Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

Aber ich halte es für wichtig, dass sie in unserem System ihren Platz hat und Wettbewerb mit der gesetzlichen Krankenversicherung besser als vorher aufnehmen kann, da z. B. die Portabilität von Altersrückstellungen jetzt auch innerhalb des privaten Systems festgeschrieben wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema wird uns sicherlich noch mehrere Sitzungen hier im Landtag, aber noch mehr auf der Bundesebene beschäftigen. Wenigstens einige kleine Schritte konnten erzielt werden, um ein System zu stabilisieren sowie wettbewerbliche und eigenverantwortliche Elemente hineinzubekommen. Aber es reicht noch nicht aus. Es wird auch in Zukunft eine große Aufgabe bleiben.

(Beifall bei der CDU – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und was ist mit der KV Hessen?)

Frau Ministerin, vielen Dank. – Damit ist die Aussprache beendet. Das war Punkt 57.

Ich rufe nun Punkt 58 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein Verkauf der Nassauischen Heimstätte) – Drucks. 16/5800 –

(Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Das Wort hat Herr Kollege Schäfer-Gümbel, SPD-Fraktion. Bitte sehr, mein Lieber.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion hat diese Aktuelle Stunde beantragt, weil im Hintergrund konsequent der Verkauf der Nassauischen Heimstätte vorbereitet wird und wir dies für falsch halten.

(Beifall bei der SPD)

Hinter den Kulissen werden verschiedene Modelle geprüft, die unterm Strich alle Probleme haben.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Woher wissen Sie das?)

Angesichts der Brisanz hat sich die politische Führung wohl für das Landesbankmodell entschlossen. Das haben auf dem Hessentag zumindest alle Spatzen, die damit zu tun haben, vom Dach gepfiffen. Die Veräußerung sollte danach schon in dieser Sommerpause anstehen.

Wir erwarten von der Landesregierung, dass nicht länger Nebel geworfen wird, sondern die Karten auf den Tisch gelegt werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Weimar, die Erklärung des Ministeriums, konkrete Verkaufsabsichten gebe es derzeit nicht, dies müsse aber nicht für alle Zeiten gelten, reicht jedenfalls nicht.

Wie konkret die Pläne sind, lässt sich von außen nur schwer beurteilen. Es spricht aber vieles dafür, dass sie viel weiter gediehen sind, als öffentlich erklärt wird. Der Rauswurf der kritischen Aufsichtsräte bei der letzten Gesellschafterversammlung spricht eine eindeutige Sprache. Dem der CDU angehörenden Oberbürgermeister der Landeshauptstadt ist jedenfalls zuzustimmen, wenn er in diesem Zusammenhang von einem „in Stil und Inhalt unfreundlichen Akt“ spricht.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde das noch klarer sagen: Sie schmeißen diejenigen raus, die kritische Positionen einnehmen, wo Sie können, um anschließend aus Ihrer Sicht „störungsfrei“ Ihr Unwesen treiben zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir erwarten von Ihnen heute klare und verbindliche Aussagen darüber, was Sie vorhaben. Sie werden dies vor allem auch vor den Oberbürgermeisterwahlen in Frankfurt und Wiesbaden sagen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage ausdrücklich, dass ich für den Finanzminister Verständnis habe. Man kann das c-Zeichen schon in seinen Augen sehen.Angesichts der Summe, um die es geht, habe ich, wie gesagt, ein gewisses Verständnis dafür.

Genau das ist aber das Problem. Der Verkauf der Wohnungsgesellschaften wird nahezu ausschließlich aufgrund fiskalischer Überlegungen betrieben. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass sich der für Wohnen und Landesentwicklung zuständige Minister gerade nicht im Raum befindet. Die Konsequenzen für die Sozialstrukturen und die Sozialpolitik sowie für die Stadtplanung und die Stadtentwicklung werden weitgehend ignoriert.

Ich mache mir verhältnismäßig wenig Sorgen, dass es für einkommensschwache Familien demnächst überhaupt keinen Wohnraum mehr geben wird. Allerdings wird sich der Wohnungsmarkt sehr stark nach dem Preis-LeistungsVerhältnis organisieren.

(Clemens Reif (CDU):Woher wissen Sie das?)

In Wohnungen mit geringem Mietniveau wird zukünftig wenig oder gar nichts mehr investiert werden. Auch wird man solche Wohnungen demnächst räumlich konzentriert vorfinden, damit negative Auswirkungen auf Wohnungen mit höheren Mieten, also des höherwertigen Marktsegments, vermieden werden können. Herr Milde, darüber ist sich die Fachwelt einig.

Das wird also zu einer räumlichen Segregation oder vielleicht sogar zu einer Gettoisierung der einkommensschwächeren Haushalte führen. Initiativen wie die soziale Stadt, die solchen Tendenzen entgegenwirken sollen, können wir angesichts solcher Rahmenbedingungen abhaken. Da wird viel Geld in die Hand genommen, um das zu reparieren, was man vorher mit einer falschen Entscheidung angerichtet hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch die Wirkungstiefe der z. B. in Dresden abgeschlossenen Sozialcharta ist höchst umstritten.Es gibt bereits einige aktuelle und sehr konkrete Fälle, die zeigen, dass die Sozialcharta nicht das Papier wert ist, auf dem sie steht.

Deswegen sagen wir sehr klar und deutlich: Der vom Finanzminister betriebene Ausverkauf des Tafelsilbers ist finanzpolitisch kurzsichtig und wohnungs- und sozialpolitisch fatal.Stoppen Sie diesen Unsinn.– Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, vielen Dank. – Das Wort hat nun der Finanzminister, Herr Staatsminister Weimar.

(Minister Karlheinz Weimar zieht, zum Rednerpult tretend, sein Jackett an.)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung. Ich konnte nicht wissen, dass der Angriff so schnell abgeblasen wird.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte einige wenige kurze Bemerkungen machen und hoffe, dass sich die Aufregung dann in Grenzen halten wird.

Ich habe der SPD-Fraktion bereits mitgeteilt, dass das Land seinen Anteil an der Nassauischen Heimstätte in Höhe von 56,1 % derzeit nicht verkaufen wird. Irgendwann wird der Verkauf mit Sicherheit erfolgen, denn wir sind der Überzeugung, dass der Staat auf Dauer keinen Wohnungsbau und keine Wohnungswirtschaft betreiben muss.

(Gernot Grumbach (SPD): Wiederholen Sie das doch noch einmal!)

Ich werde auch für das Jahr 2007 keinen Veräußerungserlös oder etwas in dieser Art in den Entwurf des Haushaltsplans einstellen.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Aha, es gibt ein Jahr Bedenkzeit!)

Das ist nicht der Punkt.

Möglicherweise werden wir aber etwas anderes machen, um die Verwaltung zu verbessern und die Ertragskraft des Unternehmens zu stärken. Wir werden eventuell einen Mitgesellschafter aufnehmen. Das kann ich nicht ausschließen. Darüber müssen wir reden. Das völlig unaufgeregt zu prüfen, wird eine Aufgabe der nächsten Monate sein.Wir müssen sehen, ob eine Konstruktion möglich ist, die eine Stärkung der Nassauischen Heimstätte mit sich bringen würde.

Zu der Besetzung des Aufsichtsrats will ich Ihnen etwas ganz deutlich sagen. Das Land hält 56,1 % der Anteile. Eine klare Struktur ist nicht nur beim Unternehmen, sondern auch im Aufsichtsrat notwendig. Wenn man 56,1 % der Anteile hält, erhält man auch die Mehrheit der Aufsichtsratmandate.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es geht bei der Führung einer Gesellschaft und bei der Tätigkeit im Aufsichtsrat nicht darum, lokale oder sonstige politische Interessen zu vertreten. Vielmehr sind die Interessen des Unternehmens wahrzunehmen. Das bildet sich auch darin ab, dass der Mehrheitsgesellschafter in aller Regel die verantwortungsvollen Stellen mit denjenigen Personen besetzt, die sein Vertrauen bei der Führung der Gesellschaft genießen. Das haben wir diskutiert. Dann ist das entschieden worden. Das Aktiengesetz schreibt vor, dass 21 Aufsichtsratmandate verteilt werden müssen. Von diesen entfallen sieben auf die Arbeitnehmervertreter. Zwei Aufsichtsratmandate fallen obligatorisch der Stadt Frankfurt zu. Wir werden in Zukunft elf Aufsichtsratmandate übernehmen.

Ich will deutlich sagen: Ich stehe dazu. Denn eine klare Unternehmensstruktur ist dringend notwendig.Immerhin wird hier ein Vermögen in Milliarden-Euro-Höhe verwaltet. Das ist also wirklich ein Thema.

Die Aufregung ist überhaupt nicht nachzuvollziehen. Denn in der Gesellschafterversammlung werden nach wie vor die Beteiligten diskutieren. Mit Gesellschafterversammlung meine ich die Eigentümerversammlung. Jeder Gesellschafter hat also im Rahmen der Größenordnung seiner Anteile entsprechende Einflussmöglichkeiten. Die Nassauische Heimstätte hat auch sehr kleine Gesellschafter.

Ich sage Ihnen:Wir werden selbstverständlich auch in Zukunft mit den Gesellschaftern im engen Dialog stehen. Wir werden auch keine Probleme damit haben, gemeinsam zu Lösungen zu kommen.

Nur hinsichtlich der Aufsicht und der zukünftigen Strategie sowie der Unterstützung der Geschäftsführung ist es wichtig, dass es einheitliche und homogene Strukturen gibt.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen. Ich bin der Auffassung, die Aufregung ist wirklich sehr künstlich. In den letzten Jahren haben die öffentlichen Hände 600.000 Wohnungen verkauft. Wenn man sich das ansieht, erkennt man, dass der dramatisch größte Teil der Wohnungen unter Verantwortung der Sozialdemokraten verkauft wurde.