Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen vielleicht noch einmal am Anfang klären, worüber wir hier heute reden. Wir reden hier heute über zwei Berichte, die dem Stabilitätsrat zum 15. September auf der damaligen Datengrundlage vorzulegen sind – Datengrundlage bedeutet auf der Grundlage der Mai-Steuerschätzung und der Plandaten für den Haushalt – und inwieweit das mit den Ist-Daten zum 15. September 2015 übereinstimmt.
Insofern ist der Bericht auch nicht falsch, sondern er gibt das wieder, was zum 15. September erkennbar war. Klar ist, dass der nächste Bericht, der im Frühjahr nächsten Jahres vorgelegt werden muss, die von Ihnen beschriebenen Risiken und den Weg, wie den Risiken mit dem neuen Haushalt begegnet werden soll, aufzeigen muss. Das konnte aber nicht Gegenstand dieses Berichtes sein, genauso wie der Nachtragshaushalt auch noch nicht Gegenstand dieses Berichtes sein konnte. Insofern finde ich die Debatte ein bisschen schwierig. Ich habe sie von Anfang an als schwierig empfunden, denn wer die Berichte vorher gelesen hat, wusste, dass es um eine Berichterstattung an den Stabilitätsrat mit Stand vom 15. September geht, und wusste, dass die Annahmen, die wir bisher hatten, was
die finanzielle Belastung angeht, insbesondere in der Flüchtlingsfrage, schon längst von der Realität überrollt worden sind.
Eigentlich ist die Debatte über diesen Bericht meines Erachtens wenig hilfreich und wenig zielführend. Die Debatte, die hier ja auch versucht wird und die geführt werden muss, ist vielmehr, wie wir diesen Problemen, die wir jetzt erkannt haben, zu begegnen haben. Das aber, selbst wenn das nicht gern gehört wird, ist Gegenstand der Haushaltsberatungen beziehungsweise der Beratung über den Nachtragshaushalt.
Ich will trotzdem zu den beiden Berichten noch einiges sagen. Der Stabilitätsbericht weist anhand der Kennzahlen Kreditfinanzierungsquote, Zinssteuerquote, struktureller Finanzierungssaldo je Einwohner und Schuldenstand je Einwohner das aus, was er untersuchen soll, nämlich ob Bremen nach wie vor eine Haushaltsnotlage droht. Das ist so, das weist der Bericht nach. Mehr soll der Bericht gar nicht leisten. Das ist die Berichtspflicht, die erfüllt werden muss.
Gleichzeitig weist der Bericht aber auch aus, dass Bremen im bisherigen Sanierungszeitraum die Kennzahlen kontinuierlich verbessert hat. Er weist zum anderen aus, dass die Kreditaufnahme unter Einbeziehung der Konsolidierungshilfen die veranschlagten Investitionsausgaben nicht überstiegen hat. Damit ist nach langer Zeit die von der Landesverfassung festgelegte Regelgrenze für die Kreditaufnahme eingehalten. Das war wahrlich nicht immer so. Das zeigt auch, dass der eingeschlagene Weg, wie wir ihn bis zum 15. September dieses Jahres belegen können, der richtige ist und die vielfältigen Maßnahmen Wirkung zeigen.
Die vielfältigen Maßnahmen finden Sie im Sanierungsbericht. Im Sanierungsbericht wird deutlich, dass Bremen bis heute aus eigener Kraft 260 Millionen Euro eingespart hat. Diese Summe wird sich – Frau Dr. Schierenbeck hat darauf hingewiesen – bis zum Ende des Sanierungszeitraumes auf ungefähr 850 Millionen Euro erhöhen. Das bedeutet, dass Bremen selbst, wie von Bund und Geberländern gefordert, einen maßgeblichen Beitrag zum Abbau des strukturellen Defizits leistet. Das besagt der Sanierungsbericht. Es wird also nachgewiesen, dass wir den Sanierungspfad einhalten. Das ist im Übrigen auch der Grund, weshalb wir die 300 Millionen weiterhin bekommen. Verschwiegen wird allerdings auch nicht – das will ich auch deutlich sagen –, dass es immer schwieriger wird, diesen Weg zu gehen, und dass es immer schwieriger wird, die gleichwertigen Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland zu garantieren. Das ist etwas, was uns in den nächsten Jahren, glaube ich, zunehmend begleiten wird.
Für mich sind die Zahlen, die uns hier heute vorliegen, eine Momentaufnahme, und zwar – lassen Sie mich das deutlich sagen! – eine überholte Momentaufnahme. Es wird jetzt darauf ankommen, aus der
aktuellen Situation die Konsequenzen zu ziehen. Eines möchte ich allerdings auch noch einmal betonen: Wenn wir in der Vergangenheit nicht so restriktiv mit der Inanspruchnahme des maximalen Kreditrahmens umgegangen wären, würden wir in diesem Jahr schon heute der politischen Handlungsfähigkeit verlustig gehen. Insofern war es richtig, sich zurückhaltend zu verhalten. Die Rücklagen waren notwendig. Wir werden sie brauchen. Insofern ist das auch ein Beleg dafür, dass wir insgesamt eine solide Finanzpolitik betreiben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Linnert! Wir sollen uns hier über das Sanierungsprogramm und den Stabilitätsbericht des Senats unterhalten. Angesichts der von Ihnen, Frau Linnert, vorgelegten Eckwerte bin ich geneigt zu fragen: Welches Sanierungsprogramm? Dazu kommen die von Herrn Rupp angesprochenen – ich nenne sie mal so – Unschärfen im Bericht. Frau Dr. Schierenbeck hat auch schon darauf hingewiesen: Kaum eine Woche nach der Vorlage des Sanierungsprogramms und des Stabilitätsberichtes haben Sie die Eckwerte vorgelegt, die genau das Gegenteil von Sanierung und Stabilität sind.
Die von Ihnen vorgelegten Zahlen zeigen nichts anderes als Ihre Disziplinlosigkeit – wir haben es mehrfach angesprochen – bei den Ausgaben. Entgegen allen Beteuerungen werden Sie die Neuverschuldungsgrenze ab 2018 nicht einhalten. Sie haben ein Ausgabenproblem. Das mit der schwarz-gelben Bundesregierung vereinbarte Konsolidierungsprogramm werden Sie ab 2018 brechen, und dann werden Sie keine Konsolidierungshilfen mehr erhalten, und wenn es so kommt, werden die enormen Zinslasten und die Probleme in der Haushaltspolitik auf Ihr Konto gehen, Frau Linnert.
Das gilt auch für den Nachtragshaushalt, den Sie uns für dieses Jahr noch schuldig sind. Der Abstand zur Neuverschuldungsobergrenze wird schon dieses Jahr dramatisch kleiner. Grund hierfür sind übrigens unter anderem steigende Personalkosten und Sozialausgaben, die nichts mit den Flüchtlingen zu tun haben, also verstecken Sie sich bitte nicht hinter der Flüchtlingsproblematik!
Etwas Interessantes ist mir im Bericht Ihrer Kollegin Frau Stahmann zum Halbjahrescontrolling aufgefallen. Dort steht in Anlage 4 auf Seite 71: „Die bereits bestehende Differenz zwischen Finanzplanung und
realer Entwicklung ist nicht mehr vertret- oder erklärbar.“ Frau Linnert, das klingt für mich so, als ob Ihre Ressorts Ihre Planung nicht mehr ernst nehmen.
Die Signale, die Sie mit diesem Stabilitätsbericht und den Eckwerten an die anderen Länder und den Bund senden, sind fatal, gerade weil wir alle wissen, wie sehr die Zinsen im Haushalt drücken. Mit Ihrer Disziplinlosigkeit bei den Ausgaben setzen Sie die Unterstützung des Bundes bei den Zinszahlungen aufs Spiel. Mit Ihrer Schuldenmacherei gefährden Sie langfristig auch die Eigenständigkeit Bremens. Wir Freie Demokraten haben in der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen: Anstatt mit soliden Finanzen zu punkten und in einer starken Position bei den Verhandlungen beim Bund-Länder-Finanzausgleich anzutreten, setzen Sie auf das Prinzip Hoffnung: Irgendwer wird schon bezahlen.
Frau Linnert, ein bisschen Haushalt macht sich eben nicht von allein. Sie müssen das Ausgabenproblem lösen. Wir Freie Demokraten setzen darauf, Bremen als Wirtschaftsstandort attraktiv zu machen. Auf Wachstum zu setzen, das schafft langfristig Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Eines kann ich Ihnen schon sagen, mit der Erhöhung der Hundesteuer wird es Ihnen nicht gelingen.
Frau Bürgermeisterin Linnert, machen Sie Ihre Hausaufgaben, sonst können Sie in der Frage der Altschuldenregelung ebenfalls kein Entgegenkommen der anderen Länder erwarten.
Aus unserer Sicht zeigen die Berichte zum Stabilitätspakt und die vorgelegten Eckwerte zwei Dinge: Ihre Finanzpolitik schadet Bremen, sie ist damit aus Sicht der FDP gescheitert. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht das alles wiederholen, was entweder schon heute Morgen debattiert oder gerade eben von dem einen oder anderen Kollegen gesagt wurde.
Ich möchte mich zunächst einmal bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung ganz herzlich für diesen Bericht bedanken! Er ist eine Basis zur weiteren Diskussion, aber es ist nicht mehr die aktuellste Basis, das wissen wir alle.
Insofern bin ich sehr gespannt, den Kollegen Max Liess hier zu hören – er baut ja jetzt schon seit mehreren Sitzungen den Spannungsbogen zu seiner Rede
auf –, wenn der Nachtragshaushalt hier vorliegen wird, weil er sagt, es wird schon werden, wir werden über den Nachtragshaushalt sprechen. Das ist sehr geschickt, vom Aufbau her muss es eine meisterhafte Rede werden, Herr Kollege Liess,
die Sie dann halten und in der Sie darüber informieren werden, wie Sie mit all den Problemen, die in diesem Nachtragshaushalt gelöst werden müssen, umgehen.
Ich glaube, wenn man sich den Bericht anschaut, so gibt es viele Anhaltspunkte, die auch ein bisschen ein Maßstab für die nächsten Jahre sein können. Ich habe mir drei, vier Punkte herausgesucht, über die ich ganz gern noch einmal diskutieren würde.
Das eine ist der Bereich der Modernisierung der Verwaltung. Ich denke, eines ist unbestritten: Wenn wir im Personalbereich einsparen wollen – und wir hören hier ja in jeder Bürgerschaftssitzung mindestens zwei oder drei Debatten, bei denen fachpolitische Sprecher sagen, in meinem Bereich geht das eigentlich gar nicht mehr –, dann müssen wir sicherlich weiter in die Technik investieren. Dazu sind hier einige Angaben gemacht worden; man muss sich allerdings fragen, ob tatsächlich bisher die Maßnahmen ausreichend umgesetzt wurden, um im öffentlichen Dienst wirklich eine moderne oder modernste Verwaltungsstruktur zu haben.
Wenn ich mir die jüngsten Berichte in den letzten Monaten über beispielsweise das Stadtamt und das BürgerServiceCenter ansehe, gibt es, glaube ich, an der einen oder anderen Stelle einen Nachholbedarf, auch in den Bereichen moderne Technik und Strategie.
Des Weiteren muss man sich natürlich auch fragen, ob das gewollt ist. In dem Fall muss ich dann auch die notwendigen Investitionsmittel zur Verfügung stellen. In diesem Bereich ist auf einen Umbau hingewiesen worden, 50 Millionen Euro sind investiert. Wenn man jedoch in den entsprechenden Controllingberichten nachschaut und feststellt, dass da bis zum Jahr 2020 nur 67 Millionen Euro eingespart werden, so ist dies sicherlich ein Bereich, der – und das ist schon wohlwollend gerechnet – noch zu verbessern ist, und die Quote wird in Zukunft sicher nicht ausreichen.
Das zweite in dem Bericht angesprochene Thema berührt die Frage, was uns jeder zusätzliche Einwohner bringt. 4 900 Euro sind dort noch einmal aufgeführt, und das zeigt, welche Anstrengungen wir auch tatsächlich unternehmen müssen, um weiter eine wachsende Stadt zu werden. Diese Angelegenheit hat auch
Dazu gehört aus meiner Sicht eine entsprechende Wohnungsbaupolitik, sowohl im Bereich der Flächenpolitik als natürlich auch im Bereich der Nutzung von verfügbaren städtischen Instrumenten, wie zum Beispiel die GEWOBA. Da, glaube ich, können wir uns deutlich steigern und verbessern, insofern ist das ein ganz wichtiger Punkt, der hier noch einmal zentral herausgearbeitet wurde.
Einen dritten wichtigen Aspekt bilden selbstverständlich die Positionen der Ausgaben; da bezieht sich ein Teil, nämlich ungefähr zwei Drittel, auf die aktuelle Flüchtlingspolitik. Dazu will ich zwei kurze Bemerkungen machen. Die erste Bemerkung ist, Frau Dr. Schierenbeck, auf der einen Seite kritisieren Sie die niedrige Beteiligung des Bundes. Wenn ich dann aber gestern die Berichte über Ihre Landesmitgliederversammlung lese, so habe ich nicht den Eindruck, dass Sie irgendwie gesagt haben, jawohl, der Bund muss sich höher beteiligen, und deshalb stimmen wir einem Asylkompromiss auch zu.
Natürlich muss der Bund sich entsprechend höher beteiligen, aber – weil dies etwas mit Geben und Nehmen zu tun hat – dann erwarte ich vom Bremer Senat auch, dass er dem Asylkompromiss zustimmt, und ich bin sehr gespannt, wie Herr Bürgermeister Dr. Sieling sich im Bundesrat dazu verhalten wird.
Eine weitere Bemerkung zu den Ausgaben! Zwei Drittel – so kann man es auch in den aktuellen Controllingberichten nachlesen – beziehen sich auf die Flüchtlingsproblematik, aber ein Drittel der gestiegenen Ausgaben hat andere Ursachen. Herr Kollege Rupp hat darauf kurz in seiner Rede hingewiesen, und ich denke, wir müssen uns darüber unterhalten, woher das kommt. Wir müssen sehr genau untersuchen, welche Ursprünge und Gründe es gibt, denn eines ist klar: Auch dieses eine Drittel der steigenden Kosten werden wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können.
Eine letzte Anmerkung – weil es dort auch so schön erwähnt wird und wir in dieser Woche bereits darüber gesprochen haben – zur Frage des Verlustausgleichs der BSAG! Im Sanierungsbericht steht explizit, dass der Kontrakt eine Basis für die weitere Entwicklung ist und dieser Kontrakt nur eingehalten werden kann, wenn zum einen weitere Strecken ausgebaut werden und zum anderen auch die entsprechenden Fahrzeuge zur Verfügung stehen –
ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident! –, ich bin daher sehr gespannt, welche Beschlüsse der Senat in den nächsten Wochen zu dieser Thematik fällen wird. Wir werden den Weg weiter kritisch begleiten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!