Ich kann mich auch daran erinnern, dass wir mit Ihnen gemeinsam über die Frage diskutierten, ob in bestimmten Bereichen der Straßenverkehrsverwaltung Wettbewerb geschaffen werden soll. Ich erlaube mir schon, die Auffassung zu vertreten, dass der Dienst, der die Straßen unterhält, keine Aufgaben erfüllt, die zu den originären Aufgaben eines Staates gehört.
Immer wenn das der Fall ist, können wir, wie das beispielsweise auch bei der wirtschaftlichen Tätigkeit kom
munaler Unternehmen der Fall ist, die Frage stellen:Wäre es nicht sinnvoller, diese Aufgaben durch Private wahrnehmen zu lassen?
Insofern ist der Gedanke nicht neu.Andere Bundesländer haben dies bereits gemacht oder sind dabei, das zu realisieren.
(Reinhard Kahl (SPD): Herr Kollege, mit schlechten Ergebnissen! – Hildegard Pfaff (SPD): Da waren die Privaten teurer!)
Herzlichen Dank für den Hinweis, darauf werde ich noch eingehen. – In Niedersachsen wird ein Modellversuch mit zwei Straßenmeistereien durchgeführt. Es ist richtig, dass dieser Modellversuch noch nicht ausgewertet ist.
(Hildegard Pfaff (SPD): Doch, er ist es! Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Privaten teurer sind!)
Nein, er ist noch nicht ausgewertet. Aber jeder Modellversuch hat den Sinn, dass nach dessen Abschluss die endgültige Entscheidung getroffen werden kann.
Wenn Sie natürlich von vornherein wissen, dass der Modellversuch scheitert, und sich dahinter im Grunde genommen verstecken, weil Sie das in Wahrheit nicht wollen, dann bleibt mir, festzustellen, dass die Sozialdemokraten den Grundsatz, etwas solle von den Privaten gemacht werden, wenn die es kostengünstiger machen können, manchmal wie eine Monstranz vor sich hertragen, das aber nicht ernst meinen.
Ich möchte jetzt unsere Sichtweise darstellen. Prinzipiell ist es richtig, dass geprüft wird, ob solche Aufgaben zwingend vom Land erledigt werden müssen. Gerade im Interesse der Betroffenen ist aber auch noch etwas anderes wichtig. Ich will das gar nicht gering schätzen. Das ist ein Problem. Deswegen sollte man in einem zeitlich begrenzten Modellversuch untersuchen, ob das machbar ist. Danach kann man eine endgültige Entscheidung treffen.
Die Ausschreibung in Niedersachsen hat zu erfolgreichen Ergebnissen geführt.Wenn ich das richtig weiß,haben sich auf die europaweite Ausschreibung elf Unternehmen gemeldet. Das heißt, es gibt Unternehmen, die durchaus dazu in der Lage und willens sind. Sie wollen diese Aufgabe erledigen.
Ich habe eine Bitte an die Landesregierung.Wenn die Ergebnisse vorliegen und die Entscheidung tatsächlich so fällt, dass das zu einer Dauereinrichtung wird, dann müssen wir auch eine Möglichkeit haben, das dienstrechtlich umzusetzen.
Denn häufig haben wir es damit zu tun, dass die Versorgungsregelungen – das Stichwort dazu lautet: Zusatzversorgungskasse – die Verwendung der Beamten in einer privaten Rechtsform äußerst schwierig gestaltet. Das kann dann nur äußerst unflexibel gehandhabt werden. Deswegen lautet meine Bitte, diese Fragestellung in die Gedanken während des Zeitraums, in dem das Modell läuft, einzubeziehen.
Was müssen wir am Dienstrecht ändern, um das auch tatsächlich umsetzen zu können? Vor über 20 Jahren haben wir begonnen, die Technische Überwachung Hessen zu privatisieren.
(Hildegard Pfaff (SPD): Ja, so ist es! Die staatlichen Leistungen waren günstiger! Herr Kollege, das ist das beste Beispiel!)
Weil dort aber in der Vergangenheit Beamte beschäftigt waren, ist die Privatisierung bis zum heutigen Tage noch nicht abgeschlossen. Deswegen habe ich das angesprochen. Frau Kollegin Pfaff, unter Berücksichtigung der sozialen Belange brauchen wir ein flexibles Instrument, das es uns ermöglicht, die Veränderung tatsächlich vorzunehmen, damit wir das Ziel auch erreichen können.
Ich komme zur Zusammenfassung.Wir halten die Idee für vernünftig. Die Kooperation und der Meinungsaustausch mit Niedersachsen werden sicherlich hilfreich sein. Damit wird ein grundlegendes Anliegen der Liberalen realisiert werden. Deswegen unterstützen wir den Modellversuch der Hessischen Landesregierung ausdrücklich.
Herr Kollege Posch, vielen Dank. – Als nächster Redner erhält Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei der Privatisierung der Straßenmeisterei in Groß-Umstadt geht es nicht so sehr um Überlegungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit. Es geht dabei auch nicht so sehr um die Verwaltungsreform. Herr Staatsminister Dr. Rhiel, vielmehr geht es in diesem Fall um Privatisierung um der Privatisierung willen. Das lehnen wir ab.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Herr Milde, nach wie vor ist es so, dass wir schon weiter sind. Hier geht es aber darum, dass etwas aus ideologischen Gründen gemacht werden soll.
Vor über einem Jahrzehnt wurde der Prozess der Verwaltungsmodernisierung in der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung begonnen. Er ist noch nicht abgeschlossen. Jetzt soll in ihn eingegriffen werden. Mitten in diesem laufenden Prozess soll es zu einem Richtungswechsel kommen. Es soll eine Änderung in der Verwaltungssteuerung geben. Herr Kollege Milde, wir nennen das Privatisierung um der Privatisierung willen. Das hat weniger damit zu tun, die Verwaltung effizienter zu machen, als damit, dass diese Landesregierung bei diesem Thema ideologiebetrieben handelt.
Die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung hat sich seit Anfang der Neunzigerjahre auf den Weg gemacht. Wenn ich das richtig sehe, wurde dieser Kurs von allen Wirtschaftsministern, die während dieser Zeit amtierten, und von allen Fraktionen getragen. Er erhielt also breite Zustimmung. Dort wurden sehr schwierige Prozesse initiiert. Es wurden auch sehr schmerzhafte Entscheidungen getroffen. Ich möchte daran erinnern, dass seit Beginn der Neunzigerjahre ein Drittel der Beschäftigten abgebaut
Die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung wurde in einem Prozess in einem Umfang modernisiert,wie das nur bei wenigen Verwaltungen im Lande Hessen erfolgte. Dieser Kurs wurde bisher eingeschlagen.
(Beifall der Abg. Margaretha Hölldobler-Heumül- ler und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) sowie bei Abgeordneten der SPD)
Gerade in der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung hat man sich im Rahmen der neuen Verwaltungssteuerung mit Zielvereinbarungen und mit modernen Instrumenten auf den Weg gemacht. Das, was geschah, geschah bisher im Konsens zwischen den Parteien und im Konsens mit dem Wirtschaftsminister, unabhängig davon, ob er von der SPD oder der FDP gestellt wurde. Bis vor kurzem geschah dies auch im Einvernehmen mit Herrn Rhiel. Vielleicht ist er aber immer noch dieser Überzeugung und wurde nur zurückgepfiffen. Das galt also bisher auch für den Wirtschaftsminister, der von der CDU gestellt wurde.
Aufgrund der kaufmännischen Buchführung haben wir inzwischen Transparenz hinsichtlich der Kosten in der Straßen- und Verkehrsverwaltung. Damit haben wir eine Grundlage, um in den Vergleich mit anderen Bundesländern eintreten zu können.Wir können also ermessen, wie effizient dieser Prozess gewesen ist.
Der Prozess befindet sich gerade in der Schlussphase. In ein oder zwei Jahren wäre er vollständig abgeschlossen gewesen. Dann hätte man ihn bewerten können. Warum man in diesen Prozess jetzt eingreift und plötzlich ein ganz anderes Instrument der Verwaltungsmodernisierung wählt, verstehen wir nicht. Deswegen nennen wir das Privatisierung um der Privatisierung willen.
Es ist nicht so, dass die Straßen- und Verkehrsverwaltung in Hessen nicht leistungsfähig wäre. Es gibt einen Wettbewerb, der unter anderem von der Hessischen Staatskanzlei, aber auch von Unternehmen der Wirtschaft ausgelobt wurde. Er trägt den Titel „Kundenfreundliche Verwaltung in Hessen“. Einer Presseerklärung des Innenministers kann man entnehmen – ich zitiere –:
Außerdem wurde das Amt für Straßen- und Verkehrswesen, Wiesbaden, ausgezeichnet. Bei beiden Preisträgern wurde insbesondere die Kundenorientierung der Mitarbeiter gelobt.Entscheidend waren dabei Kriterien wie beispielsweise kurze Genehmigungs- und Bearbeitungszeiten, transparente Entscheidungsfindungen, eine kompetente Beratung, die Ansprechbarkeit der Mitarbeiter auch außerhalb der regulären Dienstzeiten sowie besondere Serviceleistungen.
Herr Minister können wir uns eigentlich von einer modernen Verwaltung mehr wünschen? Warum müssen die Mitarbeiter jetzt mit einem neuen Instrument demotiviert werden? Warum sagen Sie, dass der Weg, den Sie bisher eingeschlagen haben, nicht der richtige war?
Der Herr Minister ruft dazwischen, das sei motivierend. Herr Minister, nein, das ist für keinen der Beteiligten motivierend. Die Beschäftigten haben sich auf den Weg ge
macht. Sie haben auch für sie schwierige Entscheidungen akzeptiert, weil man ihnen gesagt hat: Wenn ihr diesen Weg mitgeht, dann können wir die Struktur, in der ihr arbeitet, sichern. – Dann hat man ihnen aber gesagt: Bevor die eine Verwaltungsmodernisierung abgeschlossen ist, machen wir jetzt eine ganz andere. – Das ist das völlige Gegenteil davon, jemanden zu motivieren. Das ist Demotivation. Herr Minister Rhiel, das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen.
Wenn wir die Verwaltungsmodernisierung mit den Beschäftigten machen wollen, dann muss für die Landesregierung gelten, dass es Planbarkeit und Verlässlichkeit gibt. Dann muss das, was gestern gesagt wurde, auch noch heute gelten. Dann darf man das nicht auf dem Altar für das opfern, was man aus ideologischen Gründen für richtig hält. – Vielen Dank.
Herr Kollege Wagner, vielen Dank. – Nun hat sich Herr Kollege Dr. Lübcke für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Dr. Lübcke, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht verwundern, dass wir der Auffassung der FDP-Fraktion sehr nahe stehen. Deswegen werden wir den Antrag der SPD-Fraktion selbstverständlich ablehnen. Wir werden den Weg beschreiten, den zu gehen das Wirtschaftsministerium vorschlägt. Ich glaube, das ist in unserer schnelllebigen Zeit eine Chance. Herr Wagner, das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Man kann mehrere Verfahren nebeneinander abprüfen und sich hinterher für den besten Weg entscheiden.
Zu Ihrer Information möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Spiele vorbei sind.Trotzdem finde ich, es gehört zur sportlichen und politischen Fairness, Herrn Dr. Lübcke erst einmal weiter zuzuhören. Die Ergebnisse werde ich selbstverständlich gerne nach seiner Rede verkünden.