Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

Damals war auch die Gewerkschaft der Eigentümer.

Herr Kollege Denzin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich bin gerade auf dem Weg dahin, Herr Präsident.

Aber es gibt weite Wege;das wissen Sie.Bitte kommen Sie zum Schluss.

(Heiterkeit)

Herr Präsident, ich habe einmal einen Spruch mit auf den Weg bekommen: Die Pforte ist schmal und der Weg breit. – Nein, die Pforte ist breit und der Weg schmal.

(Heiterkeit)

Ich schaffe es nicht mehr.

(Heiterkeit)

Machen Sie es nach Ihrem Weg.

Ich bitte um Nachsicht. Ich werde meine Bibelfestigkeit wieder ein bisschen ausbauen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Denzin, für Ihren Beitrag und für Ihre Einsicht. – Ich erteile nun Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Woche werden uns hier im Plenum erstaunliche Erkenntnisse präsentiert. Gestern verkündet die CDU-Fraktion, sie brauche keine Mittelstandspolitik mehr zu betreiben. Heute verkündet der Finanzminister, wir bräuchten keine Wohnungspolitik mehr zu betreiben. Ich frage mich allmählich, was diese Landesregierung tut. Die einen Ministerien veranstalten völliges Chaos, und die anderen Ministerien scheinen im Tiefschlaf zu versinken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Finanzminister, Sie haben hier zwar gesagt, wie es auch öffentlich verkündet war, dass Sie mittelfristig verkaufen werden. Sie haben aber nichts gesagt über Ihre Strategie, die dahinter steckt, wenn Sie jetzt andere Beteiligte mit zur Nassauischen Heimstätte dazunehmen wollen. Das wäre, glaube ich, an dieser Stelle hilfreich gewesen. Die Frage ist, ob es sinnvoll war, diese Diskussion loszutreten; aber wir haben sie nun einmal. Die Bewohner sind verunsichert, und Ihre Auskunftsfreudigkeit heute war nicht gerade groß.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Denzin, manchmal frage ich mich schon, auf welchem Stern Sie eigentlich leben.Es wird immer wieder gesagt, dass die Partei der GRÜNEN die Partei der Besserverdienenden sei. Aber heute wurde ganz deutlich, was uns unterscheidet.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Besserverdiener und Besserwisser!)

Während Sie überhaupt nicht mehr wahrnehmen, dass es auch Menschen gibt, die ein geringeres Einkommen ha

ben, dass es Menschen gibt, die durchaus von Wohnungsnot betroffen sind,

(Zuruf von der FDP:Weiß das die Gewerkschaft?)

dass es Menschen gibt, die Schwierigkeiten haben, günstigen Wohnraum zu bekommen, sind wir GRÜNEN durchaus in der Lage, das zu erkennen.

(Michael Denzin (FDP): Deshalb haben Sie verkauft?)

Das heißt, uns unterscheiden das soziale Gewissen und die soziale Wahrnehmung deutlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher unterscheiden wir uns natürlich auch deutlich bei der Frage, was das Engagement des Landes auf dem Wohnungsmarkt betrifft.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU) – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hör doch auf, zu plärren! – Gegenruf des Abg. Clemens Reif (CDU): Das müssen gerade Sie sagen!)

Wenn wir sagen, das Land hat an dieser Stelle eine Verantwortung – –

Meine Damen und Herren, darf ich Sie um Aufmerksamkeit bitten? – Herr Kollege Reif, darf ich auch Sie um Aufmerksamkeit bitten? Wie ich Sie kenne, wollen Sie doch nicht den Präsidenten kritisieren.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Über allen Zweifel erhaben!)

Das machen Sie nicht.

Wenn das Land nun kurz- oder mittelfristig diese Wohnungen verkaufen will, halten wir das für einen Fehler. Denn wir glauben, das Land hat eine Verantwortung.Auf diesem Gebiet läuft mehr als reine Wohnungsbewirtschaftung. Es geht z. B. auch um die Frage der Quartierentwicklung. Man muss berücksichtigen – Sie haben es angesprochen –: Es stehen Investoren bereit, die ganz entschieden wirtschaftliche Interessen verfolgen. Wir sehen gerade am Beispiel der Börse auch, was es heißt, wenn ausländische Investoren ihren Finanzinteressen nachgehen. Dann zählen regionale Interessen nicht mehr, und das dürfte für soziale Interessen umso mehr gelten.

(Heinrich Heidel (FDP): Neue Heimat! – Minister Karlheinz Weimar: Die werden die Wohnungen ins Ausland verlagern! – Heiterkeit)

Herr Finanzminister,das passt zu Ihrer Aussage von vorhin, Sie hielten Wohnungspolitik für überflüssig. Ich sehe das anders.Wir von den GRÜNEN denken,es gibt da eine Verantwortung des Landes. Die Erfahrungen mit den bisher verkauften Wohnungen sind einfach noch nicht lange genug her, um zu schauen, wie sich das letztendlich ausgewirkt hat.

(Beifall des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber klar ist, dass ein Investor über kurz oder lang den Wohnungsbestand in gute und in schlechte Wohnungen sortieren wird. Es nützt uns wenig, wenn wir dann Bestände mit sehr schlecht ausgestatteten Wohnungen auf sehr niedrigem Niveau haben, bei denen klar ist, dass dort Menschen einziehen werden, die oft auch noch gebündelte soziale Probleme haben. Eigentlich hatten wir diese Phase,in der man die Menschen in unterschiedliche Quartiere sortiert, lange überwunden geglaubt. Wir setzen auf eine gemischte Bevölkerungszusammensetzung. Das Land Hessen betreibt nach wie vor das Projekt der sozialen Stadt. Das ist ein sehr sinnvolles Projekt. Dieses Projekt braucht nach wie vor Partner, und diese Partner findet man bei den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Deshalb würde ich mir wünschen, dass Sie sich zukünftig etwas konkreter zu diesem Thema äußern. Ich würde die Landesregierung auffordern, weiterhin Wohnungspolitik zu betreiben. Wir halten das Engagement des Landes in der Nassauischen Heimstätte für ein strategisches Investment, auf das nicht verzichtet werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat der Kollege Caspar für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nicht nur heute hat der Finanzminister klar dazu Stellung bezogen. Es gibt eine Kleine Anfrage und darauf eine Antwort vom 3. Januar 2006, worin all das, was als neue Frage aufgeworfen wurde,schon beantwortet war.Es geht Ihnen nicht darum, zusätzliche Sacherkenntnisse zu erzielen, sondern offensichtlich darum, Stimmung zu machen, und zwar auf dem Rücken und zulasten der Betroffenen, nämlich der Mieterinnen und Mieter, die verängstigt und verunsichert werden sollen.

(Beifall des Abg. Frank Williges (CDU) – Zurufe von der SPD)

Es ist von Herrn Schäfer-Gümbel – ich komme zu Ihnen, Sie haben gesprochen –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Das habe ich befürchtet!)

z. B. das Szenario entwickelt worden, wenn Wohnungsbestände privatisiert werden würden, dann würden nicht mehr Neubauaktivitäten für diejenigen zur Verfügung gestellt werden, die keine erhebliche Kaufkraft haben. Das ist natürlich genau ein Problem, das wir bisher oft hatten. Wenn wir die Idee haben, dass wir die neuesten Wohnungen, die wir zu den heutigen höchsten Preisen am Markt bauen, dann heruntersubventionieren müssen, damit sie günstig sind, dann wissen wir, dass das in einer Phase sinnvoll war, in der es erheblichen Nachholbedarf auf dem Wohnungsmarkt gab, also in den Fünfziger- und Sechzigerjahren, als wir die Kriegsfolgen – zum einen die Zerstörung der Wohnungen und zum Zweiten die Aufnahme

der Heimatvertriebenen – in unserem Land zu bewältigen hatten.

Heute ist es nicht mehr so,dass große Neubaubestände errichtet werden müssten. Heute haben wir eine ganz andere Fragestellung. Wir haben die Fragestellung, dass für die Mieterinnen und Mieter die so genannte zweite Miete entstanden ist, nämlich die Nebenkostenaufwendungen, die extrem hoch sind. Wenn Sie sich einmal anschauen, was in Wohnungsbeständen passiert, die jetzt privat saniert werden, dann können Sie feststellen, dass gerade die Wohnblocks der Fünfziger- und Sechzigerjahre in Passivbauten umgewandelt werden. Das heißt, es werden Außendämmungen von bis zu 27 cm angebracht, es werden in den Häusern Luftanlagen installiert – mit dem Ergebnis, dass man für die Mieter dadurch die so genannte zweite Miete drastisch reduziert. Das heißt, die Nebenkosten – die Energie- und Heizkosten – werden nach unten gefahren.Auf diese Art und Weise hilft man den Mietern.

Wir haben einen außerordentlichen Investitionsbedarf im Bereich der Sanierung und Modernisierung der Objekte. Insoweit ist es völlig richtig, darüber nachzudenken, wie das Land Hessen zusätzliche strategische Partner aufnimmt und wie die Gesellschaft optimiert werden kann, damit sowohl das Know-how als auch die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Ich glaube, dass das ein völlig richtiger Ansatz ist und dass es Ihnen aufgrund der Erkenntnisse, die Ihnen im Wege der Kleinen Anfrage vorliegen, überhaupt nicht darum geht, zusätzliche Erkenntnisse durch die Erörterung dieses Punktes zu erzielen. Ihnen geht es einzig und allein darum, Ihr politisches Geschäft auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter auszutragen. Wir halten das für unanständig und machen da nicht mit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Caspar. – Der Herr Staatsminister wünscht noch einmal kurz das Wort.