„Unterrichtsqualität sowie das Fördern und Fordern sind bestimmende bildungspolitische Ziele und müssen mehr als bisher Teil der bildungspolitischen Kommunikation in Bremen und Bremerhaven sein.“
Mir gefällt das außerordentlich gut. Das hat der Kollege Dr. vom Bruch in die Ursprungsversion dieses Antrages hineingeschrieben, und wir haben es sehr gern mitgetragen, weil das heißt – der Kollege Güngör und auch der Kollege Dr. vom Bruch sind schon darauf eingegangen –: Bildungspolitik als reine Ressourcendiskussion, als reine Mengen- und Massendiskussion zu führen, wird nicht nur dem Anspruch der Bildung selbst nicht gerecht, sondern führt bildungspolitisch nirgendwohin. Vielmehr ist die Qualität des Unterrichts, der am Ende in den Schulen stattfindet, der entscheidende Punkt. Davon handeln die Anträge, die heute auf dem Tisch liegen. Darüber bin ich außerordentlich froh, meine Damen und Herren.
Darum geht es nämlich. Natürlich braucht man dafür auch Ressourcen. Das ist vollkommen klar. Aber die Ressourcen müssen meines Erachtens am Ende einer Diskussion stehen, die über die Qualität geführt wird.
Zum einen geht es um die Struktur. Eine ganze Reihe von Bundesländern ist gerade dabei, das, was wir mit dem Bildungskonsens beendet haben, nämlich alle zwei, drei Jahre eine neue Struktur für das Schulwesen zu beschließen, wieder aufzunehmen. Diese Bundesländer sagen: Vor drei, vier Jahren sind wir von G 9 nach G 8 gehüpft, und jetzt hüpfen wir wieder, weil es gerade angesagt ist, von G 8 nach G 9 und dann in drei Jahren vielleicht wieder zurück. Ich finde, dass das Zwei-Säulen-Modell, das wir mit dem Bildungskonsens in Bremen erreicht haben, auf das sich zumindest die drei den Bildungskonsens mittragenden Parteien geeinigt haben, einen außerordentlich hohen Wert hat. Nicht umsonst ist es in vielen Bundesländern nachgeahmt worden.
Meine Kollegen haben es angesprochen: Sowohl durch einen gemeinsamen Antrag zur Evaluierung des Bildungskonsenses als auch durch den heutigen Antrag setzen wir das wichtige Zeichen, dass Bildungspolitik auch so stattfinden kann, dass die da draußen, um die es geht, merken, dass alle nicht daran interessiert sind, irgendeine nichtige politische Debatte zu führen, sondern vor allen Dingen daran, den Unterricht in unseren Bremer Schulen zu verbessern.
Deswegen ist es gut, dass die Struktur über viele Jahre hinweg stabil geblieben ist. Ich kann für meine
Fraktion sagen, dass wir sehr viel dafür tun werden, dass dies weiterhin der Fall sein wird, dass wir mit diesem Pfund, einen Konsens über die Grundstruktur des Schulwesens zu haben, weiter wuchern können und die Schilder vor den Schulen nicht alle zwei, drei Jahre ausgetauscht werden.
Das Zweite ist die finanzielle Dimension. Ich finde, solange wir darüber diskutieren, dass wir das Mögliche möglich machen, und nicht darüber diskutieren, warum wir das Unmögliche nicht möglich machen, ist diese Ressourcendiskussion in der Bildung sinnvoll. Es ist für eine Gesellschaft sehr gut, wenn Bildungspolitiker quasi den letzten Cent aus einem Haushalt herausquetschen, um ihn in die Schule und die Bildung zu stecken. Es ist aber nicht sinnvoll, gleich ein paar hundert Millionen Euro mehr zu fordern, die oben draufgelegt werden müssten, damit Schule überhaupt funktioniere, weil dies die deprimierende Botschaft ist, dass ohne die Umsetzung dieser unrealistischen Forderung, die man ja relativ oft in Bremen hört, Schule gar nicht gut möglich sei.
Ich meine, dass wir das Mögliche möglich machen müssen. Die Bildungspolitik hat auch den Auftrag, sich um die nötigen Haushaltsmittel zu bemühen. Das haben wir immer getan, und wir geloben, dies in der nächsten Haushaltsrunde wieder engagiert zu tun. Ich glaube, dass wir dabei auch erfolgreich sein werden.
In den heute zu beratenden Anträgen geht es um den dritten Faktor. Das ist der Faktor Lehrer und Lehrerinnen, der oft unterschätzt wird, wenn wir diese Struktur- und Gelddiskussionen führen. Es geht um die Ausbildung und Fortbildung, um Didaktik, um Methodik und um das Curriculum. Ich finde, es geht auch um Haltung und Werte. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil der Zugang zu Schülerinnen und Schülern nicht allein durch eine formale technische Ausbildung, eine didaktische Ausbildung gegeben ist, sondern weil Schülerinnen und Schüler – das wissen wir auch noch von uns selbst – ein extrem großes Sensorium dafür haben, mit welcher Haltung und mit welchen Werten die Lehrerinnen und Lehrer vor ihnen stehen. Davon hängt nicht zuletzt ab, ob es gelingt, die Inhalte zu vermitteln und gemeinsam einen erfolgreichen Schulverlauf zu gestalten.
Deswegen bin ich froh, dass wir in den Antragsteil des gemeinsamen Antrages zum Benchmarking mit Hamburg auch den Punkt aufgenommen haben, man möge bitte noch einmal in Hamburg nachschauen, ob es nicht auch eine Rolle gespielt hat, wie man damit umgegangen ist, welche Haltung am Ende zur Qualität in den Schulen existiert hat und wie man sie möglicherweise verbessern kann.
Ich finde, wir haben hervorragende Beispiele in Bremen, bei denen es gelungen ist, die Qualität in den Schulen zu steigern. Vielleicht ist es im Nachhinein ganz interessant, dass viele frühere Gesamtschulen darunter sind. Es gab ja früher immer die Diskussion, dass eine Gesamtschule irgendeine linke Aberration war, die nirgendwo hinführen konnte, schon gar nicht zu einer Qualität von Unterricht oder zur Qualität von Abschlüssen. Wenn man sich heute anschaut, wie beliebt und wie erfolgreich die Gesamtschule West, die Gesamtschule Ost und die Gesamtschule Mitte sind, so wirft das ein Licht darauf, dass dieses Gesamtschulkonzept auch früher nicht so schlecht gewesen sein kann, meine Damen und Herren.
Heute gehört es zu den erfolgreichen Modellen, nicht nur im Sinne des Zusammenlebens in einer Schule, im Sinne sozialer Aspekte, sondern vor allen Dingen bezüglich der Anerkennung der Leistungen, die diese Schulen erbringen.
Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Grundschulen – an dieser Stelle möchte ich die Grundschulen Borchshöhe, Buntentorsteinweg und Pfälzer Weg nennen; das ist aber keine vollständige Auflistung, sondern es gibt viele mehr –, die durch die Teilnahme und auch durch Erfolge beim bundesweiten Schulpreis und durch viele andere Auszeichnungen gezeigt haben, dass es darauf ankommt, dass sich Lehrer, Eltern und auch die Schülerinnen und Schüler zusammentun und gemeinsam ein erfolgreiches Schulkonzept gestalten.
In dem Antrag zur Schulqualität geht es meines Erachtens im Kern darum, ob wir jenseits der Fragen, die wir immer diskutieren – Unterrichtsausfall, Stellenbesetzungen, vakante Stellen und so weiter –, nicht noch in einer ganzen Reihe von anderen Punkten Einfluss auf die Qualität nehmen können. Meine Kollegen haben es schon erwähnt: Dabei spielen die frühkindliche Bildung, die Sprachförderung und die Elternarbeit eine große Rolle. Diese Stichworte sind hier oft genannt worden.
Ich finde, dass die Frage der Schulaufsicht, die an erster Stelle im Antrag genannt ist, eine sehr spannende ist. Sie steht in Verbindung zu dem zweiten Teil des Antrags, zu dem Benchmark zu Hamburg und der Frage, ob auch institutionell in dem Gefüge einer Bildungsbehörde – Land und kommunal, Bildungsdezernat, Schuldezernat, in Bremerhaven kommunal –, ob also von den Aufsichtsbehörden auf eine kollegiale Art und Weise besser Einfluss auf die Schulen und die Unterrichtsqualität in den einzelnen Klassen genommen werden kann, ohne zu bevormunden. Das steht deswegen darin, weil die Antwort eindeutig Ja ist. Man kann das machen, aber wir wollen herausfinden, wie, und wollen Vorschläge erarbeiten, wie man das dann auch konkret umsetzen kann. Auch hier wollen wir nach Hamburg schauen, wo sehr tief greifende
strukturelle Änderungen vorgenommen worden sind, und darüber nachdenken, was davon übernommen werden kann. Es ist richtig, dass die Landesbehörde sehr viele Aufgaben hat; aber vielleicht kann sie ja mit einem Teil ihrer Ressourcen auf kollegiale Art und Weise gemeinsam mit den Schulen Qualitätssicherung betreiben und darauf hinwirken, die Qualität des Unterrichts zu steigern.
In den Anträgen gibt es eine Reihe weiterer Fragen, die wir im Vergleich zu Hamburg gern auf dem Tisch haben wollen: Was ist curricular, also bei den Inhalten, und was ist bei den Stundentafeln weiterentwickelt worden? Wie ist es mit dem Einsatz von datengestützten Systemen? Wie ist sieht es mit dem IT-Einsatz aus? Wie kann der Unterrichtsausfall – möglicherweise mit Methoden, die wir hier noch nicht im Auge hatten – noch weiter reduziert werden?
Ich finde, das ist insgesamt ein sehr guter Ansatz. Zwar sind wir in diesen PISA- und IQB-Studien oft auf einem schlechten Platz, wollen das nachdrücklich verbessern und streiten das an keiner Stelle ab. Aber natürlich gibt es auch in Hamburg Defizite. Natürlich gibt es auch in Hamburg Klassen und Schulen und Schülerinnen und Schüler, die die Lernziele nicht erreichen, und natürlich gibt es in Bremen auch Klassen und Schulen und Schülerinnen und Schüler, die sie hervorragend erreichen. Deswegen müssen wir uns gar nicht verstecken und brauchen keine Angst davor zu haben, uns einem solchen Vergleich mit Hamburg zu stellen.
Ich komme an dieser Stelle zum Schluss. Es liegen ja mehrere Anträge von uns vor. Ich möchte in einem zweiten Beitrag noch den Antrag zur Personalentwicklung vorstellen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen mehrere Anträge vor, die der Situation geschuldet sind, dass wir es zurzeit in beiden Stadtgemeinden unter anderem mit einem erhöhten Fachkräftemangel zu tun haben, der alle Schulformen und alle Schulstufen betrifft.
Dieser Mangel besteht nicht nur in Bremen, sondern tritt bundesweit auf, bringt aber leider auch Bremen in eine Konkurrenzsituation zu anderen Bundesländern.
Auch innerhalb Bremens gibt es eine Konkurrenzsituation – das ist oft genug diskutiert worden –: Die beiden Stadtgemeinden konkurrieren. Bremerhaven hat stets größere Probleme, Lehrkräfte für die Schulen zu gewinnen, als die Stadtgemeinde Bremen. Zu Beginn des Schuljahres waren allerdings in beiden Stadtgemeinden jeweils 40 Stellen unbesetzt. Dass Bremerhaven deutlich weniger Schülerinnen und Schüler hat, macht deutlich, über welche Dimensionen wir reden.
Auch innerhalb der Stadt konkurrieren einzelne Stadtteile um Lehrkräfte. In den letzten Wochen konnten einige Lücken gefüllt werden, aber es ist absolut wichtig, dass wir uns hier auch damit auseinandersetzen, wie wir in Zukunft damit umgehen.
Zur Personalgewinnung muss an den Schulen dringend etwas geschehen, und zwar nicht nur als Plan bis zum Jahr 2025, sondern jetzt. Wir brauchen im Grunde eine Art Sofortprogramm. Dieses muss durch eine mittelfristige Personalentwicklung ergänzt werden. Wir brauchen auch für die Zeit, bis wir stärkere Ausbildungsjahrgänge zu verzeichnen haben, Antworten für die Schulen. Das sind wir ihnen als Politik schuldig.
Deswegen haben wir – es ist mir völlig klar, Herr Dr. vom Bruch, dass das nicht das Einzige ist, aber es war ja eine Ergänzung zu den vorliegenden Anträgen – einen Antrag zum Lehrkräftemangel eingereicht, der darauf abzielt, Bremen konkurrenzfähig zu halten. Es ist nicht so, Herr Güngör, dass er überflüssig ist; denn unser Antrag konkretisiert einige Punkte, die in Ihrem Antrag enthalten sind, in anderen Punkten geht er aber auch über die Forderungen hinaus. Aus diesem Grund will Frau Kohlrausch ihm ja auch nicht zustimmen.
Wir haben die Situation, dass Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen in Bremen ab Beginn ihrer Dienstzeit etwas weniger verdienen als in Niedersachsen. Man könnte sagen, das sei nicht so schlimm; aber da sich das über die Stufen hinwegzieht, ist die Lücke am Ende doch beträchtlich.
Was gibt es denn da so höhnisch zu lachen? – In der Besoldungsstufe A 13 – wenn Herr Güngör mich nicht unterbrochen hätte, hätte ich das von alleine gesagt – starten die Lehrkräfte bei uns zwar in einer besseren Position, werden aber – das wissen Sie auch; Ihre Kollegin hatte ja eine Berichtsbitte gestellt – von den Niedersachsen schnell eingeholt und abgehängt.
Das eigentliche Entscheidende, worüber wir reden und worum es in unserem Antrag geht, ist, dass in Niedersachsen das Stundendeputat geringer ist und dass das ein Grund ist, weshalb sich Lehrkräfte relativ häufig dafür entscheiden, lieber nach Niedersachsen zu gehen. Zudem bietet Niedersachsen bessere Beihilfekonditionen. Das macht sich spätestens dann bemerkbar, wenn Lehrkräfte eine Familie gründen. Dann haben sie in Bremen ganz schnell weniger Geld in der Tasche.
Uns ist völlig bewusst, dass das nicht das Einzige ist. Das ist völlig klar. Aber wir haben auch in der Bildungsdeputation darüber geredet – übrigens kam, zumindest aus den Reihen der SPD, Zustimmung; ich kann mich erinnern, dass auch aus Ihren Reihen, Herr Dr. vom Bruch, Zustimmung kam –, dass wir uns als Bundesland Bremen an Niedersachsen angleichen müssen. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt.
Nein, das ist es eben nicht. Ich habe Ihnen gerade gesagt, in welchen Punkten unser Antrag darüber hinausgeht.
Ich habe Ihren Antrag gelesen und habe eben genau die Punkte erwähnt, in denen wir über Ihren Antrag hinausgehen.