Protokoll der Sitzung vom 10.05.2017

Wir sehen keinen Grund, auf Kosten des Steuerzahlers weitere Kontrollmechanismen polizeilicher Arbeit aufzubauen, weil es bei der Hamburger Polizei ein vergleichbares Modell bereits gegeben hat. Dort wurde drei Jahre lang im Auftrag des Antrags der LINKEN gearbeitet. Nach drei Jahren hat die Hamburger Kommission festgestellt, dass in der Hamburger Polizei kein nennenswerter Aufklärungsbedarf besteht. Die Kommission hat ihre Arbeit eingestellt. Es sind Kosten von 600 000 Euro entstanden.

(Abg. Senkal [SPD] : Und das bei der Hamburger Polizei!)

Und das bei der Hamburger Polizei!

Wir sehen deswegen überhaupt keinen Grund, meine Damen und Herren, auf Kosten des Steuerzahlers - ich hatte es eben gerade schon angedeutet - weitere Kontrollmechanismen für die polizeiliche Arbeit aufzubauen, denn keine andere Behörde wird in Deutschland so intensiv von innen und außen kontrolliert, wie die Polizei. Dafür gibt es auch gute Gründe, und das steht außer Frage, denn die Polizei hat, wie keine andere Behörde, gesetzliche Eingriffsmöglichkeiten.

Polizeibeamte dürfen viele Maßnahmen treffen, die natürlich auf den Bürger wirken können. Aber mögliches Fehlverhalten, das durchaus nicht auszuschließen ist - und das ist klar -, wird immer umfangreich aufgearbeitet, denn neben den disziplinarrechtlichen Möglichkeiten des Polizeipräsidenten, das Verhalten von Bediensteten der Polizei zu überprüfen und gegebenenfalls zu sanktionieren, gibt es weiterhin den Senator für Inneres. Der Vertreter des Senators für Inneres - der Staatsrat ist hier anwesend -, kann im Rahmen von Dienstaufsichtsbeschwerden ebenso die Aufgabe wahrnehmen und dienstrechtliche Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Polizei überprüfen lassen.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, gibt es einen Abschnitt Interne Ermittlungen, neuerdings im Justizressort, deren Mitarbeiter bei Verdacht auf strafbare Handlungen gegen Polizeibedienstete unter Führung und Aufsicht der Staatsanwaltschaft Ermittlungen eigenständig durchführen können.

(Vizepräsidentin Dogan übernimmt den Vorsitz.)

Zum Schluss - die parlamentarische Seite betrachte ich gleich noch - wird durch unabhängige Gerichte gegebenenfalls in einer öffentlichen Verhandlung festgestellt, ob strafwürdiges Verhalten vorliegt, wenn ja, dann wird es bestraft, und zwar so, wie es sich in einem Rechtsstaat gehört.

In meiner Zeit vor meiner parlamentarischen Tätigkeit als Personalratsvorsitzender der Polizei habe ich umfangreich Vorgänge, die Vorwürfe gegen Polizeibeamte enthielten, auf den Tisch bekommen. Frau Vogt hat eben dargestellt, dass 96 Prozent dieser Verfahren - Sie haben die aktuellen Zahlen genannt - von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sind. Ist das jetzt ein Vorwurf gegen die Staatsanwaltschaft, oder wie ist das zu verstehen?

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Nein, das habe ich doch eben erklärt!)

Wenn Sie sich die Verfahren, die dort vorliegen, einmal vor Augen führen, dann werden Sie Erklärungen dafür finden, aus welchen Gründen die Einstellungsquote entsprechend hoch ist.

Meine Damen und Herren, außerhalb der Kontrollmechanismen, die ich bereits aufgezeigt habe, gibt es auch für uns als Parlamentarier im Rahmen unserer parlamentarischen Arbeit weitere Möglichkeiten, die Arbeit der Polizei und des einzelnen Polizeibeamten zu kontrollieren, nämlich in der Innendeputation und im Kontrollausschuss nach dem Polizeigesetz, aber natürlich auch in Bürgerschaftssitzungen. Das ist hier immer wieder praktiziert worden.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das ist für etwas an- deres zuständig, Herr Hinners!)

Ich wiederhole mich an der Stelle: Es gibt keine einzige Behörde, weder in Bremen noch in Deutschland, deren Arbeit so intensiv und kritisch überprüft wird, wie die Arbeit der Polizei.

Meine Damen und Herren, aus der Sicht der CDUFraktion sind die vorhandenen Kontrollmechanismen absolut ausreichend, um die zweifelsohne schwierige Situation und das Miteinander zwischen Bürgern und der Polizei hinreichend zu überprüfen. Wir lehnen den Antrag der LINKEN deswegen ab,

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weil DIE LINKE aus unserer Sicht die Polizei damit unter einen Generalverdacht stellt. - Vielen Dank! (Beifall CDU - Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Schwachsinn! - Abg. Tschöpe [SPD]: Das ist ja wirklich Unsinn! - Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das glauben nicht einmal die Leute in seinem Verein! - Abg. Röwekamp [CDU]: Doch, wir glauben das! - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir glauben das! - Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Ich meine, in seinem Ver- ein, dem Polizeiverein! - Abg. Röwekamp [CDU]: Wir sind sein Verein!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE legt uns heute einen Antrag vor, mit dem die Einsetzung eines unabhängigen Polizeibeauftragten gefordert wird. Mit diesem Antrag geht das Misstrauen linker Parteien in diesem Parlament gegen unsere Polizei und ihr staatliches Handeln weiter.

Nachdem die Fraktionen von SPD und Grünen die Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten ohne Not eingeführt und zusätzlich den Abschnitt Interne Ermittlungen von der Polizei zur Staatsanwaltschaft verlagert haben, um einen angeblichen Interessenkonflikt zu vermeiden, kommt nun die Fraktion DIE LINKE mit einem weiteren Antrag um die Ecke, der das Misstrauen gegen die Polizei schüren soll.

Nun kann ja die Einsetzung von Beauftragten sinnvoll sein, wenn es in einem bestimmten Bereich auch um lang anhaltende Probleme geht, beispielsweise im Bildungsbereich, denn im Bildungsbereich haben wir in Bremen und in Bremerhaven große Probleme. Deshalb hätte ich es nachvollziehen können, Frau Vogt, wenn Sie - und Sie hätten auch meine Zustimmung -, wenn Ihre Fraktion einen Schulbeauftragten gefordert hätte, der sich einmal um den Unterrichtsausfall in dieser Stadt und um die anhaltenden Probleme in den Schulräumen gekümmert hätte.

Das wäre einmal ein sinnvoller Antrag gewesen, aber stattdessen fordern Sie eine Überwachung der Polizei. Sie haben sich exklusiv die Polizei als Zielscheibe Ihres Misstrauens ausgewählt, und damit offenbaren Sie lediglich Ihr gestörtes Verhältnis zu den Polizeien in Bremen und Bremerhaven.

(Beifall LKR, Abg. Tassis [AfD])

Meine Damen und Herren, der Antrag wird unter anderem mit den 188 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten während ihrer Amtsausführung begründet, die innerhalb der letzten fünf Jahre in dieser Stadt geführt worden sind. DIE LINKE weist aber

selbst in ihrem Antrag darauf hin, dass 180 der 188 Ermittlungsverfahren nach eingehender Prüfung durch die internen Ermittlungsbehörden der Polizei und der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sind. Wenn DIE LINKE trotz dieser eindeutigen Zahlen die Einsetzung eines unabhängigen Polizeibeauftragten fordert, dann unterstellt sie unterschwellig der Polizei und der Staatsanwaltschaft einseitige oder unzureichende Ermittlungen. Das muss man hier in diesem Hause einmal ganz eindeutig zurückweisen, meine Damen und Herren.

Unabhängig davon darf man nicht vergessen, dass die Bremer Polizei in den letzten fünf Jahren sage und schreibe 536 000 Einsätze absolviert hat. Vor diesem Hintergrund sind 188 Ermittlungsverfahren, von denen lediglich acht zur Anklage gekommen sind, glücklicherweise eine verschwindend geringe Zahl. Es zeigt doch, dass die Polizei tagtäglich eine gute und rechtsstaatliche Arbeit in dieser Stadt leistet.

Aus rechtlichen Gesichtspunkten ist aber auch die Forderung der LINKEN nach einem Polizeibeauftragten äußerst fragwürdig. Dem Beauftragten soll ein Vernehmungsrecht und weitere eigenständige Ermittlungsbefugnisse eingeräumt werden. Damit würden Sie aber, Frau Vogt, in unzulässiger Weise in strafrechtliche und disziplinarrechtliche Ermittlungen eingreifen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Warum wird das in zwei Bundesländern praktiziert?)

Unter Umständen - Frau Vogt, hören Sie bitte zu - spielt auch eine Strafvereitelung im Amt eine Rolle.

Einmal ganz unabhängig davon, meine Damen und Herren, was machen Sie denn, Frau Vogt, wenn die Polizei und die Staatsanwaltschaft die strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen einen Polizeibeamten eingestellt haben? Kommt dann ihr geforderter Polizeibeauftragter und nimmt die Ermittlungen wieder auf? Das kann doch nicht tatsächlich Ihr Ernst sein!

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das machen die doch in Schleswig-Holstein!)

Mit diesem Antrag, meine Damen und Herren, schüren Sie als LINKE nicht nur das Misstrauen gegen die Arbeit der Polizei, sondern Sie bedienen mit Ihrer Forderung auch einen Teil Ihres Wähler- und Unterstützungsklientels, nämlich die gewaltbereiten Linksradikalen in dieser Stadt. Bezeichnenderweise ist dieses Klientel auch für zahlreiche Übergriffe auf Polizeibeamte verantwortlich.

Meine Damen und Herren, abschließend ist noch zu sagen, dass niemand den Polizeibeauftragten

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braucht oder will, im Gegenteil, die Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven wollen zusätzliche Polizei auf der Straße, und das zeigt doch, dass das Vertrauen der Bremerhavenerinnen und Bremerhavener sowie der Bremerinnen und Bremer gegenüber der Polizei sehr groß ist.

Wenn ein Bürger mit der Einstellung eines Verfahrens gegen einen Polizeibeamten nicht einverstanden ist, so hat er heute schon die Möglichkeit, sich an den Petitionsausschuss zu wenden. Viele von Ihnen sind ja Mitglied des Petitionsausschusses. Wir brauchen also keine zusätzliche Kontrollinstanz, keinen Polizeibeauftragten, der hier beim Parlament angesiedelt wird. Das kann der Petitionsausschuss erledigen. Ich bin mir auch sicher, dass der Petitionsausschuss hier, sollte es denn zu einem Fehlverhalten gekommen sein und sich ein Bürger an den Petitionsausschuss wendet, dann die Ermittlungen aufnimmt und sie auch zum Abschluss bringt.

Wir brauchen also keinen Polizeibeauftragten, der nach der Ansicht der LINKEN doch wohl eher ein Misstrauensbeauftragter für die Polizei ist. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank!

(Abg. Tschöpe [SPD]: Wir?)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir unterhalten uns über einen Polizeibeauftragten. Dass er unabhängig sein soll, das versteht sich von selbst. Ein Antrag, der von Berliner Verhältnissen ein bisschen abgeschrieben worden ist. Um einmal die Relation zu vergleichen, Bremen beschäftigt 2 500, maximal 3 000 Beamte, in Berlin sind es circa 15 000 Beamte.

Der Ausgangspunkt sind Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte, die aus Anlass des Dienstes entstanden sind. Es gibt natürlich auch Straftaten, die außerhalb des Dienstes vorkommen. Jetzt nehmen Sie die vielen Einstellungen, die es gegeben hat, zum Anlass, einen Antrag zu stellen, ohne aber genau Beispiele nennen zu können, dass in dem einen oder anderen Fall unrechtmäßiger Weise eingestellt worden ist und die Ermittlungen nicht zu Ende geführt worden sind. Der ganze Antrag ist ein Misstrauensantrag gegenüber den Polizeibeamten.

(Beifall FDP)

Wir gehen davon aus, dass auch innerhalb der Polizei anständig ermittelt wird und dass die Staatsanwaltschaft als objektivste Behörde der Welt - so habe ich das einmal auf der Universität gelernt - die

Ermittlungsverfahren anständig und seriös führt und dass sie dann eben zu dem einen oder anderen Ergebnis kommt.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Als Bürgerrechtspar- tei müsste die FDP diesen Antrag eigentlich unter- stützen!)

Es geht in diesen Fällen um den Grenzbereich zwischen dem Einsatz des Polizeibeamten und dem einzelnen Bürger, in dem sich Situationen ab und an hochschaukeln, in denen es dann zu wechselseitigen Beleidigungen oder auch zu Körperverletzungen kommen kann oder aber auch zu Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Wir bewegen uns in diesem Bereich im unteren Kriminalitätsbereich - das muss man auch dazu erwähnen -, dennoch muss hier anständig aufgeklärt werden.

Die Verlagerung der Ermittlungstätigkeit von der Polizei zu Justiz halten wir auch für in Ordnung, aber auch für ausreichend. Ich kann mich überhaupt nicht damit anfreunden, wenn Sie in Ihrem Antrag Wörter wie Rassendiskriminierung, Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung verwenden. Dies alles in einen Zusammenhang mit bremischer Polizeiarbeit zu bringen, halte ich eigentlich für unerträglich.

(Beifall FDP, CDU)

Sie müssen doch konstatieren, dass aus vielen anderen Ländern Menschen zu uns kommen, die diese Praktiken bei uns nicht unterstellen.

Sie bieten in Ihrem Antrag zwei Lösungsansätze an, und zwar zum einen den Ombudsmann, den Kummerkasten für Polizeibeamtinnen und für Polizeibeamte oder auch vielleicht für den Bürger. Faktisch ist dazu zu sagen, Rheinland-Pfalz hat diesen Ombudsmann seit einigen Jahren eingeführt. Wir haben uns dort erkundigt. Es ist letztlich nichts dabei herausgekommen. Die Einrichtung Ombudsmann hat bei dem einen oder anderen Polizeibeamten dazu geführt, dass er sich über eine ausgebliebene Beförderung beschwert hat, aber ansonsten hat es in der Sache nichts gegeben.

Den Polizeibeauftragten mit eigener Ermittlungstätigkeit halten wir zum anderen für kontraproduktiv. Unter dem Strich kommt dabei nichts heraus, es ist personal- und kostenintensiv. Ein solcher Polizeibeauftragter hat eben nicht die Möglichkeiten, wie die Polizei oder Staatsanwaltschaft, die Ermittlungstätigkeit in vollem Umfang durchzuführen.