Dieses Gesetz ist eine konsequente Fortsetzung. Es ist eine kontraproduktive hochschulpolitische Weichenstellung. Es führt zu einer weiteren finanziellen Austrocknung des Hochschultyps Fachhochschule. Wir haben das an vielen Punkten diskutiert. Es ist durchaus auch ein Widerspruch, dass Sie auf der einen Seite an den Fachhochschulen den Zugang auch für Nichtabiturienten öffnen wollen und dass Sie auf der anderen Seite an den Berufsakademien wieder eine Eingrenzung machen, dass dort nur Abiturienten den Zugang finden sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,das können Sie niemandem erklären, zumindest niemandem von den jungen Leuten aus der Besuchergruppe, mit der wir heute Morgen gesprochen haben und die sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein letztes Argument. Es geht immer auch um die Qualitätsfrage. In einer der Stellungnahmen heißt es zur Frage der Qualität an den Berufsakademien:
das ist ein nicht völlig unwichtiges Gremium; in anderen Zusammenhängen hat sich die Landesregierung sehr intensiv vom Wissenschaftsrat beraten lassen; nehmen Sie auch hier einmal den Rat des Wissenschaftsrats an –
hat bei den Berufsakademien Mängel an der fachwissenschaftlichen Fundierung festgestellt, die insbesondere auch durch grundsätzliche strukturelle Probleme (Infrastruktur, Personal, Forschungsbe- reitschaft) begründet sind.
Mit den jetzt getroffenen Regelungen verfestigen und perpetuieren Sie diesen Zustand und diese Kritik an Berufsakademien. Sie machen es nicht besser, sondern Sie machen es mit diesem Gesetz noch schlechter.
Eine letzte Bemerkung zu den Alternativen. In der Stellungnahme von Herrn Prof. Danne, der in der Anhörung als unabhängiger Gutachter aufgetreten ist, ist eine Empfehlung gegeben, die da heißt:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Empfehlung sollten wir im Parlament folgen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Siebel. – Frau Kollegin Sorge, Sie haben die Möglichkeit, die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu erläutern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Klein, an unserer grundsätzlichen Ablehnung Ihres Gesetzes hat auch Ihr eingebrachter Änderungsantrag nichts geändert, ganz im Gegenteil. Denn dieser Antrag verschlimmert das Gesetz noch. Die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Hochschullandschaft sind absehbar: Die Qualität der akademischen Ausbildung wird deutlich sinken. Während die öffentlichen Hochschulen jeden Cent fünfmal umdrehen müssen, wollen Sie den privaten Berufsakademien auch noch Mittel aus dem Landeshaushalt zukommen lassen.Dies ist eine Kriegserklärung an die öffentlichen Hochschulen, insbesondere an die Fachhochschulen.
Ich bin wirklich gespannt, wie Sie das den Hochschulen bei der nächsten Kürzungsrunde erklären wollen.
Die Berufsakademien finanzieren sich größtenteils durch Gebühren von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser ausbilden lassen wollen. Das ist per se eine gute Sache. Die Arbeitgeber haben einen Vorteil, wenn ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine bessere Ausbildung bekommen. Wozu muss die öffentliche Hand aber privaten Unternehmen die Fortbildung ihrer Angestellten bezahlen? Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie jetzt sagen, dass Sie die Unternehmen von den Kosten der Fortbildung entlasten wollen, und das vor allem auf Kosten der Fachhochschulen.
Die Berufsakademien werden gegenüber den Fachhochschulen deutlich bevorzugt. Nicht nur, dass sie ohne Genehmigung des Ministeriums neue Studiengänge akkreditieren können, sie werden auch durch die Bestimmungen zur Einstellung von Dozentinnen und Dozenten gegenüber den Fachhochschulen besser gestellt. So müssen die Berufsakademien nur 40 % hauptamtlich Lehrende einstellen. Die Berufsakademien können sich beim Personal mit lukrativen Lehrverträgen die Rosinen herauspicken, während die Fachhochschulen langfristige und teure Verträge schließen müssen. Dies ist wirklich keine Chancengleichheit.
Der eigentliche Skandal dieses Gesetzes ist aber, dass der Hochschulabschluss der Fachhochschulen entwertet wird. In Ihrem ersten Entwurf war noch die Rede davon, dass der Bachelor der Berufsakademien berufsrechtlich dem der Fachhochschulen gleichgestellt werden soll. Mit Ihrem Änderungsantrag gehen Sie noch weiter. Auf einmal soll der Bachelor der Berufsakademien auch noch hochschulrechtlich gleichgestellt werden.Warum, frage ich Sie, soll man noch einen Studiengang einer Fachhochschule absolvieren, wenn man viel einfacher den gleichgestellten Bachelor an der Berufsakademie bekommen kann?
Dafür bedanke ich mich, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren, damit erweisen Sie der Hochschullandschaft in Hessen wirklich einen Bärendienst. Ich sage es immer wieder gerne:Wir brauchen mehr Studierende in Hessen. Wir brauchen aber auch gut ausgebildete Absolventinnen und Absolventen. Die Berufsakademien erfüllen diese Anforderungen nur zum Teil; denn sie sind eine Ergänzung der Ausbildung im tertiären Bereich, neben den Hochschulen, und sie bieten explizit keine wissenschaftliche Ausbildung.
Genau hier liegt der große Unterschied,ob Sie nämlich an einer Hochschule studieren, die wissenschaftliche Forschung betreibt, oder nicht. Die Dualität zwischen Forschung und Lehre soll mit diesem Gesetz aufgebrochen werden. Eine der großen Stärken des deutschen Hochschulsystems ist aber, dass Studierende umgehend in neue
Entwicklungen in der Forschung eingebunden werden. Die Berufsakademien können dies nicht einmal im Ansatz leisten. Deshalb ist es absurd, Fachhochschulen mit den Berufsakademien gleichzustellen.
Herr Corts, das einzige Motiv, von dem man sich vorstellen kann, dass es Sie umtreibt, Absolventinnen und Absolventen der Berufsakademien mit denen der Fachhochschulen gleichzusetzen, ist ein billiger statistischer Trick, um schnell und günstig zu höheren Studierendenzahlen zu kommen.
Meine Damen und Herren, wir werden diesen Trick auf Kosten der Fachhochschulen nicht mittragen und lehnen dieses Gesetz daher ab.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn Sie möglicherweise die Meinung der einzelnen Redner hier vorne nicht teilen, wäre es ganz nett, wenn Sie Privatgespräche nach draußen verlegten. Ich denke, jede Fraktion hat das Recht, hier ihre Meinung zu Gehör zu bringen. – Das gilt auch für die Regierungsbank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Das macht der Präsident, sonst niemand!)
Ich bin für diese Assistenz aber dankbar. Das ist schon in Ordnung. Die Regierungsbank ist zu Recht mit angesprochen. Bitte etwas leiser.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion hat die Berufsakademien in diesem Lande stets unterstützt. Wir halten die Berufsakademien mit ihrer Ausbildung für ein gutes, für ein wichtiges, für ein weiteres Angebot neben den Hochschulen, ein Angebot mit eigenständigem Profil, das sich ganz bewusst auf die Bedürfnisse und Anforderungen spezieller Unternehmen oder auch Unternehmensbranchen ausgerichtet hat. Uns war jedoch wichtig, dass dies stets auf einem hohen Niveau stattfindet, und dies war auch der Leitgedanke des Anerkennungsgesetzes von 2001,das hohe Standards vorsah,
um Transparenz am Ausbildungsmarkt im tertiären Bereich zu schaffen. Es hat im Hessischen Landtag auch eine entsprechend große Unterstützung erfahren.
Wir unterstützen als FDP-Fraktion auch, dass die bestehende Beschlusslage der Kultusministerkonferenz umgesetzt wird, d. h. dass es den Berufsakademien ermöglicht wird, einen Bachelor-Abschluss im Rahmen des BolognaProzesses als Abschluss anzubieten, und dass sie die berufsrechtliche Anerkennung – das ist zu betonen; Frau Kollegin Sorge hat schon darauf hingewiesen – ihrer Abschlüsse erhalten. Das heißt also, dass der Übergang in den öffentlichen Dienst und auch an andere Hochschulen, z. B. in die Master-Programme, geregelt wird.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dieser von der CDU-Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf entspricht allerdings diesen Standards des Gesetzes von 2001 nicht mehr.
Er senkt vielmehr das Niveau unter die bisher in Hessen gültigen Regelungen und entspricht auch nicht der Beschlusslage der Kultusministerkonferenz.
Er verwischt die Grenzen zu den Hochschulen und gaukelt den Absolventinnen und Absolventen von Berufsakademien vor, dass sie demnächst einen Hochschulabschluss an den Berufsakademien erwerben könnten, obwohl in der Anhörung sehr deutlich geworden ist – Herr Kollege Klein weiß das auch –, dass die Berufsakademien auch in Zukunft nur eine Abschlussbezeichnung vergeben können, auch wenn diese sich „Bachelor“ nennt.Wir sind der Meinung, es sollte auch drin sein, was auf dem Paket draufsteht.