangt. Die erste Anforderung ist, dass man eine funktionierende Müllabfuhr hat, die diese Plastikteile auch wirklich zu einem hohen Maß erfasst. Deshalb sind wir da auch, glaube ich, auf dem richtigen Weg, die Frage des Plastik in unserem abfallwirtschaftlichen Konzept noch einmal höher anzusiedeln.

Es gibt aber auch eine zweite Herausforderung. Es

wird in diesem Bericht zu Recht auf die Maßnahme „Bremen räumt auf“ hingewiesen, durch die gerade im wesernahen Bereich auch jahreszeitlich noch einmal die ganzen Müllteile aufgesammelt werden. Das kann man natürlich nicht über das ganze Jahr hinweg machen, aber umso wichtiger ist es auch in diesem Bereich, dass vor allem auch die Stadtreini gung funktioniert, dass der Müll in Wesernähe durch die Stadtreinigung über das Jahr hinweg auch erfasst und entsorgt wird, denn viel Müll gelangt vom Ufer aus mit dem Wind in die Weser und von da aus dann in Richtung Nordsee.

(Glocke)

Das alles macht natürlich Maßnahmen wie „Bremen

räumt auf“ nicht überflüssig. Ich glaube, dahinter steht vor allen Dingen auch die Tatsache, dass noch mehr Bewusstsein gebildet werden muss,

(Beifall bei der SPD)

ein Bewusstsein, dass wir alle dafür zuständig sind, diese Meere vor dem Plastikmüll zu schützen. Diese Aufgabe fängt gewissermaßen vor Ort am Osterdeich an, und wir sind alle gefordert. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)