(Zurufe Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch ab- surd!)
Wir glauben, das Hauptproblem ist, diesen Gesetzentwurf auch durchzubringen, nämlich zu sagen, das ist tatsächlich – –. Also, dass Rassismus an der Tür von Diskotheken überhaupt nachweisbar ist, wir sehen ebenfalls massive Probleme, dies überhaupt durchsetzen und beweisen zu können, und dementsprechend kann es passieren, dass das Gesetz absolut wirkungslos sein wird.
Stattdessen werden die Behörden einen enormen Aufwand bewältigen müssen, weil es wahrscheinlich zu sehr vielen Anzeigen kommen wird, die vielleicht aufgrund von Alkoholismus oder Ähnlichem auch Fehloder Falschanzeigen sein werden.
Aus unserer Sicht haben die Besitzer von Diskotheken an sich schon ein sehr starkes Eigeninteresse, alle feierfreudigen Menschen auch wirklich zu begrüßen, und sie tragen auch die eigene Verantwortung, diese hereinzulassen.
Bei den einzelnen schwarzen Schafen, die es gibt, greift das AGG, und deswegen sind wir nicht dafür, dieses Gesetz umzusetzen.
(Beifall FDP – Abg. Mustafa Öztürk [Bündnis 90/Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glo- cke)
Nein, dass wir mit dem Antidiskriminierungsgesetz, das Sie ja erwähnt haben, ein Gesetz haben, wonach man heute schon angeblich wirkungsvoll gegen Diskrimi
Ich habe es jedenfalls durchgelesen und angeschaut, wie es funktioniert. Ich finde, damit ist der Gegenstand auch durchaus abgedeckt, was ja auch der vor dem Amtsgericht Bremen verhandelte Fall zeigt.
Dann formuliere ich es einmal als Frage. Wissen Sie, wie viele Fälle es in den letzten zehn Jahren gab, in denen das Gericht positiv beschieden hat?
Ja, richtig, ich habe ja soeben gesagt, es ist ein Fall, aber meiner Meinung nach ist es gerade deswegen wichtig, dass man überhaupt die Beteiligten über die Möglichkeiten aufklärt, wenn das noch nicht genügend genutzt wird. – Vielen Dank!
(Beifall FDP – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/ Die Grünen]: Es scheint ja auch nicht zu greifen!)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mit Ihnen, Frau Steiner, beginnen. Sie haben, glaube ich, meiner Rede auch aufmerksam zugehört. Ich habe ja deutlich gemacht, dass das AGG natürlich vorhanden ist und die Betroffenen privat gegen Diskriminierung vorgehen können, das habe ich nicht negiert. Ich habe nur auch verdeutlicht, dass dies sehr wenige tun, weil vor allem junge Menschen betroffen sind.
Man kann natürlich hier sagen – genauso, wie Herr Dr. Yazici es getan hat –, na ja, mit der Beweisführung wird es schwierig sein. Ich selbst bin von Beruf Rechtsanwältin, und es gibt viele Juristen, die doch alle wissen, dass es immer eine Schwierigkeit gibt, etwas zu beweisen. Meine Intention ist aber wirklich, die Menschen für das Thema zu sensibilisieren.
40 Jahre leben Menschen hier im Land Bremen. Ich durfte nicht in die Diskotheken, weil ich ein wenig strenger erzogen worden bin, aber als ich dann hier mein erstes Examen in Bremen geschafft hatte und mit Freunden – die Architektur, Sozialpädagogik stu
diert hatten, teilweise dunkle Haare hatten, es gab jedoch auch welche ohne Migrationshintergrund – vor der Tür der Disco stand und dort ausgesucht wurde, ich fand das sehr entwürdigend, das muss ich Ihnen sagen! Mein erster Sohn ist 19 Jahre alt, und mein zweiter Sohn ist 16 Jahre alt. Der eine studiert auch an der Universität, und der andere macht sein Abitur. Ich nenne sie als Beispiele, aber der geschilderte Sachverhalt ist kein Einzelfall. Nicht nur in Bremen, sondern auch bundesweit passiert es heute immer noch.
Ich habe sehr viele positive E-Mails und Anrufe erhalten, Gespräche geführt nach dieser Initiative, bei denen Menschen – es waren wirklich nicht nur Personen mit Migrationshintergrund – wirklich dankbar waren, dass wir dieses Thema auch einmal bewegen.
Natürlich gebe ich Ihnen, Herr Dr. Yazici, recht, wenn Sie sagen, dass wir damit das Problem von Rassismus im Alltag nicht lösen, das ist uns allen auch klar. Es sind so viele Bausteine, es fängt an in der Kita an, in der Schule, in den Behörden mit den interkulturellen Kompetenzen und so weiter. Das Problem ist sehr vielfältig, aber meine Intention ist, dass Menschen, die sich hier auch gut integriert haben, die eine gute Bildung aufweisen, Arbeitsplätze haben, wenn sie mit ihren deutschen Freunden irgendwo feiern wollen, nicht so in ihrer Würde verletzt werden, und deswegen habe ich darum geworben, dass dieses Haus ein Zeichen setzt.
Mir ist bewusst, dass es für junge Menschen schwierig sein wird, das nachzuweisen. Ich möchte aber, dass von hier ein Signal gesendet wird, dass wir junge Menschen informieren: Du, wenn so etwas passiert, dann verhalte dich ruhig, sage deinen Freunden, sie sollen dabei sein, rufe die Polizei an! Selbstverständlich ist mir klar, dass es in einem Jahr keine 100 Fälle sein werden, aber ich werbe bei Ihnen wirklich darum, für diese Thematik zu sensibilisieren, denn ich habe oft erlebt, dass viele Menschen dieser Gesellschaft den Rücken gekehrt haben, weil sie nämlich sehr oft von Rassismus im Alltag betroffen waren.
Wir haben doch, finde ich, auch die Aufgabe, Vorbild in diesem Land zu sein und dafür zu werben, auch bei den Besitzern von Diskotheken und Gaststätten – –.
Im Übrigen habe ich von einigen, die über das Warum, die Intention et cetera mit mir gesprochen haben, auch positive Rückmeldungen erhalten. Sie konnten das alles nachvollziehen.
Aus dem Grund freue ich mich sehr, dass die CDU, auch wenn sie sich in der Presse eigentlich negativ geäußert hat, das nicht aufrechterhält, dass Sie Ihre Meinung geändert haben und ein wenig, ich sage einmal, nach vorn gegangen sind.
Ich würde mich freuen, Frau Steiner, wenn die FDP in Bremen – genauso wie DIE LINKE und wir als Koalition – mit uns gemeinsam ein solches Zeichen in die Gesellschaft senden würden, dass die Debatte angestoßen wird, damit wir junge Menschen nicht verlieren, sondern hier für die Gesellschaft gewinnen, und deswegen werbe ich darum, unterstützen Sie unseren Antrag! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Steiner! Es geht ja um zwei unterschiedliche Sachverhalte. Es gibt Fälle, in denen das AGG zwar greift, in denen es aber total schwierig ist, es umzusetzen. Deshalb nehmen wesentlich weniger Leute das AGG in Anspruch, als es damals, vor elf oder zwölf Jahren, im Gesetzgebungsverfahren der Gesetzgeber und alle, die daran beteiligt waren, gedacht haben.
Ich gebe Ihnen einmal ein einfaches Beispiel. Ein Freund von mir, der arabische Eltern hat – aus welchem Land, ist jetzt völlig unerheblich – hat ein juristisches Staatsexamen und bewirbt sich auf diverse Stellen. Er bekommt bei jedem Bewerbungsgespräch ungefähr folgende Sätze zu hören: „Woher kommen Sie denn?“ – „Aus Deutschland.“ – „Ja, das meine ich nicht. Wo sind Sie denn geboren?“ – „In Siegen.“ – „Ja, das meine ich nicht.“ – Das erfüllt eigentlich schon den Straftatbestand der Verletzung der Diskriminierungsfreiheit, und damit würde das AGG greifen. Natürlich kann er sich bei jedem Bewerbungsgespräch überlegen, zum Anwalt zu gehen beziehungsweise sich selbst anwaltlich zu vertreten und so ein Verfahren aufzunehmen. Das Problem ist bloß – darauf hat Herr Yazici eben richtigerweise hingewiesen –, es geht um die Beweislast und um die Frage, ob es einem in den folgenden Bewerbungsverfahren nutzt, wenn die Arbeitgeber vielleicht wissen, dass das einfach einmal versucht wurde.
Deswegen wirkt dieses AGG oft nicht. Sie müssen sich einmal vor Augen führen, der grundsätzliche Unterschied zu dem, was die Koalition jetzt hier vorgelegt hat, ist einfach, dass es kein individueller Anspruch mehr ist, den ich persönlich geltend machen muss. Das ist der Unterschied: Ich kann mich beschweren. Ich kann dem Stadtamt melden: Da ist es zu rassistischer, homophober oder behindertenfeindlicher Diskriminierung gekommen, gehen Sie der Sache einmal nach! Natürlich kehrt das nicht die Beweislast um, das stimmt, aber vielleicht setzt es schlicht und ergreifend ein Zeichen für die Diskothekenbetreiber, die das ganz bewusst machen. Sie lassen eben nicht alle feierwütigen Leute ein, das tun sie eben gerade nicht! Wenn Sie irgendwelche Menschen kennen, die
die falsche Hautfarbe oder irgendwie das falsche Herkunftsland haben und immer wieder abgewiesen werden, die sich sogar noch anhören müssen: „Ja, die braune Stute, die lassen wir rein, aber euch doch nicht.“ So etwas läuft in Bremen an der Discomeile.
Vielleicht hilft dieses Gesetz, diesbezüglich zu sensibilisieren, weil Leute das zur Anzeige bringen, weil sie nicht mehr selbst einen Anwalt aufsuchen müssen, weil sie kein Verfahren in Kauf nehmen müssen, bei dem im Zweifel Aussage gegen Aussage steht und das sie mit Kosten belastet, sondern sie können diese Vorfälle dem Stadtamt zur Kenntnis bringen. Das Stadtamt reagiert dann vielleicht auch einmal, wenn es bei irgendeiner Gaststätte oder bei irgendeiner Disco häufiger vorkommt, indem da einmal genauer hingesehen wird. Dann hat das Gesetz auch schon mehr als eine symbolische Wirkung entfaltet. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte hier dreht sich um die Frage der Wirksamkeit von Gesetzen. Das ist der Kernpunkt. Ich habe schon häufiger die Erfahrung gemacht, dass Gesetze mitunter der sozialen Durchsetzung bedürfen, dass sie nicht von alleine wirken, nicht als Gesetzesbefehl. Das beste Beispiel dafür ist das Mindestlohngesetz. Das Mindestlohngesetz hat einen Maßstab gesetzt. Wir haben gemerkt, aus allen möglichen Bereichen erhalten wir Nachrichten, dass es nicht eingehalten wird, und dann kommt ein sozialer Durchsetzungsprozess in Gang, der sich auf den Weg macht und am Schluss diesen Maßstab durchsetzt. Das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt.
Die Frage ist, ob man sich auf den Weg macht. Hier geht es jetzt – das haben Sie sehr ausführlich erläutert, das will ich nicht noch einmal wiederholen – um das Verhältnis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu einem solchen Ordnungswidrigkeitentatbestand. Das sind ganz verschiedene Sachen. In dem einen Fall muss ich selbst klagen und habe auch die Beweislast am Hals. Ich muss selber einen Prozess führen mit allen Risiken.
Bei dem Ordnungswidrigkeitentatbestand, den wir jetzt schaffen, passiert etwas ganz anderes. Da ist es nämlich so, dass eine Ordnungswidrigkeit beim Stadtamt angezeigt wird. Das Stadtamt schickt einen Anhörungsbogen an den Gaststättenbesitzer oder Diskothekenbesitzer, und darin steht, dass es zu einer Diskriminierung gekommen sein soll und die Möglichkeit besteht, sich dazu zu äußern. Das ist etwas ganz
anderes. Derjenige, der das anzeigt, hat diese Last nicht, und derjenige, der die Gaststätte betreibt, hat sich in einer Anhörung zu äußern.