Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Ich rede von der Vergrößerung!

Untersuchungen zeigen, dass Reichtum in Deutschland auch das Ergebnis der eigenen Lebensleistung ist -

(Lachen DIE LINKE)

hören Sie einfach einmal zu! -, aber nicht auf einer Erbschaft oder Schenkung beruht. Erlaubtes und geschenktes Kapital macht nur etwa 16 Prozent des Gesamtvermögens der oberen zehn Prozent unserer Gesellschaft aus. In Deutschland ist also der Besitz der Reichen größtenteils erarbeitet worden. Das als Hinweis an die Adresse solcher Parteien und solcher Politiker, die mit populistischen Neidparolen Stimmung gegen Leistungsträger unserer Gesellschaft machen wollen!

(Beifall BIW)

Genau hieran werden wir Bürger in Wut uns nicht beteiligen, auch wenn nach dem Antrag der Linkspartei vorerst nur Millionäre mit relativ geringen Steuersätzen besteuert werden sollen. Wehret den Anfängen!

Landtag

3783 49. Sitzung/20.09.17

(Beifall BIW, Zurufe DIE LINKE: Ja, genau!)

Das Vermögen wird aus Einkommen gebildet, das vorher versteuert worden ist, und zwar, wie wir wissen, nicht zu knapp, denn wegen der starken Steuerprogression setzt der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer hierzulande bereits bei einem Bruttoeinkommen von 54 057,00 Euro ein. Seit 2007 wird zusätzlich eine Reichensteuer erhoben, die bei einem hohen Einkommen ab 254 447,00 Euro zu einer Grenzsteuerbelastung von 45 Prozent führt, und zwar jeweils zuzüglich des Solidaritätszuschlags. Das hat zur Folge, dass 13 Prozent der Deutschen fast ein Viertel der gesamten Einkommensteuer bezahlen. Die oberen zehn Prozent tragen sogar mehr als die Hälfte dazu bei.

Hinzu kommt, dass Gutverdiener mehr Geld für ihren Konsum ausgeben. Das führt zu relativ höheren Einnahmen des Staates bei der Umsatzsteuer und bei den Verbrauchsteuern. Umgekehrt nimmt diese Gruppe kaum Sozialtransferleistungen in Anspruch. Im Bereich der direkten Steuern setzt Deutschland im Gegensatz zu anderen Staaten vorrangig auf die Besteuerung des Einkommens, das deshalb im internationalen Vergleich überdurchschnittlich belastet wird. Dies hat unlängst die OE CD bestätigt. Dafür ist die Besteuerung auf die Substanz - und das trifft auf die Vermögensteuer zu - bei uns relativ gering. Letzteres zu kritisieren, um das Steuersystem, Herr Rupp, in Gänze zu betrachten, wie es DIE LINKE in ihrem Antrag macht, ist deshalb unredlich. Die These, dass die Reichen in Deutschland nicht angemessen zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen, ist empirisch nicht haltbar und somit falsch.

(Beifall BIW)

Unzutreffend ist auch die Behauptung, das Land Bremen habe durch die Aussetzung der Vermögensteuer seit 1997 Einnahmeausfälle von mindestens 2,5 Milliarden Euro verkraften müssen. Die Linksfraktion übersieht, dass der Gesetzgeber die Vermögensteuer 1997 nicht einfach ersatzlos gestrichen hat, vielmehr wurden die Länder für den Ausfall der Vermögensteuer, die zuletzt circa neun Milliarden DM erbrachte, an einer anderen Stelle entschädigt.

Die Grunderwerbsteuer wurde beispielsweise von zwei auf 3,5 Prozent angehoben. Das führte zu Mehreinnahmen von 5,4 Milliarden DM. Weitere Anpassungen, etwa bei der Erbschaftsteuer, spülten weitere drei Milliarden DM in die Kassen der Länder, sodass in Summe der Wegfall der Vermögensteuer fast ausgeglichen worden ist. Die erneute Erhe

bung der Vermögensteuer ohne einen gleichzeitigen Verzicht auf kompensatorische Einnahmen wäre nichts anderes als eine Steuererhöhung im Nachhinein.

In seiner Entscheidung vom 22. Juni 1995 hat das Bundesverfassungsgericht die Vermögensteuer für verfassungswidrig erklärt, weil Immobilien im Gegensatz zu anderen Vermögenswerten nicht mit ihrem tatsächlichen, sondern mit dem Einheitswert steuerlich gemessen worden sind. Ich weiß nicht, ob allen die Bedeutung des Einheitswerts bekannt ist!

(Abg. Gottschalk [SPD]: Von Ihnen erwarten wir, dass Sie uns das erzählen!)

Das kann ich Ihnen gern einmal privat erzählen, dann können Sie etwas lernen!

(Zurufe - Glocke)

Als die Vermögensteuer noch in Deutschland existierte, betrugen die Kosten - und das kann ich Ihnen auch erzählen - für die Erhebung über 30 Prozent, Herr Gottschalk. Bei anderen Steuerarten ist dieser Prozentsatz sehr viel geringer.

(Glocke)

Die Kosten der Erhebung werden durch die notwendige Ermittlung der Verkehrswerte noch einmal ansteigen. Noch gravierender wird sich die Vermögensteuer auf die Wirtschaft auswirken, denn die Vermögensteuer belastet die Unternehmen mit hohen Zusatzkosten, denn sie fällt auch bei einem konjunkturellen Abschwung an. Anders als die Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer nimmt die Vermögensteuer, die auch die Immobilien und die Betriebsmittel erfasst, keine Rücksicht auf den Ertrag des Unternehmens. Sie ist, wie ich es eben schon gesagt habe, eine Substanzsteuer.

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss!

Nein, Herr Kollege, ich habe jetzt bereits das dritte Mal geläutet!

(Abg. Leidreiter [BIW]: Ich bin auch während meiner Rede unterbrochen worden!)

Bitte kommen Sie jetzt zum Schluss, bitte noch einen letzten Satz, und dann ist es gut!

Eine Vermögensteuer ist nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern sie ist auch ökonomisch schädigend. Sie ist über

Landtag

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flüssig, denn die Steuereinnahmen des Staates sprudeln so stark wie nie zuvor. In diesem Jahr wird der Fiskus über 32,4 Milliarden Euro einnehmen. Im Jahr 2021 sollen die Schätzungen bei 850 Milliarden Euro liegen.

Es ist also Geld genug vorhanden. Neue und höhere Steuern sind deshalb nicht erforderlich, sondern es ist jetzt vielmehr an der Zeit, die Belastung für die Steuerzahler in Deutschland zu senken. - Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident -

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich glaube, ich weiß, was kommt!)

so fange ich immer an, Herr Fecker -, sehr geehrter Herr Fecker, meine Damen und Herren! Die Vermögensteuer: Ich bin jetzt seit sieben Wochen auf den verschiedenen Podiumsdiskussionen im Wahlkampf unterwegs. Von der linken Seite kommt bei fast jeder Podiumsdiskussion die Forderung nach der Vermögensteuer, insofern ist es auch nur konsequent, dass Sie das als Wahlkampfthema in die Bürgerschaft getragen haben, sodass wir auch hier noch einmal über die Vermögensteuer sprechen können.

Was bewirkt die Vermögensteuer in Deutschland? Sie verbreiten immer die Mär, dass sie die Reichen mit ihren Jachten, Rolex Uhren und mit ihren Champagnegläsern trifft.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: FDP- Parteitag!)

Die Wahrheit ist aber in Deutschland, dass das Vermögen in Deutschland irgendwo anders steckt. Wir müssen uns noch einmal anschauen, in welchen Bereichen das Vermögen in Deutschland zu finden ist. Das Vermögen besteht in Deutschland im Wesentlichen aus Gewerbeflächen und aus Betriebsmitteln der Unternehmen.

(Beifall FDP)

Sie sagen dann immer, die Unternehmen wollen wir nicht belasten. Sie definieren aber nicht, an welcher Stelle das Vermögen in einem Unternehmen endet und an welcher Stelle es beginnt. Eine Antwort auf diese Frage sind Sie bisher schuldig geblieben. Ist eine Anlage in Aktien eine Vermögensanlage in

einem Unternehmen, denn es sind ja Anteile eines Unternehmens, die Sie kaufen?

Ist die Gewerbeimmobilie, die Sie besitzen und die Sie an eine Firma verkaufen, ein Anteil des Unternehmens oder nicht? Wenn Sie die Substanz der Unternehmen besteuern, dann schaden Sie massiv unserer Wirtschaft.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Haben Sie unseren Antrag gelesen oder nicht?)

Das führt dann genau zu der Situation, die Sie nicht wollen, dass nämlich Arbeitsplätze verloren gehen, weil die Unternehmer Kredite aufnehmen müssen, um die Besteuerung ihrer Substanz bezahlen zu können.

(Beifall FDP)

Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Wenn Ihr Antrag überwiesen werden sollte, dann hoffen wir, dass er keine Mehrheit findet, denn in diesem Bereich ist er der absolut falsche Weg.

Sie könne sich die Auswirkungen - nicht nur, aber auch - der Vermögensteuer in Frankreich anschauen. Hollande hat sie eingeführt. Er hat auch eine hohe Besteuerung der höheren Einkommen eingeführt, und das Ergebnis sehen Sie heute: Die französische Wirtschaft liegt am Boden. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Europa fast nirgendwo so hoch wie in Frankreich, und Gerard Depardieu ist Russe.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Das ist ein echter Ver- lust!)

Das ist die Konsequenz einer Vermögensteuer!

Lassen Sie uns doch darüber sprechen, was den Menschen in diesem Land hilft. Die Menschen in diesem Land, die arbeiten, die Geld verdienen, die über Gebühr mit Steuern belastet werden, haben heute überhaupt keine Chance, Eigentum zu schaffen.