Protokoll der Sitzung vom 23.02.2022

In der Stadtgemeinde Bremen wurden 2018 1 525, 2019 2 003, 2020 2 281 und 2021 4 056 Einbürgerungsanträge gestellt. In der Stadtgemeinde Bremerhaven wurden 2018 227, 2019 241, 2020 267 und 2021 836 Anträge gestellt.

Die Antragszahlen der Stadtgemeinde Bremen sind in den Jahren 2019 und 2020 im Vergleich zu den Vorjahren stetig angewachsen. Zum Vergleich: Im Jahre 2014 gab es bei der Stadtgemeinde Bremen 1 408 und in 2018 insgesamt 1 525 Anträge.

Im Jahre 2021 sind die Antragszahlen exorbitant auf 4 056 in der Stadtgemeinde Bremen gestiegen,

obwohl der aktive Teil der auf drei Jahre angelegten und am 1. Dezember 2018 gestarteten Einbürgerungskampagne der Stadtgemeinde Bremen, nämlich das Versenden der Anschreiben, im Frühjahr 2020 aufgrund der Pandemie eingestellt worden ist. Hiervon unberührt ist die über den Bremer Rat für Integration organisierte Erstberatung und Beratung durch die sogenannten Einbürgerungslots:innen, die bis zuletzt fortgesetzt wurde, wenn auch in einem eingeschränkten Rahmen. Aus der massiv steigenden Zahl der Einbürgerungsanträge lässt sich der große Erfolg der Kampagne ablesen.

Einbürgerungsanträge werden grundsätzlich nach Eingangsdatum bearbeitet. Ihre Bearbeitung kann sich je nach Einzelfall über einen kurzen Zeitraum von wenigen Wochen, aber auch über mehrere Monate oder sogar mehrere Jahre erstrecken, weil Einbürgerungsbewerber:innen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen, Betroffene beispielsweise noch nicht über die erforderliche Aufenthaltsdauer im Inland verfügen, die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse noch nicht nachgewiesen wurden, der Einbürgerung eine noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilung entgegensteht oder vor der Einbürgerung zunächst die aufwendige Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit herbeigeführt werden muss. Es gibt keine Statistik, die verlässlich Auskunft geben kann, wie lang ein Einbürgerungsverfahren jeweils gedauert hat. Die konkrete Frage, wie viele Anträge aus dem maßgeblichen Zeitraum der Einbürgerungskampagne bereits entschieden worden sind, kann daher nicht beantwortet werden.

Anders sieht dies jedoch bei den tatsächlichen Einbürgerungszahlen für diesen Zeitraum aus. In der Stadtgemeinde Bremen sind 2018 1 462, 2019 1 545, 2020 1 378 und im Jahr 2021 1 603 Personen eingebürgert worden. Die Zahlen für die Monate Dezember 2018 und Januar 2022 sind in der Anlage aufgeführt.

In der Stadtgemeinde Bremerhaven wurden in 2018 180, 2019 244, 2020 220 und 2021 423 Personen eingebürgert. Von der Stadtgemeinde Bremerhaven konnten für die Monate Dezember 2018 und Januar 2022 keine Einbürgerungszahlen angegeben werden.

In der Stadtgemeinde Bremen sind mit Stand vom 1. Februar 2022 ungefähr 5 300 Einbürgerungsverfahren anhängig beziehungsweise noch nicht abgeschlossen. In der Stadtgemeinde Bremerhaven

sind mit Stand 31. Dezember 2021 circa 504 Einbürgerungsverfahren anhängig beziehungsweise noch nicht abgeschlossen.

Zu Frage 2: Die Gründe, weshalb ein Einbürgerungsverfahren nicht zeitnah abgeschlossen werden kann, können zum einen in dem Verantwortungsbereich des Antragstellenden liegen, siehe Antwort zu Frage 1. Zum anderen führt die erhebliche Zunahme der Anträge zu einer steigenden Bearbeitungsdauer.

Auch in den folgenden Jahren ist mit einer weiteren Zunahme der Anträge zu rechnen. Dies liegt an der anhaltenden generellen Einbürgerungsbereitschaft in der Bevölkerung sowie der Tatsache, dass weiterhin und zunehmend die Gruppe der Syrer:innen die Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllen. Zudem sieht der Koalitionsvertrag der Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf Bundesebene eine Liberalisierung des Einbürgerungs- und Staatsangehörigkeitsrechts vor.

Zwischen der Antragstellung nach vorheriger Erstberatung mit Prüfung des Vorliegens der Grundvoraussetzungen anhand vorgelegter Unterlagen und der Endbearbeitung eines Einbürgerungsantrages inklusive Beteiligung der weiteren Behörden im Migrationsamt Bremen vergehen derzeit etwa 14 Monate.

Dieser Umstand ist auch darin begründet, dass die persönlichen Vorsprachen coronabedingt vorübergehend ausgesetzt werden mussten. In den Haushaltsberatungen der Stadtbürgerschaft 2022/23 wurde dieser Situation bereits durch zwei zusätzliche Stellen Rechnung getragen. Zur weiteren Stabilisierung des Bereichs Einbürgerung wird derzeit ein Konzept unter Einbezug der Coronasituation entwickelt.

Zu Frage 3: Das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft bedeutet für die Antragsstellenden, dass sie wichtige politische Teilhaberechte wie das aktive und passive Wahlrecht erhalten und Einschränkungen der beruflichen Möglichkeiten aufgehoben werden. Diese Aspekte sind von entscheidender Bedeutung für eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe und damit für einen gelingenden Integrationsprozess.

Insofern haben nicht abgeschlossene Einbürgerungen negative Auswirkungen auf den weiteren Integrationsverlauf. Die Antragsstellung ist mit persönlichen Hoffnungen auf politische und gesellschaftliche Teilhabe und mit Mühen verbunden.

Erfolgt auf den Antrag lange keine Rückmeldung, wirkt das auf einer persönlichen Ebene demotivierend. In gleicher Weise ist es für das Gemeinwesen problematisch, wenn Menschen politische Teilhaberechte wegen langer Bearbeitungszeiten ihrer Anträge nicht wahrnehmen können.

Die Zielsetzung der neuen Bundesregierung, Einbürgerungen einfacher und schneller zu gestalten, wird vom Senat nachdrücklich begrüßt. Bremen hat zuletzt selbst einen Vorschlag zur Ausweitung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt eingebracht, der auch im Koalitionsvertrag Niederschlag gefunden hat. Ich bitte um Verständnis für die lange Antwort. – So weit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung. Ich habe noch eine weitere Frage: Bedeutet die Antwort, dass die Werbekampagne jetzt eingestellt werden muss, weil man mit der Bearbeitung nicht hinterherkommt? Habe ich Sie richtig verstanden?

Es wäre unredlich, etwas zu bewerben, was wir nicht in angemessener Zeit bewerkstelligen können, deshalb haben wir das Interesse, die Prozesse jetzt noch einmal genau zu überprüfen und mit dem Finanzressort eine Lösung zu finden, nachdem wir schon Unterstützung von Ihnen als Stadtbürgerschaft bekommen haben. Jetzt ein Werbeschreiben aufzulegen, wäre bei einer Wartezeit von 14 Monaten unredlich.

Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Frage? – Bitte sehr!

Die Ampelkoalition hat auf Bundesebene Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht angekündigt. Ist das Migrationsamt auf die damit zu erwartende Anzahl von Fällen eingestellt beziehungsweise wird dies vorbereitet?

Frau Abgeordnete, die Bundesregierung arbeitet bestimmt in vielen Bereichen zügig, aber ich glaube nicht, dass das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, bevor wir unsere Behörde wieder ertüchtigt haben, dann eine noch weiter gestiegene Nachfrage beherrschen zu können.

Eine weitere Nachfrage der Abgeordneten Birgitt Pfeiffer. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Staatsrat, für die ausführliche Antwort. Sie haben detailliert nachgezeichnet, welche Gründe für diese lange Bearbeitungszeit sprechen. Wie ist das, wenn jemand einen Einbürgerungsantrag stellt? Bekommt sie oder er dann eine Eingangsbestätigung? Was steht darin? Wie ist das Prozedere, damit die betreffende Person zumindest weiß, was auf sie zukommt?

Es gibt dieses Eingangsschreiben, das ist aus meiner Sicht auch recht sensibel formuliert. Wenn man aber einen Brief bekommt, in dem steht, man muss 14 Monate warten: Das kann man noch so sensibel schreiben, das ist einfach schwierig.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ja, eine kurze. Sie haben gesagt, Sie sind im Austausch mit dem Senator für Finanzen, um eine Lösung zu finden. Haben Sie eine Perspektive, wie lang es noch dauern könnte, bis eine Lösung gefunden ist?

Wir zielen auf den Bremen-Fonds ab. Das wird bei abklingender Pandemie immer schwieriger, aber wir schauen in die Vergangenheit, und es gab keine Möglichkeit, im Migrationsamt persönlich vorzusprechen. Das ist unsere Begründung, und wir hoffen, dass wir damit, obwohl wir schon zwei bekommen haben, noch eine Handvoll Stellen generieren können.

Herr Staatsrat, eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Cindi Tuncel. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Herr Staatsrat, Sie haben jetzt aufgezählt, wie viele eingebürgert worden sind. Können Sie auch sagen, wie viele Einbürgerungsanträge abgelehnt worden sind?

Das kann ich Ihnen nicht sagen, Verzeihung.

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, Sie haben gesagt, dass die Anträge, wenn sie bearbeitet werden, ein paar Wochen dauern, manche aber auch Jahre. Gibt es eine Übersicht, wie schnell die Anträge, bei denen alles vorliegt, bearbeitet werden? Kann es auch drei bis vier Jahre dauern, bevor die eine Antwort bekommen?

In äußersten Fällen kann sich das so lange hinziehen. Sie hatten in einer Kleinen Anfrage nach möglichen Sicherheitsbefragungen von Einbürgerungskandidaten gefragt. Wenn Befragungen sehr intensiv erfolgen und Kandidaten womöglich nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie sich unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet fühlen, kann sich das sehr lange hinziehen.

Herr Abgeordneter, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine letzte Frage. Herr Staatsrat, bei wie vielen Anträge, die abgelehnt worden sind, gibt es Widerspruch, auch gerichtlich? Können Sie dazu etwas sagen?

Auch dies kann ich Ihnen nicht sagen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. – Ich bedanke mich für die Beantwortung.

Anfrage 10: Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan Anfrage der Abgeordneten Maja Tegeler, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE vom 27. Januar 2022

Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Wir fragen den Senat:

1. Welche Fortschritte oder Ergebnisse sind dem Senat hinsichtlich eines Bundesaufnahme- sowie Resettlementprogramms für besonders schutzbedürftige Gruppen aus Afghanistan bekannt?

2. Wie steht der Senat zur Forderung vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, dem Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e. V., dem Christopher Street Day Bremen und Trans Recht

e.V., 500 Afghan:innen mit LGBTIQ-Hintergrund in Bremen aufzunehmen?

3. Welche Möglichkeiten gibt es nach Ansicht des Senats für die Aufnahme der Lebensgefährt:innen von schwulen und lesbischen Geflüchteten aus Afghanistan im Rahmen des Nachzugs von Familienangehörigen über Landes- oder Bundesaufnahme beziehungsweise Familienzusammenführungen – unter Berücksichtigung des Fakts, dass gleichgeschlechtliche Eheschließungen in Afghanistan nicht möglich sind?

Die Anfrage wird beantwortet durch Staatsrat Bull.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Insgesamt hat die Bundesregierung mit Stand vom 24. Januar 2022 circa 20 600 Aufnahmezusagen für Ortskräfte und circa 8 000 besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen einschließlich ihrer Familien erteilt. Eingereist sind davon bisher 6 825 Ortskräfte und 1 879 gefährdete Afghaninnen und Afghanen mit ihren Familienangehörigen. Die Aufnahmen erfolgen im Rahmen von § 22 Aufenthaltsgesetz als Einzelaufnahmen. Es handelt sich also nicht um ein Resettlementprogramm, das sich an schutzbedürftige Flüchtlinge richtet, die ihr Heimatland verlassen haben und in einem Erstaufnahmeland leben. Nach Abschluss der Aufnahme der Ortskräfte und der besonders gefährdeten Personen plant die Bundesregierung ein weiteres Aufnahmeprogramm. Näheres ist dazu allerdings noch nicht bekannt.

Die Organisation der Aufnahmen bindet vor Ort und in Deutschland erhebliche Ressourcen und ist mit großen Herausforderungen verbunden, insbesondere aufgrund der Überlastung der deutschen Auslandsvertretungen. So müssen zum Beispiel die Einreisen von mehreren hundert Personen pro Woche mit den Aufnahmekapazitäten der Länder abgeglichen werden, die kaum noch Spielraum haben und häufig auf Grund von Quarantänemaßnahmen wegen COVID- oder Masernerkrankungen die wenigen freien Plätze nicht nutzen können. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Bereitschaft der afghanischen Seite und der Transitländer zur Zusammenarbeit.

Unabhängig davon darf nach Auffassung des Senats das Schicksal anderer schutzbedürftiger Af