Wichtig ist allerdings auch, dass die Arbeitnehmer der Stadtbibliothek hier eingebunden werden. Da sich die Belegschaft während des Modellprojekts in zwei Gruppen, nämlich die der Befürworter und die der Gegner gespalten hat, ist ein Fahrplan notwendig, wie man die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Sonntagsarbeit erhöhen kann. Die Politik sollte die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger umsetzen, wo es möglich ist. Diese möchten ihren Sonntag so gestalten können, wie sie ihn erholsam finden, und das kann beim Minigolf, im Kino oder auch eben bei einem Bibliotheksbesuch sein.
Die FDP-Fraktion unterstützt Maßnahmen und Mittel, die zu einer Ausweitung der Öffnungszeiten der Stadtbibliothek auch an den Sonntagen führen. Durch veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie Ganztagsschulen, Flexibilisierung der Arbeitszeiten und voll berufstätige Eltern haben sich auch die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger an den Wochenenden verändert. Laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts muss eine Bibliothek nicht am Sonntag geöffnet sein, da die Bürgerinnen und Bürger die für ihr Freizeitverhalten notwendigen Bücher auch an allen anderen Tagen in der Woche erhalten können, nur scheint man beim Bundesverwaltungsgericht nicht die Lebensrealitäten von Familien mit berufstätigen Eltern zu kennen
Wir Freien Demokraten halten es für sinnvoll, das Thema der Sonntagsöffnungszeiten von Bibliotheken erneut aufzugreifen, um den Bürgerinnen und Bürgern in Zeiten der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die Freiheit zu geben, ihren Sonntag so zu gestalten, wie sie es für richtig halten. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja kein Geheimnis: Wir Grünen wollen, dass die Büchereien sonntags geöffnet sind.
Familien mit kleinen Kindern, in denen die Eltern arbeiten, haben sonst in der Woche keine Zeit, ihre Kinder genau an diese Vielfältigkeit einer Bücherei heranzuführen, wie es ist, mit Büchern zu leben, wie es ist, sich auszutauschen und andere Familien zu treffen. Menschen, die keine Kinder haben, aber viel arbeiten, wie wir zum Beispiel – ich habe ja Kinder, aber die sind schon groß –, haben auch keine Zeit, in der Woche in die Bücherei zu gehen. Ich würde gern sonntags in die Bücherei gehen, und viele andere berufstätige Menschen auch, dafür braucht man nicht unbedingt kleine Kinder im Haushalt.
Ich habe es schon in zwei Debatten gesagt und dafür auch immer ein hämisches Lächeln geerntet, aber ich sage es hier noch einmal in aller Klarheit: Auch für Menschen, die einsam sind und nicht das Geld haben, irgendwo Eintritt zu zahlen und vielleicht noch nicht einmal das Geld haben, einen Kaffee trinken zu gehen, ist es gut, wenn es ein Kulturangebot gibt, in dem sie ohne Eintritt und ohne Verzehrzwang einkehren können.
Das ist eben etwas ganz anderes als ein Einkaufszentrum oder ein verkaufsoffener Sonntag, denn es geht gerade nicht um Kommerzialisierung, sondern um die Frage von Kultur, kultureller Teilhabe und kultureller Bildung.
Welche Kultureinrichtungen werden bundesweit am meisten genutzt? Es sind die Stadtbüchereien. Sie sind die am meisten genutzten und frequentierten Kultur- und Bildungseinrichtungen, die wir haben, insbesondere auch, was das Heranführen von kleineren Kindern an Kultur und Bildung und auch die Lust am Lernen und das Miteinander von Buch und Mensch angeht.
Was steht dem entgegen? Es ist hier ja schon mehrfach gesagt worden, es ist das Bundesarbeitszeitgesetz, und das muss endlich auf Bundesebene geändert werden. Der Bibliotheksverband fordert diese Ge
setzesänderung im Übrigen ja auch schon seit langer Zeit, und auch hier in Bremen sind wir dabei – die Befürworter der Sonntagsöffnung – Seite an Seite mit der Direktorin der Stadtbücherei, Barbara Lison.
Sie war ja auch diejenige, die diesen Modellversuch hier in Bremen verantwortet hat, und da hat man ja gesehen – es gab dabei die Frage an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wer freiwillig am Sonntag arbeitet, um dann in der Woche einen Tag frei zu bekommen –, dass es genügend Mitarbeiterinnen gab, die dem zugestimmt haben.
Wer von Ihnen, so wie ich, sich einmal angesehen hat, was da an den Sonntagen los war, konnte sehen, wie toll das war. Das war ein einziges Durcheinander, da war richtig etwas los – ich habe Herrn Saxe mit seinen Kindern dort auch getroffen –, da liefen die kleinen, aber auch die großen Kinder durcheinander, und dort saßen alle möglichen Leute herum. Es war ein richtig schönes Erlebnis, und ich stelle mir vor, dass wir das auf Dauer in Bremen, aber auch bundesweit ermöglichen sollten.
Die CDU schlägt nun eine Bundesratsinitiative vor, aber wir sind tatsächlich der Auffassung, dass das im Moment nicht der richtige Weg ist. Warum? Es gab ja – darauf hat der Kollege Bolayela hingewiesen – im Jahr 2011 schon den Versuch, diesbezüglich im Bundesrat voranzukommen, und zwar mit Berlin, Hamburg und Bremen. Dieser Versuch ist gescheitert, und im Moment gibt es überhaupt keine Hinweise darauf, dass sich da die Landschaft verändert hätte, das ist also tatsächlich jetzt im Moment nicht der richtige Weg.
Ich denke, der richtige Weg sind die Koalitionsverhandlungen für die nächste Bundesregierung, dass wir nach Möglichkeit Teil dieser Regierung sein wollen und ich dort auch meinen Beitrag leisten möchte, ist ja bekannt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU fordert in ihrem Antrag eine Bundesratsinitiative, um das Arbeitsrecht so zu ändern, dass Beschäftige auch am Sonntag in der Bibliothek eingesetzt werden können. Um es vorwegzunehmen: Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen,
weil es einerseits ein eindeutiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2014 zu diesem Punkt gibt, und andererseits, weil es sich hier um einen komplexen Abwägungsprozess von verschiedenen Interessen handelt und wir zu dem Ergebnis kommen, der CDU dort zu widersprechen.
Trotzdem gibt es verschiedene Sichtweisen auf dieses Thema, die ich erläutern möchte, denn die kulturfachliche und die arbeitsrechtliche Perspektive unterscheiden sich hier deutlich.
Als Kulturpolitikerin sehe ich selbstverständlich Vorteile für die Bremerinnen und Bremer. Wer in der letzten Zeit eine der Stadtbibliotheken aufgesucht hat, der weiß, dass sich das Bild der Stadtbibliothek deutlich verändert hat. Ich finde, das Argument, ein Buch könnte man sich auch wochentags ausleihen und am Sonntag lesen, und deshalb bleibe die Bibliothek am Sonntag geschlossen, hat an seiner Stichhaltigkeit deutlich eingebüßt. Die Bibliothek ist viel mehr ein Raum zum Verweilen geworden, wo man gemeinsam Familienzeit verbringen kann, wo Märchen vorgetragen werden oder es beispielsweise auch einen Cafébereich gibt, der insbesondere von Geflüchteten und ihren Paten genutzt wird, um sich zu treffen und eben ohne den Konsumdruck, den es in Cafés gibt, einen Ort des Austauschs zu finden.
Das heißt, die Bibliothek hat sich zu einem lebendigen Ort des Zusammenkommens verwandelt, der zum Bleiben einlädt und es insbesondere Familien ermöglicht, gemeinsam das Abenteuer Lesen zu entdecken. Die Bibliothek ist einer der wenigen Orte in der Stadt, den man auch gut im Winter nutzen kann, ohne das entsprechende Kleingeld mitzubringen.
So schön das Ganze klingt, Herr Buhlert, das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere, die arbeitsrechtliche Perspektive, zeigt, zu welchem Preis eine Sonntagsöffnungszeit realisiert werden müsste, und das ginge derzeit nur auf Kosten der Beschäftigten. Da die Mitarbeiterinnen der Stadtbibliothek schon am Samstag arbeiten, würden sie das Recht auf ein freies Wochenende komplett verlieren. Die Arbeitszeiten würden stärker flexibilisiert, und die Beschäftigten hätten es noch schwerer als bisher, gemeinsame Zeit für Erholung zu finden.
Auch wenn bei dem Pilotprojekt in der Stadtbibliothek auf die Freiwilligkeit der Beschäftigten gesetzt wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann wissen wir alle, dass aus der Freiwilligkeit schnell eine Pflicht werden kann. Auch wenn die Öffnungszeit im Modellprojekt auf vier Stunden am Nachmittag angelegt ist, dann wissen wir auch, dass sich Öffnungszeiten schnell ausweiten können und die Gefahr besteht, dass der Sonntag innerhalb kurzer Zeit ein ganz normaler Arbeitstag in der Stadtbibliothek wird. Das sehen wir LINKEN kritisch.
Wir finden, bei der Frage der Sonntagsöffnungszeit darf man nicht auf einem Auge blind sein. Ja, es gibt gute Gründe für die Sonntagsöffnungszeiten, aber man muss auch die Bedenken der Beschäftigten ernst nehmen, und diese sind ziemlich eindeutig: 86 Prozent aller Beschäftigten sprechen sich die gegen die Arbeit am Sonntag aus, trotz Freiwilligkeit, trotz der Wahl zwischen Freizeit oder einem finanziellen Ausgleich.
(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Der Bibliotheksbeschäftig- ten oder aller? Was ist die Grundgesamtheit Ihrer Aussage?)
Der Beschäftigten, die in der Stadtbibliothek arbeiten! Das ist die Grundgesamtheit, von der ich die 86 Prozent ableite, das können Sie auch nachlesen!
Wir stehen also vor dem Dilemma, dass es einerseits einen Bedarf an mehr unkommerziellen Räumen des Austauschs und der Bildung gibt, auch am Sonntag, und andererseits gibt es das berechtigte Interesse, der weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeiten einen Riegel vorzuschieben. Für uns ist klar, wenn es irgendwann einmal eine gute Lösung für die Sonntagsöffnungszeiten in Bibliotheken geben würde, dann ginge das nur mit den Beschäftigten, und nicht gegen sie.