Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich für meine Fraktion ganz herzlich für die Debatte bedanken, die wir heute Morgen führen, vor allem für die ersten vier Beiträge. Aus drücklich möchte ich einen herzlichen Dank auch an Sie, Frau Grobien, für Ihren Beitrag aussprechen! Das gilt auch für das ehrliche Eingeständnis, dass die Abschaffung von Mare Nostrum ein politischer Fehler gewesen ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich habe den Eindruck, dass sich inzwischen auch

Herr de Maizière vorstellen kann – jedenfalls äußert er sich so –, dass so etwas wieder ins Leben gerufen wird. Ich schätze ihn, wie ich ganz ehrlich sagen muss, als besonnenen Politiker, aber er muss sich an dieser Stelle wirklich die Frage gefallen lassen: Mussten, bevor er sich das neu überlegt hat, wirklich 1 000 Menschen sterben? War das notwendig? Was er nämlich jetzt an Argumenten vorbringt und jetzt sieht, haben wir doch schon vorher gesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich sage es noch einmal, Herr de Maizie´re Er ist

ein besonnener Mensch. Er hat aber nicht nur ge sagt, dass wir für Mare Nostrum kein Geld geben. Nein, er hat gesagt, Mare Nostrum sei schädlich und hat behauptet, dadurch würde sich die Zahl derje nigen Menschen, die kommen wollen, sprunghaft erhöhen. Er hat behauptet, es wäre nur ein großes Programm für die Schlepper. Das war fahrlässig und sehr gefährlich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es ist gut, wenn er jetzt davon abkommt.

Der Name Mare Nostrum war, wie gesagt, schön!

unser Meer –! Europa hat Italien damit alleinge lassen, nicht nur nicht unterstützt, sondern dagegen argumentiert. Man hat Italien praktisch dazu veran lasst, das Programm aufzugeben, und zwar mit ganz fatalen Folgen. Die Abschaffung dieses Programms und das Zurückfahren auf das ursprüngliche FrontexMandat hat doch nichts verbessert und hat nicht dazu geführt, dass weniger Menschen kommen wollen, das ist doch ganz offensichtlich.

Wir haben damals gesagt, Lampedusa muss ein

Wendepunkt sein. Wir haben hier dazu Forderungen beschlossen, aber in diesem Punkt ist leider nichts geschehen. Die Fehler der Vergangenheit sind wie

der begangen worden. Ich kann nur hoffen, dass die heutige Diskussion endlich dazu führt, dass diese Fehler nicht wiederholt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Verschiedene Redner haben eine Reihe von Dingen

gesagt, die lange wirken und richtig sind. Sie haben Punkte genannt, die versuchen, an die Ursachen zu gehen und Politik auf lange Sicht zu betreiben. Alles das ist richtig, aber darüber werden wir nicht heute entscheiden, und das alles wird nicht schnell wirken.

Im November 2013 haben wir in der Bürgerschaft

gemeinsam eine Reihe von Dingen gefordert. Asyl suchenden muss ein sicherer und fairer Zugang zum Asylsystem der Europäischen Union gewährt werden. Ja, die Verantwortung für die Gewährung von Asyl muss in Europa gemeinsam getragen werden. Dublin II muss überprüft und verändert werden. Ja, das ist nach wie vor aktuell.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben gesagt, dass das Instrument des huma nitären Visums stärker genutzt werden muss. Es müssen die Möglichkeiten legaler, möglicherweise auch temporärer Migration ausgeweitet werden. Alles richtig!

Auch die Entwicklungszusammenarbeit muss auf

europäischer Ebene verstärkt und auf die langfristige Bekämpfung der Ursachen ausgerichtet werden. Ebenfalls richtig!

Der entscheidende Punkt, über den wir heute

reden, war aber der erste Punkt unseres Antrags. Oberste Priorität für die nationalen und europäischen Institutionen der Grenzsicherung muss der Schutz von Leib und Leben der Flüchtlinge haben, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Das muss der Grundsatz sein. Dieser Grundsatz ist aber im Verlauf des letzten Jahres gebrochen wor den, und dafür tragen leider auch der Innenminister Deutschlands und viele andere die Verantwortung. Das ist schade. Wir müssen diesen Moment nutzen, damit eine wirkliche Änderung eintritt, das bedeu tet eine große europäische Aufgabe. Ich bin sehr gespannt, was der Rat morgen beschließen wird.

Ich muss noch etwas sagen, obwohl wir darüber

schon mehrfach debattiert haben, und möchte zwei Anmerkungen treffen zu der Kritik der Kollegin Vogt in Bezug auf Bremer Unternehmen. Können Sie sich vorstellen, dass, wenn das Mandat wieder auf das große Gebiet ausgeweitet wird, was Mare Nostrum

umfasst hat, und wenn alles auf die Seenotrettung ausgerichtet wird, diejenigen, die Menschen aus Seenot retten wollen, Bilder brauchen und wissen müssen, wo die Boote sind? Das ist doch ein un glaublich gutes, hilfreiches Mittel. Haben Sie die Fernsehbilder über die Leute gesehen, die gerettet haben? Das sind die Bilder über Satellit, die OHB liefert. Das sind die Bilder, die diese Leute in die Lage versetzen, Menschen zu retten. Nicht die Bilder sind schuld, wenn in Warschau nicht reagiert wird, sondern die Politik ist daran schuld,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

und daran müssen wir etwas verändern. Wir dürfen OHB nicht daran hindern, bessere Satellitenbilder zur Verfügung zu stellen. Es ist doch Irrwitz, was Sie von uns fordern!

Dann zur Grenzsicherung! Sie verwechseln immer

Abschottungspolitik mit Grenzsicherung. Wir werden auch in Zukunft eine Grenzsicherung brauchen. Dabei geht es um Kriminalität, um Menschenhandel, um Frauenhandel, also um viele Dinge, wofür wir die Si cherung unserer Grenzen im Interesse der Menschen auf beiden Seiten der Grenzen brauchen. Deswegen bedeutet keine Abschottung nicht Abschaffung der Grenzsicherung. Auch das wollte ich an dieser Stelle bemerkt haben, denn dann, wenn Sie so argumen tieren, verliert sich das ins Abenteuerliche, wie ich ganz ehrlich sagen will.

Wir müssen uns heute auf die Rettung der Men

schen konzentrieren, und wir müssen Schritt für Schritt versuchen, die anderen Dinge, die wir in der Bürgerschaft einvernehmlich bereits beschlossen haben, umzusetzen. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das

Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dr. Kuhn, ich glaube, ich habe hier gar nicht davon geredet, dass ich die Grenzsicherung abschaffen will.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü nen]: Doch!)

Ich habe nur gesagt, dass wir die Abschottungspolitik ändern müssen, aber das ist egal.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Euro-Sur haben Sie gesagt!)

Euro-Sur ist ein Problem, weil es im Moment der Abschottung dient, deswegen habe ich das gesagt.

Das Problem mit SAR, woran auch OHB beteiligt ist, ist – das möchte ich noch einmal klarstellen, diese Sattelitenbilder dienen zurzeit nicht dazu, Menschenleben zu retten.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch nicht richtig! Das ist wirklich nicht richtig! – Zuruf von der CDU: Ist es auch nicht!)

Der Auftrag aus Warschau, Herr Dr. Kuhn, geht dezi diert – ich habe die Unterlagen da – in die Richtung, dass man die Boote vom Ablegen von der afrikani schen Küste abhalten möchte.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Aber das ist das, was ich mit falscher Politik meine! Technik kann helfen, oder Technik kann falsch gebraucht werden!)

Trotzdem ist das im Moment der Auftrag. Dieser Auftrag war eindeutig formuliert, das kann man sich doch nicht schönreden. So ist es also im Moment. Das genau war der Auftrag, und das ist auch Teil – –.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])